Gesundheit heute

Kniescheibenverrenkung

Kniescheibenverrenkung (Patellaluxation): Seitliches Herausspringen der Kniescheibe aus der vorgesehenen Gleitbahn, meist nach außen. Bei der seltenen traumatischen Kniescheibenverrenkung ereignet sich die Verletzung im Rahmen eines Unfalls (z. B. Sturz oder starkes Verdrehen des Knies). Dabei entstehen meist begleitende Verletzungen an Bändern, Knorpel und Knochen. Davon zu unterscheiden ist die habituelle Kniescheibenverrenkung, die ohne vorangehenden Unfall auftritt und ungünstige anatomische Verhältnisse voraussetzt. Bei den meist jugendlichen Betroffenen springt die Kniescheibe häufig und ohne größere Beschwerden aus ihrem Gleitlager heraus und wieder spontan hinein.

Um Knorpelschäden gering zu halten, ist bei traumatischer Kniescheibenverrenkung eine sofortige Einrenkung erforderlich, bei posttraumatischer und habitueller Verrenkung eine operative Korrektur des Kniescheibenverlaufs. Trotzdem lässt sich eine spätere Arthrose nicht immer vermeiden.

Leitbeschwerden

  • Plötzliches „Wegsacken“ des Kniegelenks, das sich anschließend nicht mehr strecken lässt
  • Pralle Schwellung, Schmerzen und starke Druckempfindlichkeit an der Vorderseite des Kniegelenks
  • Eventuell sichtbare Verlagerung der Kniescheibe nach außen (im Vergleich mit dem unverletzten Knie gut zu erkennen)
  • Bei habitueller Kniescheibenverrenkung wiederholte schmerzlose Seitverschiebung der Kniescheibe während leichter Kniebeugung.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei sichtbarer Verlagerung der Kniescheibe in leichter Beugestellung.

Sofort bei plötzlichem „Wegsacken“, Streckhemmung und starken Schmerzen im Kniegelenk sowie bei sichtbarer Verlagerung der Kniescheibe.

Die Erkrankung

Die Kniescheibe stellt das Zentrum des Streckapparats am Knie dar. Wenn man sich das Kniegelenk als Flaschenzug vorstellt, entspricht die Kniescheibe einer Umlenkrolle, die bei gebeugtem Knie für eine günstige Kraftübertragung von der vorderen Oberschenkelmuskulatur auf den Unterschenkel sorgt. Mit beiden Teilen des Streckapparats ist sie über kräftige Sehnen verbunden, die obere Quadrizepssehne und die untere Patellasehne. Bei jeder Bewegung im Kniegelenk gleitet die Kniescheibe bis zu 10 cm in einer knöchernen, von Knorpel überzogenen Rinne zwischen den beiden Oberschenkelköpfen. Sie wird dabei durch zwei seitlich verlaufende Bänder sowie eine v-förmige Ausgestaltung ihrer Rückseite gesichert.

Eine normal geformte, von intakten Bändern stabilisierte Kniescheibe entfernt sich nur dann aus ihrer Gleitbahn, wenn massive Gewalt einwirkt. In den meisten Fällen von traumatischer und posttraumatischer Kniescheibenverrenkung sowie bei allen habituellen Verrenkungen finden sich jedoch ungünstige anatomische Verhältnisse, die ein Herausspringen begünstigen: eine fehlerhaft angelegte oder ungewöhnlich hochstehende Kniescheibe, ein zu flach ausgeformtes Gleitlager, ein anlagebedingt lockerer Bandapparat oder schwache Oberschenkelmuskeln, die das Knie nicht richtig zu führen vermögen. Häufig sind beide Seiten von diesen Veränderungen betroffen. Während des Wachstums verstärken sich die Risikofaktoren oft gegenseitig und führen dabei zu einer so ausgeprägten Instabilität der Kniescheibe, dass sich diese bei jeder Kniebeugung kurzfristig verlagert. Obwohl meist schmerzfrei, erfordert diese Anomalität unbedingt eine Behandlung, da sie sonst längerfristig zu Knorpelschäden und nachfolgender Arthrose (Chondromalazia patellae) führt.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Eine verrenkte Kniescheibe erkennt der Arzt auf den ersten Blick. Die Diagnose wird jedoch schwierig, wenn sich die Kniescheibe bereits spontan zurückverlagert hat – dann zeugen nur noch die Beschreibungen des Patienten und unspezifische Symptome wie Schmerz und Gelenkerguss von der abgelaufenen Verletzung. Anatomische Besonderheiten, die eine Verrenkung begünstigen, entdeckt der Arzt manchmal durch Funktionstests (z. B. Verschiebefähigkeit der Kniescheibe). Sicher nachweisen lassen sie sich durch Röntgenaufnahmen, die außerdem knöcherne Begleitverletzungen erkennbar machen. Besteht ein Verdacht auf Muskel-, Kapsel-, Bänder- und Knorpelschäden, kommt UItraschall und/oder Kernspin zum Einsatz, eventuell auch eine Gelenkspiegelung.

Konservative Therapie. Finden sich keine Knochen- oder Knorpelverletzungen und handelt es sich um eine erstmalige Verrenkung, lässt sie sich meist konservativ behandeln. Dabei renkt der Arzt - wenn nötig unter Narkose - die Kniescheibe schnellstmöglich ein, indem er das Knie überstreckt und die Kniescheibe mit Druck in ihre Gleitbahn zurückschiebt. Schmerzmittel (NSAR) und Kälteanwendungen reduzieren die anfänglichen Beschwerden und fördern den Heilungsverlauf. Einen größeren Gelenkerguss zieht der Arzt mit einer Spritze ab. Anschließend stellt er das verletzte Knie meist durch einen Gips oder eine bewegliche Schiene für 3 bis 6 Wochen ruhig.

