Gesundheit heute
Nesselsucht
Nesselsucht (Nesselfieber, Quaddelsucht, Urtikaria): Hauterkrankung mit stark juckenden Quaddeln am ganzen Körper bzw. Schwellungen an Gesicht, Lippen und Schleimhäuten. Die Quaddeln und Schwellungen entstehen binnen Minuten und bilden sich nach Stunden bis Tagen auch ohne Behandlung wieder zurück (akute Nesselsucht). Typischerweise kratzen sich die Betroffenen nicht, sondern versuchen, die Beschwerden durch Reiben zu lindern.
Ursache der Quaddeln ist die Ausschüttung körpereigener Botenstoffe wie Histamin, ausgelöst durch Nahrungsmittelzusatzstoffe, Medikamente oder Insektenstiche. Manchmal entsteht die Nesselsucht auch im Rahmen von grippalen Infekten, oft bleibt der eigentliche Auslöser jedoch unbekannt.
Etwa 25 % der Bevölkerung leiden mindestens einmal im Leben an Nesselsucht, Kinder viel häufiger als Erwachsene. In 90 % der Fälle bleibt die Krankheit auf ein einmaliges, nur wenige Stunden anhaltendes Ereignis beschränkt. Wenn sie immer wieder auftritt oder über mehr als 6 Wochen, spricht man von chronischer Nesselsucht.
Behandelt wird die Nesselsucht mit kühlenden Salben und juckreizstillenden Antihistaminika, sind Schleimhäute betroffen auch mit Kortison. Daneben müssen bekannte Auslöser gemieden werden.
Symptome und Leitbeschwerden
- Binnen Minuten auftretende, weißliche bis hellrote, beetartige Erhebungen der Haut mit geröteter Umgebung
- Starker Juckreiz (ähnlich wie nach Brennnesselkontakt), eventuell mit Brennen oder Schmerzen
- Hautausschlag klingt binnen Stunden von selbst wieder ab (akute Nesselsucht)
- Manchmal zusätzlich Magen-Darm-Beschwerden (insbesondere Durchfall), Atemnot, Kopf- und/oder Gelenkschmerzen.
Wann zum Arzt
In den nächsten Tagen, wenn
- die Hautveränderungen häufiger auftreten und/oder über Tage bestehen bleiben.
Sofort den Notarzt rufen, wenn
- Atemnot und/oder Kreislaufprobleme auftreten
- Gesicht oder andere Körperregionen extreme Schwellungen entwickeln.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Der Hautausschlag bei Nesselsucht ähnelt der Reaktion nach einem Brennnesselkontakt, woher sich auch der medizinische Name Urtikaria (lateinisch für Brennnessel) ableitet. Die Beschwerden werden fast immer durch eine örtliche Freisetzung des Botenstoffs Histamin aus den Mastzellen der Haut ausgelöst. Histamin erweitert die Gefäße und macht sie durchlässiger, was sowohl zu Quaddeln als auch zu Juckreiz führt.
Ursachen und Risikofaktoren
Es gibt viele Signale, die die Mastzellen der Haut dazu bringen, Histamin auszuschütten. Unter den bekannten Auslösern sind Medikamente und Nahrungsmittel, wie zum Beispiel
- penicillinhaltige Antibiotika
- Acetylsalicylsäure (z. B. in Aspirin®)
- Geschmacks-, Konservierungs- und Farbstoffe in Lebensmitteln
- Inhaltsstoffe von Nüssen oder Soja
- spezielle Eiweiße, etwa in Milch, Fisch, Muscheln und Krustentieren.
Außer Medikamenten und Nahrungsmitteln, die zu einer Histaminausschüttung führen, gibt es noch andere Mechanismen, die eine Nesselsucht auslösen. Bei der Histaminintoleranz kommt es z. B. nach Aufnahme histaminreicher Nahrungsmittel wie reifem Käse, Rotwein oder geräucherten Produkten zu den typischen Symptomen. Hintergrund ist ein ungenügender Abbau des zugeführten Histamins, das dann zu Quaddeln und Juckreiz in der Haut führt.
