Gesundheit heute

Wer geht zur Vorsorge?

In Deutschland gehen nur jeder fünfte Mann und jede zweite Frau regelmäßig zu den gesetzlich empfohlenen Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen.

Dabei sind die meisten der heute als Kassenleistung kostenfrei angebotenen Früherkennungsuntersuchungen wissenschaftlich geprüft und erfüllen nachweislich ihren Zweck, d. h., Krankheiten werden rechtzeitig entdeckt und die nachfolgende Behandlung ermöglicht dem Patienten ein längeres Leben. Seit 2008 müssen chronisch kranke Patienten, die in Deutschland eine Zuzahlungsverminderung für Medikamente beantragen, durch einen „Präventionspass" belegen, dass sie bestimmte Vorsorgeuntersuchungen (Früherkennung von Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs) regelmäßig durchführen oder sich beraten ließen. Die umstrittene Regelung gilt für alle, die nach dem 1. Januar 2008 erstmals Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen können (also Frauen, die nach dem 1. April 1987 geboren wurden sowie Männer, die nach dem 1. April 1962 geboren wurden).

Zu den Bewertungen der Früherkennungsuntersuchungen für Erwachsene.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Durch KI das Koloskopieren verlernt

Die Koloskopie ist eine wichtige Untersuchung im Rahmen der Darmkrebs-Früherkennung.

Durch KI das Koloskopieren verlernt

Verschlechterte Diagnostik

Künstliche Intelligenz hat auch ihre Nachteile: Wenn Ärzt*innen sich bei der Diagnostik zu sehr darauf verlassen, verlernen sie schnell, selbst verdächtige Befunde zu erkennen. In puncto Darmspiegelungen war dies in einer Studie schon der Fall.

Scharfer Blick der Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz (KI) kann Ärztinnen und Ärzte in vielerlei Hinsicht unterstützen. Ein wichtiger Bereich ist die Diagnostik. So hilft die KI z. B., Befunde auf Röntgen- oder MRT-Bildern besser zu erkennen. Auch bei der Darmspiegelung (Koloskopie) wird sie mehr und mehr eingesetzt: Nachdem ein KI-basiertes System mit tausenden Bildern trainiert wurde, erkennt es während der Darmspiegelung auch minimale Schleimhautveränderungen und Polypen automatisch. Diese verdächtigen Bereiche werden dann auf dem Monitor hervorgehoben, sodass die Untersuchenden sie nicht übersehen.

So weit, so gut. Doch inzwischen befürchtet man vielerorts, dass durch die Nutzung künstlicher Intelligenz die eigenen diagnostischen Fähigkeiten verlernt werden. Ob das z. B. der Fall ist, wenn sich Gastroenterolog*innen bei der Darmkrebsvorsorge von KI helfen lassen, haben polnische Forschende untersucht.

Weniger Polypen als vorher entdeckt

Sie analysierten die Daten aus vier Endoskopiezentren, in denen Darmspiegelungen zur Krebsvorsorge durchgeführt wurden. In allen Häusern kam ab Ende 2021 bei einem Teil der Endoskopien KI-Systeme zum Einsatz. Insgesamt 19 Ärzt*innen nutzten die KI je nach Zufallsprinzip bei ihren Patient*innen zur Darmkrebsvorsorge.

Vor der Einführung der KI lag die durchschnittliche Rate, mit der während der Darmspiegelungen verdächtige Polypen entdeckt wurden, bei 28,4 %. Nach Einführung der Systeme sank diese Rate in den Fällen, in der ohne KI-Unterstützung koloskopiert wurde, auf 22,4 %. 15 der 19 Ärzt*innen verschlechterten ihre Fähigkeit, verdächtige Schleimhautbereiche selbst zu erkennen. Die übrigen vier hatten dagegen durch die zwischenzeitliche Nutzung der KI ihren diagnostischen Blick verbessern können.

Einmal an Unterstützung gewöhnt …

KI-Systeme können also durchaus einen negativen Effekt auf die Fähigkeiten von Ärzt*innen haben, schließen die Forschenden aus ihrer Studie. Wer sich einmal an die Unterstützung gewöhnt hat, verlernt offenbar, selbst gute Ergebnisse zu erzielen. Im Fall der Darmkrebsvorsorge ist das fatal: Müssen die an KI gewöhnten Ärzt*innen bei einer Darmspiegelung aus irgendeinem Grund auf diese Unterstützung verzichten, könnten sie leicht verdächtige Bereiche übersehen – zum Schaden der betroffenen Patient*innen.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / TPG RF / Kzenon