Gesundheit heute

Stimulation für Kreislauf und Immunsystem

Die Wirkung physikalischer Anwendungen bleibt nicht auf den Reizort beschränkt, sondern erstreckt sich – vermittelt über das vegetative Nervensystem sowie hormonelle Botenstoffe – auch auf andere Körperteile oder sogar den ganzen Körper. Das erklärt, warum sich nach einem kalten Unterschenkelguss der ganze Körper belebt fühlt.

Werden Anwendungen regelmäßig wiederholt, so stellen sich weitere Effekte ein:

Der Abhärtungseffekt. Alles, was wir als unangenehm empfinden – etwa wenn wir uns mit kaltem Wasser übergießen – führt zu einer Stressreaktion, in deren Zentrum die Ausschüttung des Hormons ACTH in der Hirnanhangdrüse steht. Dieses Hormon wiederum sorgt dafür, dass die Nebenniere körpereigenes Kortison (Kortisol) freisetzt, das unseren Körper auf „Flucht oder Abwehr“ einstimmt. Werden die unangenehmen Reize regelmäßig wiederholt, so „gewöhnt“ sich der Körper nicht nur in seinem Empfinden daran (die Kälte „beißt“ weniger), sondern auch in seiner Reaktion darauf: Schon nach drei Wochen regelmäßiger Kaltwasserbehandlung führen Kältereize zu keiner nennenswerten hormonellen Stressreaktion mehr – der Körper erhöht also seine Stressresistenz. Inwieweit die Abhärtung generalisiert, d. h. auch gegenüber anderen Stressreizen resistenter macht, ist umstritten, es wäre jedoch plausibel.

Der Trainingseffekt. Immer wiederkehrende Reize, wie sie etwa bei wechselwarmen Wasseranwendungen auf das Herz-Kreislauf-System wirken, trainieren die Gefäßmuskulatur. So konnte nachgewiesen werden, dass sich der Blutdruck langfristig durch regelmäßige Anwendungen senken lässt.

Wasseranwendungen regen aber nicht nur den Kreislauf an – die wiederholten Stressreize stimulieren auch das Immunsystem. Es wurde nachgewiesen, dass kurzfristige Kältereize die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe und Zellen des Immunsystems ins Blut bewirken. Die durch Anwendungen oft erreichte bessere Durchblutung tut ein Übriges, um das Immunsystem zu unterstützen.

Physikalische Anwendungen wirken zudem seelisch ausgleichend und geistig belebend. Dies macht sich nicht zuletzt die Wellness-Bewegung zunutze, die stark auf seelische Wohlfühleffekte setzt, die von der Haut vermittelt werden. Nicht zu unterschätzen ist aber auch der soziale Effekt: Jede Anwendung ist gleichzeitig auch eine Zuwendung.

Der Weg zur Abhärtung muss nicht immer über „Anwendungen“ führen. Die heilenden physikalischen Kräfte sind in unser alltägliches Leben eingebaut: als Wind, Wärme, Kälte, Temperaturwechsel, Wasser in allen Formen – von Regen über Tau bis hin zum Schnee. Abhärtung kann man durch Wechselduschen erreichen, aber auch, indem man seine Enkel mit dem Fahrrad zum Kindergarten bringt.

Viele Reize – viele Wirkungen

Die Reize physikalischer Anwendungen wirken sehr unterschiedlich:

Wärme und Kälte wirken – je nach Anwendung – stimulierend oder ausgleichend, treiben Schweiß oder fördern die Durchblutung. Über Reflexe des vegetativen Nervensystems und über chemische Botenstoffe beeinflussen sie auch die inneren Organe und wirken ausgleichend auf das Nervensystem – deshalb hilft eine Wärmflasche bei Darmkoliken.

Kälte und Wärme werden dem Patienten vor allem mithilfe von Wasser verabreicht – das war die Spezialität des Pfarrers Sebastian Kneipp, der über 100 Methoden der Wassertherapie beschrieben hat.

Wasser leitet aber nicht nur Kälte und Wärme, sondern ist selbst ein mechanischer Reiz – wenn es auf die Haut trifft, werden die Berührungssensoren der Haut millionenfach aktiviert. Und dieser Berührungseffekt wirkt weit in die Tiefe, z. B. auf das Immunsystem.