Bei der Kontakturtikaria löst dagegen ein direkter Hautkontakt mit Brennnesseln, Quallen oder Schalen von Zitrusfrüchten (ameisensäurehaltige Substanzen) eine Nesselsucht aus.
Weitere Auslöser sind starke physikalische Reize (sogenannte physikalische Urtikaria), z. B. Druck auf die Haut, Sonnenlicht, starke Kälte oder extreme Temperaturschwankungen.
Außerdem tritt Nesselsucht als Begleiterscheinung verschiedener Erkrankungen auf, etwa bei Lupus erythematodes, Hepatitis, eitrigen Infektionen oder Erkältungskrankheiten bei Kindern. In manchen Fällen führt sogar extreme körperliche Anstrengung oder emotionale Erregung zur Bildung von kleinen linsengroßen Quaddeln.
Trotz der vielen bekannten Auslöser bleibt bei mehr als der Hälfte aller Patienten mit akuter oder chronischer Nesselsucht die Ursache für die Hauterscheinungen unklar.
Verlauf
Die Nesselsucht ist durch den Juckreiz zwar quälend, aber in aller Regel harmlos.
Komplikationen
Eine gefährliche Sonderform ist das Quincke-Ödem (Angioödem), bei dem nicht nur die oberen Hautschichten, sondern auch die Unterhaut betroffen ist. In der Folge schwellen die Augenlider, Lippen oder Genitalien heftig an. Sind die Atemwege – v. a. der Kehlkopf – betroffen, droht eine lebensbedrohliche Atemnot.
Starke Schwellungen, die leicht mit allergischen Reaktionen, z. B. auf Insektenstiche, verwechselt werden, sind auch ein Hinweis auf die seltene Erbkrankheit HAE (Hereditäres Angioödem). Meist sind Gesicht, Hals, Arme, Beine, Magen-Darm-Trakt, Geschlechtsorgane und Gesäß betroffen. Auslöser ist ein erblich bedingter Mangel oder eine Minderfunktion des C1-Esterase-Inhibitors. Dadurch wird vermehrt das Gewebshormon Bradykinin freigesetzt. In der Folge werden die Gefäßwände durchlässiger. Es kommt zu Schwellungen, die bei Auftreten im Luftröhrenbereich tödlich sein können (Larynxödeme).
Diagnosesicherung
Die Nesselsucht ist anhand der typischen Hautveränderungen zu erkennen. Tritt sie wiederholt auf oder bleibt sie über längere Zeit bestehen, wird nach möglichen Auslösern gesucht.
Neben Allergietests können auch Kälte-, Wärme- und Drucktests, ein Differenzialblutbild, Messungen von Immunglobulinen sowie Stuhl- und Urinuntersuchungen Hinweise auf die allergieauslösenden Faktoren liefern. Werden Nahrungsmittel oder -zusatzstoffe als Auslöser vermutet, helfen spezielle Suchdiäten und orale Provokationstests.
Differenzialdiagnosen. Juckreiz, Quaddeln und Rötungen der Haut finden sich auch beim Arzneimittelexanthem, bei Insektenstichen oder beim bullösen Pemphigoid.
Behandlung
Ist ein Auslöser der Quaddeln gefunden, muss dieser gemieden werden. Juckreiz, Quaddeln und Komplikationen werden je nach Ausmaß mit kühlenden Umschlägen oder Medikamenten behandelt.
Akute Nesselsucht
Bei milden Formen helfen kühlende Umschläge sowie juckreizstillende Salben und Cremes (siehe "Ihr Apotheker empfiehlt"). Bei starkem Juckreiz kommen auch nicht müde machende Antihistaminika in Tablettenform wie Desloratadin (z. B. Aerius®) oder Levocetirizin (z. B. Xusal®) zum Einsatz, die das Histamin und damit die Quaddelbildung und den Juckreiz mehr oder minder unterdrücken. Alternativ verordnen manche Ärzte auch Mastzellstabilisatoren wie Cromoglicinsäure oder Leukotrienantagonisten wie z. B. Montelukast®.
