Gesundheit heute
Akne bei Jugendlichen
Akne: Nicht ansteckende Hauterkrankung, die mit Vergrößerung der Talgdrüsen, vermehrter Talgproduktion und dadurch begünstigten Entzündungen einhergeht. Sie tritt besonders in der Pubertät auf und hat mit 17 Jahren ihren Häufigkeitsgipfel. Rechnet man milde Formen mit, so ist fast jeder Jugendliche von Akne betroffen, Jungen meist schwerer als Mädchen. Jedoch haben etwa 10 % der Betroffenen auch noch nach dem 25. Lebensjahr Beschwerden. Bei 30 % verläuft die Akne so schwer, dass sie medizinisch behandelt wird.
Symptome und Leitbeschwerden
- Mitesser (Komedonen), die sich zu "Pickeln" (Pusteln) entwickeln und entzünden
- Auftreten der Akne vor allem im Gesicht (besonders an Stirn, Wangen und Kinn), im Dekolleté und am oberen Rücken.
Wann in die Arztpraxis
In den nächsten 1–2 Wochen, wenn
- die Akne durch Selbsthilfemaßnahmen nicht innerhalb von 2–3 Monaten besser wird
- sich eitrige Pusteln oder tiefe Knoten bilden.
In den nächsten Tagen, wenn
- Akne außerhalb der Pubertät auftritt.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
In der Pubertät bilden insbesondere Jungen, aber auch Mädchen, männliche Geschlechtshormone wie Testosteron. Durch das Hormon werden die Talgdrüsen zu verstärkter Absonderung von Talg (Talgsekretion) angeregt (Seborrhö). Wie stark die Talgdrüsen auf die Hormone ansprechen, ist dabei von Mensch zu Mensch verschieden. Gleichzeitig neigt die Haut an den Talgdrüsenausgängen bei vielen Jugendlichen zur Verdickung (Verhornung), sodass sich der Talg zusammen mit abgeschilferten Hautzellen anstaut und weiße Mitesser (weiße Komedonen) entstehen. Diese färben sich durch Einlagerung von Pigmenten (nicht durch Schmutz) im Lauf der Zeit dunkel oder sogar schwarz (schwarze Mitesser bzw. Komedonen). Die verstopften Talgdrüsen werden leicht von Hautbakterien, z. B. Propionibacterium acnes, besiedelt. Dadurch entzünden sich die Mitesser und die umgebende Haut; es entstehen die bekannten Pickel, also eitrig entzündete Mitesser.
Ursachen
Hormonveränderungen. Jugendliche leiden durch die hormonelle Umstellung in der Pubertät an der "ordinären Akne" (Acne vulgaris). Weitaus seltener entwickelt sich die Akne durch Hormonzufuhr von außen. Auch nach der Pubertät klagen viele Mädchen über leichte Akne: In der 2. Zyklushälfte verändert sich der Hormonhaushalt, da der Anteil des Gelbkörperhormons Progesteron steigt. Gleichzeitig sinkt der Anteil des Östrogens, das die Talgproduktion eher bremst.
Die sogenannte Neugeborenenakne ist eine Reaktion der empfindlichen Säuglingshaut auf die mütterlichen Hormone, die das Kind im Mutterleib aufgenommen hat. Die Hormone werden jedoch schnell wieder abgebaut, sodass sich die Akne nach einiger Zeit von selbst bessert.
Umweltgifte und Kosmetika. Gefördert wird Akne auch durch Umwelteinflüsse, insbesondere durch den längerfristigen Einsatz fettiger Kosmetika, die die Hautporen schließen.
Ernährung. Der Einfluss der Ernährung ist kompliziert: Während die oft beschuldigte Schokolade oder fettreiche Ernährung kontrovers diskutiert wird
Stress. Auch akuter Stress lässt Pickel und Akne "blühen".
Medikamente. Eine sogenannte medikamentös bedingte Akne bildet sich in wenigen Tagen nach der Einnahme von Medikamenten nicht nur im Gesicht, sondern auch an sonst eher unüblichen Stellen wie Armen, Beinen oder Rumpf. Zu diesen Medikamenten zählen unter anderem kortisonhaltige Mittel gegen Entzündungen, bestimmte Mittel gegen Epilepsie oder Lithium gegen Depressionen.
