Gesundheit heute

Einlauf

Der Einlauf (Klistier) gehörte in früheren Zeiten zusammen mit dem Aderlass zu den klassischen Behandlungsmethoden der Ärzte. Krankheiten wurden als Ungleichgewicht von Körpersäften angesehen oder der Wirkung von Giftstoffen oder „Schlacken“ zugeschrieben, und was lag da näher, als zuerst einmal den Darm zu „reinigen“?

Bei der Kolonhydrotherapie (Darmspülung, Darmbad) wird sowohl ein Zufluss- als auch ein Abflussrohr in den After eingeführt und der Darm über mehrere Stunden mit bis zu 80 Litern Wasser durchgespült.

Mit dem besserem Verständnis von Krankheiten und ihrer Entstehung ist der Einlauf als „Allheilmittel“ zusammen mit dem Aderlass zu Recht in den Papierkorb der Geschichte gewandert. Einläufe „reinigen“ nicht, sondern führen ab – und sollten entsprechend nur dann angewendet werden, wenn der Darm das Abführen selber nicht mehr schafft – bei Verstopfung also. Und hier gibt es inzwischen sanftere, sicherere und einfacher durchzuführende Methoden – wie etwa Fertigklistiere.

Mythos Entschlackung. Von manchen Denkschulen wird angenommen, im Körper sammelten sich Abfallprodukte („Schlacken“) an, die regelmäßig beseitigt werden müssten. Im Gegensatz zum Hochofen, der tatsächlich regelmäßig gereinigt werden muss, reinigt sich der Körper jedoch mit Hilfe seiner Entgiftungs- und Ausscheidungsorgane (vor allem Leber, Niere und Darm) selbst. Der normale Darminhalt ist deshalb weder „unrein“ oder giftig noch krankheitsfördernd, im Gegenteil: Der darin enthaltenen Darmflora werden heute auch gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben.

Insofern gibt es auch keinen Anlass, an die Entgiftungs- oder „Entschlackungs“wirkungen von Diäten oder Fastenkuren zu glauben. Das heißt nicht, dass kurzzeitiges Fasten nicht gut tun und manchmal sogar Entzündungsprozesse auf der Haut zum vorübergehenden Abklingen bringen kann. Diese Wirkung hat jedoch andere Gründe, z. B. dass mit weniger zugeführter Nahrung auch weniger belastende Schadstoffe bzw. Allergene zugeführt werden, und sich so unser Immunsystem entspannen kann.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Abspecken bessert den Blutzucker

Die Medikamente für die Gewichtsabnahme werden unter die Haut gespritzt.

Abspecken bessert den Blutzucker

Neue Strategie beim Typ-2-Diabetes

Übergewichtige Menschen mit Typ-2-Diabetes können allein durch Gewichtsreduktion ihren Blutzucker normalisieren. Medikamente, die wie Darmhormone wirken, helfen ihnen beim Abspecken.

Nicht nur auf den Zucker konzentrieren

Jahrzehnte lang hieß es, dass das Gewicht beim Typ-2-Diabetes keine große Rolle spielt. Stattdessen konzentrierte man sich vor allem auf die Einstellung des Blutzuckers bzw. des HbA1c, den Wert für die langfristige Blutzucker-Kontrolle. Inzwischen hat sich aber gezeigt, dass Übergewicht ein entscheidender Faktor beim sog. Alterszucker ist. In verschiedenen Studien konnten stark übergewichtige (adipöse) Patient*innen mit Typ-2-Diabetes allein durch eine radikale Gewichtsabnahme ihren Blutzucker dauerhaft normalisieren, berichtet Prof. Dr. Stephan Martin.

Herz profitiert auch

Andere Untersuchungen haben nachgewiesen, dass Typ-2-Diabetiker*innen durch das Abspecken nicht nur in puncto Blutzucker profitieren. Die Gewichtsabnahme senkt auch die Rate an Herz-Kreislauf-Ereignissen wie Schlaganfall und Herzinfarkt. Abnehmen wird deshalb nun zur zentralen Strategie beim Typ-2-Diabetes.

Allein mit Lebensstil-Änderungen ist es allerdings schwer, die nötigen Pfunde loszuwerden. Denn das Gehirn tut alles dafür, die körperlichen Reserven zu behalten oder wieder aufzufüllen.

Medikamente gegen den inneren Schweinehund

Gegen diesen neuroendokrinen Regelkreis helfen moderne Medikamente. Sie sind Darmhormonen nachempfunden und verstärken das Sättigungsgefühl nach einer Mahlzeit. Die ersten beiden Vertreter, Liraglutid und Semaglutid, imitieren das Glukagon-like-Peptide (GLP) und führen zu einer Gewichtsabnahme von 10 bis 15%. Nebenbei sinkt zudem das HbA1c.

Tirzepatid imitiert außer GLP ein weiteres Darmhormon (GIP, Glukoseabhängiges insulinotropes Polypeptid) und löst dadurch eine noch stärkere Gewichtsabnahme aus. Sogar ein Triple-Agonist ist im Anmarsch: Reratrutid aktiviert zusätzlich den Glukagonrezeptor im Darm, soll noch mehr Kilos zum Verschwinden bringen und das HbA1c um 2 Prozentpunkte reduzieren.

Die neuen Medikamente haben auch Nebenwirkungen, v.a. Übelkeit, Durchfall und Blähungen. Sie können Schwindel und Geschmacksstörungen auslösen und Gallensteine begünstigen. Deshalb sind sie auch rezeptpflichtig und sollen nur nach ärztlichem Rat verwendet werden.

Die genannten Wirkstoffe werden wöchentlich unter die Haut gespritzt. Semaglutid gibt es auch als Tablette, wird aber über den Darm schlecht aufgenommen. Weitere orale Formulierungen werden aktuell erarbeitet, insgesamt sind über 30 Wirkstoffe gegen Adipositas in der Forschung. Neben der „Wunderspritze“ gegen das Fett erobert womöglich auch bald die „Wunderpille“ die Therapie gegen Übergewicht, vermutet Martin.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Zdeněk Mačát / Alamy / Alamy Stock Photos