Gesundheit heute

Masern

Masern (Morbilli): Hoch ansteckende Infektionskrankheit, ausgelöst durch das Masern-Virus (Briarcus morbillorum), die meist im Kindesalter auftritt.

Auch Erwachsene erkranken an Masern, wenn sie bislang noch keine Masern hatten und nicht geimpft sind. Masern, Mumps und Röteln sind durch die für alle Kinder empfohlene Schutzimpfung selten geworden, dennoch wurden in Deutschland 2015 fast 2500 Fälle, und 2017 knapp 930 Masern-Fälle gemeldet. Ursache hierfür ist die in Deutschland beträchtliche Zahl nichtgeimpfter Kinder.

Symptome und Leitbeschwerden

Katarrhalisches, Prodromal- oder Vorstadium (2–3 Tage):

  • Hohes Fieber (2–4 Tage)
  • Allgemeine Erkältungssymptome mit (trockenem) Husten, Schnupfen, Halsbeschwerden
  • Allgemeine Krankheitszeichen wie Abgeschlagenheit, Kopf- und Bauchschmerzen und Müdigkeit
  • Aufgedunsenes Gesicht
  • Geschwollene, tränende Augen, gerötete Augenbindehäute, Lichtempfindlichkeit
  • Koplik-Flecken (weiße Flecken an der Wangeninnenseite)
  • Himbeerzunge.

Exanthematisches oder Hauptstadium (5–6 Tage):

  • Nach kurzem Abfall der Temperatur steigendes Fieber (bis zu 40 °C), nach 1 Woche sinkende Temperatur
  • Stärkere Symptome als im Vorstadium
  • Geschwollene Lymphknoten
  • Typischer Hautausschlag (Masern-Exanthem) zunächst hinter den Ohren, danach im Gesicht, auf dem Oberkörper und den Extremitäten, der dunkelrot bis bräunlich wird
  • Anschließend leichte Schuppenbildung.

Inkubationszeit. 8–12 Tage.

Zeitraum der Ansteckung. Bis 5 Tage nach Beginn des Ausschlages.

Wann zum Kinderarzt

Am nächsten Tag, wenn

  • Sie bei Ihrem Kind Masern vermuten.

Heute noch, wenn

  • oben genannte Beschwerden auftreten oder nach einer Besserung erneut auftreten.

Sofort, wenn

  • Ihr Kind einen steifen Nacken hat oder Krämpfe bekommt oder nicht mehr ansprechbar ist, da diese Symptome auf eine Hirnhautentzündung hindeuten.
  • sich die Atmung verändert oder sich die Nasenflügel beim Atmen sichtbar weiten; hier besteht die Gefahr einer Lungenentzündung!
  • Ihr Kind an Haut oder Schleimhäuten dunkelrote Flecken bekommt; dabei handelt es sich meist um Hautblutungen.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Übertragung

Masern-Viren werden über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Die keimhaltigen Sekrettröpfchen des Erkrankten werden beim Husten, Niesen oder Sprechen in die Luft geschleudert.

Über die oberen Atemwege oder die Augenbindehaut dringen die Viren in den Blutkreislauf des Gesunden ein. Auch durch den direkten Kontakt mit dem Sekret beim Händeschütteln, Küssen oder bei der Benutzung desselben Essbestecks oder Geschirrs besteht die Gefahr, dass sich der Gesunde ansteckt. Fast 100 % der gesunden, nicht geimpften Personen, die Kontakt zu einem Kranken hatten, infizieren sich und sind nach einer überstandenen Erkrankung lebenslang immun.

Verlauf

Nach der Inkubationszeit zeigt sich die Masern-Erkrankung zunächst durch ein etwa 3 Tage dauerndes Vorstadium mit Fieber bis 39 °C, Husten, Schnupfen und Halsbeschwerden. Auffällig ist dabei die Rötung der Augenbindehäute, die "verschwollenen" Augen sowie die weißlichen, kalkspritzerartigen Flecken an der Wangeninnenseite gegenüber den Backenzähnen (Koplik-Flecken).

Nach einer kurzzeitigen Besserung steigt das Fieber auf bis zu 40 °C. Dem Kind geht es schlecht; die Lymphknoten am ganzen Körper schwellen an, und es zeigt sich der typische Hautausschlag: hochrote, zunächst ganz kleine erhabene Fleckchen, die rasch größer werden und zusammenfließen. Die Flecken sind teils blutig unterlaufen. Der Ausschlag beginnt meist im Gesicht und hinter den Ohren und breitet sich dann über den Körperstamm sowie über Arme und Beine aus. Nach 4–7 Tagen verblasst der Ausschlag, und das Fieber sinkt.