Erkrankungen. Leiden erwachsene Frauen unter Akne, ist dies evtl. ein Hinweis auf das polyzystische Ovarialsyndrom, eine der häufigsten hormonellen Erkrankungen der Frau. Eine andere Ursache ist die Überproduktion von männlichen Geschlechtshormonen (Hyperandrogenismus). Ebenso muss an die Hautkrankheit Rosazea gedacht werden.
Weitere Ursachen. Jede Akne wird zudem durch den Besuch von Solarien (hochdosiertes UVA-Licht) und durch nicht atmungsaktive Kleiderstoffe verschlimmert. Manchmal wird vermutet, dass mangelhafte Hygiene die Ursache für Akne ist. Dafür gibt es allerdings keine Belege.
Risikofaktoren
- Fettige Substanzen oder bestimmte Kosmetika (z. B. Make-up)
- Genetische Veranlagung: Sind bereits mehrere Familienmitglieder betroffen, besteht ein größeres Risiko für Akne
- Reiben und Druck gegen die Haut, beispielsweise durch zu enge Kleidung oder das Tragen eines Rucksackes.
Klinik
Beim Krankheitsbild der eigentlichen Akne (Acne vulgaris) unterscheidet die Ärzt*in mehrere Formen, die sich durch typische Hautveränderungen erkennen lassen:
Leichte Akne. Bei Acne comedonica ist die Haut fettig und übersät mit vielen Mitessern ohne nennenswerte Entzündungen (Eiterpickel). Diese treten hauptsächlich im Gesicht auf, vor allem an Stirn, Kinn und seitlichem Nasenbereich. Gerade bei Mädchen übersteigt die Zahl der geschlossenen Mitesser die Zahl der offenen deutlich.
Mittelschwere Akne. Bei anderen Jugendlichen dominieren größere Knötchen, teilweise mit Eiterbildung, die sich sowohl im Gesicht als auch auf Brust, Rücken und Oberarme verteilen. Aus den entzündeten Pusteln entstehen unterschiedliche Narbentypen. Diese Form wird (Acne papulopustulosa) genannt.
Schwere Akne. Vor allem Jungen sind von sehr schweren Formen mit knotigen, tiefen, teils eitrigen Entzündungen betroffen. Nachdem diese abgeheilt sind, bleiben bei der auch Acne conglobata genannten Form charakteristische Aknenarben zurück.
Komplikation
Eine mögliche Komplikation ist die Acne fulminans, eine Form der schweren Akne mit Fieber und absterbenden Hautbereichen (Hautnekrosen).
Diagnosesicherung
Um andere Hautkrankheiten wie Pilzerkrankungen oder eine eitrige Haarbalgentzündung auszuschließen, ist der Besuch in der Hautarztpraxis notwendig. Zur Diagnose einer "ordinären Akne" benötigt die Ärzt*in meist keine weiteren Untersuchungen, sie erkennt sie an dem typischem Erscheinungsbild ("Blickdiagnose").
Behandlung
Für fast alle Behandlungen der Akne gilt: Bis sie wirken, ist Geduld gefragt. Wer keine Geduld hat und womöglich ständig die Behandlung wechselt, sieht keinen Fortschritt und hat eher das Gefühl, dass nichts hilft.
Pharmakotherapie
Alle Aknepräparate werden auf die gereinigte und abgetrocknete Haut aufgetragen. Vor und nach dem Auftragen müssen die Hände gut gewaschen werden. In leichten Fällen reichen "Rubbelcremes" (Waschpeelings) zur Abschilferung der verhornten Talgdrüsenausführungsgänge aus, wie etwa Brasivil® Paste.
