Gesundheit heute

Schmerzmittel (Analgetika) in der Rheumatologie

Bei den vielfältigen Ursachen und Verläufen rheumatischer Erkrankungen gibt es nicht eine Therapie. Vielmehr passen Arzt und Patient die therapeutischen Maßnahmen an die jeweilige Krankheitssituation an. Zwei Therapieziele stehen im Vordergrund:

  • Die Entzündungsaktivität zu unterdrücken, um irreversible Schäden an Bewegungsapparat oder Organen zu verhindern und
  • Die Beweglichkeit zu erhalten bzw. zu verbessern, so dass der Rheumapatient trotz der chronischen Erkrankung ein möglichst normales Leben führen kann.

Zum Therapieangebot gehören neben Medikamenten auch Krankengymnastik, Ergotherapie, physikalische Therapien (z. B. Wärme, Kälte, Massagen oder Elektrotherapie), lokale Maßnahmen und operative Eingriffe.

Doch Medikamente sind das A und O der Rheumatherapie. Leider ist ihr Nutzen teilweise erst nach Monaten spürbar oder muss mit starken Nebenwirkungen erkauft werden. Deshalb müssen Rheumatologe, Hausarzt und Patient gut zusammen arbeiten, um unnötige Komplikationen oder Therapieabbrüche zu vermeiden. Eine Dokumentation über die verbrauchten Medikamente oder die auftretenden Beschwerden (z. B. ein Rheumatagebuch) hilft dem Arzt, den Therapieerfolg zu beurteilen und Auswahl und Dosierung der Medikamente schnell an Veränderungen anzupassen. 

Reine Schmerzmittel (Analgetika) wie Paracetamol lindern den akuten Schmerz, sie haben aber keinerlei Einfluss auf die Entzündung selbst. Sie werden deshalb in der Rheumatologie selten alleine eingesetzt, sondern meistens in Kombination mit entzündungshemmenden Wirkstoffen.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR, Kortisonfreie Antiphlogistika, NSAID) hemmen die Synthese der Prostaglandine. Diese steigern die Empfindsamkeit der Schmerzrezeptoren und sind bei der Entstehung von Fieber und praktisch allen Entzündungsprozessen beteiligt. Wirkstoffe, die die Synthese der Prostaglandine hemmen, wirken daher schmerzlindernd (analgetisch), entzündungshemmend (antiphlogistisch) und fiebersenkend (antipyretisch). Die häufigsten Nebenwirkungen sind Magen- und Darmprobleme wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen sowie Magenschleimhautentzündungen bis hin zu blutenden Magen-Darm-Geschwüren. Deshalb werden häufig zusätzlich zu den NSAR Protonenpumpenhemmer (PPI) verordnet, die die Magensäuresekretion hemmen.

Eine wichtige Rolle bei der Synthese der Prostaglandine spielt die Cyclooxygenase (COX). Sie existiert in mindestens zwei Formen: COX-1 gehört zur normalen Enzymausstattung des Körpers und deckt den normalen Bedarf an Prostaglandinen. Bei entzündlichen Prozessen wird zusätzlich die Bildung von COX-2 angeregt. Während die herkömmlichen NSAR die COX-1 hemmen, blockieren die seit 1999 auf dem Markt befindlichen COX-2-Hemmer (Coxibe) selektiv die COX-2, wodurch weniger Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Dafür drohen aber alle COX-2-Hemmer v. a. bei langfristigem Gebrauch das Herz zu schädigen, so dass 2004 Rofecoxib (Vioxx®) und 2005 Valdecoxib (Bextra®) vom Markt genommen wurden. Für den COX-2-Hemmer Etoricoxib (Arcoxia®) wurde die empfohlene Tagesdosis von 90 mg auf 60 mg reduziert, da sich in Studien auch die niedrige Dosierung als wirksam gegen rheumatoide Arthritis erwies. Bei Patienten mit unzureichender Symptomlinderung kann die bislang empfohlene Tagesdosis von 90 mg Etoricoxib weiterhin zum Einsatz kommen.

NSAR beeinflussen lokale Entzündungssymptome wie Gelenkschwellung, Überwärmung und Steifigkeit und mindern den entzündlich bedingten Schmerz. Sie haben aber keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf oder die Gelenkzerstörung.