Operative Therapie. Eine Operation ist immer dann angezeigt, wenn größere Begleitverletzungen bestehen oder wenn eine anatomische Fehlstellung zur habituellen oder posttraumatischen Kniescheibenverrenkung führt. Da mit jeder Verrenkung wertvolle Knorpelmasse unwiederbringlich verloren geht, hat jedes der über 100 möglichen Operationsverfahren zum Ziel, die Kniescheibe dauerhaft zu stabilisieren. Dies lässt sich z. B. erreichen durch Straffung und Naht von Bändern oder Versetzung des Patellasehnenansatzes am Unterschenkel. Abgesprengte Knorpel- oder Knochenanteile fixiert der Arzt, falls möglich, wieder am ursprünglichen Ort. Manche kleinere Operationen lassen sich minimal-invasiv im Rahmen einer Gelenkspiegelung durchführen. In der Nachbehandlungsphase steht eine krankengymnastische Übungsbehandlung im Vordergrund. Oft verordnet der Arzt für 3 bis 6 Wochen eine bewegliche Schiene, die stärkere Beugebewegungen verhindert. Auch bei idealer Therapie und Nachbehandlung lassen sich jedoch Schäden an der Knorpelgleitfläche von Kniescheibe und Oberschenkel nicht sicher verhindern.

Vorsorge

Durch Muskelaufbautraining, ausreichendes Aufwärmen der Muskulatur vor dem Sport und defensive Sportausübung gelingt es eventuell, einer wiederholten Kniescheibenverrenkung bei wenig ausgeprägten anatomischen Fehlstellungen vorzubeugen. Manchen Betroffenen hilft auch das Tragen einer speziellen Kniescheibenbandage.

Von: Dr. med. Martin Schäfer, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Wie Bello Frauchen zu Fall bringt

Fertig zum Gassigehen? Aber bitte Vorsicht mit der Leine!

Wie Bello Frauchen zu Fall bringt

Gefährliches Gassigehen

Wer regelmäßig mit seinem Hund Gassi geht, tut etwas Gutes für Herz und Kreislauf. Doch manchmal endet der Spaziergang auch mit einer Handverletzung in der Notaufnahme. Betroffen davon sind vor allem ältere Frauen.

Hundespaziergang mit Kehrseite

Für Hundebesitzer*innen gibt es kaum etwas Schöneres, als mit der Fellnase spazieren zu gehen. Zudem hat das Gassigehen positive Auswirkungen auf die Fitness, und vermutlich bleiben Herrchen und Frauchen dadurch sogar geistig länger fit.

Allerdings bergen Hundespaziergänge auch gewisse Risiken. Vor allem wenn das Tier plötzlich an der Leine zieht oder der Mensch sich darin unerwartet verheddert, kann es zu Verletzungen kommen. Sie betreffen häufig die Hand, wie US-amerikanische Forschende anhand der Analyse entsprechender Studien herausgefunden haben.

Plötzliches Zerren gefährdet die Hand

Insgesamt werteten sie dabei fast 500 000 Arm- oder Handverletzungen aus, die sich beim Gassigehen mit einem Hund ereignet hatten. Drei Viertel der Betroffenen waren Frauen, ein Drittel war über 65 Jahre alt. In knapp 111000 Fällen war es zu Brüchen oder Weichteilverletzungen an der Hand oder am Handgelenk gekommen. Am häufigsten brachen Finger oder das Handgelenk, schreiben die Autor*innen.

Fast die Hälfte der Verletzungen ereigneten sich dadurch, dass der Hund plötzlich an der Leine zog, ohne dass die Besitzer*in zu Fall kam. Bei 23% kam es durch das Zerren zum Sturz. In den restlichen Fällen waren Herrchen oder Frauchen gestürzt, weil sie über die Leine gestolpert waren oder sich darin verfangen hatten.

Handbrüche bei Frauen häufiger

Frauen hatten ein größeres Risiko für einen Bruch der Hand oder des Handgelenks als Männer, schreiben die Autor*innen. Insbesondere traf dies für Über-65-Jährige zu. Eine Ursache dafür ist vermutlich die in fortgeschrittenem Alter häufiger auftretende Osteoporose. Zudem leiden ältere Menschen auch öfter an Gleichgewichts-, Gang- oder Sehstörungen.

Die Autor*innen geben auch einige Tipps, um die Gefahr durch Leinenzug zu minimieren: 

  • Hundeleinen grundsätzlich um die Handfläche und nicht um die Finger oder das Handgelenk wickeln, 
  • Leinen mit Rückzugsmechanismus meiden, da ihre Zugkraft am Ende der Reichweite abrupt zunimmt und 
  • mit geeignetem Hundetraining dem Hund das Ziehen an der Leine abgewöhnen.

Außerdem sollten sich insbesondere ältere Menschen der Sturzgefahr bewusst sein. Das bedeutet, eine geeignete (kleine) Hunderasse zu wählen, beim Gassigang geeignetes Schuhwerk zu tragen und auf unebenem Gelände vorsichtig zu gehen.

Quelle: Springer Medizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Jaromír Chalabala / Alamy / Alamy Stock Photos