Gesundheit heute

Gehirnentzündung

Gehirnentzündung (Enzephalitis): Meist infektionsbedingte Entzündung des Gehirns, vor allem durch Viren, seltener durch Bakterien oder auch Pilze. Oft sind die Hirnhäute mitentzündet, sodass streng genommen eine Meningoenzephalitis vorliegt. Eine Gehirnentzündung äußert sich in Beschwerden wie Wesensveränderung, Fieber oder Krämpfen.

Aufgrund drohender Komplikationen muss die Gehirnentzündung im Krankenhaus behandelt werden, dort erhält der Patient meist Antibiotika und virushemmende Medikamente. Die Prognose ist je nach Erreger unterschiedlich, wobei die Sterblichkeit mit 70 % bei einer unbehandelten Herpes-Gehirnentzündung am höchsten ist.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Abnorme Schläfrigkeit bis hin zur Bewusstlosigkeit
  • Psychische Veränderungen, vor allem Unruhe, Verwirrtheit, Halluzinationen und Wahnvorstellungen
  • Lähmungen, Sprachstörungen, Krampfanfälle
  • Fieber oder grippeartige Beschwerden.

Wann zum Arzt

Sofort

  • bei oben beschriebenen Beschwerden.

Die Erkrankung

Häufigste Auslöser der Hirnentzündung sind Viruserkrankungen, beispielsweise Masern, Röteln, Mumps, Grippe, Tollwut, Japanische Enzephalitis und die durch Zecken übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Ebenso kommen Herpesviren und Windpockenviren als Erreger in Frage.

Bakterien wie Listerien, Typhusbakterien und Borrelien verursachen weitaus seltener eine Gehirnentzündung. Mögliche Erreger aus der Gruppe der Protozoen sind Toxoplasmen und Schistosoma, bei den Pilzen handelt es sich meist um Kryptokokken im Rahmen einer Kryptokokkose.

Neueren Erkenntnissen zufolge gelten auch Prionen als Krankheitsauslöser, also Proteine mit virusähnlichen Eigenschaften. Bekanntestes Beispiel ist der Rinderwahn.

Nicht-infektiös bedingte Ursachen für Gehirnentzündungen sind beispielsweise Krebserkrankungen.

Komplikationen

Da das Gehirn von den Schädelknochen umgeben ist und sich bei Flüssigkeitsveränderungen nicht ausdehnen kann, drohen bei Gehirnentzündungen vor allem Hirndruckerhöhung und Krampfanfälle.

Risikofaktoren

Gefährdet sind vor allem Personengruppen, deren Immunabwehr schwach ist, also sehr alte Menschen und Säuglinge und Menschen mit erkrankungsbedingter Immunschwäche.

Diagnosesicherung

Patienten mit Verdacht auf eine Gehirnentzündung werden in ein Krankenhaus eingewiesen. Neben der gründlichen körperlichen und neurologischen Untersuchung sowie der Befragung des Patienten bzw. seiner Angehörigen (z. B. nach Zeckenstichen oder vorangegangenen Infektionen) veranlasst der Arzt eine Reihe von Untersuchungen. Um die Entzündung nachzuweisen und möglicherweise auch den Erreger festzustellen, wird z. B. Blut und Liquor (Hirnflüssigkeit) abgenommen und untersucht (Liquoruntersuchungen). Meist wird bei einer Gehirnentzündung auch frühzeitig ein CT oder ein Kernspin veranlasst und ein EEG durchgeführt.

Differenzialdiagnosen. Die Beschwerden einer Gehirnentzündung sind recht unspezifisch und kommen z. B. auch vor bei einer Sinusvenenthrombose, Hirnblutungen, Hirntumoren und Hirnhautentzündungen.

Behandlung

Da die Gehirnentzündung eine lebensbedrohliche Erkrankung ist, erhält der Patient so schnell wie möglich, d. h. schon bevor der Erreger nachgewiesen wurde, eine Kombination aus Antibiotika und einem gegen das Herpesvirus gerichteten Medikament (Aciclovir). Wird der Auslöser im weiteren Verlauf durch Blut- oder Liquoruntersuchungen nachgewiesen, wird die medikamentöse Therapie angepasst, also z. B. der nicht erforderliche Wirkstoff abgesetzt oder ein noch spezieller wirksames Medikament verordnet.

Außerdem werden die Patienten intensivmedizinisch überwacht, um eventuellen Komplikationen wie Krampfanfällen und einer Steigerung des Hirndrucks schnell entgegenzuwirken:

  • Vorbeugend gegen erhöhten Hirndruck hilft die Oberkörperhochlagerung. Manchmal verordnen die Ärzte auch Infusionen mit Mannitol. Dieser Zucker soll durch osmotischen Druck Flüssigkeiten aus dem Gehirngewebe in das Blut ziehen, damit diese durch die Niere ausgeschieden wird. In schweren Fällen legen die Ärzte eine Liquordrainage, um die Hirnflüssigkeit über einen Schlauch oder eine dünne Nadel nach außen abzuleiten.
  • Bei Krampfanfällen sind Antikonvulsiva erforderlich.
  • Gegen Schmerzen und Fieber bekommt der Patient fiebersenkende Mittel und Schmerzmitteln, z. B. Ibuprofen oder Paracetamol.

