Gesundheit heute
Selbstmord
Selbstmord (Suizid, Selbsttötung): Freiwillige Beendigung des eigenen Lebens durch eine selbstbestimmte Handlung, häufig durch Erhängen, Erschießen, eine Medikamentenüberdosis oder durch das Weglassen eines lebenswichtigen Medikaments. In der Altersgruppe der 15- bis 35-Jährigen ist Selbstmord die zweithäufigste Todesursache (nach dem Unfalltod), absolut gesehen geschehen aber zehnmal so viele Selbstmorde im Alter über 70 Jahre. In Deutschland passieren etwa 11 000 Selbstmorde pro Jahr, und 100 000–150 000 Selbstmordversuche. Drei Viertel der erfolgreich Selbstmord Begehenden sind Männer, bei den Selbstmordversuchen sind zwei Drittel Frauen.
Über die Hälfte der „erfolgreichen“ Selbstmorde wird von psychisch Kranken begangen, vor allem von depressiv Kranken. Aber auch Abhängige, alte Menschen, Jugendliche in der Ablösungsphase vom Elternhaus sowie chronisch und unheilbar Kranke sind erhöht selbstmordgefährdet.
Warnsignale für einen drohenden Selbstmord
Dem Selbstmordforscher Erwin Ringel zufolge gehen einem Selbstmord oder Selbstmordversuch beinahe gesetzmäßig ablaufende Erscheinungen voran, die von ihm als präsuizidales Syndrom (Suizidalität) beschrieben werden: Der Betroffene erlebt eine Einengung persönlicher Möglichkeiten auf allen Ebenen und eine damit verbundene Ausweglosigkeit. Er zieht sich zunehmend aus seiner Umwelt zurück und entwickelt Aggressionen gegen andere, vor allem aber gegen sich selbst und beschäftigt sich ständig mit Todesgedanken.
Typische Warnsignale für die Beschäftigung mit dem Selbstmord sind:
- Plötzliche unerklärliche Ruhe und Freude, die sich als Erleichterung durch den Entschluss zur Selbsttötung deuten lässt (präsuizidale Aufhellung)
- Schreiben eines Testaments
- Verschenken von Sachen
- Sammeln von Medikamenten
- Schuldvorwürfe gegen sich selbst
- Aussagen, das Leben sei sinnlos
- Reden über den Selbstmord, besonders ernst zu nehmen bei Angabe konkreter Vorstellungen und Pläne (80 % der Menschen, die einen Suizidversuch begehen, kündigen ihn vorher an).
- Erwähnen von fremden Stimmen, die den Selbstmord befohlen hätten.
Wann zum Arzt oder Psychotherapeuten
Sofort, wenn die beschriebenen Selbstmord-Warnsignale wahrgenommen werden.
Wenn sich der Kranke bereits in psychiatrischer Therapie befindet, ist der behandelnde Psychiater oder Psychotherapeut der richtige Ansprechpartner. Ist dieser nicht erreichbar, sollte der Hausarzt des Kranken oder der hausärztliche Notdienst kontaktiert werden.
Die Problematik
Nur wenige Selbstmorde sind echte Bilanzsuizide, bei denen ein psychisch Gesunder Bilanz über sein Leben zieht und sich dann selbst tötet. Viel öfter sind Suizidhandlungen Kurzschlussreaktionen, die im Verlauf von Lebenskrisen oder von schweren psychischen Erkrankungen auftreten. Der Betroffene sieht keinen anderen Ausweg mehr als „Schluss zu machen“. Meist liegen zwischen dem Entschluss zur Selbsttötung und seiner Ausführung nur wenige Stunden, und der direkte „Auslöser“ kann ein banaler Streit sein – eben der berühmte Tropfen, der das (fast) volle Fass zum Überlaufen bringt.
Das macht der Arzt oder Therapeut
Bei einer schweren Depression oder Psychose wird der Arzt die Therapie dieser Grundkrankheit überprüfen und gegebenenfalls Dosierung oder Medikamentenauswahl anpassen. Eine psychotherapeutische Krisenintervention ist für psychotisch Kranke allerdings nur selten möglich, denn die Patienten beharren auf ihrer verzerrten Sicht von sich, ihrer Erkrankung und der Welt.
Bei nicht psychotischen Patienten ist dagegen die akute Krisenintervention am erfolgreichsten. Sie beginnt mit dem Beziehungsaufbau zum Patienten durch einen erfahrenen Therapeuten, der die Einsamkeit und Isolation durchbricht. Oft baut der Betroffene nach einem Selbstmordversuch eine Fassade auf, hinter der er seine Probleme verbirgt. Dadurch wird es aber unmöglich, mit der den Selbstmord(versuch) auslösenden Lebenskrise fertig zu werden.
Entsprechend der zumeist korrekten Annahme, dass die akute Krise nur Auslöser, aber nicht der eigentliche Grund für den Selbstmordversuch war, müssen mit dem Patienten vor allem die Hintergründe bearbeitet werden. Also etwa die Gründe für die gescheiterte Beziehung oder den Verlust des Arbeitsplatzes. Manchmal gelingt es, dass der Betroffene seine Lebensgestaltung tief greifend ändert. Meist benötigt er dazu längerfristig psychotherapeutische Hilfe, um die Krise aushalten und letztendlich überwinden zu können.
