Gesundheit heute
Lyell-Syndrom
[Medikamentöses] Lyell-Syndrom (toxische epidermale Nekrolyse [TEN], Epidermolysis acuta toxica): Akute, schwere und lebensbedrohliche Arzneimittelreaktion an der Haut, die über Rötung und Blasenbildung bis zur großflächigen Ablösung der Oberhaut führt. Das Lyell-Syndrom kommt vor allem bei Menschen zwischen 60 und 70 Jahren vor, Frauen sind 10-mal häufiger betroffen als Männer. Die Behandlung besteht im Absetzen des verantwortlichen Medikaments und einer Intensivtherapie analog der bei Verbrennungen. Die Prognose ist schlecht, etwa jeder zweite Patient verstirbt.
Symptome und Leitbeschwerden
- Rötung, Blasenbildung, Verkrustungen der Haut
- Flächenhafte Ablösung der Oberhaut
- Vor allem an Gesicht, Rumpf, Streckseiten der Arme und Beine
- Starke Schmerzen, hohes Fieber, Abgeschlagenheit.
Wann zum Arzt
Am gleichen Tag oder sofort, wenn
- nach Einnahme eines (erstmalig verordneten) Medikaments unerklärliche Rötungen oder Blasen auftreten.
Die Erkrankung
Ursachen und Risikofaktoren
Das Lyell-Syndrom ist die sehr seltene Maximalvariante des Steven-Johnson-Syndroms und geht auf sehr seltene, aber schwere Arzneimittelnebenwirkungen nach Einnahme von Medikamenten zurück. Von einem Lyell-Syndrom oder der toxischen epidermalen Nekrolyse (TENS) spricht man, wenn durch die Arzneimittelreaktion über 30 % der Haut des Patienten betroffen ist.
Zu den Wirkstoffen, die ein Lyell-Syndrom auslösen können gehören
- Sulfonamide
- Phenobarbital, Phenytoin
- Allopurinol
- SSRI wie Fluoxetin.
Ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Lyell-Syndroms haben Patienten, die mit HIV infiziert sind, eine Strahlentherapie absolviert haben oder an bestimmten (seltenen) genetisch bedingten Enzymstörungen im Rahmen des Cytochrom-P450-Systems leiden.
Klinik und Verlauf
Die Hautveränderungen ähneln einer Verbrennung, weshalb das Lyell-Syndrom auch als Syndrom der verbrühten Haut (toxische epidermale Nekrolyse) bezeichnet wird. Etwa 1–3 Wochen nach Einnahme des auslösenden Medikaments (wobei in manchen Fällen schon eine einzige Tablette die schwere Reaktion auslöst!) beginnt sich die Haut zu röten, es bilden sich Blasen, Verkrustungen, und die Oberhaut löst sich großflächig ab. Meist fängt die Krankheit an den Augen oder am Mund an, aber auch Rumpf und die Streckseiten von Armen und Beinen sind häufig betroffen.
Neben den äußerst schmerzhaften Hauterscheinungen leiden die Betroffenen unter Fieber und schlechtem Allgemeinzustand. Durch die Hautverluste gehen große Mengen an Körperflüssigkeit verloren, wodurch Wasser- und Elektrolythaushalt entgleisen können. Häufig treten zusätzlich schwere innere Komplikationen (z. B. Hepatitis oder Glomerulonephritis) auf.
Bis zu 50 % der Patienten versterben an einem Lyell-Syndrom. Wird die Erkrankung überlebt, heilen die Hautveränderungen meist ohne Narben ab.
Staphylococcal scalded skin syndrome (SSSS)
Diese ebenfalls lebensgefährliche, blasenbildende Erkrankung mit Ablösung der Haut wird irreführenderweise oft ebenfalls als Lyell-Syndrom bezeichnet. Die beiden Erkrankungen unterscheiden sich jedoch grundsätzlich: SSSS betrifft vor allem Neugeborene und Säuglinge, wird durch Staphylokokken hervorgerufen und mit Antiseptika und Antibiotika therapiert. Die beim klassischen Lyell-Syndrom manchmal notwendige hochdosierte Kortisontherapie ist beim SSSS nicht indiziert, wird sie irrtümlich verordnet, kann dies zum Tod des Patienten führen.
Diagnosesicherung
Rötungen, Blasenbildungen, Verkrustungen und das flächenhafte Ablösen der Oberhaut führen den Hautarzt zur Diagnose. Im Zweifel erkennt der Hautarzt die Erkrankung bei der mikroskopischen Untersuchung einer Hautbiopsie.
Daneben muss der Arzt nach dem auslösenden Medikament suchen, dazu befragt er den Patienten bzw. seine Angehörigen nach der Einnahme aller Arzneimittel in den letzten Wochen.