NSAR wirken schnell, im Durchschnitt schon innerhalb 1 Stunde nach der Einnahme. Ihre Wirkung hält aber nicht lange vor, so dass die Tabletten in regelmäßigen Abständen eingenommen werden müssen, um die Schmerzen erträglich zu halten. Bei einigen Präparaten ist der Wirkstoff an Substanzen gebunden, die sich nur langsam in Magen und Darm auflösen, und wird so erst allmählich freigesetzt (Retardtabletten).

Kortison (Glukokortikoide) ist eine hochwirksame antiphlogistische, also entzündungshemmende Substanz. Da sich Kortison und Glukokortikoide nur in der Stärke, jedoch nicht in der Wirkungsweise unterscheiden, bleiben wir im Folgenden beim Begriff Kortison.

Fast alle entzündlichen rheumatischen Erkrankungen sprechen auf die Behandlung mit Kortison an, wobei nicht nur die Entzündung vor Ort und damit auch die entzündungsbedingten Schmerzen zurückgehen, sondern auch die Allgemeinsymptome verbessert werden. Kortison wirkt im Gegensatz zu den Basistherapeutika aber rein symptomatisch, es hat keine anhaltende Wirkung und kann wegen der längerfristigen schweren Nebenwirkungen nicht dauerhaft in den benötigten Mengen gegeben werden. Kortison sollte daher so niedrig wie möglich dosiert werden.

Basistherapeutika (lang wirksame Antirheumatika, Basismedikamente) sind eine Reihe von chemisch unterschiedlichen Substanzen. Im Gegensatz zu den bisher genannten Wirkstoffen beeinflussen sie den Krankheitsprozess, halten die zerstörenden Prozesse der chronischen Entzündung auf oder verringern sie zumindest. In einigen Fällen leiten sie sogar einen Heilungsprozess bereits eingetretener Gelenkschäden ein. Die Wirkung setzt erst nach 4–6 Wochen ein und kann erst nach einem halben Jahr endgültig beurteilt werden. Die Nebenwirkungen unterscheiden sich von Substanz zu Substanz, sind aber manchmal schwerwiegend. Bei Schwangerschaft und Kinderwunsch muss meist auf Basistherapeutika verzichtet werden.

Monoklonale Antikörper (Biologika, Biologics) sind eine neue Medikamentenklasse, die an Schlüsselstellen in den Krankheitsprozess eingreifen und ihn im günstigsten Falle kontrollieren. So wird die entzündlich bedingte Zerstörung von Knorpeln und Knochen an den Gelenken verlangsamt und bei einem Teil der Patienten komplett gestoppt. Die Verträglichkeit der monoklonalen Antikörper ist vergleichsweise gut. Langzeitbeobachtungen fehlen noch weitgehend. Die extremen Kosten (hohe fünfstellige Eurobeträge in der Mehrmonats- und Jahresanwendung) machen diese Medikamente jedoch für viele Betroffene bis dato unerreichbar.

Januskinase-Inhibitoren. 2017 kam mit Baricitinib (Olumiant®) eine neue Arzneistoffklasse zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis auf den Markt: die Januskinase-Inhibitoren. Wenige Monate später folgte der Januskinase-Inhibitor Tofacitinib (Xeljanz®). Sie eignen sich als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat zur Behandlung Erwachsener, bei denen andere Arzneimittel nicht wirkten oder Unverträglichkeiten bestehen. In ersten Studien zeigten sie sich der bisherigen Standardtherapie überlegen.

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Heiß und kalt gegen den Schmerz

Auch Eisbäder können in der physikalischen Therapie zur Behandlung von Erkrankungen genutzt werden.

Heiß und kalt gegen den Schmerz

Therapeutische Temperaturreize

Wärme und Kälte werden schon seit Jahrhunderten zur Behandlung von Schmerzen, Verletzungen und entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Inzwischen weiß man auch, dass Anwendungen wie Sauna und Kältekappen sogar vorbeugend wirken können. Doch was passiert dabei im Körper, welche Erkrankungen lassen sich damit behandeln und wann muss man mit extremen Temperaturreizen aufpassen?

Therapie mit Tradition

Unsere Vorfahren kannten sich mit der therapeutischen Wirkung von Wärme gut aus: Archäologische Funde belegen zum Beispiel, dass wärmende Kirschkernkissen schon vor dem 15. Jahrhundert genutzt wurden. Im alten Ägypten nahm man heiße Steine und Sandsäcke, um Schmerzen zu lindern. Die römischen Thermen waren berühmt für ihre Heilwirkung durch heißes Wasser und heiße Dämpfe. Und eine bestimmte Form der Wärmetherapie, das Moxa-Brennen, wird seit Jahrtausenden in der traditionellen chinesischen Medizin praktiziert.

