Gesundheit heute

Hypertrichose

Hypertrichose (Polytrichie): Übermäßige Behaarung an einzelnen Stellen oder am ganzen Körper durch Übergang von Vellus- in Terminalhaare. Wenn eine Frau unter einem typisch männlichen Behaarungsmuster leidet, spricht der Arzt von Hirsutismus.

Leitbeschwerden

  • Dicke und dunkle Haare, die an ungewöhnlichen Orten wie an den Wangen, am Steißbein oder am Fußrücken auftreten und/oder nicht zum Alter, zum sonstigen Behaarungstyp oder zur rassischen Zugehörigkeit passen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • Sich die Haare bei kleinen Kindern zeigen
  • Sie bei Erwachsenen stören.

Die Erkrankung

Da Haarbälge nahezu am gesamten Körper vorhanden sind, können fast überall unerwünschte Haare sprießen. Ein überschießendes Haarwachstum findet sich bei verschiedenen Erkrankungen, z. B. bei Erbkrankheiten, Unterernährung, Störungen der Nebennierenrinde und der Schilddrüse sowie metastasierenden Tumoren.

Die häufigste Ursache für überschießendes Haarwachstum sind allerdings Medikamente wie über längere Zeit eingenommene Kortikoide, das Antiepileptikum Phenytoin oder Blutdrucksenker wie Minoxidil und Diazoxid. (Minoxidil wird äußerlich sogar gezielt als Haarwuchsmittel angewendet) .

Überbehaarung, die auf einzelne Körperstellen beschränkt und scharf begrenzt ist, kann auf ein Muttermal, hier ein Naevus pilosus, d. h. mit Beteiligung von Haaren, oder auf eine an dieser Stelle abgelaufene Entzündung zurückzuführen sein. Im Bereich des Steißbeins und der unteren Wirbelsäule muss an eine Minimalform der Spina bifida (offener Rückenmarkskanal) gedacht werden.

Das macht der Arzt

Kommt es aufgrund einer Medikamenteneinnahme zu einer Überbehaarung, kann der Arzt, wenn möglich, einen Medikamentenwechsel vornehmen. Hormonstörungen bedürfen einer langfristigen Therapie, um die unerwünschten Folgen einzugrenzen.

Wenn sich medikamentös keine Besserung erzielen lässt, bleibt die Möglichkeit einer Haarentfernung mittels Laser oder Elektroepilation. Einzelne behaarte Muttermale können operativ entfernt werden.

Selbsthilfe

Wer die Haare nicht regelmäßig rasieren will, kann zwischen Enthaarungscremes und Wachsepilation wählen. Beide Methoden sind jedoch für empfindliche Hauttypen ungeeignet, da die Gefahr besteht, dass kleine Narben und Hyperpigmentierungen zurückbleiben.

Da bei den genannten Methoden die Haarwurzel erhalten bleibt, wachsen die Haare nach. Dies gilt auch für das Auszupfen störender Einzelhaare. Sind nur kleine Bereiche überbehaart, reicht es oft aus, die Haare zu bleichen.

Von: Dr. med. Berthold Gehrke, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Rindertalg als Hautretter?

Bei sehr trockener Haut kann Rindertalg hilfreich sein.

Rindertalg als Hautretter?

Versprechen aus dem Internet

Glaubt man dem Internet, ist Rindertalg das neue Wundermittel für die Haut. Er soll gegen Hautfalten und Narben helfen und sogar als natürlicher Sonnenschutz wirksam sein. Was ist dran an dem Hype?

Fett zum Frittieren von Pommes

Bei Rindertalg handelt es sich um das Fett aus Eingeweiden von Rindern. Es wird aus Schlachtteilen gewonnen und besteht vor allem aus Triglyceriden und gesättigten Fettsäuren. In der belgischen Küche wird der Talg zum Frittieren von Pommes genutzt. Und auch in der Kosmetikindustrie verwendet man ihn schon lange, z. B. in Seifen, Lippenstiften und Haarpflegeprodukten.

Seit neuestem hat das Fett auch Einzug in die sozialen Medien gehalten. Dort wird es als Hautpflegewunder beworben – und zwar als ideales Produkt für alle Hauttypen. Tatsächlich ist Rindertalg dem Talg (Sebum) der menschlichen Haut sehr ähnlich. Deshalb könnte er für einige Menschen durchaus hilfreich sein. Zum Beispiel, wenn bei sehr trockener Haut oder Neurodermitis zu wenig Sebum produziert wird. Bei Psoriasispatient*innen könnte Rindertalg die Haut geschmeidig halten, und auch zur Massage abgeheilter Narben dürfte er sich eignen. Entgegen der genannten Versprechen liefert das Fett aus den Schlachtabfällen kein Kollagen und ist auch nicht feuchtigkeitsspendend. Die antioxidativen Vitamine A und E sind zwar enthalten, allerdings nicht in der Menge wie in speziellen dermatologischen Wirkstoffen.

Fördert Pickel und Entzündungen

Doch Rindertalg ist nicht in jedem Fall zur Hautpflege geeignet: Nicht angewendet werden darf er auf entzündeter Haut. Durch den hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren verschließt der Talg die Poren und kann einen Hitzestau auf der Haut auslösen. Das verstärkt nicht nur die Entzündungsprozesse bei Rosazea, perioraler Dermatitis und Akne. Es wirkt auch komedogen – d.h. es lässt die Mitesser sprießen.

Kein Ersatz für Sonnenschutz!

Besonders unverantwortlich ist die Behauptung, Rindertalg könnte als Sonnenschutzmittel eingesetzt werden. Er blockt weder UV-Strahlen ab noch weist er einen messbaren Lichtschutzfaktor auf. Wer Rindertalg als Sonnenschutz benutzt, riskiert Sonnenbrände und fördert deren Folgeschäden.

Insgesamt könnte Rindertalg bei sehr trockener Haut helfen – für viele Hauttypen gibt es aber geeignetere Alternativen, z. B. Produkte aus Lanolin, Sheabutter oder Jojobaöl.

Quelle: ptha heute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Wavebreakmedia