Bei Luftnot, Lippenschwellung, Kreislaufschwäche und ausgedehntem Befall weist der Arzt den Patienten als Notfall in die Klinik ein. Dort spritzt der Arzt Antihistaminika und/oder Kortison, eventuell auch Adrenalin intravenös. Reicht dies nicht aus, ist eine künstliche Beatmung bzw. ein Luftröhrenschnitt als Notfallmaßnahme und/oder eine Behandlung des Kreislaufschocks notwendig. Liegt ein C1-Inhibitor-Mangel vor, bekommt der Patient ein C1-Inhibitor-Konzentrat intravenös oder einen Bradykinin-B2-Rezeptorantagonisten (z. B. Icatibant®) subkutan gespritzt.
Chronische Nesselsucht
Bei der chronischen Nesselsucht reichen äußerliche Therapiemaßnahmen wie juckreizstillende und kühlende Umschläge, Salben und Lotionen häufig nicht aus. Deshalb verordnet der Arzt meist Tabletten, und zwar zunächst Antihistaminika. Damit die Mastzellen dauerhaft unterdrückt werden, ist es wichtig, die Antihistaminika regelmäßig (das heißt nicht nur beim Auftreten von Beschwerden) einzunehmen.
Sollten sich die Symptome der Nesselsucht unter der Basistherapie nicht bessern, hilft die zusätzliche Gabe von Omalizumab (z. B. Xolair®). Hierbei handelt es um einen monoklonalen Antikörper, der für die Therapie von allergischem Asthma zugelassen ist und alle 4 Wochen unter die Haut gespritzt wird. Seine genaue Wirkung ist unklar, die Experten gehen davon aus, dass Omalizumab IgE "wegfängt" und dadurch die Reaktion der Mastzellen vermindert. Häufige Nebenwirkungen von Omalizumab sind Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit oder Durchfall, außerdem kann es zu allergischen Reaktionen kommen. Die meisten Patienten sprechen bereits vor der zweiten Behandlung und meist vollständig auf die Therapie an, bei einigen Patienten sind mehrere Injektionen nötig.
Tritt im Zeitraum von sechs Monaten keine Besserung ein oder sind die Beschwerden für den Patienten unerträglich, empfehlen die Ärzte eine Therapie mit Ciclosporin. Dieser Wirkstoff unterdrückt das Immunsystem. Er hat zur Behandlung der Nesselsucht keine Zulassung, die Therapie erfolgt also off-label.
Prognose
Die akute Nesselsucht verschwindet häufig von selbst, ist sie behandlungsbedürftig, bessert sie sich durch Gabe von Medikamenten meist schnell. Nur weniger als 1 % der Fälle geht in eine chronische Nesselsucht über.
Auch bei der chronischen Nesselsucht schwächen sich die Beschwerden nach jahrelangem Meiden des Auslösers oft ab, zumindest wenn ein Auslöser bekannt ist.
Milde Formen der chronischen Nesselsucht, bei der sich kein Auslöser finden lässt, heilen meist innerhalb von 24 Monaten ab. Wenn nicht, drohen jedoch jahrelange Schübe der Erkrankung.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie selbst tun können
Kältepackungen. Leichte Formen der Nesselsucht sind binnen weniger Stunden auch ohne Therapie rückläufig. Gegen den starken Juckreiz helfen kühlende Umschläge, Kältepackungen (Coolpacks®) oder kalte Duschen.
Tabletten, Lotionen und Salben. Eine gute Wirkung zeigen Tabletten (z. B. Loraderm®) sowie Lotionen mit schmerzbetäubenden Wirkstoffen (z. B. Anaesthesulf®-Lotio). Die gerne eingesetzten auch antihistaminikahaltigen Salben, Gele (z. B. Fenistil® Gel) wirken oft nur wenig. Alternative sind Cremes oder Emulsionen mit 0,5–2 % Hydrocortison wie z. B. Linolacort®.
Komplementärmedizin
Bei akuten Schüben von Nesselsucht sind naturheilkundliche Therapien nicht indiziert, da die Gefahr eines anaphylaktischen (allergischen) Schocks besteht. Die Ursachen müssen medizinisch abgeklärt werden. Da bei chronischen Formen jedoch häufig zunächst keine eindeutige Ursache für die Hautreaktion gefunden wird, ist hier der Einsatz komplementärmedizinischer Methoden sinnvoll, die Neigung zur Quaddelbildung lässt mitunter nach. Bei der chronischen Nesselsucht können u. a. Ernährungsumstellung (Allergietest!), Akupunktur, juckreizlindernde Kompressen, Bäder, Pflanzenheilkunde sowie die Klimatherapie helfen.
