Gesundheit heute
Unterschenkelbruch
Unterschenkelbruch (Unterschenkelfraktur): Bruchverletzung von Schienbein (Tibia) und Wadenbein (Fibula). Beide Knochen können auch isoliert brechen, dann handelt es sich um einen Schienbeinbruch bzw. Wadenbeinbruch.
Ein Unterschenkelbruch tritt durch starke Gewalteinwirkung auf, z. B. bei Unfällen im Straßenverkehr oder beim Sport. Wegen der starken Schmerzen und der Instabilität ist ein Gehen oder Stehen meist unmöglich. In der Mehrzahl der Fälle werden Unterschenkelbrüche operiert, obwohl bei unverschobenen und geschlossenen Brüchen auch ohne Operation gute Ergebnisse erzielt werden.
Symptome und Leitbeschwerden
- Starke Schmerzen am Unterschenkel
- Belastung und Beugung des Beins nicht möglich, Schonhaltung
- Schwellung und Blutergüsse am Unterschenkel
- Manchmal Knirschgeräusche (Krepitation)
- Verformung des Unterschenkels bei verschobenen Brüchen
- Sichtbare Weichteile und Knochenfragmente beim offenen Bruch.
Wann in die Arztpraxis
Sofort zur Ärzt*in oder die Notärzt*in rufen
- bei starken Schmerzen, die Gehen oder Stehen unmöglich machen
- bei stärksten Schmerzen am Unterschenkel oder Fehlstellungen des Beins.
Die Erkrankung
Das Schienbein bildet zusammen mit dem Wadenbein die knöcherne Basis des Unterschenkels. Sowohl direkte als auch indirekte Krafteinwirkungen können dazu führen, dass die beiden Knochen brechen.
Typische Ursachen sind Verkehrsunfälle oder Unfälle beim Sport. Eine direkte Verletzung entsteht beispielsweise beim Stoßstangenunfall oder durch einen direkten, heftigen Tritt gegen den Unterschenkel. Indirekte Brüche kommen vor, wenn der Unterschenkel gegen den fixierten Fuß gedreht oder gebeugt wird. Beispiele dafür sind Unfälle beim Snowboardfahren oder der Skischuhrand-Bruch, bei dem das Schienbein kurz oberhalb des Skischuhs verbogen wird und bricht.
Auch ohne Unfall kommt es gelegentlich zu Unterschenkelbrüchen. Ein Beispiel ist der Ermüdungsbruch. Er entsteht v. a. bei Joggern, die ihr Trainingspensum zu rasch steigern und damit die Belastbarkeit der Unterschenkelknochen überfordern. Auch bei älteren Menschen mit Osteoporose finden sich gelegentlich Unterschenkelbrüche ohne vorangehende stärkere Gewalteinwirkung.
Komplikationen
Bei einer Verletzung am Unterschenkel sind neben dem Knochen auch andere Strukturen in Gefahr. So können Muskeln, Bänder oder Sehnen reißen. Werden dort verlaufende Nerven geschädigt, drohen Lähmungserscheinungen und Störungen der Sensibilität, also der Hautempfindung. Je nachdem, wo der Bruch sitzt, ist manchmal auch das Kniegelenk oder das Sprunggelenk mitbetroffen.
Eine gefährliche Komplikation bei geschlossenen Brüchen ist das Kompartmentsyndrom. Dabei erhöht sich durch innere Blutungen und Flüssigkeitsansammlungen der Druck im Unterschenkel, sodass Nerven oder Muskeln Schaden nehmen. Das Kompartmentsyndrom ist immer ein chirurgischer Notfall, der eine sofortige Behandlung erfordert.
Bei offenen Brüchen droht die Wundinfektion, die sich bis in den Knochen hinein ausbreiten und eine Knochenentzündung auslösen kann (Osteitis oder Osteomyelitis).
Diagnosesicherung
Die Patient*in wird zum Unfallhergang, den Schmerzen und den Bewegungseinschränkungen befragt. Bei der klinischen Untersuchung achtet die Ärzt*in auf Fehlstellungen, Druckschmerzen und Knirschgeräusche (Krepitationen) am Bein sowie auf Begleitverletzungen. Um zu erkennen, ob Blutgefäße oder Nerven verletzt sind, prüft man die Pulse an Bein und Fuß und testet die Reflexe und die Sensibilität der Haut (Hautempfindlichkeit).
Im Röntgenbild von vorn und von der Seite zeigt sich der knöcherne Schaden meist gut. Normalerweise werden Knie- und Sprunggelenk immer mitgeröntgt, um eine eventuelle Beteiligung nicht zu übersehen. Je nach Lokalisation des Bruchs veranlassen die Ärzt*innen auch CT-Aufnahmen. So z. B. bei Schienbeinkopfbrüchen oder bei Schaftbrüchen, bei denen im Röntgenbild der Bruchverlauf nicht eindeutig zu erkennen ist.