Differenzialdiagnosen. Am wichtigsten ist es, das Lyell-Syndrom vom Staphylococcal scalded skin syndrome (siehe oben) zu unterscheiden, um keine falsche Therapie einzuleiten. Im Gegensatz zum SSSS sind beim Lyell-Syndrom immer die Schleimhäute betroffen.
Ansonsten gibt es ähnliche Blasenbildungen, auch als Begleitsymptome mancher Krebserkrankung (Lymphome, Leukämien).
Behandlung
Die Behandlung muss in jedem Fall im Krankenhaus auf der Intensivstation begonnen werden. Die intensivmedizinischen Maßnahmen entsprechen der Therapie bei großflächigen Verbrennungen. Wichtigste Faktoren dabei sind
- Absetzen des angeschuldigten Medikaments
- Schmerztherapie
- Schutz vor Infektionen
- Antibiotika bei Wundinfektionen
- Kontrolle von Temperatur und Flüssigkeitshaushalt
- parenterale Ernährung durch Infusionen
- Dekubitusprophylaxe (Wundliegen vermeiden)
- Kontrolle von Komplikationen wie Sepsis, Blutungen.
- Zur internen, speziellen Behandlung verordnen die Ärzte häufig eine hochdosierte Kortisontherapie, wobei die Wirksamkeit umstritten ist. Eine weitere Option ist die Gabe von Ciclosporin A.
Prognose
Trotz rechtzeitiger Therapie versterben bis zu 50 % der Patienten. Wird die Erkrankung überlebt, heilt die Haut meist folgenlos wieder ab.
Ihr Apotheker empfiehlt
Prinzipiell können alle Arzneimittel zu unerwünschten Wirkungen führen. Wenn Sie im Rahmen einer Medikamenteneinnahme Hautveränderungen feststellen, sollten Sie diese bei Ihrem Arzt abklären lassen.

Bei sehr trockener Haut kann Rindertalg hilfreich sein.
Rindertalg als Hautretter?
Versprechen aus dem Internet
Glaubt man dem Internet, ist Rindertalg das neue Wundermittel für die Haut. Er soll gegen Hautfalten und Narben helfen und sogar als natürlicher Sonnenschutz wirksam sein. Was ist dran an dem Hype?
Fett zum Frittieren von Pommes
Bei Rindertalg handelt es sich um das Fett aus Eingeweiden von Rindern. Es wird aus Schlachtteilen gewonnen und besteht vor allem aus Triglyceriden und gesättigten Fettsäuren. In der belgischen Küche wird der Talg zum Frittieren von Pommes genutzt. Und auch in der Kosmetikindustrie verwendet man ihn schon lange, z. B. in Seifen, Lippenstiften und Haarpflegeprodukten.
Seit neuestem hat das Fett auch Einzug in die sozialen Medien gehalten. Dort wird es als Hautpflegewunder beworben – und zwar als ideales Produkt für alle Hauttypen. Tatsächlich ist Rindertalg dem Talg (Sebum) der menschlichen Haut sehr ähnlich. Deshalb könnte er für einige Menschen durchaus hilfreich sein. Zum Beispiel, wenn bei sehr trockener Haut oder Neurodermitis zu wenig Sebum produziert wird. Bei Psoriasispatient*innen könnte Rindertalg die Haut geschmeidig halten, und auch zur Massage abgeheilter Narben dürfte er sich eignen. Entgegen der genannten Versprechen liefert das Fett aus den Schlachtabfällen kein Kollagen und ist auch nicht feuchtigkeitsspendend. Die antioxidativen Vitamine A und E sind zwar enthalten, allerdings nicht in der Menge wie in speziellen dermatologischen Wirkstoffen.
Fördert Pickel und Entzündungen
Doch Rindertalg ist nicht in jedem Fall zur Hautpflege geeignet: Nicht angewendet werden darf er auf entzündeter Haut. Durch den hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren verschließt der Talg die Poren und kann einen Hitzestau auf der Haut auslösen. Das verstärkt nicht nur die Entzündungsprozesse bei Rosazea, perioraler Dermatitis und Akne. Es wirkt auch komedogen – d.h. es lässt die Mitesser sprießen.
Kein Ersatz für Sonnenschutz!
Besonders unverantwortlich ist die Behauptung, Rindertalg könnte als Sonnenschutzmittel eingesetzt werden. Er blockt weder UV-Strahlen ab noch weist er einen messbaren Lichtschutzfaktor auf. Wer Rindertalg als Sonnenschutz benutzt, riskiert Sonnenbrände und fördert deren Folgeschäden.
Insgesamt könnte Rindertalg bei sehr trockener Haut helfen – für viele Hauttypen gibt es aber geeignetere Alternativen, z. B. Produkte aus Lanolin, Sheabutter oder Jojobaöl.
Quelle: ptha heute