Gesundheit heute

Juristische Fragen am Ende des Lebens

Wer eine palliativmedizinische Versorgung möchte, will sehr oft keine maximale medizinische Weiterbehandlung. Diese Willenserklärung ist solange kein Problem und vom Arzt ohne Wenn und Aber zu akzeptieren, solange der Patient in vollem Umfang geschäftsfähig ist. Oft ist dies aber nur noch mit Einschränkungen der Fall. Gerade ältere Menschen schätzen in dieser Lebensphase komplizierte medizinische Sachverhalte nicht mehr richtig ein. Das ändert aber nichts an dem Recht des Patienten, bis zum Schluss selbst über seine Behandlung oder Nichtbehandlung zu entscheiden. In einer Patientenverfügung können sie deshalb schon zu einem frühen Zeitpunkt ihren Willen festhalten.

Seit dem 1. September 2009 ist in Deutschland ein neues Patientenverfügungsgesetz (PatVerfG) in Kraft. Danach sind Patientenverfügungen für Ärzte und Betreuer verpflichtend. Die Bestimmungen aus der Patientenverfügung sind damit wichtiger als die Tatsache, wie der Arzt eine Krankheitslage einschätzt. Er muss sie unabhängig von Art oder Stadium der Verletzung bzw. Krankheit beurteilen. Das schließt ein, dass er unter Umständen das Ziel zurückstellen muss, Leben zu erhalten. Patientenverfügungen haben seither zudem eine größere Reichweite. Nun gelten sie auch bei Erkrankungen wie Wachkoma und Demenz, selbst wenn der Tod zeitlich noch nicht absehbar ist. Patienten können außerdem für möglicherweise eintretende Krankheitsfälle bereits im Vorfeld festlegen, welche Therapien sie wollen und welche nicht. Voraussetzung ist, dass die Verfügung schriftlich vorliegt. Um eine Patientenverfügung zu widerrufen, gilt dagegen auch eine mündliche Äußerung.

Patientenverfügungen mit einer Auflistung von 120 Situationen – wie sie in den USA üblich sind – binden den Arzt in ein Handlungskorsett, in dem er sich nicht viel bewegen kann, was sich letztlich oft sogar gegen die Interessen des Patienten richtet, der irgendetwas angekreuzt hat, das er nicht absehen konnte und was dann im Ernstfall auch nicht mehr seinen aktuellen Interessen entspricht.

Ist der Patient nur noch eingeschränkt geschäftsfähig, und kann er sich nicht mehr eindeutig artikulieren, müssen die Angehörigen den mutmaßlichen Willen des Patienten darstellen. Sie dürfen aber nur „übersetzen“ und nicht ihre eigenen Vorstellungen oder gar Interessen in den Vordergrund rücken. Das aber findet oft statt. Deshalb stellen die Ärzte die Äußerungen der Angehörigen über den vermeintlichen Willen des Patienten häufig infrage.

Hier hilft die Vorsorgevollmacht. Sie bevollmächtigt eine Vertrauensperson, im Fall der Geschäftsunfähigkeit rechtswirksam zu handeln. Ihre Erklärungen sind verbindlich. Einzelne Kompetenzen wie Finanzgeschäfte, Gesundheitsangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmungen etc. sollten darin klar festgelegt sein. Eine „natürliche“ Vorsorgevollmacht kennt der Gesetzgeber nur für Eltern minderjähriger Kinder, auch wenn viele Ärzte und Gerichte ein gleiches Recht auch Ehegatten zuerkennen.

Sowohl Patientenverfügungen als auch Vorsorgevollmachten gelten nach dem neuen Gesetz zeitlich unbegrenzt. Dennoch ist es hilfreich, regelmäßig zu überprüfen, ob die einmal festgelegte Verfügung immer noch den eigenen Wünschen entspricht. Patienten können dann die Aktualität mit einem kurzen entsprechenden Hinweis mit Datum und Unterschrift bekunden. Aber auch ein Widerruf oder Änderungen sind jederzeit möglich. Es reicht aus, diese Entscheidungen mündlich zu äußern – etwa gegenüber dem behandelnden Arzt oder nahen Angehörigen.

