Gesundheit heute
Organische Psychose (akut)
Akute organische Psychose (akute exogene Psychose): Körperlich begründbare (organische) Psychose, die sich mit Besserung der ursächlichen organischen Erkrankung meist innerhalb von Tagen bis Wochen zurückbildet. Akute organische Psychosen können nach Schädel-Hirn-Verletzungen, Schlaganfällen, Vergiftungen, Austrocknung, Narkosen, hohem Fieber oder epileptischen Anfällen auftreten.
Die Ähnlichkeit zwischen körperlich begründbaren psychischen Störungen und anderen schwersten psychischen Erkrankungen, z. B. einer Depression oder Schizophrenie, ist manchmal groß. Daher muss bei vielen schweren psychischen Erkrankungen zunächst eine akute organische Psychose ausgeschlossen werden.
Auch die Unterscheidung zwischen einer akuten und einer (beginnenden) chronischen organischen Psychose ist nicht immer sofort möglich, zumal die Übergänge fließend sind.
Leitbeschwerden
- Bei starker Ausprägung Halluzinationen, Wahn oder Angst – eine Verständigung mit dem Patienten wird unmöglich.
- Gedächtnis- und Orientierungsverlust: Der Patient weiß kurzzeitig nicht, wo er ist, leidet unter Verkennungen (er sieht z. B. in Gegenständen etwas anderes).
- Angst und Erregung.
Wann zum Arzt
Sofort, denn akute organische Psychosen sind medizinische Notfälle.
Die Erkrankung
Hinter einer akuten exogenen Psychose steht immer eine schwere Störung des Gehirns, entweder durch eine Schädelverletzung (schon eine kurze Gehirnerschütterung reicht als Auslöser), einen Tumor, eine Hirnhautentzündung oder einen Schlaganfall. Aber auch Allgemeinerkrankungen wie Leber-, Schilddrüsen- und Nierenerkrankungen, sehr hohes Fieber oder die Narkosegase einer Operation können die Gehirnfunktionen durcheinanderbringen.
Allerdings kann sich eine akute organische Psychose auch zu einer chronischen organischen Psychose auswachsen. Dies geschieht vor allem dann, wenn die Ursache wie z. B. eine Alkoholabhängigkeit nicht beseitigt wird.
Ein Sonderfall der akuten organischen Psychose ist das weniger schwere Durchgangssyndrom. Hier fehlen Bewusstseinstrübung, Halluzinationen und Wahn oder sind nur schwach ausgeprägt. Im Vordergrund stehen stattdessen Symptome wie Vergesslichkeit, verlangsamte Reaktionsfähigkeit oder Schwindel.
Ein weiterer Sonderfall ist das Delir (Delirium), ein Zustand akuter geistiger Verwirrung, der lebensbedrohlich ist. Frühwarnzeichen sind Schlaflosigkeit, Ängste und Zittern; oft setzt das Delir mit einem Krampfanfall ein und ist gekennzeichnet von Desorientierung, Bewusstseinstrübung, Gedächtnisstörungen, lebhaften Halluzinationen, ängstlicher Unruhe, ausgeprägtem Zittern (Tremor) oder Panikanfällen, in denen die Patienten schreien und um sich schlagen. Nachts ist die Symptomatik verstärkt. Betroffen sind vor allem Alkoholiker, die schon sehr lange und sehr stark trinken, denn das Delir ist typisch beim Entzug alkoholabhängiger Patienten. Es kann aber auch während einer Episode sehr schweren Missbrauchs auftreten. Eine notfallmäßige Sofortversorgung ist dringend nötig. Unbehandelt endet das Alkoholentzugsdelir in 15–20 % tödlich. Behandelt sinkt die Sterblichkeit auf 1–5 %.
