Gesundheit heute

Zerebraler Anfall und zerebraler Gelegenheitsanfall

Zerebraler Anfall: Vom Gehirn (cerebrum = Gehirn) ausgehender Anfall, der oft, aber nicht immer mit Muskelzuckungen einhergeht und daher – nicht ganz korrekt – auch zerebraler Krampfanfall heißt. Treten die Anfälle wiederholt bei geringer Belastung auf, liegt eine Epilepsie vor. Davon abzugrenzen ist der zerebrale Gelegenheitsanfall, der ausschließlich in Zusammenhang mit starken Belastungen im Gehirn entsteht.

Zerebraler Gelegenheitsanfall (Okkasionsanfall): Nur unter außergewöhnlichen Belastungen auftretender zerebraler Anfall. Schätzungsweise 5 % aller Menschen haben mindestens einmal im Leben einen zerebralen Gelegenheitsanfall – bei den meisten bleibt es bei dieser einmaligen Episode.

Leitbeschwerden

  • Meist plötzliche Bewusstlosigkeit mit Sturz zu Boden, dann Steifwerden des ganzen Körpers, abgelöst von Muskelkrämpfen am ganzen Körper, bläulich verfärbte Haut
  • Oft einhergehend mit Biss auf die Zunge und/oder Einnässen
  • Anschließend Schläfrigkeit bis zu einer Stunde.

Wann zum Arzt

Sofort den Arzt rufen, wenn

  • Jemand bewusstlos ist
  • Ein Krampfanfall wie oben beschrieben beobachtet wird.

Die Erkrankung

Das Gehirn ist permanent aktiv. Selbst im Schlaf werden immer Informationen zwischen den Nervenzellen ausgetauscht, um z. B. Körperfunktionen zu regeln oder die Hintergrundgeräusche auf Warnzeichen wie etwa Kinderweinen oder Weckerklingeln zu durchsuchen. Dieser Informationsaustausch ist mit kleinen elektrischen Entladungen der erregten (also am Vorgang beteiligten) Nervenzellen verbunden. Bei einem zerebralen Anfall „entgleisen“ die Nervenzellerregungen. Es werden viel zu große Nervenzellgruppen gleichzeitig erregt, was zu einer vorübergehenden Funktionsstörung des Gehirns führt.

Generell kann jeder einen zerebralen Anfall erleiden. Bei den meisten Menschen liegt die Auslöseschwelle (Krampfschwelle) aber so hoch, dass nur sehr starke Belastungen sie überschreiten. Die wichtigsten dieser Belastungen sind Fieber, Drogenkonsum, übermäßiger Alkoholgenuss oder Alkoholentzug, bestimmte Medikamente, Gehirnentzündungen oder Stoffwechselentgleisungen, aber auch sehr starkes Flackerlicht oder langer Schlafentzug.

Häufigster Gelegenheitskrampf bei Kindern ist der Fieberkrampf. Belastung für das Gehirn ist hier der plötzliche Anstieg der Körpertemperatur.

Das macht der Arzt

Bis der Arzt kommt, ist der Anfall meist vorbei. Eine medikamentöse Unterdrückung des Anfalls ist dann weder möglich noch nötig.

Findet der Arzt bei einem Kind mit Fieberkrampf keine neurologischen Auffälligkeiten und ist auch das 2 Wochen später aufgezeichnete EEG normal, ist keine weitergehende Diagnostik und Behandlung erforderlich. Bei Infekten sollte Fieber aber frühzeitig gesenkt werden.

Ansonsten ist in aller Regel eine weitergehende Diagnostik erforderlich, zum einen, um eine bedrohliche Grunderkrankung auszuschließen, zum anderen, um einzuschätzen, ob es sich wohl um einen Gelegenheitsanfall oder um einen ersten Epilepsieanfall handelt. Welche Verfahren sinnvoll und wie dringlich die Untersuchungen sind, wird im Einzelfall entschieden. Kommt der Patient z. B. nach dem Anfall nicht wieder zu sich, werden im Krankenhaus sofort Blut, Urin und Liquor auf Entzündungszeichen und Stoffwechselentgleisungen sowie auf Drogen und andere Gifte untersucht. Außerdem wird ein CT oder Kernspin des Gehirns zum Ausschluss einer Hirnblutung oder eines Gehirntumors angefertigt. Klart hingegen der Betroffene nach dem Anfall auf und ist der Untersuchungsbefund normal, erfolgt die Abklärung durch EEG und Kernspin in der Regel ambulant.

Bleibt der Anfall einmalig, sind keine vorbeugenden Maßnahmen wie z. B. Medikamente zur Krampfunterdrückung notwendig. Ist der Anfallsauslöser bekannt, sollte er in Zukunft vermieden werden. Außerdem darf der Betroffene mindestens drei Monate kein Fahrzeug führen und sollte während dieser Zeit Gefährdungen vermeiden. Ausnahmen sind Gelegenheitsanfälle infolge extremer Belastungsfaktoren, da hier die Wiederholungsgefahr gering ist.

Prognose

Lautet die Diagnose „Gelegenheitsanfall unter besonderen Belastungen“, sind in der Regel keine weiteren Episoden zu befürchten. Konnte allerdings kein angemessener Belastungsfaktor festgestellt werden, erleidet über ein Drittel der Betroffenen in den folgenden Jahren einen erneuten Anfall.