Die Phase der Erholung dauert etwa 2 Wochen, sofern keine Komplikationen auftreten.

Komplikationen

Meistens heilen die Masern problemlos aus. Dennoch sind sie komplikationsträchtig:

  • Ungefähr 1 % der betroffenen Kinder bekommt einen Masern-Krupp, eine Kehlkopfentzündung, die aber meist mild verläuft.
  • Genauso häufig ist eine Mittelohrentzündung. Sie heilt ebenfalls meist ohne Folgeschäden.
  • Gefährlicher ist die Lungenentzündung, die oft im Krankenhaus mit Antibiotika behandelt werden muss und bei 1 % der an Masern Erkrankten vorkommt. Eine früh einsetzende Lungenentzündung wird meist durch die Masern-Viren selbst hervorgerufen, eine später auftretende hingegen durch Bakterien, die sich auf die geschädigte Schleimhaut setzen.
  • 1–2 von 1000 Masern-Kranken entwickeln eine Masern-bedingte Gehirnentzündung (Masernenzephalitis) mit Kopfschmerzen, extremer Müdigkeit, Krampfanfällen, Bewusstseinsstörungen und Nervenausfällen. Sie heilt nur bei etwa 60 % der Patienten vollständig aus. Bei 20–30 % bleiben Dauerschäden am Gehirn zurück; bei 10–20 % verläuft die Masernenzephalitis sogar tödlich (Details zur Gehirnentzündung).
  • Sehr selten, aber gefürchtet ist die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), die etwa 6–8 Jahre nach der Masern-Infektion auftritt und tödlich ist. Gefährdet sind vor allem Säuglinge.

Diagnosesicherung

Die charakteristischen Krankheitszeichen wie der Hautausschlag oder die Koplik-Flecken an der Wangenschleimhaut weisen eindeutig auf eine Masern-Erkrankung hin. Dennoch sind Bluttests wichtig, z. B. um Röteln, Ringelröteln oder Scharlach auszuschließen.

Antikörpernachweis. Aus einer Blutprobe werden Antikörper gegen das Masern-Virus im Blut oder Speichel nachgewiesen. Diese sind meist bereits innerhalb der ersten 3 Tage nach dem Auftreten des Hautausschlages messbar.

Erregernachweis. Eine schnellere und zuverlässige Diagnose gewährt der direkte Virusnachweis, die PCR (Polymerase Chain Reaction = Polymerase-Kettenreaktion). Aus dem Sekret des Nasen-Rachen-Raumes, aber auch aus dem Urin, lässt sich die Erbsubstanz von Krankheitserregern nachweisen. Allerdings ist dieses Verfahren selten erforderlich.

Behandlung

Da es keine spezifische antivirale Therapie gibt, die gegen das Masern-Virus wirkt, beschränkt sich die Behandlung auf die Linderung der Beschwerden sowie auf die Früherkennung und Behandlung von Komplikationen.

Bei Masern-Krupp sind in aller Regel Inhalationen mit Kochsalzlösung ausreichend.

Kommt es durch die geschwächte Abwehr zusätzlich zu weiteren Infektionen mit Bakterien, z. B. zur bakteriellen Mittelohr- oder Lungenentzündung, sind evtl. auch Antibiotika notwendig.

Prognose

Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, denn von 10.000 Masern-Erkrankungen bei Kindern unter 5 Jahren verläuft 1 Erkrankung tödlich oder mit schweren Folgeschäden. Gefährdet sind vor allem ungeimpfte Jugendliche und Erwachsene: Bei mehr als 50 % der Masern-Fälle in Deutschland sind heutzutage Jugendliche über 10 Jahre und Erwachsene betroffen. 2014/2015 gab es in Berlin einen großen Masern-Ausbruch mit mehr als 1300 Betroffenen. Ein Viertel von ihnen musste im Krankenhaus behandelt werden und ein Kind starb an der Erkrankung.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

Isolation. Um andere zu schützen, sollten kranke Kinder räumlich von den anderen Familienmitgliedern getrennt werden.