Auch wenn Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht gewissenhaft formuliert sind, treten bei der Anwendung mitunter Probleme auf. Es ist schwierig, im Vorfeld exakte Beschreibungen aller erdenklichen Krankheitssituationen zu leisten. Daher deckt eine Verfügung nicht immer alle möglichen Behandlungswünsche vollständig ab. Wer möchte, kann sich bei der Erstellung von einem Arzt unterstützen lassen. Die Krankenkassen zahlen diese Beratungsleistung allerdings nicht.

Weiterführende Informationen

  • G. Geckle; M. Bonefeld: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, Haufe 2009. Erläutert das neue Gesetz und gibt Hinweise zum richtigen Verfassen der Verfügungen.

Von: Dipl.-Pflegew. (FH) Carmen Happe, Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Demenz mit Lebensstil vermeiden?

Wer geistig und körperlich aktiv bleibt, hat im Kampf gegen die Demenz gute Karten.

Demenz mit Lebensstil vermeiden?

Von Ausbildung bis Kartenspiel

Nicht nur Erkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes mellitus begünstigen die Entwicklung einer Demenz. Auch soziale Faktoren haben einen Einfluss auf die Hirngesundheit. Sie zu beachten könnte helfen, dem geistigen Verfall entgegenzuwirken.

Ausbildung, Arbeit und Lebensstil

Die Demenz ist eine Erkrankung, die aufgrund medizinischer Ursachen entsteht. Dazu gehören z. B. Durchblutungsstörungen des Gehirns, eine Degeneration mit Rückgang der Hirnmasse und vermutlich auch Ablagerungen im Gehirn. Doch offenbar gibt es auch wirtschaftliche und soziale Faktoren, die einen Einfluss auf die Ausbildung einer Demenz haben.

Das ist das Ergebnis einer US-amerikanischen Beobachtungsstudie mit über 20.000 Erwachsenen. Die Teilnehmenden wurden seit 1992 begleitet und waren zu Beginn der Untersuchung über 50 Jahre alt. Die Analyse ihrer Daten brachte folgende Erkenntnisse:

  • Alte Menschen ohne eine formale Bildung entwickelten häufiger eine Demenz als diejenigen, die eine Ausbildung absolviert hatten. Das Risiko sank mit der Dauer der Ausbildung, wobei der erreichte Abschluss keine Rolle spielte.
  • Menschen, die nie berufstätig waren, hatten ein doppelt so hohes Risiko für eine Demenz als diejenigen, die 40 Jahre lang im Beruf waren.
  • Auch Behinderungen spielten eine Rolle. Von denjenigen, die im Alter von 60 Jahren gehandicapt waren, erkrankten bis zum Alter von 80 Jahren 39% an einer Demenz. In der Gruppe ohne Behinderung waren es weniger als 10%.
  • Der Lebensstil hatte ebenfalls einen Einfluss. Wer auch leichte körperliche Bewegung mied oder dazu nicht in der Lage war, hatte ein höheres Demenzrisiko als Personen, die sich täglich körperlich bewegten.
  • Hobbys waren teilweise auch mit einem geringen Demenzrisiko assoziiert. Wer häufiger Wortspiele machte, sich mit Karten- oder Brettspielen wie Schach beschäftigte, im Garten arbeitete oder kleinere Reparaturen im Haus oder am Auto vornahm, entwickelte seltener eine Demenz als passive alte Menschen.

Kausalität noch nicht bewiesen

Den Autor*innen zufolge liefert diese Arbeit zusätzliche Belege dafür, wie wichtig einzelne Maßnahmen wie ein aktiver Lebensstil für die Hirngesundheit sind. Bei der Beurteilung der Ergebnisse ist es jedoch wichtig, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt. Das bedeutet, dass zwar Zusammenhänge erkannt wurden, eine Kausalität jedoch (noch) nicht bewiesen ist.

Quellen Ärzteblatt, RAND Corporation

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Maskot