Gesundheit heute

Arztbesuche im Urlaub

Die größte Gefahr am Urlaubsort geht nicht etwa von Krankheiten aus, sondern von Unfällen (vor allem Verkehrsunfälle, mit Abstand folgen Unfälle durch Ertrinken und Gewalt): 40 % aller Rücktransporte und Todesfälle gehen auf das Konto derartiger Ereignisse. Danach folgen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (15 %), Magen-Darm-Erkrankungen (15 %), Atemwegsinfekte (6 %) und neurologische Krankheiten (5 %). Dabei hat man es häufig mit bereits bestehenden Krankheiten zu tun, die sich am Urlaubsort verschlimmern.

In vielen Fällen stellen aber auch die Stressbelastung und Anpassungsstörungen an Klima, Umwelt und Kultur eine Überforderung dar.

Der Anteil der Urlauber, die an schweren allgemeinen und spezifischen Infektionen erkranken, liegt hingegen nur bei 5 %.

Achtung, Betrug!

Gerade in den Haupttourismusgebieten geben sich viele Betrüger*innen als Ärzt*innen aus. In einigen Ländern gibt es sogar ganze Krankenhäuser, die praktisch nichts anderes tun, als Touristen auszunehmen. Ihre Alarmglocken sollten klingeln, wenn für die Klinik/Praxis in deutscher Sprache auffällig geworben wird, während im Inneren kaum oder gar nicht deutsch gesprochen wird.

Überdiagnosen sind häufig, um damit teure Arzneimittel und sogar operative Eingriffe zu rechtfertigen, die zudem oft per Blanko-Kreditkartenabdruck und im Voraus bezahlt werden müssen. Die in Rechnung gestellten Kosten sollten sich nicht wesentlich von Privatrechnungen in Deutschland unterscheiden: Ein reines Beratungsgespräch mit Untersuchung sollte nicht mehr als 100 EUR kosten, eine Wundversorgung in etwa den gleichen Betrag. Medikamente sind in der Regel sogar billiger als in Deutschland. Ausnahme sind die USA, wo sehr hohe Arzthonorare üblich sind. Kommt der Patient*in der Betrag zu hoch vor, so sollte sie zunächst nicht bezahlen und mit der Krankenversicherung Kontakt aufnehmen. Deren Telefonhotlines sind teilweise rund um die Uhr erreichbar. Die telefonischen Beratungsstellen können Adressen nennen, mit denen gute Erfahrungen gemacht wurden und erklären, was auf der Arztrechnung vermerkt werden muss.

Bei Bedarf kann gegebenenfalls im Vorfeld der Ärzt*in oder dem Krankenhaus eine Kostenübernahme garantiert werden, sodass man als Patient*in kein Geld vorstrecken muss. Im Allgemeinen sind die Reisekrankenversicherungen gehalten, die ausgelegten Beträge den Versicherten zurückzuerstatten, nur bei extrem unplausiblen Rechnungen unterstellen sie möglicherweise eine betrügerische Absprache zwischen Ärzt*in und Patient*in.

Weiterlesen:

  • Unfälle im Urlaub
  • Verdauungsbeschwerden im Urlaub
  • Bisse und Verletzungen durch Tiere
  • Tropenkrankheit
  • Jetlag
  • Auslandsreiseversicherung

Von: Dr. rer. nat. Annette Diekmann-Müller, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Das hilft gegen Reisekrankheit

Manche Menschen werden sogar bei ruhiger See seekrank.

Das hilft gegen Reisekrankheit

Übelkeit an Bord oder im Auto?

Eine Seefahrt ist nur für diejenigen lustig, die nicht seekrank werden. Auch Autofahrten oder Flüge können bei vielen Menschen eine Reisekrankheit auslösen. Was kann man gegen das Übel tun?

Konflikt im Gehirn

Reisekrankheiten (fachlich Kinetosen) können den Urlaub ganz schön vermiesen. Denn die Beschwerden sind oft heftig: Sie reichen von Übelkeit und Erbrechen über Schwindel und Kopfschmerzen bis hin zu einem schweren Krankheitsgefühl. Begleitet ist das Ganze von Blässe, vermehrtem Schwitzen, Herzklopfen und beschleunigtem Atmen. Kurzum: Den Betroffenen geht es richtig schlecht.

Hinter dem Übel steckt ein Konflikt zwischen verschiedenen Sinneseindrücken. Zum Beispiel, wenn das Gleichgewichtsorgan im Innenohr Bewegungen wahrnimmt, die nicht mit dem Gesehenen übereinstimmen. Oder wenn die Augen Bewegung registrieren, während der Körper – z.B. im Auto – stillsitzt. Kann das Gehirn Lage und Bewgeung des Körpers nicht richtig einschätzen, kommt es zur Reisekrankheit.

Medikamente mit Nebenwirkungen

Medikamente wie Antimuskarinika, Antihistaminika und Sympathomimetika können gegen die Reisekrankheit helfen. Als Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Koordinations- und Konzentrationsstörungen möglich. Scopolamin, das es als Pflaster gibt, kann zu Sehstörungen und Schwindel führen. Arzneimittel gegen Kinetosen kauft man am besten in der Apotheke, dort gibt es gleich eine Beratung mit dazu.

Südseeinsulaner schwörten auf Mangos. Auch ohne Medikamente gibt es einiges, was gegen die Reisekrankheit hilft. Südseeinsulaner haben früher ein bis zwei Mangos verzehrt, bevor sie mit ihren Booten losgefahren sind. Das war durchaus sinnvoll, denn Mangos enthalten reichlich Vitamin C. In einer Studie mit Betroffenen konnte die Einnahme von 500 mg Vitamin C die Häufigkeit der Seekrankheit um die Hälfte reduzieren. Ein weiterer Tipp ist Ingwer. Verkapseltes Ingwerpulver hat allerdings keinen Effekt. Als Kaugummi gekaut hat Ingwer Versuchspersonen geholfen, die per Virtual Reality Hubschrauber geflogen sind. In China setzt man auf die Kombination aus Ingwer, Minze, Zimt und Zitrusfrüchten.

Musik und Gewöhnung

Ein einfaches Mittel bei Reisekrankheit ist frische Luft. Dabei können auch Ventilatoren hilfreich sein. Manche Expert*innen empfehlen auch das Hören von Musik, da sie sich positiv auf das vegetative Nervensystem auswirkt. Eine bestimmte Stilrichtung wird nicht empfohlen - wirksam ist aber nur, was gefällt.

Die effektivste nicht-pharmakologische Methode gegen das Übel ist allerdings die Gewöhnung. Setzt man sich immer wieder Schifffahrten, Hubschrauberflügen und Autofahrten aus, lernt das Gehirn, besser mit den verwirrenden Sinneseindrücken umzugehen. Dafür sind Geduld und ein gehöriges Maß an Belastbarkeit nötig. Denn eine vollständige Gewöhnung ist meist recht unangenehm und überaus zeitaufwändig.

Quelle: ÄrzteZeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Fritzi