Bettruhe und Schonung. Grundsätzlich empfiehlt sich Bettruhe und Schonung. Kranke Kinder bleiben vorsorglich am besten so lange zu Hause, bis alle Krankheitszeichen verschwunden sind.

Abdunkelung. Die meisten Masern-Patienten sind lichtempfindlich. Dunkeln Sie deshalb das Zimmer ab. In dieser Zeit sollte das Kind auch nicht fernsehen.

Ablenkung. Lesen Sie Ihrem Kind vor, lassen Sie es Hörspiele oder -bücher hören, um die Zeit zu vertreiben und es abzulenken.

Flüssigkeitszufuhr. Grundsätzlich ist es hilfreich, wenn fiebernde und schwitzende Kinder reichlich trinken.

Inhalation. Bei älteren Kindern helfen regelmäßige Inhalationen mit heißem Wasser und ein paar Teelöffeln Meersalz gegen den Husten, außerdem bleiben so die Atemwege feucht. Entweder nimmt man dazu eine Schüssel, über die das Kind inhaliert, oder man verwendet ein Inhalationsgerät aus der Apotheke. Für kleine Kinder eignet sich diese Methode aufgrund der Gefahr des Verbrühens nicht.

Hustensaft. Gegen den Husten hilft beispielsweise ein selbst gemachter Hustensaft aus frischem Thymian und Salbei. Mischen Sie davon je 1 Teelöffel mit ¼ l Wasser sowie je 100 g gehackter Zwiebel und Kandiszucker oder braunem Zucker. Lassen Sie diese Mischung so lange köcheln, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Füllen sie sie dann durch ein Sieb in ein Glasgefäß mit Schraubverschluss. Der Hustensaft hält sich im Kühlschrank etwa 5 Tage. Kleinkinder nehmen davon 3-mal täglich 1 Teelöffel, Kindergartenkinder 3-mal täglich 1 Esslöffel, Schulkinder 3-mal täglich 2 Esslöffel.

Zitronen-Brust-Wickel. Auch warme Brustwickel mit Zitronensaft vor dem Schlafengehen lindern den Hustenreiz. Geben Sie dafür die Zitronenscheiben auf ein warmes feuchtes Frotteehandtuch. Falten Sie dies in Längsrichtung zusammen und legen es quer über den Brustkorb des auf dem Rücken liegenden Kindes. Die Arme sind dabei erhoben. Sie können die Zitrone auch unter heißem Wasser in einer Schüssel aufschneiden und kräftig drücken, um die ätherischen Öle freizusetzen. Ein Baumwolltuch in der Flüssigkeit tränken, ausdrücken und noch feucht auf die Brust legen. Mit einem Handtuch, einer Wärmflasche und der Bettdecke abdecken.

Zitronen-Hals-Wickel. Klagt Ihr Kind über Halsschmerzen, schneiden Sie eine ungespritzte Zitrone in Scheiben, schlagen diese in ein Baumwolltuch ein und drücken die Scheiben leicht an. Legen Sie den Wickel um den Hals und befestigen ihn mit einem Tuch. Der Wickel sollte eine ½–1 Stunde aufliegen. Falls der Zitronensaft die Haut reizt, verwenden Sie für den Wickel Quark.

Kühle Waschungen. Bei stark juckendem Hautausschlag empfehlen sich kühle Waschungen, die gleichzeitig gut gegen Fieber wirken.

Komplementärmedizin

Homöopathie. Aufgrund der Gefahr schwerer Komplikationen bei Masern wird in der Akutphase der Infektion von homöopathischen Behandlungsversuchen abgeraten.

Prävention

Isolierung. Infizierte Kinder dürfen solange keine Gemeinschaftseinrichtungen wie Kinderkrippe, -tagesstätte, -hort oder Schule besuchen, bis alle Krankheitszeichen verschwunden sind und keine Ansteckung mehr möglich ist.

Gesundheitsämter können ungeimpfte Kinder vom Unterricht ausschließen, wenn an einer Schule Masern auftreten, um so eine Übertragung der Masern innerhalb der Einrichtung zu vermeiden.

Impfung. Die einzig wirksame vorbeugende Maßnahme gegen Masern ist die zweimalige Schutzimpfung, die eine lebenslange Immunität gewährt. Bedauerlicherweise lassen viele Eltern ihre Kinder nicht impfen. Die Folge sind deutliche Impflücken, sodass es immer wieder zu Masern-Ausbrüchen mit Todesfällen in Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen kommt.