Ähnlich sieht es mit Kälteanwendungen aus: Medizinische Texte aus der Zeit vor Christi Geburt dokumentieren Kältebehandlungen bei Verletzungen. Auch Hippokrates und Galen empfahlen Eis und kaltes Wasser für die Therapie von Prellungen und Entzündungen. Arabische Ärzte wie Avicenna propagierten im Mittelalter kalte Umschläge gegen Fieber.

Wärme- und Kälteanwendungen konnten auch durch die moderne Medizin nicht verdrängt werden. Sie sind auch heute ein wichtiger Bestandteil von Behandlungen. Im Rahmen der physikalischen Therapie werden Temperaturreize sowohl in traditioneller Weise, aber auch in neuen Anwendungsarten wie z.B. Kältekammern erfolgreich eingesetzt.

TRP-Kanäle reagieren auf Kälte und Wärme

Früher beruhte der Einsatz von Kälte und Wärme gegen Schmerzen auf Erfahrungsmedizin, also auf Beobachtungen von Patient*innen, die damit behandelt werden. Seit Kurzem verstehen Forschende jedoch genauer, warum Wärmepflaster oder Coolpacks schmerzlindernd wirken: In der Haut befinden sich Nervenfasern mit temperaturempfindlichen Rezeptorkanälen (TRP-Kanäle). Sie reagieren auf definierte Temperaturveränderungen. Durch ihre Reaktion werden verschiedene Vorgänge im Körper angestoßen.

Wärme aktiviert insgesamte vier TRP-Kanäle. Einer davon wird auch durch Capsaicin, einem Inhaltsstoff der Paprika angeregt. Die Aktivierung dieser Kanäle an den Nervenendigungen in der Haut löst drei Mechanismen aus:

  • Es kommt zur Stimulation von Nervenzentren im Gehirn, die wiederum schmerzlindernde Nervenbahnen im Rückenmark beeinflussen. Dadurch wird der Schmerz abgeschwächt.
  • Wo Pflaster oder Wärmekissen aufliegen, steigt die Temperatur im Gewebe. Dadurch wird die Durchblutung verbessert, was wiederum den Stoffwechsel ankurbelt und Heilungsprozesse beschleunigt.
  • Die Wärme macht auch das Bindegewebe elastischer. So erklärt man sich, dass Wärme die Beweglichkeit bei schmerzender Muskel- und Gelenksteifigkeit verbessert.

Auch für die Kälte gibt es TRP-Kanäle an den Nervenfasern. Zwei wurden bisher identifiziert: TRPA1 übermittelt bei Hauttemperaturen (nicht Außentemperaturen!) unter 17° C Signale an das Gehirn und ist damit an der Wahrnehmung extremer Kälte beteiligt. TRPM8 wird bei einer Hauttemperatur von 25-27° C aktiviert – und durch chemische Substanzen wie Menthol. Nach Aktivierung von Kältekanälen kommt es zu folgenden Reaktionen:

  • Schmerzleitende Signale werden abgeschwächt, das Schmerzempfinden deshalb vermindert.
  • Der Transkriptionsfaktor Nrf2 wird aktiviert. Dieses Protein reguliert bestimmte Gene in den Zellen und spielt eine Rolle bei entzündungshemmenden und zellschützenden Prozessen.
  • Durch das Sinken der Gewebetemperatur wird die Durchblutung gedrosselt. Dadurch gelangen weniger entzündungsfördernde Enzyme und Hormone in das Gewebe, Entzündungen werden dadurch gemildert.

Hinweis: Entdeckt wurden die TRP-Kanäle vom US-amerikanischen Sinnesphysiologen Prof. Dr. David Julius. Er hielt dafür im Jahr 2021 den Nobelpreis für Medizin.

Wo kommt Wärme zum Einsatz?

