Gesundheit heute

Warum Impfungen wichtig sind

Masern, Röteln oder Diphtherie: Viele kennen die typischen Kinderkrankheiten meist nur noch von Erzählungen der Großeltern. Warum also noch dagegen impfen lassen?

Keine Gefahr mehr durch Infektionskrankheiten?

Kinderkrankheiten waren vor nicht allzu langer Zeit zu recht gefürchtet. Heute sind sie – dank der effektiven Impfungen – meist nur noch abstrakte Gefahren. Aber gerade weil die Impfungen gesundheitlich so erfolgreich sind, haben sie es heute schwer. Während die Schrecken der Erkrankungen verblassen, verbinden viele Menschen mit Impfungen inzwischen hauptsächlich viele Spritzen, Kinderarzttermine und die zwar seltenen, aber nicht auszuschließenden Nebenwirkungen . Das Wort "Kinderkrankheit" hat auch etwas harmloses an sich. Dabei sind viele Kinderkrankheiten alles andere als harmlos. Beispiel Diphtherie: An dieser Erkrankung starben im Jahre 1893 über 75.000 Menschen, 1915 über 22.000 Menschen im Deutschen Reich, davon ein Großteil Kinder. Heutzutage gibt es keine Todesfälle in Deutschland, auch dank der flächendeckenden Impfung. Der Erfolg von Impfungen wird mit der Zeit weniger sichtbar – eine Person, die nicht an der Diphtherie verstirbt, wird nicht gezählt. Deshalb ist es wichtig, sich den Nutzen von Impfungen immer wieder zu vergegenwärtigen.

Schutz der Gesellschaft

Impfungen sind auch deshalb so wichtig, weil sie mehr als eine persönliche Entscheidung sind. Eine Impfung schützt nicht nur den Geimpften, sondern auch seine Kontaktpersonen vor einer Erkrankung. Wenn ein großer Teil einer Bevölkerung geimpft ist, wird das als Herdenimmunität bezeichnet. Der Erreger kann dann nicht mehr frei in der Gesellschaft zirkulieren, weil es wenige Menschen gibt, die andere Menschen überhaupt anstecken können. Die Herdenimmunität schützt auch Menschen, die sich nicht impfen lassen können oder bei denen die Impfung keine Wirkung hat. Das gilt beispielsweise für Menschen mit einer Immunschwäche – zum Beispiel Menschen, die ein neues Organ transplantiert bekommen haben. Die Herdenimmunität schützt bei manchen Erkrankungen aber auch ganze Personengruppen, beispielsweise:

  • Säuglinge: Keuchhusten ist vor allem für junge Säuglinge gefährlich. Ältere Kinder und Erwachsene überstehen die Erkrankung fast immer ohne Komplikationen. Leider schützt die Keuchhustenimpfung aber erst nach der zweiten Impfung ab dem 4. Lebensmonat, sodass die Säuglinge vor dieser Zeit gefährdet sind – gut also, wenn Eltern, Geschwister, Nachbarskinder und andere Kontaktpersonen gegen Keuchhusten geimpft sind. Denn dann hat der Säugling keine Kontaktperson, bei der er sich anstecken kann.
  • Schwangere: Eine Rötelninfektion in der Schwangerschaft führt zu schweren Fehlbildungen des ungeborenen Kindes. Am besten ist also die werdende Mutter geimpft – doch ist sie ungeimpft, schützt die Herdenimmunität das ungeborene Kind. Die Rötelnimpfung wird deshalb auch für Jungen empfohlen, obwohl die Erkrankung für sie meist harmlos ist.

Um eine Herdenimmunität zu erreichen, müssen sehr viele Menschen einer Gesellschaft geimpft sein – je nach Erkrankung meistens über 95 % aller Menschen. Sind genug Menschen geimpft, kann eine Gesellschaft eine Infektionskrankheit sogar ausrotten. Denn der Erreger hat dann keine Möglichkeit mehr, sich auszubreiten. Ein berühmtes Beispiel sind die Pocken, die es seit 1980 nicht mehr gibt. Es gibt allerdings auch Erkrankungen, bei denen keine Herdenimmunität aufgebaut werden kann: das sind Erkrankungen, die nicht von Menschen übertragen werden. Dazu gehören zum Beispiel Tetanus, Gürtelrose, FSME oder Tollwut. Hier ist ein Schutz nur durch individuelle Impfungen möglich.