Die Impfung erfolgt in zwei Schritten: Gegen Ende des 1. Lebensjahres erfolgt eine 3-fach-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR). Mindestens 4 Wochen später, normalerweise - also zu Beginn des 2. Lebensjahres - folgt die Zweitimpfung, die als 4-fach-Impfung (MMRV) zusätzlich auch einen Impfstoff gegen Windpocken enthält. Erst- und Zweitimpfung bieten einen Schutz vor Ansteckung von 99–100 %.

Diskussion um Nebenwirkungen der Masernimpfung. Die MMR- und die MMRV-Impfung sind beide normalerweise gut verträglich und deutlich weniger riskant als die Masern-Erkrankung.

Es kursieren allerdings Vorwürfe v. a. gegen den MMR-Impfstoff, der unter anderem Autismus verursachen soll. Impfkritiker berufen sich dabei auf einen Artikel des britischen Arztes Andrew Wakefield, der 1998 einen möglichen Zusammenhang behauptete und damit bis heute Eltern verunsichert. Dieser Artikel hatte aber grobe Fehler und wurde deshalb 2010 widerrufen, dem Autor Andrew Wakefield wurde sogar seine ärztliche Zulassung aberkannt.

Auch hat sich der von Impfgegnern als Masern-Impfschaden herangezogene Anstieg von Autismus-Fällen als Folge durch neuere und sensiblere Diagnosekriterien, durch eine verbesserte diagnostische Praxis sowie durch ein gesteigertes öffentliches Bewusstsein für die Autismus-Erkrankung aufklären lassen.

Dennoch treten bei der Masern-Impfung vereinzelt Nebenwirkungen auf:

  • Bei 10 % der geimpften Kinder kommt es vor allem in der 2. Woche nach der Impfung zu sogenannten "Impfmasern". Diese verlaufen wie ein leichter Masern-Infekt mit mäßigem Fieber, flüchtigem Hautausschlag und Erkältungssymptomen. Impfmasern verlaufen milde, sind nicht ansteckend und heilen von allein aus.
  • Bei 5 % der Geimpften kommt es in den ersten 3 Tagen durch die Anregung der körpereigenen Abwehr zu einer schmerzhaften Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle. Auch kurzfristige Allgemeinsymptome wie Magen-Darm-Beschwerden, eine leichte bis mäßige Temperaturerhöhung, Mattigkeit oder Kopfschmerzen sind möglich, seltener auch Gelenkschmerzen.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen „Beschreibung“, „Symptome und Beschwerden“, „Wann zum Kinderarzt“, „Die Erkrankung“, „Diagnosesicherung“, „Behandlung“, „Prognose“ und „Ihre Apotheke empfiehlt“: Dagmar Fernholz
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Wunden bei Kindern sicher behandeln

Kleine Wunden lassen sich bei Kindern mit den richtigen Hausmitteln meist gut verarzten.

Wunden bei Kindern sicher behandeln

Hilfe, es blutet!

Stürze und kleine Verletzungen sind bei aktiven Kindern alltäglich. Meist kommt es nur zu harmlosen blauen Flecken, Abschürfungen oder kleinen Wunden. Die lassen sich mit dem nötigen Know-How und einer gut ausgestatteten Hausapotheke gut behandeln. Wichtig ist aber zu wissen, wann das Kind bei einer Verletzung zur Ärzt*in muss – und was bei Verbrennungen tun ist.

Mehr Stürze, weniger Folgen

Hinfallen gehört zu den häufigsten Alltagsereignissen bei Kindern. Kleinkinder fallen besonders oft: Obwohl sie noch wacklig und unsicher auf den Beinen sind, wollen sie alles ausprobieren und lassen sich von nichts aufhalten. Auch ihre Körperproportionen bringen sie leichter zu Fall: Weil ihr Kopf etwa 25% des Körpergewichts ausmacht, liegt ihr Schwerpunkt höher als bei Erwachsenen. Dadurch ist der Körper instabiler und sie verlieren leichter ihr Gleichgewicht.