Wärme wird auf zweierlei Weise angewendet. Tradition hat die lokale Therapie, also die direkte Anwendung auf der Haut. Dies geschieht mithilfe von

  • Wärmeflaschen, elektrischen Wärmekissen oder in der Mikrowelle (früher auf dem Ofen) aufgeheizten Kirschkernkissen
  • Rotlicht und Fangopackungen
  • Wärmekompressen oder Wärmepflaster auf chemischer Basis, ohne spezielle Wirkstoffe
  • Wärmepflaster oder Wärmecremes/-salben mit speziellen Wirkstoffen wie Capsaicin, dem Capsaicin-Analogon Nonivamid oder gefäßerweiternden Substanzen (z.B.) Nicoboxil

Eine solche lokale Wärmetherapie ist bei verschiedenen Erkrankungen wirksam. Dazu gehört die Behandlung von Muskelkater und Rückenschmerzen, aber auch die Vorbeugung von nächtlichen Wadenkrämpfen. Ein weiteres Einsatzgebiet lokaler Wärme sind Schmerzen und Krämpfe im Rahmen der Menstruation. Dabei soll die Wärme auf Bauch und Unterleib ähnlich wirksam sein wie Schmerztabletten. Das beruht nicht nur auf einer Beseitigung von Muskelverspannungen. Die Wärme fördert auch die Durchblutung des Beckens. Dadurch werden Körperflüssigkeiten und Blut besser abtransportiert und der Druck auf Nervenbahnen im Becken nimmt ab.

Wärme kann außerdem bei der rheumatoiden Arthritis die Gewebeelastizität verbessern und dadurch die Gelenksteifigkeit reduzieren. Hierbei ist jedoch unbedingt zu beachten, dass Wärme nur in entzündungsfreien Phasen der Erkrankung angewendet wird. Ist die Krankheit aktiv, schadet Wärme. Denn durch die verbesserte Durchblutung wird die Entzündung weiter angetrieben.

Doch nicht nur lokale Wärme hat positive Wirkungen. Wird der ganze Körper in der Sauna aufgeheizt, wird das Herz-Kreislauf-System trainiert. Dadurch lernt der Körper, besser mit Hitze fertig zu werden. Außerdem reagiert er auf zellulärer Ebene schneller auf extreme Reize. Insgesamt werden antioxidative, entzündungshemmende und zellschützende Prozesse angestoßen. Infolgedessen verbessert sich die Funktion der Gefäßinnenhaut und das Risiko für Atemwegsinfekte sinkt.

Für manche Menschen ist Wärme als Therapie allerdings nicht geeignet. Patient*innen mit Diabetes mellitus leiden z. B. häufig an Nerven- oder Durchblutungsstörungen. Sie müssen mit Wärme besonders vorsichtig umgehen: Eine zu heiß befüllte Wärmeflasche kann bei gestörtem Schmerz- oder Temperaturempfinden leicht zu Verbrennungen führen. Gleiches gilt für Menschen, die aufgrund einer anderen Ursache an einer Nervenstörung leiden. Auch das Saunieren wird in einigen Situationen nicht empfohlen. Das gilt für Personen mit instabiler Angina pectoris, fiebriger Erkrankung oder verminderter Schweißbildung, aber auch für Patient*innen nach einem Herzinfarkt.

Hinweis: Wärmepflaster- und cremes mit und ohne pharmakologische Inhaltsstoffe sind in der Apotheke zu haben. Dort erhält man auch eine ausführliche Beratung, welche Form der Wärmeapplikation für die jeweiligen Beschwerden am besten geeignet ist.

Was Kälte alles kann

Die Kältetherapie hat ebenfalls seit je her zahlreiche Einsatzgebiete. Dazu gehören insbesondere

  • Akute Verletzungen wie Zerrungen und Prellungen. Durch die kältebedingte Verringerung der Durchblutung werden Schwellungen und Schmerzen reduziert.
  • Rheumatische Erkrankungen. Kälte führt im akuten, entzündlichen Stadium zu einem Rückgang der entzündlichen Reaktion und zu einer Verminderung von Gelenkschwellungen.
  • Schmerztherapie. Durch Verringerung der Durchblutung wird die Ansammlung von schmerzauslösenden Substanzen im Gewebe vermindert. Außerdem verlangsamt Kälte die Weiterleitung von Schmerzimpulsen entlang der Nervenbahnen.
  • Regeneration beim Sport. Kälteanwendungen können die Intensität und die Dauer von Muskelkater verringern.

Zum Kühlen gibt es neben dem klassischen Eiswürfelbeutel auch Sprays, Eislollys, Kältekompressen und Kühlgele.