Basisbehandlung durch Schälmittel. Meist wird dem betroffenen Jugendlichen aber eine sogenannte Basisbehandlung mit Benzoylperoxid (BPO) empfohlen, einem chemisch wirkenden, frei verkäuflichen Schälmittel, das gleichzeitig gegen Mitesser, Bakterien und die Entzündung wirkt. Da die Gesichtshaut sehr empfindlich ist, sollten nur niedrig konzentrierte Präparate eingesetzt werden. Beim Auftragen sind die Augen, Nasenlöcher und die Lippen auszusparen, da BPO die Schleimhäute reizt. Augenbrauen, Kopfhaare, Barthaare und Textilien können beim Kontakt mit BPO ausbleichen.
Die Behandlung mit BPO sollte die Beschwerden innerhalb von acht Wochen verbessern. Eine Anwendung länger als 3 Monate wird nicht empfohlen.
Ähnlich wirkt die verschreibungspflichtige Azelainsäure. Generell irritieren Cremes die Haut weniger als Gels oder gar Lösungen, deshalb sind Cremes am Anfang der Behandlung manchmal die bessere Wahl. Auch eine geeignete Hautpflege verringert die von den Schälmitteln oft ausgehende Reizwirkung. Reagiert die Haut empfindlich auf die Azelainsäure, ist das Präparat zunächst nur jeden zweiten Tag anzuwenden.
Oberflächliche (topische) Retinoide. Bei schwereren Akneformen reichen Schälmittel meist nicht aus. Hier werden aus der Vitamin-A-Säure gewonnene Präparate (Retinoide) verordnet, vor allem das wenig reizende Adapalen (als Creme oder als Gel). In hartnäckigen Fällen kann das – allerdings anfänglich stark reizende – Tretinoin (Vitamin-A-Säure) versucht werden. Noch stärker wirkt das Isotretinoin. Bei allen Präparaten wird von einer Anwendung während der Schwangerschaft oder Stillzeit abgeraten – bei Isoretinoiden drohen sogar Fehlbildungen beim ungeborenen Kind. Alle Retinoide haben zudem den Nachteil, dass sie die Haut lichtempfindlicher machen. Deshalb werden sie am besten abends aufgetragen. Zusätzlich muss auf einen ausreichenden Sonnenschutz geachtet werden. Retinoide werden häufig auch in Kombination mit BPO eingesetzt.
Oberflächliche (topische) Antibiotika. Bestehen entzündliche Hautveränderungen und Pusteln, die sich mit den Schälmitteln nicht bessern, helfen zusätzlich antibiotikahaltige Cremes, vor allem mit Erythromycin oder Clindamycin. Antibiotikapräparate sollten aber immer erst eingesetzt werden, wenn andere Therapieformen unzureichend wirken. Die Hautbakterien werden sonst gegen das Antibiotikum unempfänglich (resistent). Aus demselben Grund dürfen Antibiotikapräparate nicht länger als 6–12 Wochen hintereinander aufgetragen werden. Außerdem sollten sie nur zusammen mit Benzoylperoxid- oder Retinoid-Präparaten verabreicht werden
Systemische Präparate. In schweren Fällen, also vor allem bei der Acne conglobata, lindert die oral einzunehmende Einzeltherapie mit Isotretinoin die Akne. Nebenwirkungen wie trockene Haut, Leberfunktionsstörungen und Erhöhung der Blutfettwerte sowie Stimmungsschwankungen bis hin zur Depression kommen vor. Für sexuell aktive Mädchen und Frauen ist diese Behandlung nur dann eine Option, wenn sie gleichzeitig sehr sicher verhüten. Denn durch die orale Einnahme von Retinoiden sind bei einer Schwangerschaft Fehlbildungen beim Ungeborenen möglich. Auch nach Beenden der Behandlung muss deshalb die Verhütung mindestens 4 Wochen lang fortgesetzt werden.
Die Behandlung mit Antibiotika zum Schlucken kommt kurzfristig bei stark eitrigen Formen in Betracht. Bei jungen Mädchen bessert auch die "Pille" die Akne oft deutlich.