Die Aussichten bei kindlichen Fieberkrämpfen sind gut. Zwar liegt das Risiko eines abermaligen Fieberkrampfs bei 30 %, doch entwickeln sich fast alle Kinder mit Fieberkrämpfen absolut normal, und auch das Epilepsierisiko ist – wenn keine weiteren Risikofaktoren wie z. B. Vorschäden des Gehirns bestehen – nicht wesentlich höher als in der übrigen Bevölkerung.

Von: Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Reisekrankheit sicher behandeln

Für Menschen mit Reisekrankheit kann schon eine ruhige Überfahrt mit der Fähre zum Problem werden.

Reisekrankheit sicher behandeln

Mit Kaugummi und Ohrpflaster

Wer unter Reisekrankheit leidet, hat meist wenig Freude an der Autofahrt in den Urlaub. Auch Schiffsausflüge sind für die Betroffenen eher unangenehm. Zum Glück gibt es gute Möglichkeiten, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel vorzubeugen.

Konflikt im Gehirn

Die Reisekrankheit ist weit verbreitet. Bis zu 10% aller Menschen leiden darunter, Kinder sind am häufigsten davon betroffen. Die typischen Beschwerden sind Übelkeit und Erbrechen, oft kommen Blässe und Kaltschweißigkeit sowie Schwindel und Kopfschmerzen dazu.

Ursache der Reisekrankheit ist ein Konflikt der Sinneseindrücke. Bei kurvenreichen Autofahrten, Turbulenzen im Flieger oder starkem Wellengang ist der Körper plötzlichen Gleichgewichtsveränderungen ausgesetzt. Die Empfindungen des Gleichgewichtsorgans decken sich allerdings nicht mit dem, was man sieht. Diese widersprüchlichen Signale überfordern das Gehirn, und es kommt zu den typischen Symptomen.

Ohne Medikamente helfen

Schon einige Verhaltensweisen können gegen Reiseübelkeit helfen: 

  • Wer unter Reisekrankheit leidet, sollte vor der Fahrt nur eine leichte, fettarme Mahlzeit einnehmen und auf Alkohol und Rauchen verzichten. 
  • Im Auto sollte man den Blick auf die Straße richten und nicht lesen. Zudem ist es ratsam, regelmäßige Pausen einzulegen und sich dabei zu bewegen. Oft hilft es, wenn während der Fahrt geschlafen wird. 
  • Auf dem Schiff raten Expert*innen dazu, sich möglichst an Deck und in der frischen Luft aufzuhalten. Der Blick sollte dabei in die Ferne gerichtet werden.

Antihistaminika kauen oder schlucken

Oft reichen die allgemeinen Tipps nicht aus, die Beschwerden zu unterdrücken. Dann kommen Antihistaminika zum Einsatz. Der Wirkstoff Dimenhydrinat blockiert im Gehirn die Weiterleitung von Impulsen, die Erbrechen und Übelkeit auslösen. Es gibt ihn als Tabletten, Reisekaugummi, Sirup, Zäpfchen und Sublingualtabletten.

Um ihre Wirkung zu entfalten, sollte Zäpfchen, Tabletten und Sirup etwa eine halbe bis eine Stunde vor Reise-Antritt verabreicht werden. Zäpfchen sind besonders gut geeignet, wenn der Brechreiz so stark ist, dass man mit Tabletten oder Sirup nichts mehr ausrichten kann.

Reisekaugummis mit Dimenhydrinat wirken besonders schnell und sind insbesondere als Stand-by-Medikament hilfreich. Sie müssen nur etwa 5 Minuten gekaut werden, damit sich der Effekt entfaltet. Danach spuckt man sie aus. Reisekaugummis sind für kleine Kinder nicht geeignet, Gleiches gilt für Träger*innen von Zahnprothesen.

Aufgrund ihrer möglichen Nebenwirkungen sollten Menschen mit bestimmten Erkrankungen keine Antihistaminika einsetzen. Dazu gehören u.a. das Engwinkelglaukom, akutes Asthma, eine vergrößerte Prostata und Epilepsie. Da Antihistaminika sehr müde machen (sedieren), dürfen sie auch nicht zusammen mit zentral dämpfenden Präparaten eingenommen werden. Wer unsicher ist, sollte vor einer Einnahme die Hausärzt*in fragen oder sich Rat in der Apotheke holen.

Alternativen zu Medikamenten

Ebenfalls die Reiseübelkeit lindern soll Ingwer. Wer ihn nicht als Tee oder roh zu sich nehmen möchte, kann auf Kapseln zurückgreifen. Spezielle Präparate sind auch für Kinder ab sechs Jahren zugelassen.

Eine weitere Option sind Armbänder, die Druck auf einen bestimmten, gegen Brechreiz wirkenden Akupressurpunkt ausüben.

Pflaster hinters Ohr

Kommt es trotz aller genannten Maßnahmen immer wieder zu einer schweren Reisekrankheit, kann man sich von der Ärzt*in Scopolamin verschreiben lassen. Dieses Medikament unterdrückt Übelkeit und Brechreiz, indem es das Brechzentrum und das Gleichgewichtsorgan beeinflusst. Scopolamin wird als Hautpflaster angeboten, das man sich spätestens fünf Stunden vor Reiseantritt hinters Ohr klebt. Es wird kontinuierlich über die Haut aufgenommen, ein Pflaster wirkt etwa 72 Stunden lang.

Quellen: pta heute / Gelbe Liste

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Fritzi