Kinder stürzen zwar viel häufiger als Erwachsene – ihr Körper kann dies aber deutlich besser verkraften. Das gilt besonders für die Wundheilung. Die ist bei gesunden Kindern durch ihre höhere Stoffwechselrate schneller und effektiver als bei den Großen. Deshalb verlaufen alle drei Wundheilungsphasen besser: 

  • Blutstillung und Entzündungsphase: Als erstes wird durch Blutplättchen (Thrombozyten) und die Blutgerinnung ein schützender Schorf gebildet und die Blutung gestillt. Anschließend wandern spezielle Blutzellen ein und beseitigen eingedrungene Bakterien und abgestorbenes Gewebe.
  • Proliferative Phase: Ab dem zweiten Tag beginnt der Körper, die Gewebeverluste wieder aufzufüllen. Dafür bildet er neues Bindegewebe, insbesondere Kollagen, das von speziellen Hautzellen (Fibroblasten) produziert wird. Auch diese Kollagenproduktion läuft bei Kindern meist effektiver ab als im Erwachsenenalter. 
  • Reparative Phase: Ab Tag 5, also noch parallel zur proliferativen Phase, baut der Körper das neu gebildete Gewebe um. Dadurch wird die Wunde immer kleiner und stabiler. In diesem Stadium können sich sichtbare Narben entwickeln. Das Risiko für ausgeprägte Narben ist bei Kindern wiederum geringer als bei Erwachsenen. Die reparative Phase dauert etwa bis zu vier Wochen, dann ist die Wunde meist vollständig verheilt.

Hinweis: Wunden von Kindern infizieren sich seltener als Wunden von Erwachsenen. Dass liegt u.a. daran, dass gerade in den ersten Lebensjahren die Produktion und die Aktivität der Immunzellen besonders hoch ist. So gut ausgerüstet kann das Immunsystem besonders schnell und effektiv auf eingedrungene Keime reagieren.

Wann muss das gestürzte Kind in die Arztpraxis?

Zum Glück sind Stürze im Kindesalter meist leicht und haben deshalb nur harmlose Folgen. Abschürfungen, blaue Flecken und kleine Wunden kann man deshalb recht gut selbst versorgen. Rat und die erforderlichen Produkte gibt es in der Apotheke.

In einigen Fällen ist es allerdings unabdingbar, mit dem gestürzten Kind eine Arztpraxis aufzusuchen, z. B. bei 

  • Stürzen aus mehr als 1,5 m Höhe 
  • stark blutenden Wunden
  • Flüssigkeits- oder Blutaustritt aus Nase oder Ohren 
  • Bewusstlosigkeit (auch kurze) nach dem Sturz 
  • Erbrechen, Schläfrigkeit, Trinkunlust nach dem Sturz 
  • Krampfanfällen oder Muskelzuckungen
  • Schielen oder Sehstörungen

Kälte und Cremes bei blauen Flecken

Wenn durch eine Prellung, einen Stoß oder einen Schlag Gefäße verletzt werden, sammelt sich unter der Haut Blut an. Es kommt zu einem blauen Fleck, auch Hämatom genannt. Sie heilen – besonders bei Kindern – meist schnell ab. Der frische Fleck ist erst rot, dann wird er durch die Gerinnung blauviolett. Im Rahmen der Aufräumarbeiten im Gewebe bauen die Fresszellen den Blutfarbstoff ab. Je nach Abbauprodukt verändert der Fleck seine Farbe von braun-schwarz über dunkelgrün bis gelb-braun.

Blaue Flecken tun vor allem zu Beginn sehr weh. Kälte hilft dagegen am besten und sorgt dafür, dass Schwellungen nicht noch größer werden. Gekühlt werden sollte möglichst rasch und für mehrere Minuten. Achtung: Um den Kreislauf nicht zu stark zu belasten, darf dies bei Kleinkindern nur punktuell, also an der betroffenen Stelle, und feucht-kühl passieren.

Dazu eignet sich ein mit kühlem Wasser angefeuchteter Waschlappen oder eine im Kühlschrank (!) gelagerte Kalt-Warm-Kompresse. Für unterwegs sind Sofort-Kühl-Kompressen zum Knicken praktisch. Tiefgekühlte Coolpacks sind ungeeignet für Kleinkinder, ebenso Eissprays – sie können ihre besonders empfindliche und dünne Haut und die dicht darunter liegenden Nerven schädigen und zu schmerzhaften Erfrierungen führen.

Ist der Schmerz abgeklungen, können Gele mit Arnika-Extrakt die Abheilung unterstützen. Manche Eltern haben auch gute Erfahrungen mit homöopathischen Cremes gemacht. Bei Kindern ab acht Jahren darf man blaue Flecken auch mit Schmerzsalben mit Beinwell-Fluidextrakt behandeln.