Schutz des Einzelnen

So wichtig der gemeinschaftliche Gedanke bei einer Impfung ist – bei jeder Impfung wird auch der Nutzen des Einzelnen betrachtet, und bei den meisten Impfungen ist dieser sehr groß. So schützt die Tetanus-Impfung gegen eine tödliche Erkrankung oder die Masern-Impfung vor einer Hirnentzündung. Oft ist der Nutzen erst bei vielen Erkrankten zu sehen. Die Masern verlaufen in etwa jedem tausendsten Fall tödlich – Impfschäden sind allerdings noch deutlich seltener.

Nicht jede Impfung ist immer sinnvoll. In Deutschland besteht kein Risiko, sich bei wilden Tieren mit Tollwut anzustecken – eine Impfung wird deshalb nicht empfohlen. Doch bei Reisen auf den Balkan, wo die Tollwut bei Straßenhunden zirkuliert, ist das Risiko für eine Tollwut-Erkrankung erhöht. Ob eine Impfung bei einer Balkan-Reise sinnvoll ist, muss dann im Einzelfall mit der Ärzt*in geklärt werden.

Kombinierte Effekte

In der Realität tragen die meisten Impfungen zum Schutz des Einzelnen sowie zum Schutz der Gesellschaft bei. Das hat zuletzt auch die Impfung gegen COVID-19 gezeigt: Diese schützt einerseits jede Person vor der Gefahr eines Lungenversagens, insbesondere ältere Menschen. Andererseits haben die Impfungen auch die Pandemie beendet – weil das Virus zwar nicht ausgerottet wurde, die Erkrankung durch die Impfung aber viel an Kraft verloren hat. Die Pandemie hat auch gezeigt, dass Infektionskrankheiten trotz Antibiotika, antiviraler Medikamente und Intensivmedizin nach wie vor eine große Gesundheitsgefahr sein können.

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Von: Dr. med. Tobias Höflein
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Schwere Komplikationen möglich

Masern gehören zu den typischen Kinderkrankheiten. Doch immer häufiger befällt das Masernvirus auch Jugendliche und Erwachsene. Bei ihnen ist der Verlauf meist deutlich schwerer als bei kleinen Kindern. Es drohen vermehrt Komplikationen wie Lungen- oder Gehirnentzündung. In seltenen Fällen kommt es noch Jahre nach der Erkrankung zu einer sklerosierenden Panenzephalitis, einer Gehirnentzündung, die immer tödlich verläuft.

30000 gemeldete Fälle im Jahr 2023 in Europa

Die Masernimpfung hat dazu geführt, dass sich immer weniger Menschen mit dem Masernvirus anstecken. Außerdem schützt die Impfung vor schweren Verläufen, sodass weniger Erkrankte daran sterben. Doch jetzt schlagen die Behörden Alarm: Bereits letztes Jahr sind die Fälle an Maserninfektionen in Europa stark angestiegen. Aus 40 der 53 EU-Länder wurden dem Europäischen Zentrum für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) über 30000 Fälle gemeldet. Österreich und Rumänien gehören zu den am stärksten betroffenen Ländern - in Rumänien kam es sogar zu sechs Todesfällen.

Durchimpfungsrate zu niedrig

Doch bei diesen Masernausbrüchen wird es wohl nicht bleiben. Das ECDC geht davon aus, dass die Zahl der Masernfälle in den nächsten Monaten weiter steigen wird. Ursache ist laut ECDC die Impfmüdigkeit der Bevölkerung. Wenn nicht möglichst alle Kinder zweimal gegen Masern geimpft werden, sinkt die Durchimpfungsrate. Die muss über 95 % liegen, um eine Verbreitung von Masern zu verhindern. Das bedeutet, dass von 100 Kindern mindestens 95 gegen Masern geimpft sein müssen. In Deutschland ist dies bei den Kindern bis zur Einschulung nur in Hessen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern der Fall.

Kinderärzt*innen und Robert Koch-Institut mahnen deshalb immer wieder, die Impftermine wahrzunehmen. Die STIKO empfiehlt die Masernimpfung in Kombination mit Mumps und Röteln. Die erste Impfung soll zwischen dem 11. und dem 14. Monat erfolgen, die zweite als Auffrischung im Alter von 15 bis 23 Monaten.

Auch Erwachsene impfen!

Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden und nicht wissen, ob sie geimpft worden sind oder nicht, wird ebenfalls die Impfung empfohlen. Ältere Personen benötigen sie nicht – denn sie haben die Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst durchgemacht.

Quellen: www.kinderaerzte-im-netz.de, RKI

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Oksana Kuzmina / Alamy / Alamy Stock Photos