Kältespray wird insbesondere bei Sportverletzungen, Prellungen und Verstauchungen eingesetzt. Dazu sprüht man es aus mindestens 20 cm Entfernung auf die Haut. Zu beachten ist dabei, dass zu langes Sprayen zu Erfrierungen führen kann.

Eislollys kommen vor allem bei Sehnenansatzschmerzen und in der Sportmedizin zum Einsatz. Man kann sie mit einem Joghurtbecher, Wasser und einem Holzspatel selbst herstellen. Sie werden mit kreisenden Bewegungen auf dem betroffenen Areal bewegt, wobei das Schmelzwasser kontinuierlich mit einem Handtuch aufzunehmen ist.

Kältekompressen helfen besonders gut bei Insektenstichen, stumpfen Verletzungen, Zahnschmerzen oder akuten Muskel- und Gelenkentzündungen. Es gibt sie als Gelkompressen (oder Cool-Packs), die im Eisfach gelagert und bei Bedarf auf die betroffene Stelle gelegt werden. Chemische Kompressen kühlen, nachdem der Innenbeutel durch Druck zum Platzen gebracht wurde. Für beide Arten gilt: Immer ein Tuch zwischen Haut und Kompresse legen, denn ein direkter Hautkontakt mit der konstanten Kälte kann zu Erfrierungen führen. Außerdem sollte in Intervallen, also nicht permanent gekühlt werden.

Kühlgel mit Menthol oder Alkohol erfrischt müde Füße, Arme und Beine. Es wird auf die Haut aufgetragen und leicht einmassiert. Für Kinder unter sechs Jahren sind solche Kühlgele nicht geeignet, weil sie die empfindliche Haut reizen. Schwangere sollte vor allem mentholhaltige Gele meiden. Das ätherische Öl kann vorzeitige Wehen auslösen.

Eine relativ neue Art der lokalen, also örtlichen Kälteanwendung ist die Kältekappe. Sie soll gegen den durch Chemotherapie ausgelösten Haarausfall helfen. Denn die Chemotherapie wirkt besonders auf Zellen, die sich schnell teilen: und das sind neben den Krebszellen auch die Haarfollikelzellen. Bei dieser vorbeugenden Therapie wird die Kopfhaut während der Chemo mit einer Spezialkappe gekühlt, in der -4° C kalte Flüssigkeit zirkuliert. Die Haarfollikelzellen fahren aufgrund der kältebedingt verringerten Hautdurchblutung ihren Stoffwechsel herunter und sind deshalb weniger anfällig für die Chemotherapeutika. In Studien mit Brustkrebspatientinnen konnte die Kältekappe bei der Hälfte der Frauen den Haarverlust auf weniger als 50% verringern. An einigen Kliniken wird dieses Scalp-Cooling bereits eingesetzt. Unklar ist allerdings noch, ob die herabgekühlte Kopfhaut nicht auch zirkulierende Tumorzellen schützt, die später zu einer Metastasierung führen könnten.

Neben den verschiedenen örtlichen Kälteanwendungen wird auch die Ganzkörper-Kältetherapie immer populärer. Dafür setzt man den Organismus in Kältekammern für wenige Minuten Temperaturen unter -100° C aus. Eine Alternative zu den Kammern ist das Eintauchen des Körpers bis zum Brustbein in 4° C kaltes Wasser. Von dieser Kältebehandlung verspricht man sich den Rückgang von Entzündungen und Schmerzen sowie eine bessere Regeneration nach sportlicher Belastung.

Nachgewiesen sind positive Effekte auf die rheumatoide Arthritis und auf die Fibromyalgie. Daneben soll der Kälteschock auch Psyche und Wohlbefinden verbessern, auf das Immunsystem wirken und das Körperfettgewebe beeinflussen. Wie die Ganzkörperkältetherapie wirkt, ist noch nicht völlig geklärt. Diskutiert werden u.a. die Freisetzung von Noradrenalin, die Abnahme entzündungsfördernder Botenstoffen und die Verlangsamung von Stoffwechselaktivitäten.

Hinweis: Genauso wie die Sauna ist auch die Ganzkörper-Kältetherapie nicht für alle Menschen geeignet. Weil dabei Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz steigen, sollten Patient*innen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor solchen Kälteanwendungen immer ihre Ärzt*in konsultieren.

Quellen: Esch J, DAZ 2024; 15: 42; Morvilius S, Erfahrungsheilkunde 2022: 3: 153-157

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / FotoHelin / Alamy Stock Photos