Gesundheit heute

Die medizinischen Fachgebiete und Berufe im Bereich seelischer Erkrankungen

Die Psychiatrie (Seelenheilkunde) befasst sich als Fachgebiet der Medizin mit der Erforschung, Diagnose und Therapie seelischer Krankheiten, ihrer Prävention und Rehabilitation. An der Versorgung psychisch Kranker sind neben Fachärzten für Psychiatrie (Psychiater) auch Psychologen, psychiatrisch weitergebildete Fachkrankenpfleger und schwestern sowie viele weitere Sozialberufe beteiligt.

Nach deutscher Tradition gibt es auch Nervenärzte. Sie sind Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie, haben also beide Facharztausbildungen und stellen die Mehrheit der niedergelassenen psychiatrisch tätigen Ärzte. Viele psychisch Kranke werden aber am Wohnort direkt von ihrem Hausarzt betreut, der für die Behandlung psychisch Kranker die Zusatzqualifikation Psychotherapie erwerben kann.

Aus der (Allgemein-)Psychiatrie haben sich mehrere Unterdisziplinen entwickelt, so die Gerontopsychiatrie für die Versorgung älterer psychisch kranker Menschen (z. B. mit Demenz), die Forensische Psychiatrie zur Begutachtung und Behandlung psychisch kranker Straftäter sowie die Kinder- undJugendpsychiatrie zur Versorgung psychisch kranker Kinder und Heranwachsender.

Für die zeitaufwendige und schwierige psychotherapeutische Versorgung gibt es in Deutschland komplizierte Regelungen, letztendlich aber gilt: Nur approbierte Diplom-Psychologen und Ärzte mit (zusätzlicher) Qualifikation in Psychiatrie oder Psychosomatik dürfen Psychotherapien anbieten. Sie erlangen – je nach ihrem Grundberuf – den Titel Ärztlicher Psychotherapeut (mit der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“ oder „Psychoanalyse“) bzw. Psychologischer Psychotherapeut. Beide können ihre Leistungen eigenständig mit den Krankenversicherungen abrechnen. Für die Kostenübernahme sind jedoch vorausgehende Begutachtungen erforderlich, es sind auch nur bestimmte Psychotherapieverfahren übernahmefähig. Für die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichentherapeuten sind zusätzlich Sozialpädagogen zugelassen.

Von: Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Wie ADHS-Medikamente langfristig helfen

ADHS kann die Schulkarriere und das Berufsleben der Betroffenen stark beeinflussen.

Wie ADHS-Medikamente langfristig helfen

Weniger Suizide, seltener krank

ADHS-Medikamente wirken einerseits, indem sie akute Beschwerden lindern. Sie haben darüber hinaus aber auch langfristig einen positiven Einfluss auf das Leben der Betroffenen, wie neue Daten zeigen. So senken einige von ihnen das Risiko für Klinikaufenthalte und Selbstmordversuche.

Langfristige Effekte bisher wenig bekannt

Wer heute unter einer Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leidet, hat mehrere medikamentöse Behandlungsoptionen: So stehen stimulierende (Amphetaminderivate und Methylphenidat) und nicht-stimulierende Wirkstoffe (Atomoxetin) zur Verfügung. Sie können die übermäßige Aktivität lindern und das Konzentrationsvermögen bessern. Bisher war aber unklar, ob diese Medikamente auch einen positiven Einfluss auf die Gesamtsituation der Erkrankten haben, zum Beispiel auf das (spätere) Arbeitsleben. Zudem gab es die Hypothese, dass stimulierende Medikamente womöglich das Risiko für Suizidversuche erhöhen.

Eine schwedische Arbeitsgruppe hat sich dieser Fragen angenommen und die Krankheitsdaten von allen Personen in Schweden analysiert, die mit der Diagnose ADHS registriert waren. 71% der Patient*innen waren jünger als 30 Jahre, 55% männlich. Auf häufigsten nahmen sie Methylphenidat ein, gefolgt von Lisdexamphetamin und Atomoxetin.

Weniger Klinikaufenthalte

Ein Viertel der ADHS-Patient*innen musste im Laufe der Erkrankung in eine psychiatrische Klinik aufgenommen werden. Im Vergleich zu denjenigen, die gar keine Medikamente einnahmen, verringerte Atomoxetin das Risiko für eine Klinikaufnahme um 26%. Methylphenidat tat dies um 7%, Lisdexamphetamin um 12%. Wurden mehrere Präparate kombiniert, sank das Risiko um 15%.

Von den zu Beginn der Studie arbeitsfähigen Erkrankten wurden 30% über die Jahre krankgeschrieben oder verrentet. Im Vergleich zu Personen ohne Medikation reduzierte Atomoxetin dieses Risiko um 15%. Bei Menschen unter 30 Jahren verringerte auch Methylphenidat die Wahrscheinlichkeit, arbeitsunfähig zu werden, und zwar um 12%. Alle anderen Medikamente zeigten keinen Zusammenhang mit der Arbeitsfähigkeit. Wurden mehrere ADHS-Präparate kombiniert, stieg das Risiko für Krankschreibungen und Verrentung dagegen an.

Suizide verringert

ADHS-Betroffene haben auch ein erhöhtes Risiko für Suzide und Suizidversuche. In dieser Untersuchung wurde bei 5% der ADHS-Patient*innen ein solches suizidales Verhalten festgestellt. Amphetamine reduzierten das Risiko für Suizide und Suizidversuche um 30%, Methylphenidat um 8%. Atomoxetin dagegen erhöhte es um 20%. Das könnte nach Einschätzung der Studienautor*innen jedoch ein Artefakt, also ein Verzerrungseffekt, sein. Da Atomoxetin keine stimulierende Wirkung hat, wurde es womöglich bevorzugt bei Patien*innten mit ohnehin erhöhtem Suizidrisiko eingesetzt.

Quelle: Springer Medizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Pitopia / Volker Schlichting