Neben Wärme, Kälte und mechanischer Kraft kann Wasser aber auch Wirkstoffe transportieren. Viele Wickel, Auflagen und Umschläge werden deshalb mit Heilzusätzen – von Kräutern, Ölen, Quark bis hin zum Essig – angereichert. Dies wird auch bei den Inhalationen ausgenutzt: Sie versorgen die entzündeten Schleimhäute nicht nur mit Dampf, sondern auch mit den darin gelösten ätherischen Ölen.

Sondertext: Wirkungsvermittler Haut

Weiterlesen:

Wann Wärme? Wann Kälte?

Kühlen - so geht es richtig

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Sonnenbrand richtig behandeln

Auch mit Sonnenbrand im Gesicht sollte man so schnell wie möglich in den Schatten.

Sonnenbrand richtig behandeln

Knallrot und schmerzend

Keinen Sonnenschutz aufgetragen oder zu lange in der Sonne gelegen: Vor allem Menschen mit heller Haut entwickeln dann ruckzuck einen Sonnenbrand. Jetzt ist schnelle Linderung gefragt.

Stressfaktor Sonne

UV-Strahlen sind für die Haut ein gewaltiger Stress. Sie reagiert mit einer akuten Entzündung, wird rot und schmerzt, und die obersten Hautzellen sterben ab. Je nach Intensität können sich sogar Blasen bilden, es drohen Fieber, Schüttelfrost und Schwächegefühl.

Am besten sorgt man dafür, dass es mithilfe eines geeigneten Sonnenschutzes gar nicht erst zu einem Sonnenbrand kommt. Ist es aber trotzdem passiert, muss schnell gehandelt werden.

Schatten, Kühlung, Flüssigkeit

Sobald beim Sonnenbad eine Hautrötung auffällt, heißt es: Raus aus der Sonne und in den Schatten. Das gilt auch für die Folgetage. Denn nur im Schatten kann sich die Haut wieder regenerieren. Daneben gibt es folgende Tipps:

  • Haut vorsichtig von Salz, Schweiß, Sand und Pflegeprodukten reinigen und mit feuchten Tüchern kühlen.
  • Anschließend spezielle After-Sun-Produkte auftragen. Die Auswahl dafür ist groß, Beratung gibt es in der Apotheke.
  • Unbedingt ausreichend trinken. Das beugt Kreislaufproblemen vor und unterstützt die Haut beim Heilungsprozess.
  • Bei starkem Juckreiz Gel mit juckreizstillenden Wirkstoffen (z.B. Bamipin und Dimetinden ) auftragen. Einige Gele sind auch für Kinder zugelassen und in der Apotheke erhältlich. Für Schwangere und Stillende sind die genannten Wirkstoffe nicht geeignet. Für sie gibt es in der Apotheke spezielle Präparate mit pflanzlichen Extrakten.
  • Cremes mit Hydrokortison lindern Schmerzen und Schwellungen. Sie können in zwei verschiedenen Wirkstärken bis zu dreimal täglich aufgetragen werden. Länger als zwei (hohe Dosierung) bis vier Wochen (niedrige Dosierung) sollten man sie aber nicht verwenden, da Kortisoncremes auf Dauer der Haut schaden.

Bei Blasen und Fieber zur Ärzt*in

Bei sehr starken Schmerzen helfen orale Schmerzmittel. Am besten sind Präparate geeignet, die auch die Entzündung eindämmen (z. B. ASS oder Ibuprofen). Sie sollte man allerdings nur nach ärztlichem Rat einnehmen. Doch nicht nur bei starken Schmerzen ist es besser, den Sonnenbrand ärztlich abklären zu lassen. Zur Haus- oder Kinderärzt*in gehen sollte man auch wenn

  • Kinder unter sechs Jahren betroffen sind,
  • sich Blasen bilden,
  • Fieber, Übelkeit oder Kreislaufbeschwerden auftreten oder
  • viele oder sehr große Hautbereiche verbrannt sind.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / pa / Christin Klose