Das macht der Arzt oder Therapeut
Gegen die psychotischen Symptome, also Wahn und Halluzinationen, werden Neuroleptika, gegen Übererregung Tranquilizer gegeben. Sehr aggressive und extrem unruhige Betroffene können auch kurzfristig (im Bett) fixiert werden – etwa wenn die Gefahr besteht, dass ein frisch operierter aus dem Bett springt oder ein Alkoholkranker im Entzugsdelir das Pflegepersonal angreift. Der Schwerpunkt der Therapie liegt aber auf der Behandlung der organischen Grunderkrankung.
Unterstützung durch Angehörige
Wichtig ist, den Betroffenen nicht alleine zu lassen. Vermeidung von Lärm und Menschenmassen, ausreichende Beleuchtung, vertraute Gesichter und eine klare und einfache Worte bevorzugende Kommunikation wirken den Ängsten und der Orientierungslosigkeit entgegen. Nach dem Ereignis sind die Betroffenen noch eine Zeit lang erschöpft und brauchen Schonung.
Weiterführende Informationen
- J. F. Spittler: Akute organische Psychosen. Bewusstseinsstörungen und Bewusstsein. Pabst Science Publishers, 2001. Ein kritischer Blick auf den fließenden Übergang zwischen „normal“ und „verrückt“.

Mit Antidepressiva oder ohne? Umfragen bei Betroffenen zeigen, dass die beste Wahl von vielen Faktoren abhängt.
Wie gut helfen Antidepressiva?
Bessere Ergebnisse als in Studien
Wie gut ein Medikament wirkt, scheint nicht nur von der richtigen Dosierung abzuhängen. Zumindest für Antidepressiva zeigt eine Umfrage, dass auch andere Faktoren wichtig sind, damit die Erkrankten einen positiven Effekt spüren.
Wirksamkeit muss nachgewiesen sein
Ein Medikament darf nur dann auf den Markt kommen, wenn seine Wirksamkeit in Studien nachgewiesen wurde. Dabei muss es zeigen, dass sich die Symptome bei der Einnahme mehr bessern als bei einem Placebo. Der Placebo-Effekt beschreibt das Phänomen, dass ein Medikament keinen Wirkstoff enthält, sich die Beschwerden nach der Behandlung aber trotzdem verbessern.
Mit Antidepressiva zufriedener als gedacht
Auch Antidepressiva müssen vor ihrer Zulassung Wirkungsnachweise erbringen. Für die Klasse der Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) wurde zum Beispiel gezeigt, dass sie einem Drittel der Menschen mit Depressionen helfen. Umso überraschender waren die Ergebnisse einer aktuellen Patientenumfrage. Die Befragten selbst schätzten die Wirkung deutlich positiver ein, als es die Studien erwarten ließen. Immerhin zwei Drittel der Behandelten berichteten, dass die SSRI ihre Beschwerden verringerten.
Von Geschlecht bis Stoffwechsel
Die Forschenden konnten im Nachgang sowohl soziale, als auch medizinische Gründe für eine bessere oder schlechtere Wirkung der Medikamente ermitteln. Dazu zählten unter anderem:
- · Das Geschlecht: Frauen waren insgesamt zufriedener mit der Wirkung.
- Das Einkommen: Menschen mit höherem Einkommen berichteten häufiger von einer Verbesserung der Symptome.
- Der Stoffwechsel: Ein bestimmtes Enzym in der Leber ist nötig, damit zum Beispiel Fluoxetin in die wirksame Form umgewandelt wird. Ist das Enzym bei einem Erkrankten wenig aktiv, wirkt das Medikament nicht richtig.
- Andere Erkrankungen: Hatten die Befragten ein erhöhtes Risiko für ADHS, wurde die Behandlung mit Antidepressiva als weniger erfolgreich empfunden. Möglicherweise lag das daran, dass die Diagnose „Depression“ falsch war.
Insgesamt zeigt die Befragung, dass der Erfolg einer Therapie wohl von mehr Faktoren als nur dem Wirkstoff abhängt.
Quelle: Ärzteblatt