Gesundheit heute
Kontrakturen (Gelenkversteifung)
Kontrakturen: Dauerhafte Gelenkversteifung infolge verkürzter Muskeln, Sehnen und Bänder oder geschrumpfter Gelenkkapseln. In der Folge ist das Gelenk weniger beweglich und es drohen Fehlstellungen. Die Ursache für Kontrakturen ist eine langdauernde Inaktivität. Betroffen sind insbesondere gelähmte oder bettlägerige Menschen, häufig kommt es bei Pflegeheimbewohner*innen dazu. Zur Vorbeugung der dauerhaften Gelenkversteifung gehören regelmäßige Bewegungsübungen, Lagerungstechniken und eine spezielle Physiotherapie.
Symptome und Leitbeschwerden
- Unfähigkeit, ein Gelenk zu bewegen
- Schmerzen durch eine veränderte Körperhaltung oder beim Versuch, das Gelenk passiv zu bewegen
- Fehlstellungen (Spitzfuß, Klauenhand).
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Kontrakturen entstehen, wenn Gelenke über längere Zeit in einer bestimmten Stellung ruhiggestellt (fixiert) werden. Diese Fixierung führt dazu, dass sich die Muskelfasern abbauen, sie werden kürzer und wandeln sich in Bindegewebe um.
Durch die Unbeweglichkeit verkürzen und versteifen sich auch die Bänder und Sehnen. Werden Gelenke nicht bewegt, verklebt die Gelenkkapsel, was die Beweglichkeit weiter einschränkt.
Kontrakturen treten meist an mehreren Gelenken gleichzeitig auf. Das Gelenk „ruht“ dadurch in einer charakteristischen Zwangshaltung, die der Betroffene selbst nicht aufheben kann. Aber auch passiv kann das Gelenk meist nur unter großem Kraftaufwand und unter Schmerzen bewegt werden.
Bei Kontrakturen handelt es sich immer um eine bleibende Bewegungseinschränkung, einmal eingetretene Fixierungen sind meist nur geringgradig umkehrbar.
Ursachen und Risikofaktoren
Gefährdet sind besonders (alte) Menschen durch lange Bettlägerigkeit oder unsachgemäße Lagerung. Aber auch dauerhaftes Sitzen im Rollstuhl kann zu einer Gelenkversteifung führen. Begünstigende Faktoren für Kontrakturen sind außerdem
- neurologische Erkrankungen mit Lähmungen wie Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Querschnittslähmungen und spastische Lähmungen
- zwanghafte Schonhaltung bei Schmerzen oder rheumatischen Erkrankungen
- Verletzungen oder Operationen in Gelenknähe, die eine Gipsbehandlung oder andere Ruhigstellung erforderlich machen
- Narben, die die Haut schrumpfen lassen und so die Gelenkbeweglichkeit einschränken.
Formen
Ist das Gelenk in seiner Beugestellung fixiert, spricht man von einer Beugekontraktur (Flexionskontraktur), von der typischerweise Finger und Zehen betroffen sind. Der Spitzfuß (Pferdefuß) ist die häufigste Beugekontraktur bei dauerhaft bettlägerigen Menschen. Er wird oft (unbemerkt) dadurch verursacht, dass die Bettdecke auf den Fuß drückt. Dabei versteift sich das obere Sprunggelenk und die Achillessehne verkürzt sich. Dadurch ist normales Gehen unmöglich. Die Betroffenen sind nicht mehr fähig, den Fuß abzurollen und können, wenn überhaupt, allenfalls auf Zehenspitzen gehen.
Ist ein Gelenk in der Streckstellung fixiert, spricht man von einer Streckkontraktur. Sie ist seltener als die Beugekontraktur.
Diagnosesicherung
Die Diagnose einer Kontraktur beruht vor allem auf der klinischen Untersuchung. Nur selten sind bildgebende Verfahren zur Bestätigung oder zum Ausschluss anderer Erkrankungen erforderlich.