Neue Therapiemethoden
Laser- und Lichttherapie. Zusätzlich zu Salben und Medikamenten werden verschiedene Formen der Bestrahlung mit Laser und Blitzlichtlampen als Behandlungsmöglichkeit erforscht. Diese Behandlungen sind jedoch noch nicht ausreichend erprobt, aber wahrscheinlich den medikamentösen Ansätzen unterlegen
Fototherapie. Die Haut wird bei dieser Behandlung gezielt und unter ärztlicher Aufsicht mit UV-Licht bestrahlt. Studien haben ergeben, dass sich die Akne zumindest kurzfristig bessern soll. Die UV-Bestrahlung bei der Fototherapie ist nicht vergleichbar mit dem Besuch in einem Sonnenstudio!
Komplikationen
Bei der Behandlung kommt es anfänglich nicht selten zu Verschlechterungen. Aus diesem Grund werden die Schälmitteln nur alle 2 Tage angewendet und die Therapie stufenweise eingeschlichen. Wenn möglich, sollte eine Therapieform aber immer 6 Wochen ausprobiert werden, bevor eine andere oder stärkere Option gewählt wird.
Prognose
In vielen Fällen heilt die Akne bis zum 25. Lebensjahr von selbst wieder ab. Bleibt sie länger bestehen, spielen häufig Faktoren wie Stress und Medikamente eine Rolle. Manchmal handelt es sich dann auch um eine hormonell bedingte Akne, etwa in der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren.
Ihre Apotheke empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
- Zuerst einmal: Es tut keinem Betroffenen gut, wenn er Begriffe wie "unreine Haut" hört – mit Reinheit oder Unreinheit hat Akne nichts zu tun. Und Eltern, die gleich auf jeden Pickel hinweisen, machen sich zurecht nicht besonders beliebt.
- Die von Akne betroffenen Hautregionen sollten einmal am Tag nur mit pH-neutralen und parfümfreien Seifen oder Waschlotionen gereinigt werden. Zu häufiges Waschen mit aggressiven Substanzen zerstört das Hautmilieu und führt oft zu einer Verschlimmerung.
- Da alle Aknemittel die Haut reizen können, ist die richtige Hautpflege entscheidend. Am besten geeignet sind entfettende Syndets (synthetische Seifen), wie etwa Eubos®, Hydroderm® oder Effaclair®. Bei stark fettender Haut nimmt man zur Entfettung auch eine milde alkoholische Lösung, etwa 20%iges Isopropanol oder Solutio Cordes®. Beim Abdecken von Mitessern und Pickeln sollte man fettige oder ölige Kosmetika besser meiden.
- Das bei vielen Teenagern beliebte "Ausdrücken" von Mitessern oder Pickeln schadet eher, denn die entzündungsverursachenden Substanzen werden durch unsachgemäßes Quetschen nur tiefer ins Gewebe gepresst. Das Risiko für Entzündungen und damit verbundene Narbenbildungen steigt. Stattdessen sollte eine Kosmetiker*in die Mitesser entfernen.
- Nicht zu stark dosiertes Sonnenlicht wirkt erfahrungsgemäß günstig, was sich auch daran zeigt, dass Akne im Sommer oft besser und im Winter eher schlechter wird. Allerdings beruht der Eindruck eher darauf, dass Akne auf gebräunter Haut weniger auffällt.
Komplementärmedizin
Naturheilheilkunde. Auch die Naturheilkunde bietet kein Patentrezept gegen Akne – die Empfehlungen reichen von A-Vitaminen über Blutreinigungstees mit Schachtelhalm und Brennnessel, Kamille und Salbei bis hin zu Zink (innerlich wie äußerlich). Kleiebäder und Heilerdeanwendungen unterstützen am ehesten die schulmedizinische Behandlung. Heilerde entzieht der Haut Talg und Schmutz und regt gleichzeitig die Durchblutung an. Außerdem wirkt sie entzündungshemmend.
Vorsicht geboten ist bei der manchmal empfohlenen essigsauren Tonerde: Wer sich in der Dosierung vergreift, riskiert Verätzungen im Gesicht.
Viele Betroffene haben gute Erfahrungen mit Teebaumöl gemacht, allerdings: Es wirkt nicht von heute auf morgen. Das Öl wird mit etwas Gesichtsgel oder Gesichtswasser vermischt und auf die betroffenen Stellen aufgetupft. Bei Hautirritationen muss die Anwendung sofort abgebrochen werden.
