Gesundheit heute

Ungewollt kinderlos

Wenn das eigentlich Selbstverständliche nicht funktioniert, ist die Belastung enorm: Umfragen ergaben, dass Unfruchtbarkeit oft noch bedrohlicher als die Trennung von der geliebten Person empfunden wird. So ist es nur natürlich, dass das Paar alles tun will und wird, um nicht ungewollt kinderlos zu bleiben. Die Folgen sind leider messbar: Nicht selten sind sexuelle Funktionsstörungen die Folge des selbst auferlegten Drucks, endlich ein Kind zu zeugen. Bereits die Mitteilung eines ungünstigen Spermiogramms kann beim Mann zu sexueller Lustlosigkeit und Erektionsstörungen führen. Viele Paare beklagen darüber hinaus den Verlust der Spontaneität und kommunikativen Bedeutung von Sexualität aufgrund von Geschlechtsverkehr (GV) nach Terminplan, täglicher Temperaturmessung oder Karenztagen, den Tagen, an denen zur Verbesserung der Fruchtbarkeit Enthaltsamkeit angesagt ist. 

Die meisten Paare fühlen sich deshalb erst einmal erleichtert, wenn sie sich endlich – meistens nach mehreren Monaten Bedenkzeit – für den Gang zum Frauenarzt entschlossen haben, und „etwas passiert". Und passieren tut in der Tat eine ganze Menge, denn ungewollte Kinderlosigkeit hat viele Ursachen, und ebenso vielfältig sind heute auch die diagnostischen Methoden und Behandlungsmöglichkeiten. Knapp 10 000 Kinder kommen in Deutschland jährlich im Rahmen der assistierten Fortpflanzung zur Welt – und es waren schon mal fast doppelt so viele, als die Kostenübernahmeregelungen noch großzügiger waren. 

Alles heute kein Problem mehr? 

Trotzdem hat auch die moderne Fortpflanzungsmedizin ihre Grenzen. So bleiben die Behandlungen in 50 % der Fälle letztendlich erfolglos; und der zeitliche, finanzielle und psychische Aufwand für das Paar, vor allem für die Frau, ist gewaltig. Viele Frauen berichten, dass eine geregelte Vollzeitberufstätigkeit während der Behandlungsphase sehr schwierig aufrechtzuerhalten gewesen sei. Auch zerbrechen manche Beziehungen an den Folgen des „Fortpflanzungsstress" – und dies selbst dann, wenn es mit dem Kind geklappt hat. 

Die Entscheidung für oder gegen eine assistierte Fortpflanzung fällt den meisten Paaren nicht leicht: Wie weit wollen wir für unseren Kinderwunsch gehen? Wie viel Zeit sind wir dafür bereit, in Wartezimmern und Behandlungsräumen zu verbringen? Ist unsere Beziehung stabil genug, den unweigerlich eintretenden Stress und Erfolgsdruck aufzufangen? Was ist, wenn es trotz allem nicht klappt? Und was bedeutet es eigentlich für das Kind, wenn es mit Hilfe Dritter gezeugt wurde?

Weiterführende Informationen

  • www.wunschkinder.net – Privat betriebene Internetseite, Burgwedel: Bietet regelmäßig aktualisierte Informationen zu Ursachen, Diagnostik und Therapien ungewollter Kinderlosigkeit sowie viele Foren. 
  • www.wunschkind.de – Verein der Selbsthilfegruppen für Fragen ungewollter Kinderlosigkeit, Berlin: Erfahrungsberichte, Kontaktadressen, Informationen zur Kostenerstattung, Telefonhotline und aktuelle Veranstaltungstermine. 
  • M. Spiewak: Wie weit gehen wir für ein Kind? Im Labyrinth der Fortpflanzungsmedizin. Eichborn, 2005. Faktenreicher Überblick über den Alltag in der Reproduktionsmedizin. Wie Paare unter den seelischen Belastungen der Unfruchtbarkeit leiden, wie die aufwändigen Prozeduren der künstlichen Befruchtung zum „geheimen zweiten Leben" werden und wie Paare verhindern, dass die Sehnsucht nach dem Kind zur Sucht wird.
  • T. Wischmann; H. Stammer: Der Traum vom eigenen Kind. Psychologische Hilfen bei unerfülltem Kinderwunsch. Kohlhammer, 2006. Weniger fakten- als psychologisch-orientierter Ratgeber für die Zeit während der Therapie der Kinderlosigkeit. Der Band zeigt, dass kein Paar mit seinen Gefühlen alleine dasteht. 
  • P. Ritzinger; E. R. Weissenbacher: Später Kinderwunsch – Chancen und Risiken. Zuckschwerdt, 2006. Fundiert recherchierter Band, der kritisch wie sachlich das Spannungsfeld zwischen spätem Kinderwunsch und medizinischem Fortschritt beleuchtet und Raum zur selbst bestimmten Entscheidung bietet. 

Weiterlesen:

  • Alternativen zur Reproduktionsmedizin
  • Faktoren, die die Fruchtbarkeit beeinflussen
  • Fruchtbarkeitsstörungen

Von: Dr. med. Andrea Stadler, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Dicksein torpediert Kinderwunsch

Bei Übergewicht klappt es mit dem Kinderkriegen oft nicht so gut wie bei Paaren, die normalgewichtig sind.

Dicksein torpediert Kinderwunsch

Erschwerte Schwangerschaft

Es gibt viele Gründe, warum es bei manchen Paaren mit dem Kinderwunsch nicht klappt. Einer davon ist Übergewicht – und zwar sowohl bei Frauen als auch bei Männern.

Risiko für Fehlgeburt erhöht

Die Fruchtbarkeit wird von etlichen Faktoren negativ beeinflusst. Sie reichen vom Alter, übermäßigem Rauchen und Alkoholkonsum über Krankheiten bis hin zu Umweltgiften. Auch das Körpergewicht spielt eine Rolle dabei, ob Frauen schwanger werden. Wie stark der Einfluss ist, wurde in einer niederländischen Studie mit 3605 Frauen und ihren Partnern untersucht.

Im Vergleich zu normalgewichtigen Frauen hatten diejenigen mit Übergewicht (BMI 25 bis 29,9) eine um 10 % geringere Chance, innerhalb eines Monats schwanger zu werden. Bei adipösen Frauen (BMI über 30) war diese Chance sogar um 18 % vermindert. Außerdem erhöhten Übergewicht und Adipositas das Risiko für Fehlgeburten um über 40%, errechnete das holländische Forscherteam.

BMI steigt, Fruchtbarkeit sinkt

Doch nicht nur das Körpergewicht der Frau kann den Kinderwunsch torpedieren. Mit jeder steigenden Einheit des BMI nahm auch bei den Männern die Fruchtbarkeit ab. Eine Adipositas erhöhte ihr Risiko für eine Subfertilität um 67%. Die Subfertilität war definiert als ein über zwölfmonatiger Versuch, dass die Partnerin schwanger wurde oder das Nutzen von Reproduktionstechnologie wie z.B. eine künstliche Befruchtung.

Vor der Empfängnis Gewicht normalisieren

Ein BMI über dem Normalbereich in der Zeit vor der Empfängnis reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft und erhöht das Fehlgeburtsrisiko, fasst das Autorenteam zusammen. Sie empfehlen, bei unerfülltem Kinderwunsch sowohl bei den Müttern als auch bei den Vätern in spe das Gewicht zu optimieren.

Quelle: Ärzteblatt

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ievgen Chabanov / Alamy / Alamy Stock Photos