Klinische Untersuchung. Zunächst inspiziert die Ärzt*in das betroffene Körperteil und vergleicht es mit der Gegenseite. Meist sind die Fehlstellung und die eingeschränkte Beweglichkeit mit bloßem Auge sichtbar. Bei der Tastuntersuchung lassen sich häufig strangartige Veränderungen des verhärteten Bindegewebes fühlen. Zudem prüft die Ärzt*in vorsichtig die Beweglichkeit der Gelenke. Kann die Patient*in noch laufen, weisen Veränderungen der Bewegungsabläufe auf Kontrakturen hin. So lässt sich z. B. auch mit einem noch nicht voll ausgeprägten Spitzfuß nur noch auf Zehenspitzen gehen.
Bildgebende Verfahren. Bei Kontrakturen können Röntgenaufnahmen aufzeigen, ob knöcherne Veränderungen der Gelenke vorliegen. Besonders detailliert lässt sich das bei der Computertomografie sehen. Manche Ärzt*innen setzen auch die Sonografie ein. Mithilfe des Ultraschalls lässt sich der Zustand des Muskelgewebes und die Durchblutung beurteilen.
Behandlung
In sehr frühen Stadien kann man versuchen, das Gewebe zu dehnen und die Beweglichkeit zu verbessern. Dazu dient die Physiotherapie mit aktiven und passiven Bewegungsübungen. Massagen und Wärmeanwendungen können zur Lockerung beitragen.
Vor allem bei Kontrakturen an der Hand kommt als letzte Option auch eine Operation infrage. Sie wird erwogen, wenn aufgrund einer starken Beugekontraktur die Greiffunktion der Hand erheblich beeinträchtigt ist und die Patient*in dies als starke Verminderung ihrer Lebensqualität empfindet.
Therapie des Spitzfußes
Der Spitzfuß ist eine der häufigsten Kontrakturen. Auch hier sind die Therapiemöglichkeiten begrenzt, trotzdem sollte man nichts unversucht lassen:
- Die Krankengymnastik kann durch aktive und passive Mobilisation versuchen, die verkürzte Unterschenkelmuskulatur zu dehnen und den Fuß auf diese Weise in seine Normalposition zurückzubringen (manuelle Redression).
- Ein- oder beidseitige Absatzerhöhungen erleichtern häufig das Gehen.
- Reicht die Krankengymnastik nicht aus, um die Spitzfußstellung zu korrigieren, empfehlen viele Ärzte Unterschenkelstehgipse, die den Fuß über einen längeren Zeitraum in der Normalposition stabilisieren.
Vorbeugung
Eine Kontraktur lässt sich nur sehr selten wieder rückgängig machen. Deshalb hat die Vorbeugung, d. h. die Kontrakturprophylaxe, eine große Bedeutung. Dazu gehören:
Aktive Bewegungsübungen, die die Betroffenen mehrmals täglich selbstständig ausführen. Sie sollen z. B. die Finger oder Zehen strecken, beugen oder spreizen sowie die Hand- und Sprunggelenke drehen. Auch das Heben und Senken, Anziehen und Abspreizen von Armen und Beinen gehört dazu.
Passive Bewegungsübungen werden von Physiotherapeut*innen oder Pflegefachkräften übernommen. Sie bewegen die Körperteile und Gelenke der Betroffenen, klopfen, bürsten oder kühlen sie. Dies ist insbesondere bei Personen im Koma oder gelähmten Menschen erforderlich.
Die Lagerung der Patient*innen ist ebenfalls ein zentraler Bestandteil der Kontrakturprophylaxe. Dabei müssen unbedingt die Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen berücksichtigt werden. Bei der speziellen Lagerung sind zahlreiche Aspekte zu beachten. So wird häufig empfohlen, das gefährdete Gelenk alle zwei bis drei Stunden neu zu positionieren, und zwar abwechselnd in Streck-, Mittel- und Beugestellung. Ist das nicht möglich, wird eine Lagerung in Funktionsstellung angestrebt. Auf diese Weise soll bei weiterer Versteifung ein Mindestmaß an Beweglichkeit erhalten bleiben.