Ein altes, aber in der Wirksamkeit wissenschaftlich unbewiesenes Hausmittel gegen Akne ist Hefe, die entweder als frische Bäckerhefe oder als Fertigpräparat (z. B. Levurinetten®) innerlich und äußerlich angewendet wird.
Auch verschiedene homöopathische Mittel wie gereinigtes Bienengift sollen helfen, das Hautbild zu verbessern. Bisher gibt es jedoch keine überzeugenden Beweise, dass sie wirken.
Dampfbad. Ein altes Hausmittel ist das Dampfbad. Dafür wird eine Schüssel mit sehr heißem Wasser befüllt, das mit einer Hand voll getrockneter Kamillenblüten oder Ringelblumen angereichert wird. Anschließend wird der Kopf mit einem Handtuch bedeckt und über die Schüssel gebeugt. Das Dampfbad sollte etwa 10–15 Minuten wirken. Danach muss die Haut gut abgetrocknet werden.
Prävention
Lebensführung. Wer zu Mitessern und Pickeln neigt, verhindert mit der richtigen Hautpflege oft das Entstehen von Entzündungen. Selbstverständlich spielen auch andere vorbeugende Verhaltensweisen eine Rolle: gesunde Lebensweise mit frischem Obst und Gemüse, ausreichend Schlaf, viel Bewegung an der frischen Luft und Nikotin-Verzicht.
Pflegemittel. Um die Akne nicht zu verschlimmern, sollte die Haut nicht ständig neuen "pflegenden" Substanzen ausgesetzt werden. Besser man bleibt bei einem Pflegemittel – sofern es vertragen wird.

Kleine Wunden lassen sich bei Kindern mit den richtigen Hausmitteln meist gut verarzten.
Wunden bei Kindern sicher behandeln
Hilfe, es blutet!
Stürze und kleine Verletzungen sind bei aktiven Kindern alltäglich. Meist kommt es nur zu harmlosen blauen Flecken, Abschürfungen oder kleinen Wunden. Die lassen sich mit dem nötigen Know-How und einer gut ausgestatteten Hausapotheke gut behandeln. Wichtig ist aber zu wissen, wann das Kind bei einer Verletzung zur Ärzt*in muss – und was bei Verbrennungen tun ist.
Mehr Stürze, weniger Folgen
Hinfallen gehört zu den häufigsten Alltagsereignissen bei Kindern. Kleinkinder fallen besonders oft: Obwohl sie noch wacklig und unsicher auf den Beinen sind, wollen sie alles ausprobieren und lassen sich von nichts aufhalten. Auch ihre Körperproportionen bringen sie leichter zu Fall: Weil ihr Kopf etwa 25% des Körpergewichts ausmacht, liegt ihr Schwerpunkt höher als bei Erwachsenen. Dadurch ist der Körper instabiler und sie verlieren leichter ihr Gleichgewicht.
Kinder stürzen zwar viel häufiger als Erwachsene – ihr Körper kann dies aber deutlich besser verkraften. Das gilt besonders für die Wundheilung. Die ist bei gesunden Kindern durch ihre höhere Stoffwechselrate schneller und effektiver als bei den Großen. Deshalb verlaufen alle drei Wundheilungsphasen besser:
- Blutstillung und Entzündungsphase: Als erstes wird durch Blutplättchen (Thrombozyten) und die Blutgerinnung ein schützender Schorf gebildet und die Blutung gestillt. Anschließend wandern spezielle Blutzellen ein und beseitigen eingedrungene Bakterien und abgestorbenes Gewebe.
- Proliferative Phase: Ab dem zweiten Tag beginnt der Körper, die Gewebeverluste wieder aufzufüllen. Dafür bildet er neues Bindegewebe, insbesondere Kollagen, das von speziellen Hautzellen (Fibroblasten) produziert wird. Auch diese Kollagenproduktion läuft bei Kindern meist effektiver ab als im Erwachsenenalter.
