Gesundheit heute

Sind Impfungen riskant?

Impfungen retten Leben – dafür gibt es eine Vielzahl belastbarer Studien und Daten. Dennoch ranken sich viele Gerüchte und Ängste um das Thema "Impfung". Manche Menschen befürchten Nebenwirkungen, andere sind grundsätzlich gegen Impfungen eingestellt.

Rücksprache in der Arztpraxis

Prinzipiell gilt: Wie bei jeder medizinischen Maßnahme ist auch bei Impfungen der kritische Blick richtig und wichtig. Sorgen und Fragen sollten mit der behandelnden Ärzt*in besprochen werden. Und wie jedes Medikament können auch Impfungen Nebenwirkungen haben. Bleibende Impfschäden sind glücklicherweise äußerst selten. Unangenehme, aber harmlose Nebenwirkungen wie Impfreaktionen kommen häufiger vor.

Welche Befürchtungen gibt es?

Neben der Furcht vor Impfschäden sind manche Menschen auch aus anderen Gründen gegen Impfungen eingestellt. Im Vordergrund stehen drei Befürchtungen:

  • Impfungen seien ein Eingriff in das Immunsystem, der andere Erkrankungen fördern könnte.
  • Impfungen verhinderten die natürliche Auseinandersetzung des Immunsystems mit Erregern, wodurch es insgesamt geschwächt würde.
  • Kinderkrankheiten seien wichtige Erfahrungen für die sich entwickelnde Persönlichkeit. Durch eine Impfung würde dem seelischen Wachsen und Werden des Kindes ein Stein in den Weg gelegt.

Alle diese Befürchtungen haben einen realen Hintergrund, und wer sich oder sein Kind nicht impfen lassen will, ist deshalb in seiner Sorge durchaus ernst zu nehmen. So bestätigt mittlerweile auch die Forschung, wie wichtig der Kontakt mit Mikroben für das Immunsystem ist – die Sorge um ein zu stark entlastetes Immunsystem ist also nachvollziehbar.

Immunsystem hat trotzdem genug Erreger-Kontakt

Die Befürchtung, dass Impfungen das Immunsystem insgesamt schwächen könnten, wird auch unter Forschenden diskutiert. Fast alle Wissenschaftler*innen kommen dabei zu dem Schluss, dass das Abwehrsystem des Körpers auch trotz Impfungen mit ausreichend Erregern in Kontakt kommt. Die Impfungen gegen eine kleine Auswahl besonders gefährlicher Erreger schwächen das Immunsystem nicht. Zumal sich das Immunsystem ja auch bei Impfungen aktiv mit dem jeweiligen Erreger befasst, wenn auch in abgeschwächter Form. Außerdem zeigen aktuelle Studien, dass geimpfte Kinder nicht häufiger an Infektionskrankheiten leiden als Ungeimpfte [414].

Manche Eltern glauben, Kinder machen durch Krankheiten wichtige seelische Erfahrungen. Plausibel ist allerdings, dass auch weniger bedrohliche Erkrankungen solche Entwicklungsschritte ermöglichen und dass Kinder dazu nicht den mit gefährlichen Infektionen verbundenen Gefahren ausgesetzt werden müssen.

Unseriöse Kritik ist verbreitet

Die Kritik an Impfungen ist so alt wie die Impfungen selbst, und nicht jede Kritik ist seriös. Verbreitet ist die Behauptung, dass Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln Autismus auslösen könnten. Was viele nicht wissen: Diese Behauptung ist frei erfunden und basiert auf einer gefälschten Studie. Der leitende Studienarzt arbeitete mit einer Anwaltskanzlei zusammen, die gezielt Impfstoffhersteller zu verklagen versuchte. Um einen Klagegrund zu erzeugen, wurden 12 Fallgeschichten gefälscht, um einen Zusammenhang zwischen Autismus und der Impfung herzustellen. Insgesamt floss dabei auch viel Geld an den Studienarzt. Die Fälschung flog auf, der Studienarzt darf nicht mehr als Arzt arbeiten – das Gerücht blieb bis heute in der Welt. Und wird weiterhin verbreitet, insbesondere auf Plattformen wie YouTube. Dort kann es sehr lukrativ sein, bewusste Kontroversen, beispielsweise zum Thema Impfen, zu schüren – denn durch große Klickzahlen können die Videoersteller viel Geld verdienen.

Fachleute statt Internet

Durch Plattformen wie YouTube und den sozialen Medien wie Instagram oder Facebook kann jeder Mensch seine Ansichten an die breite Öffentlichkeit verbreiten. So stehen auf diesen Plattformen seriöse und fundierte Fakten neben frei erfundenen Geschichten. Für fachfremde Menschen ist es schwierig, die Qualität von Informationen zu beurteilen. Dazu kommen Aussagen von Freunden oder Bekannten, häufig auch über Messenger wie WhatsApp – und diese Aussagen haben ihren Ursprung wiederum oft auf YouTube. Ein Beispiel für eine dort kursierende Behauptung ist: Die COVID-Impfung würde unfruchtbar machen. Dafür gibt es allerdings keinerlei wissenschaftliche Hinweise. Gerade in der Hochphase der Pandemie hat diese Behauptung zur Verunsicherung beigetragen. Wer verunsichert ist, sollte deshalb besser das Gespräch mit Fachleuten suchen, also den behandelnden Ärzt*innen oder auch Apotheker*innen. Seriöse Informationen zu Impfstoffen finden sich auf Seiten des Robert-Koch Institutes.