Hinweis: Die klassischen Schmerzgele auf der Basis von Diclofenac oder Ibuprofen sind erst für Jugendliche ab 14 Jahren zugelassen und für jüngere Kinder nicht geeignet.

Blutende Wunden und Schürfwunden sicher versorgen

Bei stark blutenden Wunden muss die Blutung schnell gestoppt werden. Erst legt man eine sterile Kompresse auf, wenn nötig, muss ein Druckverband angelegt werden. Dazu kann man eine Verbandrolle verwenden. Diese packt man aus und legt sie auf die Kompresse, um sie dann mit einer zweiten Verbandrolle zu umwickeln und zu fixieren. So versorgt muss das Kind in eine Arztpraxis oder eine Notfallambulanz gebracht werden.

Oberflächliche, leichte Blutungen und Schürfwunden können selbst behandelt werden. In jedem Fall ist eine gute Wundreinigung wichtig. Dabei ist es wichtig, die Wunde gut mit Wasser oder steriler Kochsalzlösung zu spülen. Bei kleinen oberflächlichen Schürfwunden ist eine Desinfektion meist überflüssig. Schon das Spülen verringert die Infektionsgefahr. Zudem reinigt sich die Wunde selbst, indem sie Wundsekret bildet.

Anders sieht das bei tieferen Wunden aus. Sie können auch nach dem Spülen noch Schmutz und Keime enthalten und sollten desinfiziert werden. Gleiches gilt für Wunden, die mit Erde oder Tierkot in Kontakt geraten sind – sie sollte man ebenfalls desinfizieren.

Auch für Kinder geeignete Antiseptika sind die Wirkstoffe Octenidin, Povidon-Iod, Polihexanid und Chlorhexidin. Entsprechende Präparate und die dazugehörende Beratung gibt es in der Apotheke.

Tipp: Für das Säubern von leicht blutenden Wunden eignen sich bei Kindern besonders dunkle Tücher. Darauf fällt das rote Blut weniger auf, und das Kind bekommt weniger Angst.

Wundheilung fördern

Die nicht mehr blutende Wunde wird wie bei Erwachsenen nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung behandelt. Dazu kann man entweder feuchtes Wundgel oder Hydrokolloidpflaster verwenden.

Feuchte Wundgele brennen nicht auf der Wunde, spenden Feuchtigkeit für die Heilung und haben einen angenehm kühlenden Effekt. Sie müssen mehrmals täglich aufgetragen werden. Zum Schutz vor Verunreinigung, Reibung durch die Kleidung oder Herumkratzen klebt man ein Pflaster darüber. Der Wechsel des Pflasters kann sehr schmerzhaft sein. Um das Lösen des Pflasters zu erleichtern, gibt es zwei Wege: 

  • Sterile Kochsalzlösung zwischen den Rand des Pflasters und die Haut tröpfeln. 
  • Auf die Klebefläche des Pflasters ölgetränkte Wattepads auflegen und einwirken lassen.

Hydrokolloidpflaster sind die Alternative zu Wundgel und Pflaster. Sie bestehen aus wasserdichtem Material und versorgen die Wunde mit Feuchtigkeit. Außerdem polstern sie diese ab und schützen vor Reibung und Druck. Um sie beim Spielen zu sichern, kann man darüber täglich eine selbstklebende Binde anlegen. Das schützt auch davor, dass Schmutz unter den Rändern eindringt. Hydrokolloidpflaster bleiben bis zu sieben Tage auf der Wunde – das mehrmals tägliche Pflasterwechsel entfällt also.

Narbengele mit Silikon können bei ausgedehnten Schürfwunden die Abheilung verbessern. Sie dürfen erst aufgetragen werden, wenn kein Schorf mehr vorhanden ist. Man trägt sie zweimal täglich vorsichtig auf. Bitte nicht einmassieren – sonst bildet sich der nötige Silikonfilm nicht. Spezielle Präparate gibt es in der Apotheke schon für Babys ab drei Monaten.

Hinweis: Bei Verletzungen sollte immer der im Auge behalten werden, ob die Tetanusimpfung aufgefrischt werden muss. Grundimmunisiert wird meist mit 2, 4 und 11 Monaten. Danach wird die Impfung mit 5 bis 6 Jahren, später alle zehn Jahre wiederholt. Ist der Impfstatus nicht bekannt, wird das Kind wie ungeimpft behandelt und erhält eine Tetanusimpfung.