In manchen Fällen sind zusätzliche Spezialuntersuchungen erforderlich:
- Gewebedruckmessungen bei Verdacht auf ein Kompartmentsyndrom
- Magnetresonanztomografie bei Verdacht auf zusätzliche Verletzungen von Weichteilen (Bändern, Meniskus)
- Gefäßdiagnostik wie Dopplerultraschall oder Angiografie bei nicht tastbaren Pulsen.
Differenzialdiagnosen. Ähnliche Beschwerden machen der isolierte Schienbeinbruch oder die schwere Schienbeinprellung.
Behandlung
Prinzipiell kann der Unterschenkelbruch konservativ oder operativ behandelt werden. Bei der konservativen Therapie drohen jedoch vermehrt Komplikationen wie Thrombosen oder Pseudarthrosen (siehe unten), weshalb die Ärzt*innen beim Schienbeinbruch häufig die operative Therapie empfehlen.
Auch viele Patient*innen ziehen die operative Behandlung vor. Denn nach einer Operation kann man auf einen Gips oft ganz verzichten und das Bein schon wenige Tage nach Operation zumindest teilweise belasten.
Konservativ
Eine konservative Behandlung mit Ruhigstellung im Gips ist bei geschlossenen, einfachen Brüchen möglich. Ebenfalls konservativ behandelt werden Patient*innen, bei denen eine gestörte Wundheilung zu erwarten ist (das ist z. B. bei Diabetiker*innen der Fall) oder die aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands inoperabel sind.
Die ersten 4–6 Wochen ist meistens ein Oberschenkelgips erforderlich, für die folgenden 2–4 Wochen genügt ein Unterschenkelgips oder eine Orthese. Während der Ruhigstellung besteht die Gefahr, dass sich Blutgerinnsel in den Beingefäßen bilden. Deshalb ist in dieser Phase eine Thromboseprophylaxe mit gerinnungshemmenden Medikamenten unabdingbar. Nach der Gipstherapie schließt sich eine krankengymnastische Behandlung an, um die Muskulatur zu stärken.
Operativ
Verschobene Brüche müssen operiert werden. Die Bruchstücke des Schienbeins werden im Schaftbereich meistens mit speziellen langen Nägeln verbunden, die von außen längs durch den Knochen geschoben werden. Zu den Gelenken hin kommen auch Platten zur Fixierung der Bruchenden infrage. Muss auch das Wadenbein operiert werden, wird es meist durch eine Platte stabilisiert.
Ungünstiger sind Schienbeinkopfbrüche, die das Tibiaplateau einbeziehen, also die Fläche am oberen Ende des Schienbeins, das die Gelenkfläche für das Kniegelenk bildet. Bleiben nach der Heilung Unebenheiten oder Stufen zurück, stören diese die Gelenkfunktion und es kommt unvermeidlich zur vorzeitigen Kniegelenksarthrose. Um die Gelenkfläche möglichst originalgetreu zu rekonstruieren, hebt die Operateur*in den abgesunkenen Teil des Tibiaplateaus an und unterfüttert ihn mit Knochensubstanz aus dem Beckenkamm. Schrauben oder spezielle Abstützplatten bewahren den Knochen vor erneutem Abrutschen.
Schwierig ist auch die Behandlung von offenen Brüchen. Um die Gefahr von Knocheninfektionen (Osteomyelitis) zu minimieren, erfolgt die Fixierung des Knochens mit möglichst wenig eingebrachtem Material – Drähten, Schrauben, einem Marknagel oder einem äußeren Spanner (Fixateur externe).
Behandlungskomplikationen
Vor allem im Rahmen der konservativen Behandlung kann es durch die lange Ruhigstellung zu einer tiefen Beinvenenthrombose kommen. Gefürchtete Komplikation bei der operativen Versorgung ist die Verletzung von Gefäßen und Nerven.
Heilt der Knochen nicht richtig aus, droht eine Pseudarthrose (Falsch-Gelenk). Heilt er in einer falschen Position aus, bleibt eine Fehlstellung zurück.
Prognose
Einfache Brüche heilen meist nach etwa sechs Wochen. Bei offenen Brüchen dauert die Heilung oft deutlich länger. Wie schnell das Bein wieder belastet werden darf, hängt von der Art des Bruchs und der Versorgung ab – die Spannbreite reicht von zwei Wochen bis sechs Monaten.
Auch bei optimaler Operationstechnik gelingt nicht immer eine befriedigende Heilung. Bleibende Fehlstellungen oder Knieinstabilitäten gehören zu den häufigsten Folgen.