Ihre Apotheke empfiehlt
Unterstützung der Kontrakturprophylaxe
Die Spitzfußprophylaxe ist vor allem bei Menschen mit einem Schlaganfall von allergrößter Bedeutung – auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Hier können Angehörige gut unterstützen. Dabei sollten Sie sich aber unbedingt von einer physiotherapeutischen Fachkraft anleiten lassen!
Gleiches gilt für die Vorbeugung von Kontrakturen bei der Pflege alter bettlägeriger Menschen. Auch in diesen Fällen kann man als Angehörige das Pflegepersonal und die Physiotherapeut*innen unterstützen. Wichtig ist dabei, den Anleitungen durch die Expert*innen Folge zu leisten. Auf keinen Fall dürfen Gelenke von Betroffenen gegen spürbaren Widerstand oder bei starken Schmerzäußerungen bewegt werden.
Weiterführende Informationen
Quellen:
- Das Altenpflegemagazin im Internet. Abrufbar unter https://pqsg.de/
- AOK -Pflege in Familien fördern. Abrufbar unter https://aok-pfiff.de/

Das Einpflanzen einer künstlichen Hüfte und ihre Funktion werden häufig an Modellen aus Kunststoff erklärt.
Zweitmeinung zur Hüftprothese
Seit 2024 möglich
Bei ausgeprägter Arthrose wird oft das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks empfohlen. Doch viele Betroffene sind unsicher, ob das wirklich die beste Maßnahme ist. Seit 2024 gibt´s Entscheidungshilfe: Wer eine Hüftprothese bekommen soll, kann sich auf Kassenkosten eine zweite Meinung dazu einholen.
Wenn nichts anderes mehr hilft
In Deutschland werden pro Jahr etwa 240 000 künstliche Hüftgelenke (Hüftendoprothese) eingesetzt. In etwa 75% wird der Gelenkersatz aufgrund von Arthrose nötig. Empfohlen wird eine neue Hüfte nur dann, wenn alle anderen Maßnahmen zur Behandlung der Arthrose ausgeschöpft sind. Dazu gehören schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Krankengymnastik, Physiotherapie und die Anpassung der Belastung.
Es ist nicht ganz einfach, bei einer Hüftgelenksarthrose den besten Zeitpunkt für das Einsetzen einer Endoprothese zu finden. Operiert man zu spät, kann das Ergebnis darunter leiden. Z.B. wenn das Gelenk schon zu eingesteift war, um durch die Prothese die volle Bewegung zurückzuerlangen. Oder wenn sich das Schmerzgedächtnis nicht „löschen“ lässt, Schmerzen also trotz reibungslos funktionierender neuer Hüfte weiter bestehen bleiben. In seltenen Fällen ist vielleicht auch der Gelenkersatz gar nicht die richtige Entscheidung für die Betroffene.
Anspruch auf eine qualifizierte zweite Meinung
Auch wenn die behandelnde Ärzt*in nach bestem Wissen und Gewissen zum Hüftersatz rät – oft bleibt bei den Betroffenen eine gewisse Unsicherheit zurück. Da hilft eine neue Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GbA). Danach haben gesetzlich Krankenversicherte in Zukunft das Recht, sich eine zweite Meinung einzuholen, wenn ihnen ein Hüftgelenksersatz oder der Austausch ihrer Hüftprothese empfohlen wird. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse.
Ärzt*innen für die Zweitmeinung findet man im Netz
Die Zweitmeinung gibt es von speziell qualifizierte Fachärzt*innen, im Fall der Hüftgelenksprothese z.B. aus dem Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie beraten die Patient*innen darüber, ob der geplante Eingriff medizinisch notwendig ist und ob es eventuell doch Behandlungsalternativen gibt.
Zweitmeinungsberechtigte Ärzt*innen findet man im Internet unter www.116117.de/zweitmeinung. Auch die Krankenkassen beraten darüber, wer in der Nähe eine Zweitmeinung abgeben darf. Zu welchem der ermächtigten Fachleute man schließlich geht, entscheidet die Betroffene dann selbst.
Quellen: GbA, Ärztezeitung