Bei Therapieunwilligkeit des Betroffenen. Willigt der Patient in eine Klinikeinweisung nicht ein – welche im Normalfall notwendig ist – und besteht auch keine rechtliche Möglichkeit zur Klinikeinweisung gegen den Willen des Betroffenen (Zwangseinweisung), bleibt den Angehörigen nur eine Wahl: Sie müssen versuchen, mehr Sicherheit für den Patienten zu schaffen, für die er selbst im Moment nicht sorgen kann. Am wichtigsten sind:
- Kontinuierliche Nähe, aber ohne den Betroffenen zu „erdrücken“
- Das Wegschließen aller Medikamente, Autoschlüssel und Haushaltsgifte (z. B. Pflanzenschutz- und Reinigungsmittel)
- Regelmäßige und nachdrückliche Versuche, den zum Tode entschlossenen Menschen wieder in Beziehung zu seiner Umwelt zu bringen.
Es ist nutzlos, dem Patienten Vorwürfe zu machen („Du kannst doch Deine Kinder nicht alleine zurücklassen“). Ebenso falsch ist es, die Selbstmordgedanken zu verharmlosen („So schlimm ist es doch gar nicht, es wird schon wieder werden“). Durch solche Äußerungen nimmt man die Verzweiflung des Patienten nicht ernst und lässt ihn allein.
Weiterführende Informationen
- www.suizidprophylaxe.de – Sehr lesenswerte Internetseite der deutschen Gesellschaft für Suizidprävention, Dresden.
- P. G. Quinett: Es gibt etwas Besseres als den Tod. Herder, 2000. Dialogisch geschriebener Ratgeber zwischen „Patient“ und „Therapeut“, der Fragen aufgreift, die Selbstmordgefährdete (nachts) beschäftigen.
- M. Otzelberger: Suizid. Das Trauma der Hinterbliebenen. Erfahrungen und Auswege. DTV, 2002. Guter und differenzierter Ratgeber für Angehörige mit einem Selbstmordfall in der Familie, aber auch für Betroffene mit Selbstmordgedanken.

ADHS kann die Schulkarriere und das Berufsleben der Betroffenen stark beeinflussen.
Wie ADHS-Medikamente langfristig helfen
Weniger Suizide, seltener krank
ADHS-Medikamente wirken einerseits, indem sie akute Beschwerden lindern. Sie haben darüber hinaus aber auch langfristig einen positiven Einfluss auf das Leben der Betroffenen, wie neue Daten zeigen. So senken einige von ihnen das Risiko für Klinikaufenthalte und Selbstmordversuche.
Langfristige Effekte bisher wenig bekannt
Wer heute unter einer Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leidet, hat mehrere medikamentöse Behandlungsoptionen: So stehen stimulierende (Amphetaminderivate und Methylphenidat) und nicht-stimulierende Wirkstoffe (Atomoxetin) zur Verfügung. Sie können die übermäßige Aktivität lindern und das Konzentrationsvermögen bessern. Bisher war aber unklar, ob diese Medikamente auch einen positiven Einfluss auf die Gesamtsituation der Erkrankten haben, zum Beispiel auf das (spätere) Arbeitsleben. Zudem gab es die Hypothese, dass stimulierende Medikamente womöglich das Risiko für Suizidversuche erhöhen.
Eine schwedische Arbeitsgruppe hat sich dieser Fragen angenommen und die Krankheitsdaten von allen Personen in Schweden analysiert, die mit der Diagnose ADHS registriert waren. 71% der Patient*innen waren jünger als 30 Jahre, 55% männlich. Auf häufigsten nahmen sie Methylphenidat ein, gefolgt von Lisdexamphetamin und Atomoxetin.
Weniger Klinikaufenthalte
Ein Viertel der ADHS-Patient*innen musste im Laufe der Erkrankung in eine psychiatrische Klinik aufgenommen werden. Im Vergleich zu denjenigen, die gar keine Medikamente einnahmen, verringerte Atomoxetin das Risiko für eine Klinikaufnahme um 26%. Methylphenidat tat dies um 7%, Lisdexamphetamin um 12%. Wurden mehrere Präparate kombiniert, sank das Risiko um 15%.
Von den zu Beginn der Studie arbeitsfähigen Erkrankten wurden 30% über die Jahre krankgeschrieben oder verrentet. Im Vergleich zu Personen ohne Medikation reduzierte Atomoxetin dieses Risiko um 15%. Bei Menschen unter 30 Jahren verringerte auch Methylphenidat die Wahrscheinlichkeit, arbeitsunfähig zu werden, und zwar um 12%. Alle anderen Medikamente zeigten keinen Zusammenhang mit der Arbeitsfähigkeit. Wurden mehrere ADHS-Präparate kombiniert, stieg das Risiko für Krankschreibungen und Verrentung dagegen an.
Suizide verringert
ADHS-Betroffene haben auch ein erhöhtes Risiko für Suzide und Suizidversuche. In dieser Untersuchung wurde bei 5% der ADHS-Patient*innen ein solches suizidales Verhalten festgestellt. Amphetamine reduzierten das Risiko für Suizide und Suizidversuche um 30%, Methylphenidat um 8%. Atomoxetin dagegen erhöhte es um 20%. Das könnte nach Einschätzung der Studienautor*innen jedoch ein Artefakt, also ein Verzerrungseffekt, sein. Da Atomoxetin keine stimulierende Wirkung hat, wurde es womöglich bevorzugt bei Patien*innten mit ohnehin erhöhtem Suizidrisiko eingesetzt.
Quelle: Springer Medizin