Gesundheit heute

Fatigue

Fatigue (Ermüdungssyndrom, Erschöpfungssyndrom): Über eine normale Müdigkeit hinausgehende erhebliche körperliche und geistige Schwäche und Abgeschlagenheit mit sehr schneller Erschöpfbarkeit und erhöhtem Ruhebedürfnis. Fatigue kommt im Rahmen zahlreicher Krankheiten vor. Insbesondere Krebs, Virusinfektionen und Autoimmunerkrankungen sind als Auslöser bekannt. Auch bestimmte Medikamente können eine Fatigue als Nebenwirkung verursachen. Ein Medikament oder eine spezielle Therapie gegen die Fatigue gibt es nicht, aber Betroffene können selbst aktiv an der Linderung der Beschwerden mitwirken, beispielsweise durch gezielte Tagesstrukturierung und ein leichtes körperliches Training. Je nach Ursache der Fatigue ist eine vollständige Heilung möglich, zumindest aber in den meisten Fällen eine Symptomlinderung.

Leitbeschwerden

  • Erhebliche körperliche und geistige Leistungsschwäche
  • Sehr schnelle Erschöpfbarkeit schon nach geringer Belastung
  • Verringerte Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit
  • Erhöhte Reizbarkeit
  • Gesteigertes Ruhebedürfnis
  • Evtl. Schlafstörungen.

Wann in die Arztpraxis

Sofort, wenn die Abgeschlagenheit plötzlich auftritt und bisher keine diagnostizierte Erkrankung vorliegt.

In den nächsten Tagen, wenn bereits eine Erkrankung diagnostiziert wurde und die Leistungsschwäche als neue Beschwerde hinzukommt.

Die Erkrankung

Vorkommen

Wie häufig die Fatigue ist, kann nicht genau gesagt werden, bei der krebsassoziierten Fatigue schwanken die Schätzungen zwischen 15 und 95 %. Bei COVID-19 schätzt man die Häufigkeit von Langzeitfolgen wie Fatigue auf 6–15 % bei Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Verlauf und etwa 28–43 % bei schwer betroffenen hospitalisierten Patienten.

Ursachen und Formen

Fatigue kann als Folge zahlreicher Krankheiten auftreten. Am häufigsten ist die Fatigue bei Krebs (krebsassoziierte Fatigue) und nach Viruserkrankungen (postvirale Fatigue) wie dem Pfeifferschen Drüsenfieber. Auch Autoimmunkrankheiten können der Auslöser für eine Fatigue sein, zum Beispiel eine Multiple Sklerose, rheumatische Erkrankungen oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn. Außerdem kann eine Fatigue auftreten bei chronischen Infektionskrankheiten wie AIDS und chronischen Entzündungen z. B. der Nasennebenhöhlen. Manchmal steckt auch die Einnahme von Medikamenten dahinter. Nicht zuletzt verursachen auch psychische Erkrankungen wie Depressionen eine Fatigue.

Die im Rahmen der Corona-Pandemie neu entstandenen Krankheitsbilder Long-COVID und Post-COVID-19-Syndrom gehen ebenfalls mit Fatigue einher.

Eine weitere Form ist das chronische Fatigue-Syndrom (|chronisches Erschöpfungssyndrom), bei dem neben vielen anderen Beschwerden die Fatigue eine zentrale Rolle spielt.

Welcher Mechanismus genau die Fatigue auslöst, ist noch nicht vollständig erforscht. So scheint auch die Persönlichkeit der Betroffenen eine Rolle zu spielen, also wie diese mit ihrer Erkrankung umgehen

Klinik

Betroffene können sich „zu nichts aufraffen“, und schon kleinste Belastungen wie Einkaufen oder Hausarbeiten erscheinen unüberwindbar. Fatigue verschlechtert sich nach jeder Anstrengung. Die Verschlechterung steht dabei in keinem Verhältnis zur vorangegangenen Aktivität. Beispielsweise kann schon das morgendliche Duschen zur völligen Erschöpfung führen. Ausruhen und Schlafen bringen keine wesentliche Besserung. Viele Betroffene klagen zudem trotz ihrer Müdigkeit darüber, nur schlecht zu schlafen.

Das macht die Ärzt*in

Tritt eine Fatigue neu auf oder verstärkt sie sich im Rahmen einer bereits diagnostizierten Grunderkrankung deutlich, nimmt die Ärzt*in Blut ab und schließt zunächst Ursachen aus, die gezielt behandelt werden müssen. Hierzu gehören zum Beispiel eine Blutarmut oder hormonelle Störungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Manchmal sind auch weiterführende Untersuchungen notwendig wie Ultraschall-, Röntgen- oder MRT-Untersuchungen.

Behandlung

Im Vordergrund steht immer die Behandlung der Grunderkrankung. Fassbare Ursachen einer allgemeinen Schwäche und Müdigkeit wie Infektionen, Blutarmut, erheblicher Gewichtsverlust, Hormonstörungen oder Depressionen werden immer als erstes behandelt.

Gegen die Fatigue an sich ist kein Medikament und keine spezielle Therapie bekannt.