Hydrotherapie. Neben Kneippschen Güssen (Wechselbädern) sind auch Bäder mit Kamillenzusatz, Schachtelhalm oder Kleie günstig. Auch schwefel- und ölhaltige Bäder sowie Bäder in Salzwasser (1 Esslöffel auf 1 l Wasser) können helfen. Den Juckreiz lindern feucht-kalte Kompressen mit 1%igem Mentholspiritus.
Klimatherapie. Bei knapp der Hälfte der Betroffenen stellt sich eine Besserung der Symptome nach einem Kuraufenthalt an der Ostseeküste oder in hochalpinen Regionen ein.
Akupunktur. Mithilfe der Akupunktur lässt sich bei chronischer Nesselsucht in manchen Fällen die Medikamentengabe reduzieren.
Pflanzenheilkunde. Aus den Heilpflanzen Hamamelis, Eichenrinde, Kamille, Zistrose, Ringelblume oder schwarzem Tee (ohne Aroma) lassen sich Aufgüsse für Kompressen zubereiten, die etwa 20 Minuten lang aufgelegt werden. Bei Nesselsucht, die durch Kälte, Nässe oder Druck entsteht, hat sich sowohl innerlich als auch äußerlich der Bittersüßstängel (Cefabene®, als Salbe, Tropfen oder Tabletten erhältlich) bewährt, er wird aufgrund seiner entzündungshemmenden, antiallergischen Eigenschaften auch als pflanzliches Kortison bezeichnet.
Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt bei starkem Brennschmerz und Verschlechterung durch Wärme Urtica urens oder Apis mellifica, bei Quaddelbildung aufgrund intensiver Sonneneinstrahlung oder Klimawechsel Natrium chloratum.
Lichttherapie. Vereinzelt wird von Erfolgen nach Bestrahlungen mit der Höhensonne sowie UVA1-Therapien berichtet. Hitze wie auch Sonneneinstrahlung können die Nesselsucht aber auch auslösen.
Weiterführende Informationen
- www.urtikaria.net – Internetseite des urticaria network e. V., Berlin: Forum, Selbsthilfetipps, Selbsttests und weitere Infos rund um die Nesselsucht.

Menschen mit Hyperhidrose müssen ihre Hemden oft mehrmals am Tag wechseln.
Das hilft gegen Schwitzen
Den Hahn abdrehen
Schwitzen ist gesund: Es reguliert die Körpertemperatur, schützt die Haut und trägt sogar zur Ausscheidung von Stoffwechselprodukten bei. Doch häufig stört der Schweiß auch - etwas durch unangenehmen Geruch oder dunkle Schwitzflecken unter den Armen. Zum Glück lässt sich das mit Deos und Cremes gut in den Griff bekommen. Und auch bei übermäßigem, krankhaftem Schwitzen gibt es einige Methoden, nasse Hände und Achseln zuverlässig trockenzulegen.
Ohne Schweiß geht´s nicht
Etwa drei Millionen Schweißdrüsen sind in der menschlichen Haut verteilt. Allerdings kommen sie nicht überall vor: Die meisten davon finden sich in den Achselhöhlen, an den Fußsohlen, den Handflächen und der Stirn. Ganz ohne Schweißdrüsen kommen dagegen die Lippen und die Eichel aus.
Hauptfunktion von Schweiß ist, den Körper vor Überhitzung zu schützen. Steigt die Körpertemperatur, wird vermehrt Schweiß produziert und über die Poren ausgeschieden. Auf der Haut verdunstet er und sorgt für Abkühlung.
Eine weitere wichtige Aufgabe des Schwitzens ist der Schutz vor Krankheitserregern. Denn Schweiß hat einen sauren ph-Wert und trägt zum natürlichen Säureschutzmantel der Haut bei. Dieser bewahrt die Haut nicht nur vor dem Austrocknen, er hemmt auch das Wachsen von Mikroorganismen. Zusätzlich befindet sich in menschlichem Schweiß ein Eiweiß, das als natürliches Antibiotikum wirkt (Dermcidin).