Ihre Apotheke empfiehlt
Was Sie selbst tun können
- Nicht zu früh belasten. Damit der Knochenbruch gut heilt, darf das Bein auch in der Orthese oder im Gehgips nur so stark belastet werden, wie es die Ärzt*in vorgegeben hat.
- Thrombosespritze nicht vergessen. Steckt das Bein im Gips oder in einer Orthese, muss sich die Betroffene in der Regel jeden Tag eine gerinnungshemmende Spritze geben. Wird die Thrombosespritze weggelassen oder vergessen, drohen Beinvenenthrombosen und die Verschleppung von Thrombosefragmenten in die Lunge (Lungenembolie).
- Nicht unter dem Gips kratzen! Auch wenn es stark juckt, darf man sich keinesfalls mit einer Stricknadel oder Ähnlichem unter dem Gips kratzen. Denn dabei kann die Haut verletzt und infiziert werden.

Regelmäßiges Dehnen ist wichtig für den Körper. Ob man es beim Training oder zwischendurch macht, ist unerheblich.
7 Sport-Mythen unter der Lupe
Von Kältespray bis Magnesium
Was bringt Magnesium bei Muskelkrämpfen? Sollte man vor dem Sport präventiv NSAR nehmen? Und wann ist Dehnen sinnvoll? Um Sport und Gesundheit ranken sich viele Mythen. Ein Mediziner spricht Klartext, was davon stimmt.
- Dehnen ist gesund. Die einen schwören auf Dehnen vor dem Sport, die anderen machen das lieber nach dem Training. Für den Sportmediziner und Orthopäden Dr. Patric Behr ist Dehnen generell sinnvoll und der Zeitpunkt unbedeutend. Wichtig ist nur, dass überhaupt regelmäßig gedehnt wird – ob in Zusammenhang mit einem Training oder zwischendurch ist dabei egal.
- Magnesium hilft gegen Muskelkrämpfe. Muskelkrämpfe liegen in den meisten Fällen nicht am Magnesiummangel, sagt Dr. Behr. Eher ist der Muskel nicht richtig trainiert oder sogar verkürzt. Zudem können Muskelkrämpfe neurogen getriggert sein – also Beschwerden im Rücken können Muskelkrämpfe im Unterschenkel auslösen. In all diesen Fällen hilft Magnesium nicht. Eine gezielte Zufuhr ist nur in speziellen Fällen sinnvoll, etwa bei hohen Ausdauerleistungen in extremer Hitze.
- NSAR vor dem Sport steigert die Leistung. Entzündungshemmende Schmerzmittel sollen die Leistungsfähigkeit steigern und Schmerzen kaschieren. Beides ist nicht sinnvoll und sogar kontraproduktiv. Denn durch ein geringeres Schmerzempfinden steigt die Verletzungsgefahr. Besser ist es, zum Schutz des Organismus regenerierende Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Dr. Behr empfiehlt dafür z. B. Curcumin.
- Fettverbrennung beginnt erst nach 30 Minuten. Das ist ein Mythos: Denn der Körper verbrennt beim Sport immer Kalorien. Allerdings werden die Fettreserven erst ab einem bestimmten Kalorienverbrauch angezapft. Das kann je nach Verbrauch früher oder später geschehen. Pauschale Zeitangaben machen da keinen Sinn.
- Aufwärmen senkt das Verletzungsrisiko. Das stimmt. Deshalb ist richtiges Aufwärmen so wichtig. Richtig heißt, dass dabei alle Bewegungsmuster der Sportart vorkommen. Über die Dauer lässt sich streiten, bei einer Stunde Sport geht man von ungefähr 10 Minuten aus. Nicht vergessen werden darf, dass am Ende der Belastung die Verletzungsgefahr wieder steigt. Denn dann lässt die Aufmerksamkeit nach und die Muskeln sind müde. Deshalb sollte man in sein Training immer eine Cool-down-Phase integrieren.
- Bringen Tapes im Sport etwas? Wissenschaftliche Beweise gibt es für den Nutzen der Tapes nicht. Manche Sportler*innen berichten dennoch, dass sie Schmerzen reduzieren können und die Stabilität verbessern. Wichtig ist allerdings, dass die Tapes richtig angebracht werden.
- Kälte ist bei Verletzungen sinnvoll. Das ist richtig, weshalb Kälte (Eis) auch ein wichtiger Bestandteil der bekannten PECH-Regel bei geschlossenen Verletzungen ist. Kälte reduziert die Schmerzen und wirkt Schwellungen entgegen. Im Idealfall kühlt man sofort. Besser als Eissprays ist ein Eiswasser-Schwann. Denn Eis-Sprays können zu Verbrennungen auf der Haut führen.
Quelle: medscape