- Reparative Phase: Ab Tag 5, also noch parallel zur proliferativen Phase, baut der Körper das neu gebildete Gewebe um. Dadurch wird die Wunde immer kleiner und stabiler. In diesem Stadium können sich sichtbare Narben entwickeln. Das Risiko für ausgeprägte Narben ist bei Kindern wiederum geringer als bei Erwachsenen. Die reparative Phase dauert etwa bis zu vier Wochen, dann ist die Wunde meist vollständig verheilt.
Hinweis: Wunden von Kindern infizieren sich seltener als Wunden von Erwachsenen. Dass liegt u.a. daran, dass gerade in den ersten Lebensjahren die Produktion und die Aktivität der Immunzellen besonders hoch ist. So gut ausgerüstet kann das Immunsystem besonders schnell und effektiv auf eingedrungene Keime reagieren.
Wann muss das gestürzte Kind in die Arztpraxis?
Zum Glück sind Stürze im Kindesalter meist leicht und haben deshalb nur harmlose Folgen. Abschürfungen, blaue Flecken und kleine Wunden kann man deshalb recht gut selbst versorgen. Rat und die erforderlichen Produkte gibt es in der Apotheke.
In einigen Fällen ist es allerdings unabdingbar, mit dem gestürzten Kind eine Arztpraxis aufzusuchen, z. B. bei
- Stürzen aus mehr als 1,5 m Höhe
- stark blutenden Wunden
- Flüssigkeits- oder Blutaustritt aus Nase oder Ohren
- Bewusstlosigkeit (auch kurze) nach dem Sturz
- Erbrechen, Schläfrigkeit, Trinkunlust nach dem Sturz
- Krampfanfällen oder Muskelzuckungen
- Schielen oder Sehstörungen
Kälte und Cremes bei blauen Flecken
Wenn durch eine Prellung, einen Stoß oder einen Schlag Gefäße verletzt werden, sammelt sich unter der Haut Blut an. Es kommt zu einem blauen Fleck, auch Hämatom genannt. Sie heilen – besonders bei Kindern – meist schnell ab. Der frische Fleck ist erst rot, dann wird er durch die Gerinnung blauviolett. Im Rahmen der Aufräumarbeiten im Gewebe bauen die Fresszellen den Blutfarbstoff ab. Je nach Abbauprodukt verändert der Fleck seine Farbe von braun-schwarz über dunkelgrün bis gelb-braun.
Blaue Flecken tun vor allem zu Beginn sehr weh. Kälte hilft dagegen am besten und sorgt dafür, dass Schwellungen nicht noch größer werden. Gekühlt werden sollte möglichst rasch und für mehrere Minuten. Achtung: Um den Kreislauf nicht zu stark zu belasten, darf dies bei Kleinkindern nur punktuell, also an der betroffenen Stelle, und feucht-kühl passieren.
Dazu eignet sich ein mit kühlem Wasser angefeuchteter Waschlappen oder eine im Kühlschrank (!) gelagerte Kalt-Warm-Kompresse. Für unterwegs sind Sofort-Kühl-Kompressen zum Knicken praktisch. Tiefgekühlte Coolpacks sind ungeeignet für Kleinkinder, ebenso Eissprays – sie können ihre besonders empfindliche und dünne Haut und die dicht darunter liegenden Nerven schädigen und zu schmerzhaften Erfrierungen führen.
Ist der Schmerz abgeklungen, können Gele mit Arnika-Extrakt die Abheilung unterstützen. Manche Eltern haben auch gute Erfahrungen mit homöopathischen Cremes gemacht. Bei Kindern ab acht Jahren darf man blaue Flecken auch mit Schmerzsalben mit Beinwell-Fluidextrakt behandeln.
Hinweis: Die klassischen Schmerzgele auf der Basis von Diclofenac oder Ibuprofen sind erst für Jugendliche ab 14 Jahren zugelassen und für jüngere Kinder nicht geeignet.