Schweiß dient auch der Kommunikation zwischen Menschen. In ihm sind Botenstoffe wie Pheromone, die unbewusst wahrgenommen werden und Angst oder sexuelle Anziehung auslösen können. Schlussendlich kann der Körper über den Schweiß auch Stoffwechselprodukte wie Harnstoff oder Alkohole ausscheiden. Damit unterstützt er die Leber und die Nieren.
Hinweis: Schweiß besteht zu 99% aus Wasser, dazu kommen u.a. Harnstoff, Elektrolyte, Mineralstoffe, Eiweiße und Fette. Frischer Schweiß ist geruchlos. Erst wenn ihn die Bakterien auf der Haut zersetzen, entstehen die unangenehm riechenden Substanzen Ameisensäure, Buttersäure und Essigsäure.
Was uns schwitzen lässt
Die Schweißdrüsen eines Erwachsenen produzieren pro Tag etwa 0,2 bis 1,0 L Schweiß. Bei hohen Temperaturen, Stress oder starker körperlicher Anstrengung kann die Menge sogar auf bis zu 10 Liter und mehr gesteigert werden.
Stimuliert wird das Schwitzen bei Gesunden durch zahlreiche Auslöser:
- erhöhte Körpertemperatur durch Hitze oder anstrengende körperliche Aktivitäten
- Ausschüttung von Stresshormonen bei Stress, Angst, Nervosität und Aufregung
- hormonelle Veränderungen, wie z. B. In der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren
- Konsum von Substanzen, die über das vegetative Nervensystem die Schweißbildung anregen (Kaffee, Tee, scharfe Gewürze oder Nikotin).
Neben diesem normalen Schwitzen gibt es jedoch auch das krankhafte Schwitzen, die sogenannte Hyperhidrose. Dabei handelt es sich um eine übermäßige, kaum kontrollierbare Schweißproduktion, die die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränkt. Ohne jede Ursache kommt es bei ihnen nicht nur zu tropfnassen Händen. Häufig schwitzen sie so stark, dass sie mehrmals am Tag Hemd oder Bluse wechseln müssen. Das Schwitzen belastet nicht nur psychisch, es hat oft auch körperliche Folgen. Denn auf den betroffenen Hautarealen drohen Rötungen, Entzündungen und Infektionen. Etwa 1-2% der deutschen Bevölkerung leiden an dieser Erkrankung, deren Ursache weitgehend unbekannt ist.
Hinweis: Starkes Schwitzen reicht für die Diagnose Hyperhidrose nicht aus. Eine Hyperhidrose besteht erst ab einer Schweißproduktion von mehr als 20 mg/min an der Handfläche bzw 50 mg/min unter den Achseln. Gemessen wird die Schweißproduktion mit Filterpapier oder Sensoren in der Hautarztpraxis.
Den Schweiß bändigen
Es gibt einige allgemeine Tipps, die gegen das Schwitzen empfohlen werden. Dazu gehört das Tragen luftiger Kleidung, am besten aus natürlichen Materialien wie Baumwolle, Leinen oder Seide. Meist wird zu Zurückhaltung bei scharfen Speisen, Alkohol und koffeinhaltigen Getränken geraten. Ob dies im Einzelfall gegen das unerwünschte Schwitzen nützt, sollte ausprobiert werden.
Immer anzuraten ist eine regelmäßige Körperhygiene. Entfernt man die Achselhaare, kann der Schweiß besser von der Haut verdunsten. Zudem wird dadurch die Ansiedelung von Bakterien, die den Schweiß zersetzen, vermindert. Das reduziert zumindest den unangenehmen Geruch.