Achtung Verbrennungsgefahr

Auch Verbrennungen gehören zu den häufigen Verletzungen im Kindesalter. Typisch sind Unfälle am Herd oder mit dem Wasserkocher. Im Sommer gibt es neben dem Grillen noch zwei weitere typische Verbrennungsmöglichkeiten: 

  • Im Gartenschlauch stehendes Wasser kann durch die Sonne extrem heiß werden und Verbrühungen verursachen. 
  • Metallteile an Klettergerüsten und Rutschen können sich so aufheizen, dass es zu Kontaktverbrennungen an Po, Händen und Füßen kommt.

Bei einer Verbrennung muss sofort gehandelt werden. Ist ein größerer Bereich als der Handteller (des Kindes) betroffen, muss sofort der Notruf gewählt werden. Bereits ab 8% verbrannter Haut besteht bei Kindern Lebensgefahr. Zusätzlich gilt für alle Verbrennungen: 

  1. Bei verbrannten oder verbrühten Kindern sollte so schnell wie möglich die Kleidung entfernt werden. Das gilt allerdings nur, wenn diese nicht mit der Haut verklebt ist. Ist das der Fall, muss die Kleidung mitgekühlt werden. Denn je länger die heißen Textilien an der Haut bleiben, desto größer wird der Hautschaden. 
  2. Brandwunde 10 bis 15 Minuten mit handwarmem Wasser kühlen. Ausnahme: Nicht gekühlt werden großflächige Verletzungen wie z. B. der Rumpf – es droht sonst die Gefahr, dass die Körperkerntemperatur nicht mehr gehalten werden kann. Auch Neugeborene und Säuglinge sollen nicht gekühlt werden.
  3. Nach dem Kühlen kleinere Brandwunden steril abdecken, bei größeren Wunden ein sauberes Tuch verwenden. 
  4. Keinesfalls Hausmittel auftragen (Mehl, Salben, Puder)! Säuglinge und Kleinkinder sollen bei jeder Art von Verbrennung zur Ärzt*in. Das Gleiche gilt, wenn es zu Verbrennungen im Gesicht, an den Händen, Füßen oder Genitalien gekommen ist.

Bei älteren Kindern können leichte, sehr kleinflächige Brandwunden zuhause behandelt werden. Brandblasen darf man dabei nicht aufstechen. Einerseits, weil sie die Wunde vor Verunreinigungen schützt. Außerdem bildet sich unter der Brandblase ein feuchtes Milieu, das die Heilung fördert. Zudem schmerzen geöffnete Brandblasen besonders stark.

Auch geschlossene Brandwunden schmerzen. Dagegen helfen Hydrokolloidpflaster oder Blasenpflaster, die besonders dick sind. Speziell abkühlende Wundgele gibt es auch für Kinder.

Tipp: Haben Windelkinder einen Unfall mit heißen Flüssigkeiten, muss unbedingt die Windel ausgezogen und geprüft werden. Denn das heiße Wasser kann sich darin sammeln und zu Verbrühungen am Po oder an den Geschlechtsorganen führen.

Gut gerüstet für den Notfall

Wer Kinder hat, sollte auf kleine Verletzungen gut vorbereitet sein. Es ist ratsam, folgende Produkte in der Hausapotheke vorrätig zu haben:  Ampullen mit steriler Kochsalzlösung

  • Wunddesinfektionsmittel 
  • sterile Kompressen
  • Wundgel 
  • klassische Kinderpflaster 
  • Mullbinden
  • Pinzette

Für Eltern ist es ratsam, die genannten Produkte in eine kleine Tasche zu packen und unterwegs immer dabei zu haben. So ist man beim Spazierengehen, auf dem Spielplatz und bei anderen Outdoor-Aktivitäten gut gerüstet.

Tipp: Es gibt auch Fertigsets zu Kaufen. So haben z. B. Expert*innen von der Universitätsklinik Bonn ein Erste-Hilfe-Set für Kinder entwickelt, das zusätzlich einen Notfallratgeber enthält (Dr. Till Kindernotfallbox-Tasche®).

Quellen: Steinbrück C, DAZ 2023; 31: 34-36, www. Paulinchen.de, www.kinderaerzte-im-netz.de, www.kindernotfall-bonn.de

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Tanya Yatsenko