Gesundheit heute
Panikattacken
Panikattacken (Panikstörung): Kurze Episode intensiver Angst oder Unbehagens. Die Panikattacke tritt plötzlich und unvorhergesehen auf und ist nicht unbedingt an eine spezifische Situation gebunden. Sie beginnt sehr abrupt, erreicht innerhalb weniger Minuten ein Maximum und hält meist auch nur wenige Minuten an. Danach ebbt die Attacke wegen der einsetzenden physiologischen Erschöpfung ab. Während der Attacke haben die Patienten das Gefühl, sie müssten gleich sterben oder verrückt werden. Unter Panikattacken leiden etwa 2,5 % der Bevölkerung, Frauen doppelt so häufig wie Männer. Die Erkrankung beginnt meist in der dritten Lebensdekade.
Nicht selten sind Panikattacken Begleiterscheinungen anderer Erkrankungen, so bei Persönlichkeitsstörungen, Entzugserscheinungen bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit, bei Schilddrüsenfunktionsstörungen und Tumoren. Auch in der Schwangerschaft treten sie gehäuft auf.
Leitbeschwerden
- Starkes Herzklopfen und Herzrasen
- Schweißausbrüche
- Zittern der Hände, Arme und Beine
- Mundtrockenheit
- Atemnot, schnelle oberflächliche Atmung
- Übelkeit, Magen- und Bauchschmerzen
- Gefühl von Schwindel, Schwäche, Unsicherheit, Benommenheit
- Gefühl, dass die Umgebung nicht wirklich sei (Derealisation) oder man selbst neben sich stehe
- Angst davor, in irgendeiner Form „auszurasten“ (z. B. plötzliches Weglaufen oder Um-sich-Schlagen), zu kollabieren oder anderweitig die Kontrolle zu verlieren
- Angst zu sterben.
Von diesen Symptomen müssen mindestens vier vorhanden sein, damit der Arzt von einer Panikattacke spricht.
Wann zum Arzt oder Psychotherapeuten
In den nächsten Wochen, wenn Panikattacken das Leben stark beeinträchtigen – denn die Gefahr, psychische Folgeerkrankungen wie Agoraphobie oder Depressionen zu entwickeln, ist groß.
Die Erkrankung
Bei Panikattacken stehen die körperlichen und physiologischen Folge- und Begleiterscheinungen der Angst im Vordergrund. Diese werden von den Betroffenen als „gefährlich“ bewertet, oft als Zeichen eines nahenden Herzanfalls, einer Ohnmacht oder Psychose. Die Anfälle können so stark sein, dass die Patienten – mit Verdacht auf eine Herzerkrankung – per Notaufnahme in eine Klinik eingewiesen werden (Die ständige Angst, einen Herzinfarkt zu erleiden oder eine lebensbedrohliche Herzerkrankung zu haben, wird vom Mediziner Herzneurose genannt.).
Aus Angst vor Panikattacken entwickeln viele Patienten ein ausgeklügeltes System von möglichen Notfallmaßnahmen: Sie planen z. B. Wege so, dass sie jederzeit schnell eine Apotheke oder Arztpraxis erreichen und kaufen nur in Geschäften ein, die sie jederzeit schnell verlassen können.
Im Lauf der Zeit engt sich der Aktionsradius dann häufig immer weiter ein: Viele Patienten verlassen aus Angst vor erneuten Panikattacken ihre Wohnung nicht mehr und sind auf permanente Hilfe angewiesen.
Psychoanalytiker vermuten als Ursache von Panikattacken eine Störung der frühen „Ich-Entwicklung“. Das Ich wird nicht stark genug, Angst auszuhalten oder abzuwehren. Die Angst entsteht nach dieser Theorie vor allem durch die Befürchtung, Zuwendung zu verlieren oder alleine gelassen zu werden. Aggressionen können nicht nach außen getragen werden, sondern richten sich gegen die eigene Person. Die Betroffenen suchen schützende Objekte oder Menschen, an die sie sich anlehnen können. Zusätzlich können Konfliktsituationen im familiären Bereich wie der Wunsch, aus der elterlichen Wohnung auszuziehen oder eine Partnerschaft zu beenden, die Erkrankung verstärken. Nach dem lerntheoretischen Modell sind sie das Ergebnis sich gegenseitig verstärkender psychischer und körperlicher Faktoren: Ein körperliches Symptom wie z. B. Herzklopfen wird als Gefahrensignal erlebt, das Angst auslöst. Die Angst wiederum führt ihrerseits zur Verstärkung des Herzklopfens, sodass für den Betroffenen ein allein nur schwer zu durchbrechender Automatismus entsteht.
Das macht der Arzt oder Therapeut
Die Behandlung erfolgt meist durch verhaltenstherapeutische Maßnahmen, während der akuten Panikattacke auch durch Psychopharmaka. Wenn es einen typischen Auslöser gibt, liegt die Erfolgsquote durch Reizkonfrontation bei 80 %. Treten die Panikattacken zusammen mit anderen Erkrankungen auf, wie z. B. einer Persönlichkeitsstörung, so kommt zusätzlich eine analytisch begründete Psychotherapie zum Einsatz.
Psychopharmaka. Wenn Wartezeiten für eine Psychotherapie überbrückt werden müssen, oder akute schwere Attacken bestehen, sind Psychopharmaka indiziert, um den Patienten zu stabilisieren und zu beruhigen. Hier kommen Antidepressiva – besonders die Gruppe der SSRIs – und SNRIs infrage. Bei schwerer Unruhe werden auch Benzodiazepine verordnet, wegen des Abhängigkeitspotenzials und anderer Nebenwirkungen wie starker Müdigkeit sind sie aber nur kurze Zeit indiziert.
