Gesundheit heute

Gesund leben: Ernährungsmedizin

Ernährungsmedizin

Man ist, was man isst. Doch: Was soll man essen? Und wie viel davon? Und wann? Die Antworten sind nicht einfach. Schließlich können Menschen sowohl in der gemüsefreien Arktis als auch in der kargen Sahelzone mit den vor Ort verfügbaren Nahrungsmitteln überleben. Der alteingesessene Bayer, der von Kindesbeinen an am liebsten Schweinebraten mit Knödeln verzehrt, leidet unter Umständen ebenso wenig unter Mangelerscheinungen wie der dogmatische Rohkostfan, dessen Speisekarte vor allem aus Obst und Gemüse besteht. Was die Ernährung angeht, scheint der Mensch also sehr flexibel zu sein. Oft geht es um den von Paracelsus festgeschriebenen Grundsatz: Die Dosis macht das Gift. Simple Erklärungen hat die Ernährungsmedizin trotzdem nicht zu bieten – in welche Richtung der Weg geht, weiß sie aber sehr wohl.
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Machen Kohlenhydrate empfindlich?

Nahrung steuert Verhalten

Was Kohlenhydrate mit sozialen Entscheidungen zu tun haben, zeigte eine Untersuchung der Universität zu Lübeck: Die Teilnehmer einer Studie reagierten nach einem kohlenhydratreichen Frühstück sensibler auf Ungerechtigkeit.

Frühstücken im Namen der Wissenschaft

Der Körper nutzt Kohlenhydrate und Proteine zur Energiegewinnung und als Baustoffe. Außerdem regulieren sie im Gehirn, welche Botenstoffe verfügbar sind und bestimmen damit das Verhalten. Lübecker Ärzte und Psychologen untersuchten, wie sich die Zusammensetzung des Frühstücks auf das Verhalten bei sozialen Entscheidungen auswirkt. Das erste Frühstück der 24 Probanden bestand zu 80 Prozent aus Kohlenhydraten mit einem Protein- und Fettanteil von je 10 Prozent. Das Frühstück am zweiten Tag bestand bei gleicher Kalorienmenge zur Hälfte aus Kohlenhydraten, der Protein- und Fettanteil betrug jeweils 25 Prozent. Drei Stunden nach der Mahlzeit folgten Blutuntersuchungen und psychologische Tests zur Bewertung des Verhaltens.

Je mehr Kohlenhydrate umso sensibler

In einem der Tests, dem sogenannten Ultimatum Game, musste der Proband entscheiden, ob er das Angebot eines virtuellen Gegenspielers als fair empfindet und annimmt oder als unfair ablehnt. Prof. Sebastian Schmid fasst als Mitautor der Studie das Ergebnis zusammen: „Nach einem Frühstück mit hohem Kohlenhydratanteil waren die Probanden sehr viel empfindlicher gegenüber unfairen Angeboten als in der Versuchsbedingung mit einer ausgeglichenen Makronährstoffkomposition“. Ein höherer Kohlenhydratanteil war mit niedrigeren Mengen der Aminosäure Tyrosin im Blut verbunden. „Damit konnten wir verlässlich das Gerechtigkeitsverhalten der Probanden in statistischen Modellen vorhersagen“, erklärt Schmid. Von der Menge an Tyrosin kann auf die Konzentration des Überträgermoleküls Dopamin im Gehirn geschlossen werden.

Für Prof. Matthias Weber, Mediensprecher der Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, hat das Ergebnis der Untersuchung ganz alltagspraktische Aspekte: „Wenn wir ableiten können, dass ein extrem unausgewogenes Verhältnis von Kohlenhydraten zu Proteinen in einer Mahlzeit direkt das Verhalten beeinflusst, dann sollte dem Thema ‚Ausgewogenheit der Nahrungszusammensetzung‘ mehr Gewicht beigemessen werden“.

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)

Von: Miriam Knauer