Blutende Wunden und Schürfwunden sicher versorgen
Bei stark blutenden Wunden muss die Blutung schnell gestoppt werden. Erst legt man eine sterile Kompresse auf, wenn nötig, muss ein Druckverband angelegt werden. Dazu kann man eine Verbandrolle verwenden. Diese packt man aus und legt sie auf die Kompresse, um sie dann mit einer zweiten Verbandrolle zu umwickeln und zu fixieren. So versorgt muss das Kind in eine Arztpraxis oder eine Notfallambulanz gebracht werden.
Oberflächliche, leichte Blutungen und Schürfwunden können selbst behandelt werden. In jedem Fall ist eine gute Wundreinigung wichtig. Dabei ist es wichtig, die Wunde gut mit Wasser oder steriler Kochsalzlösung zu spülen. Bei kleinen oberflächlichen Schürfwunden ist eine Desinfektion meist überflüssig. Schon das Spülen verringert die Infektionsgefahr. Zudem reinigt sich die Wunde selbst, indem sie Wundsekret bildet.
Anders sieht das bei tieferen Wunden aus. Sie können auch nach dem Spülen noch Schmutz und Keime enthalten und sollten desinfiziert werden. Gleiches gilt für Wunden, die mit Erde oder Tierkot in Kontakt geraten sind – sie sollte man ebenfalls desinfizieren.
Auch für Kinder geeignete Antiseptika sind die Wirkstoffe Octenidin, Povidon-Iod, Polihexanid und Chlorhexidin. Entsprechende Präparate und die dazugehörende Beratung gibt es in der Apotheke.
Tipp: Für das Säubern von leicht blutenden Wunden eignen sich bei Kindern besonders dunkle Tücher. Darauf fällt das rote Blut weniger auf, und das Kind bekommt weniger Angst.
Wundheilung fördern
Die nicht mehr blutende Wunde wird wie bei Erwachsenen nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung behandelt. Dazu kann man entweder feuchtes Wundgel oder Hydrokolloidpflaster verwenden.
Feuchte Wundgele brennen nicht auf der Wunde, spenden Feuchtigkeit für die Heilung und haben einen angenehm kühlenden Effekt. Sie müssen mehrmals täglich aufgetragen werden. Zum Schutz vor Verunreinigung, Reibung durch die Kleidung oder Herumkratzen klebt man ein Pflaster darüber. Der Wechsel des Pflasters kann sehr schmerzhaft sein. Um das Lösen des Pflasters zu erleichtern, gibt es zwei Wege:
- Sterile Kochsalzlösung zwischen den Rand des Pflasters und die Haut tröpfeln.
- Auf die Klebefläche des Pflasters ölgetränkte Wattepads auflegen und einwirken lassen.
Hydrokolloidpflaster sind die Alternative zu Wundgel und Pflaster. Sie bestehen aus wasserdichtem Material und versorgen die Wunde mit Feuchtigkeit. Außerdem polstern sie diese ab und schützen vor Reibung und Druck. Um sie beim Spielen zu sichern, kann man darüber täglich eine selbstklebende Binde anlegen. Das schützt auch davor, dass Schmutz unter den Rändern eindringt. Hydrokolloidpflaster bleiben bis zu sieben Tage auf der Wunde – das mehrmals tägliche Pflasterwechsel entfällt also.
Narbengele mit Silikon können bei ausgedehnten Schürfwunden die Abheilung verbessern. Sie dürfen erst aufgetragen werden, wenn kein Schorf mehr vorhanden ist. Man trägt sie zweimal täglich vorsichtig auf. Bitte nicht einmassieren – sonst bildet sich der nötige Silikonfilm nicht. Spezielle Präparate gibt es in der Apotheke schon für Babys ab drei Monaten.
Hinweis: Bei Verletzungen sollte immer der im Auge behalten werden, ob die Tetanusimpfung aufgefrischt werden muss. Grundimmunisiert wird meist mit 2, 4 und 11 Monaten. Danach wird die Impfung mit 5 bis 6 Jahren, später alle zehn Jahre wiederholt. Ist der Impfstatus nicht bekannt, wird das Kind wie ungeimpft behandelt und erhält eine Tetanusimpfung.