Prognose

Die Heilungsaussichten hängen bei einer Gehirnentzündung davon ab, welcher Erreger sie ausgelöst hat, wie schnell behandelt wurde und wie schwer der Krankheitsverlauf ist, z. B. ob sich Komplikationen entwickeln.

Leichte Gehirnentzündungen im Rahmen einer Grippe bleiben oft unbemerkt und klingen von allein wieder ab. Eine besonders ernste Prognose hat dagegen die Herpes-Gehirnentzündung (Herpes-simplex-Enzephalitis): Unbehandelt versterben 70 % der Betroffenen, mit Therapie immer noch bis zu 20 %.

Häufig bleiben nach Überleben einer Gehirnentzündung Langzeitfolgen zurück. Bei der Herpes-simplex-Enzephalitis haben beispielsweise fast die Hälfte der Überlebenden mit bleibenden Gedächtnisstörungen und Verhaltensauffälligkeiten zu kämpfen.

Ihr Apotheker empfiehlt

Prävention

Einige Erreger von Gehirnentzündungen werden durch die allgemein empfohlenen Impfungen mitbekämpft oder es stehen sogar spezielle Impfstoffe zur Verfügung. Dazu gehören

  • MMR-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln
  • FSME-Impfung
  • Grippe-Impfung
  • Impfung gegen die Japanische Enzephalitis (für Reisende, die sich länger in Japan aufhalten möchten)
  • Tollwut-Impfung.

Von: Dr. med. Nicole Menche in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Restless Legs zur Ruhe bringen

Frauen leiden häufiger unter Restless Legs als Männer.

Restless Legs zur Ruhe bringen

Eisen oder Dopaminagonist?

Wenn Restless Legs den Schlaf rauben, ist guter Rat oft teuer. Lebensstiländerungen können helfen, reichen aber bei ausgeprägten Beschwerden nicht aus. Zur Wahl stehen dann Eisen, Antiepileptika oder Dopaminagonisten.

Bis zu 10 % der Bevölkerung betroffen

Restless Legs (RLS) sind eine chronische neurologische Erkrankung, bei der es in Ruhe zu einem starken Stechen, Kribbeln oder Schmerzen in den Beinen kommt. Diese unangenehmen Gefühle lösen bei den Betroffenen einen Bewegungsdrang aus (restless legs = ruhelose Beine), mit dem sich die Beschwerden kurzfristig lindern lassen. Weil Restless Legs sich vor allem nachts und in Ruhephasen bemerkbar machen, stören sie den Schlaf der Betroffenen meist erheblich.

Bis zu 10% der Bevölkerung sollen vom RLS betroffen sein, Frauen in der Regel häufiger als Männer. In leichten Fällen können nicht-medikamentöse Maßnahmen wie moderater Ausdauersport, Wechselduschen und eine gute Schlafhygiene helfen. Außerdem soll man abends auf Kaffee, Alkohol und Rauchen verzichten – diese Genussmittel gelten als mögliche Auslöser der Beschwerden.

Eisenmangel korrigieren

Hat die Betroffene einen erniedrigten Eisenspiegel (gemessen an den Ferritinwerten im Blut), steht als erste Maßnahme die Gabe von Eisen an. Liegt ein Eisenmangel vor, bessern sich die Beschwerden nach einem Ausgleich häufig. Die Eisengabe kann durch Tabletten oder intravenös erfolgen. Die Verabreichung über die Vene wird vor allem bei einem starken Eisenmangel bevorzugt.

Reicht das nicht aus, werden ein Dopaminagonist oder ein Antiepileptikum (z. B. Gabapentinoid) verordnet. Bei effektiver Therapie erfolgt dann eine Langzeitbehandlung mit diesen Wirkstoffen. Bleiben die Beschwerden bestehen, sind Opioide als Monotherapie oder kombiniert mit einem Dopaminagonisten eine Option.

Dopaminagonisten nur mit Fingerspitzengefühl

Dopaminagonisten können allerdings eine Reihe von Nebenwirkungen hervorrufen. Typisch ist, dass sie nach einigen Monaten der Anwendung die Beschwerden häufig verstärken. Dies droht vor allem, wenn sie hoch dosiert werden – wie es in den USA häufig geschieht. Dort wurden die Leitlinien inzwischen geändert: Als Erstlinientherapie bei schwerem RLS wird die intravenöse Eisenbehandlung, gefolgt von Antiepileptika, empfohlen.

In Deutschland gehören beim schweren RLS weiterhin Dopaminagonisten zur ersten Wahl. Betont werden aber entsprechende Vorsichtsmaßnahmen: 

  • Die Dosierung soll so gering wie möglich gehalten werden und die jeweilige Maximaldosis nicht übersteigen. 
  • Der Verlauf soll engmaschig kontrolliert werden, um eine dopaminverursachte Verschlechterung nicht zu übersehen.
  • Dopaminagonisten sollen nicht kombiniert werden.

Quellen: Leitlinien Restless Legs, Medscape

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Andriy Popov / Alamy / Alamy Stock Photos