Wichtig zu wissen ist, dass vollkommene Schonung als Strategie gegen die Fatigue ungeeignet ist. Weniger Aktivität verringert die Belastbarkeit durch Abbauvorgänge weiter, sodass ein Teufelskreis entsteht.

Ihre Apotheke empfiehlt

Aktiv bleiben. Leichte körperliche Aktivität, die langsam gesteigert wird, aber auf keinen Fall überfordert, baut körperlich wie seelisch wieder auf. Die Aktivität richtet sich hierbei nach der persönlichen Situation der Betroffenen. Bei weitestgehend Bettlägerigen kann schon mehrmals tägliches kurzes Sitzen an der Bettkante eine Herausforderung sein. Wenn hierbei das Zimmer frisch gelüftet wurde und vielleicht der Blick aus dem Fenster Ablenkung vom Krankheitsalltag ermöglicht, empfinden viele Betroffene diese kleine Aktivität aber als wohltuend und kräftigend. Für weniger schwer Betroffene eignen sich leichte Gymnastik- und Dehnübungen im Liegen oder Sitzen, später auch Spaziergänge. Es ist immer darauf zu achten, sich nicht zu überfordern und die Aktivität lieber an das tägliche Energieniveau anzupassen als einem starr festgelegten „Trainingsplan“ zu folgen. Optimal sind Aktivitäten direkt an der frischen Luft.

Durchblutung fördern. Gegen die Fatigue hilfreich sein können außerdem Maßnahmen, die die Durchblutung anregen, z. B. (Selbst-)Massagen mit einem Igelball, sowie Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Diese aktivieren nicht nur den Kreislauf und die Muskulatur, sondern tragen durch ihren entspannenden und schmerzlindernden Effekt zu besserem Wohlbefinden am Tag und erholsamerem Schlaf in der Nacht bei.

Weitere Anregungen und Tipps finden Betroffene in der Broschüre „Fitness trotz Fatigue“, die von der Deutschen Fatigue-Gesellschaft herausgegeben wird.

Prognose

Der Verlauf einer Fatigue hängt von der auslösenden Ursache ab. Die krebsassoziierte und postvirale Fatigue bessert sich nach der Heilung der Krankheit meist im Laufe von Wochen bis Monaten und verschwindet in der Regel vollständig. Bei Fatigue im Rahmen von unheilbaren Erkrankungen lassen sich zumindest die Beschwerden lindern.

Weiterführende Informationen

https://deutsche-fatigue-gesellschaft

Von: Dr. med. Nicole Menche, Dr.med Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Daniela Grimm
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Wo Musiktherapie hilft

Es gibt viele Formen der Musiktherapie. Häufig werden dabei auch Klangschalen eingesetzt.

Wo Musiktherapie hilft

Von Krebskranken bis Frühchen

Musik ist mehr als ein Sinnesgenuss: Als Therapie hilft sie Parkinsonkranken, Menschen nach einem Schlaganfall, Krebspatient*innen und sogar Frühgeborenen.

Schon im alten China angewendet

Schon in alten Hochkulturen wie China und Ägypten setzte man Musik zu heilenden Zwecken in religiösen Ritualen ein. Als systematische Therapie wird sie seit den 1940er-Jahren genutzt, und 1950 wurde in den USA die erste moderne Organisation für Musiktherapie begründet.

Seitdem eröffnen sich immer mehr Anwendungsgebiete für heilende Musik oder Tanz. So hat sich z. B. gezeigt, dass Tangotanzen das Gangbild von Parkinson-Erkrankten verbessert. Chorgesang wiederum soll depressive Symptome bei Menschen mit Demenz verringern. Und nach einem Schlaganfall wird die Motorik häufig durch rhythmische Stimulation gebessert.

Bei vielen Erkrankungen effektiv

Der breite Einsatz der Musiktherapie ist gerechtfertigt, wie eine aktuelle Metaanalyse von fast 4000 entsprechenden Studien bestätigt. Darin wurde insbesondere der Einfluss von Musik- und Tanztherapie auf verschiedene Erkrankungen untersucht. Ein positiver Effekt fand sich u.a. bei neurologischen, psychischen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie bei Krebs.

Bei Krebspatient*innen ist die Musiktherapie offenbar besonders effektiv. Schmerzen sollen dadurch ebenso gut gelindert werden wie durch Opioide, und das ganz ohne unerwünschte Nebenwirkungen, sagt Prof. Sabine Koch, Vorsitzende der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft. Gleichzeitig bessert die Musiktherapie auch den Schlaf und lindert Angst und Depressionen.

Stressreduktion bei Frühgeborenen

Neugeborene profitieren ebenfalls von Musik. Bei Frühgeborenen bessert sich durch Musik die funktionelle Gehirnaktivität. Zudem werden die Schlafdauer und die Sauerstoffsättigung im Blut gesteigert. Auch die Bindung zu den Eltern wird gestärkt. Alles in allem hilft die Musiktherapie Frühgeborenen, Stress zu reduzieren und sich von dem schwierigen Start ins Leben zu erholen, so Koch.

Quelle: medscape

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Ok Shu