Achtung Verbrennungsgefahr
Auch Verbrennungen gehören zu den häufigen Verletzungen im Kindesalter. Typisch sind Unfälle am Herd oder mit dem Wasserkocher. Im Sommer gibt es neben dem Grillen noch zwei weitere typische Verbrennungsmöglichkeiten:
- Im Gartenschlauch stehendes Wasser kann durch die Sonne extrem heiß werden und Verbrühungen verursachen.
- Metallteile an Klettergerüsten und Rutschen können sich so aufheizen, dass es zu Kontaktverbrennungen an Po, Händen und Füßen kommt.
Bei einer Verbrennung muss sofort gehandelt werden. Ist ein größerer Bereich als der Handteller (des Kindes) betroffen, muss sofort der Notruf gewählt werden. Bereits ab 8% verbrannter Haut besteht bei Kindern Lebensgefahr. Zusätzlich gilt für alle Verbrennungen:
- Bei verbrannten oder verbrühten Kindern sollte so schnell wie möglich die Kleidung entfernt werden. Das gilt allerdings nur, wenn diese nicht mit der Haut verklebt ist. Ist das der Fall, muss die Kleidung mitgekühlt werden. Denn je länger die heißen Textilien an der Haut bleiben, desto größer wird der Hautschaden.
- Brandwunde 10 bis 15 Minuten mit handwarmem Wasser kühlen. Ausnahme: Nicht gekühlt werden großflächige Verletzungen wie z. B. der Rumpf – es droht sonst die Gefahr, dass die Körperkerntemperatur nicht mehr gehalten werden kann. Auch Neugeborene und Säuglinge sollen nicht gekühlt werden.
- Nach dem Kühlen kleinere Brandwunden steril abdecken, bei größeren Wunden ein sauberes Tuch verwenden.
- Keinesfalls Hausmittel auftragen (Mehl, Salben, Puder)! Säuglinge und Kleinkinder sollen bei jeder Art von Verbrennung zur Ärzt*in. Das Gleiche gilt, wenn es zu Verbrennungen im Gesicht, an den Händen, Füßen oder Genitalien gekommen ist.
Bei älteren Kindern können leichte, sehr kleinflächige Brandwunden zuhause behandelt werden. Brandblasen darf man dabei nicht aufstechen. Einerseits, weil sie die Wunde vor Verunreinigungen schützt. Außerdem bildet sich unter der Brandblase ein feuchtes Milieu, das die Heilung fördert. Zudem schmerzen geöffnete Brandblasen besonders stark.
Auch geschlossene Brandwunden schmerzen. Dagegen helfen Hydrokolloidpflaster oder Blasenpflaster, die besonders dick sind. Speziell abkühlende Wundgele gibt es auch für Kinder.
Tipp: Haben Windelkinder einen Unfall mit heißen Flüssigkeiten, muss unbedingt die Windel ausgezogen und geprüft werden. Denn das heiße Wasser kann sich darin sammeln und zu Verbrühungen am Po oder an den Geschlechtsorganen führen.
Gut gerüstet für den Notfall
Wer Kinder hat, sollte auf kleine Verletzungen gut vorbereitet sein. Es ist ratsam, folgende Produkte in der Hausapotheke vorrätig zu haben: Ampullen mit steriler Kochsalzlösung
- Wunddesinfektionsmittel
- sterile Kompressen
- Wundgel
- klassische Kinderpflaster
- Mullbinden
- Pinzette
Für Eltern ist es ratsam, die genannten Produkte in eine kleine Tasche zu packen und unterwegs immer dabei zu haben. So ist man beim Spazierengehen, auf dem Spielplatz und bei anderen Outdoor-Aktivitäten gut gerüstet.
Tipp: Es gibt auch Fertigsets zu Kaufen. So haben z. B. Expert*innen von der Universitätsklinik Bonn ein Erste-Hilfe-Set für Kinder entwickelt, das zusätzlich einen Notfallratgeber enthält (Dr. Till Kindernotfallbox-Tasche®).
Quellen: Steinbrück C, DAZ 2023; 31: 34-36, www. Paulinchen.de, www.kinderaerzte-im-netz.de, www.kindernotfall-bonn.de