Vor allem aber helfen Deodorants bei starkem Schwitzen. Es gibt sie als Spray, als Creme, als Roller oder Stick. Fachlich unterscheidet man zwischen Deodorants, die den Geruch vermindern und „übertünchen“ und Antitranspiranzien, die die Schweißbildung hemmen. Viel Produkte kombinieren beide Wirkarten, weshalb man heute meist übergeordnet von „Deos“ spricht. Deos wirken folgendermaßen gegen das Schwitzen und seine Folgen:
- Überdecken des Körpergeruchs, z. B. mit Duft und Parfümstoffen. Produkte mit ausschließlich duftender Wirkung enthalten meist starke ätherische Öle, z. B. aus Zitrone, Orange, Grapefruit, Vanille, Lavendel oder Zedernöl.
- Verringerung der für den Schweißgeruch verantwortlichen Mikroorganismen, z.B. mit Zinksalzen.
- Reduktion der Schweißsekretion, insbesondere durch Aluminiumchlorid. Aluminium verstopft die Schweißdrüsen und verhindert dadurch, dass der Schweiß austritt und an die Hautoberfläche gelangt. Außerdem wirkt es antibakteriell und reduziert dadurch den Schweißgeruch. Die Konzentrationen der angebotenen Produkte variieren von 3 bis 20%, hochdosierte Aluminiumdeos sollen laut Hersteller bis zu fünf Tage wirken.
Aluminium in Deos und anderen Kosmetika wurde vor einiger Zeit verdächtigt, das Risiko für Brustkrebs und Alzheimer zu erhöhen. In einer aktuellsten Stellungnahme vom 6. Oktober 2023 resümiert das Bundesinstitut für Risikobewertung auf der Grundlage dreier Studien, dass „[…] die Wahrscheinlichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch den regelmäßigen Gebrauch von aluminiumhaltigen Kosmetika insgesamt nach gegenwärtigem wissenschaftlichem Kenntnisstand sehr niedrig ist“.
Hinweis: Sprays sind hygienischer als Deoroller. Denn bei Deorollern werden beim Benutzen hauteigene Bakterien in das Innere der Flasche transportiert, wo sie sich ungehindert vermehren können.
Gegen Schwitzfüße und schwitzende Hände
Zur Behandlung stark schwitzender Hände und Füße gibt es eine Salbe zum Auftragen auf die Haut. Sie enthält Methenamin (Hexamethylentetramin), das beim Kontakt mit Schweiß Formaldehyd freisetzt. Formaldehyd lässt die Eiweiße im Schweiß verklumpen, wodurch die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen teilweise verstopft werden. Auf diese Weise verringert sich an den behandelten Stellen die Schweißabgabe. An den Füßen trägt man die Paste zwei Mal pro Woche auf, am besten lässt man sie über Nacht einwirken. Nach etwa ein bis zwei Wochen setzt die Wirkung ein.
Zusätzlich kann man bei Schwitzfüßen Einlagen mit Silberfäden oder Fußsprays mit Silberionen verwenden. Silber hat eine stark antibakterielle Wirkung und hemmt die Vermehrung geruchsbildender Bakterien. Einlagen aus Zedernholz sind auch hilfreich, sie absorbieren übermäßigen Schweiß. Fußpuder in den Schuhen und auf den Füßen saugen den Schweiß ebenfalls auf.
Tipp: Ebenfalls hilfreich bei Schwitzfüßen sind Fußbäder, vor allem mit Salbei und Eichenrinde. Die ätherischen Öle von Salbei wirken antibakteriell, und die in Eichenrinde vorhandenen Gerbstoffe (Tannine) ziehen die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen zusammen.
Starke Geschütze gegen krankhaftes Schwitzen
Bei einer Hyperhidrose reichen die genannten Maßnahmen meist nicht aus, um die sehr große Menge an Schweiß einzudämmen. Für diese Fälle gibt es weitere Maßnahmen gegen das Schwitzen.
Medikamente. Bei ausgeprägter Hyperhidrose können Tabletten helfen, die über das vegetative Nervensystem die Schweißproduktion hemmen. Dabei handelt es sich um sogenannte Anticholinergika oder Psychopharmaka, die anticholinerg wirken. Auf Dauer wird dazu nicht geraten, da die Präparate zahlreiche Nebenwirkungen haben. Dazu gehören Mundtrockenheit, Harnverhalt, Sehstörungen und Verstopfung. In schweißtreibenden Situationen wie Prüfungen oder Vorstellungsgesprächen können die Substanzen aber vorübergehend nützlich sein.