Impfschäden werden erfasst

Manche Menschen haben vielleicht das Gefühl, dass mit den Nebenwirkungen und Schäden durch Impfungen nicht offen genug umgegangen wird. Aber das Gegenteil ist der Fall: Alle Ärzt*innen und Apotheker*innen in Deutschland sind dazu verpflichtet, Impfkomplikationen oder einen Verdacht darauf zu melden. Gemeldete Verdachtsfälle zu Impfkomplikationen werden vom Paul-Ehrlich-Institut aufgearbeitet und veröffentlicht. Das zeigt das Beispiel des COVID-19-Impfstoffes von AstraZeneca. Hier fiel auf, dass der Impfstoff bei bestimmten Personengruppen schwere Impfschäden verursachen kann, auch wenn die Zahl der Geschädigten insgesamt sehr niedrig gewesen ist. In der Folge wurde der Impfstoff nur noch Personen mit geringem Risiko verabreicht. Nachdem genug alternative Impfstoffe zur Verfügung standen, wurde der Impfstoff von AstraZeneca in Deutschland nicht mehr verwendet.

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Impfungen in der Apotheke

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). | Aktualisiert von Dr. med. Tobias Höflein
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Covidimpfung macht nicht unfruchtbar

Eine Covid-Impfung steht dem Mutterglück nicht entgegen.

Covidimpfung macht nicht unfruchtbar

RKI klärt auf

Seit geraumer Zeit geistert durch die sozialen Medien, dass eine Covid-19-Impfung unfruchtbar macht. Dabei sollen die gebildeten Antikörper den Aufbau der Plazenta stören. Doch die Sorge ist laut Robert Koch-Institut völlig unbegründet.

Mutterkuchen in Gefahr?

Noch immer gibt es viele Menschen, die sich in Bezug auf die Covid-Impfung unsicher sind. Ein Grund dafür sind Fake News, die sich gerade in den sozialen Medien hartnäckig halten. So zum Beispiel das Gerücht, eine Covid-Impfung würde unfruchtbar machen. Zwar stimmt es, dass manche Frauen nach einer Impfung gegen Covid-19 Zyklusstörungen entwickeln. So bleibt bei manchen die Regel nach der Impfung länger aus, bei anderen ist die Periode verkürzt. Doch solche Zyklusstörung gibt es nicht nur nach einer Covid-Impfung. Sie kommen auch bei anderen Impfungen oder Infektionen vor, sind nur vorübergehend und völlig harmlos, betonte das Robert Koch-Institut (RKI). Hintergrund dieser Reaktion ist wahrscheinlich die Aktivierung des Immunsystems.

Skeptiker*innen wollen hinter diesen Zyklusstörungen jedoch Vorgänge erkennen, die zu einer Unfruchtbarkeit führen. Im Zentrum ihrer Bedenken steht das Protein Syncytin-1, das in einer Schwangerschaft entscheidend am Aufbau der Plazenta (also dem Mutterkuchen) beteiligt ist. Der durch die Covid-Impfung gebildete Antikörper soll eine gewisse strukturelle Ähnlichkeit mit Syncytin-1 aufweisen. Die Befürchtung ist nun, dass sich die Antikörper gegen dieses wichtige Protein richten, dadurch die Bildung der Plazenta stören und zur Unfruchtbarkeit führen.

Antikörper richten sich nicht gegen Syncytin-1

Doch diese Theorie wurde inzwischen komplett widerlegt, betont das RKI. Denn die Ähnlichkeit zwischen Syncytin-1 und den gebildeten Antikörper-Proteinen beschränkt sich auf gerade mal 0,75 Prozent der Aminosäuren. Und das ist viel zu wenig, um eine Immunantwort auszulösen. D.h., die Antikörper erkennen Syncytin-1 nicht als ihr Ziel und richten sich folglich auch nicht dagegen.

Kein Hinweis auf Unfruchtbarkeit

Auch zahlreiche Studien unterstreichen, dass eine Covid-Impfung die Fruchtbarkeit nicht beeinflusst. So wurden 36 israelische Paare untersucht, die sich während des Impfzeitraums einer Kinderwunschbehandlung unterzogen. Weder Qualität noch Anzahl der Eizellen unterschieden sich vor und nach der Impfung. Das Gleiche galt für die Spermienqualität. Auch in der Zulassungsstudie zum ersten Impfstoff (Comirnaty®) gab es keinerlei Hinweise auf Fruchtbarkeitsprobleme. Ob echte Impfung oder Scheinimpfung, die Anzahl der zwei Monate nach Impfung aufgetretenen Schwangerschaften unterschied sich in den beiden Gruppen nicht.

Quelle: SpringerMedizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mimagephotography/shutterstock.com