Psychotherapie. Psychotherapeutisch gilt die Reizkonfrontation (Expositionstherapie) als die Methode der Wahl, wenn die Panikattacke an eine bestimmte Auslösesituation gekoppelt ist. Panikattacken können bereits in 15 Therapiesitzungen erfolgreich behandelt werden. Die ersten Sitzungen dienen der Erklärung des Teufelskreises von Angst, ihren physiologischen Folgen und der daraufhin noch gesteigerten Angst. Die Reizkonfrontation erfolgt erst nach guter Vorbereitung. Zu Beginn begleitet der Therapeut den Patienten beim Erleben von Situationen, in denen häufig Panikattacken erlitten werden, wie z. B. das Benutzen von öffentlichen Verkehrsmitteln oder der Besuch eines überfüllten Supermarkts. Am Schluss soll der Patient diese Situation alleine erfolgreich bewältigen.
Da Panikpatienten sich oft nicht mehr aus ihrer Wohnung trauen, brauchen sie zu Beginn jemanden, der sie zum Therapeuten begleitet und wieder abholt. Diese wichtige Hilfeleistung sollten Freunde oder Angehörige zuverlässig übernehmen.
Weiterführende Informationen
- www.panik-attacken.de – Website der Deutschen Angst-Hilfe e. V. (DASH, München): Selbsthilfeforum für Betroffene und Angehörige, bietet auch Online-Beratung.
- B. Bandelow: Das Angstbuch. Woher Ängste kommen und wie man sie bekämpfen kann. Rowohlt, 2006. Bandelow dokumentiert Fallbeispiele aus seiner Praxis und erklärt, warum Angst zum Leben gehört und wie man sie in Grenzen halten kann.
- S. Leidig; I. Glomp: Nur keine Panik. Ängste verstehen und überwinden. Kösel, 2003. Ratgeber mit vielen Tipps.
- M. Schmitz: Seelenfraß. Wie Sie den inneren Terror der Angst besiegen. Piper, 2006. Das Buch will Rüstzeug geben, Ängste besser einzuschätzen und zu bewältigen. Mit Therapeutencheckliste.
- S. Schneider; J. Margraf: Agoraphobie und Panikstörung. Fortschritte der Psychotherapie. Hogrefe, 1998. Fachbuch, in dem Ursachen der Störung und Behandlungsansatz der Reizkonfrontation sehr gut und laienfreundlich erklärt werden.

Menschen mit Hypochondrie leben in der beständigen Angst, an einer Erkrankung zu leiden.
Krankheitsangst raubt Lebensjahre
Gefährliche Hypochondrie
Hypochonder*innen werden oft belächelt oder sogar ausgelacht. Doch das ist nicht fair: Denn sie sterben tatsächlich früher als andere Menschen. Nur meist nicht an der Erkrankung, die sie sich einbilden.
Krankheitsangst mit Folgen
Unter Hypochondrie leiden Menschen, die überzeugt davon sind, krank zu sein - es aber gar nicht sind. Ihre Gedanken kreisen fortwährend um ihre Gesundheit, sie beobachten sich und ihren Körper genauestens und werten die kleinsten Unregelmäßigkeiten als Hinweise auf schwere Krankheiten. Dieser Zustand gilt sogar als psychosomatisches Krankheitsbild und wird hypochondrische Störung genannt.
Mit ihrer Art sind diese Menschen oft eine Zielscheibe für Spott und Hohn. Witze, Bücher und Filme handeln von ihnen, der bekannteste Vertreter in der Literatur ist wohl der Hypochonder Argan in Molières Komödie „Der eingebildete Kranke“.
Suizidrate um das Vierfache höher
Doch die Hypochondrie ist offenbar gefährlicher als angenommen: Ein schwedisches Forscherteam hat herausgefunden, dass davon betroffene Menschen durchschnittlich fünf Jahre kürzer leben als gleichaltrige Männer und Frauen ohne diese Befürchtungen. Ihrer Untersuchung liegen die Daten von über 4000 Personen mit der Diagnose „Hypochondrie“ zugrunde.
Das Ergebnis der Analyse: Obwohl Hypochonder*innen oft glauben, dass sie an unheilbarem Krebs erkrankt sind, starben sie in dieser Untersuchung nicht häufiger an einem Malignom als Menschen ohne Hypochondrie. Erhöht war allerdings ihr Risiko, an einer Atemwegserkrankung oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. Und ihnen droht weitere Gefahr: Menschen mit Hypochondrie hatten ein um das Vierfache gesteigertes Risiko für eine Selbsttötung, schreibt das Autorenteam. Alle genannten Zusammenhänge blieben auch nach Berücksichtigung von Depressionen oder Angsterkrankungen bestehen.
Nicht ernst genommen von den Ärzt*innen
Gründe für die kürzere Lebenserwartung könnten der hypochondriebedingte Stress und ein ungesunder Lebensstil sein, vermuten die Autor*innen. Letzterer liegt womöglich auch daran, dass Hypochonder*innen häufig ein geringeres Einkommen haben und allein leben. Nicht zu vernachlässigen sei zudem die Möglichkeit, dass Ärzt*innen Menschen mit Hypochondrie weniger ernst nehmen und es deshalb zu verzögerten Diagnosen kommt.
Quelle: SpringerMedizin