Leitungswasser-Iontophorese. Bei dieser Methode handelt es sich um Stromwasserbäder, mit denen man Hände und Füße recht gut trockenlegen kann. Anfangs sind mehrere 10- bis 20minütige Bäder pro Woche nötig, was recht aufwendig ist. Wenn ein Effekt eingetreten ist, reichen pro Woche ein bis zwei Iontophoresen. Bei diagnostizierter Hyperhidrose ist es möglich, ein Heimgerät zu bekommen.
Thermische Zerstörung der Schweißdrüsen. Hautärzt*innen bieten oft auch die thermische Zerstörung der Schweißdrüsen an, z. B. mit Radiofrequenz, Laser oder Ultraschall. Dies ist bisher nur in den Achselhöhlen möglich. Wie erfolgreich die Verfahren sind, kann man bisher noch nicht genau sagen, dazu ist die Datenlage zu dünn. Ein Nachteil ist, dass mit diesen Methoden nicht nur (gewollt) die Schweißdrüsen, sondern auch andere Strukturen der Haut geschädigt werden. Besonders gefährdet sind Nerven und Fettgewebe.
Botoxbehandlung. Recht erfolgversprechend ist dagegen die Behandlung mit Botox. Dabei spritzt die Ärzt*in mit einer sehr feinen Nadel Botulinumtoxin in definierte Punkte. Bei der Achselhöhle meist 15 bis 20 Mal, an Händen und Füßen sind bis zu 50 Injektionen erforderlich. Das gespritzte Botox hemmt das aus den Nerven freigesetzte Acetylcholin daran, die Schweißdrüsen zu aktivieren. Dadurch wird die Schweißproduktion für etwa drei Monate gedrosselt, oft hält der Effekt auch länger an. Die Erfolgsrate liegt bei 80 bis 90%. Patient*innen, die damit gute Erfahrung gemacht haben, lassen sich meist zwei- bis dreimal pro Jahr behandeln. Wichtig ist, dass Botox für die Behandlung der Hyperhidrose an der Achselhöhle explizit zugelassen ist. An Händen und Füßen wirkt es ebenfalls, dort wird es jedoch mangels Zulassung off label eingesetzt. Nebenwirkungen sind selten, es kann zu vorübergehenden Gefühlsstörungen oder Abschwächung der Handmuskulatur kommen.
Saugkürettage. Eine weitere effektive Methode ist die operative Entfernung der Schweißdrüsen. Bei diesem minimal-invasiven Eingriff schabt und saugt die Ärzt*in die Schweißdrüsen mit Küretten und Saugkanülen ab. Danach wird die Wunde mit einer Naht oder Klammer verschlossen. Die kleine Operation dauert etwa eine bis zwei Stunden und kann nur in den Achselhöhlen durchgeführt werden. Seltene Nebenwirkungen sind u.a. vorübergehende Gefühlsstörungen durch Verletzung von Hautnerven.
Sympathikusblockade. In sehr schweren Fällen empfehlen die Ärzt*innen auch manchmal die endoskopische Sympathikusblockade. Dabei werden die Nervenfasern, die das Schwitzen steuern, im Rahmen einer sogenannten Schlüsselloch-Chirurgie gezielt unterbrochen oder mit Clips blockiert. Für Hände, Achseln und Gesicht geschieht dies im oberen Bereich der Wirbelsäule. Bei Hyperhidrose der Füße durchtrennt oder blockiert man die für das Schwitzen verantwortlichen Teile des Sympathikusnervs im Bereich der Lendenwirbelsäule. Die Erfolgsquoten sind hoch, das Schwitzen an den Händen wird bei bis zu 95% der Betroffenen abgestellt, das Schwitzen unter den Achseln bei bis zu 80%. Allerdings besteht das Risiko des kompensatorischen Schwitzens: Etwa die Hälfte der mit Sympathikusblockade behandelten Patient*innen berichtet, dass sie nach dem Eingriff an anderen Bereichen des Körpers vermehrt schwitzen – was die meisten jedoch als weniger störend empfinden.
Quellen: DAZ, Universitätsspital Zürich