Gesundheit heute
X-Bein und O-Bein
X-Bein (Genu valgus, Knickbein): Verkleinerung des Außenwinkels zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein am Kniegelenk von normalerweise 174° auf weniger als 150°. Die Achsenfehlstellung ist entweder angeboren oder erworben, z. B. durch Verletzungen und Operationen am Außenmeniskus, oder an außen gelegenen Knochenbereichen. Die häufige Langzeitfolge einer Kniegelenksarthrose lässt sich durch eine frühzeitige operative Korrektur der Fehlstellung (Umstellungsosteotomie) verhindern oder zumindest verzögern.
O-Bein (Genu varus, Reiterbein): Krankhafte Vergrößerung des oben beschriebenen Winkels. Häufige Ursachen sind eine innen gelegene Kniegelenksarthrose, Rachitis, Beinverkürzung der Gegenseite sowie Operationen und Verletzungen am Innenmeniskus, oder an innen gelegenen Knochenbereichen. Wenn konservative Maßnahmen wie eine Schuhranderhöhung nicht ausreichen, ist in ausgeprägten Fällen eine Korrektur der Achsenabweichung erforderlich.
Leitbeschwerden
- Verstärkte Abknickung der Unterschenkel im Kniegelenk nach außen (X-Bein) bzw. innen (O-Bein)
- Bei X-Bein Aneinanderreiben der Knie, oft Unsicherheitsgefühl beim Gehen auf unebenem Gelände
- Bei O-Bein deutlicher Abstand zwischen den Kniegelenken, wenn die Füße geschlossen sind
- Watschelnder Gang, rasches Ermüden beim Gehen
- Bei einseitiger Achsenabweichung eventuell sichtbarer Schiefstand des Beckens.
Wann zum Arzt
In den nächsten Wochen bei O-Beinen jenseits des Säuglingsalters und X-Beinen jenseits des 6. Lebensjahrs.
Die Erkrankung
Normalerweise treffen im Kniegelenk Oberschenkel und Schienbein so aufeinander, dass sie einen nach außen offenen Winkel von 174° einschließen. Diese Stellung entspricht einer leichten X-Bein-Stellung. Die Mitte des Kniegelenks liegt dabei etwas innerhalb einer gedachten Linie (Traglinie), die zwischen der Mitte des Hüftgelenks und der Mitte des oberen Sprunggelenks verläuft und die Last des Rumpfs auf den Fuß überträgt. Rückt das Kniegelenk aus dieser Position weiter nach innen, entsteht eine krankhafte X-Bein-Stellung – umgekehrt eine (stets krankhafte) O-Bein-Stellung, wenn sich der Mittelpunkt des Knies nach außen verschiebt. Die Ursachen für beide Achsenabweichungen sind ähnlich und reichen von (seltenen) angeborenen Fehlbildungen über Operationen und Verletzungen am Kniegelenk bis hin zu Kniegelenksarthrosen und -entzündungen, z. B. im Rahmen einer Septischen Arthritis oder Rheumatoiden Arthritis. Für O-Beine können auch allgemeine Erkrankungen wie eine Rachitis oder Gicht verantwortlich sein.
Im Volksmund sind O-Beine auch als Fußballerbeine bekannt, da sie bei diesem Sport gehäuft auftreten. Die Ursache liegt wahrscheinlich in einer asymmetrischen Krafteinwirkung auf die Kniegelenke, bedingt durch eine überstarke Entwicklung der inneren Beinmuskulatur.
Unabhängig von der Ursache führt eine Achsenabweichung im Knie zu einer asymmetrischen Belastung des Kniegelenks und längerfristig zu Schäden am überstrapazierten Bereich des Gelenkknorpels. Die Entwicklung einer Kniegelenksarthrose ist damit programmiert, bei O-Beinen an der Innenseite des Gelenks (mediale Gonarthrose), bei X-Beinen an der Außenseite (laterale Gonarthrose). Als Folge verstärkt sich die Achsenfehlstellung und beschleunigt die Abnutzung des geschädigten Knorpels – ein Teufelskreis entsteht.
In der orthopädischen Praxis tauchen häufig besorgte Eltern auf, die ihr Kind mit X- oder O-Beinen vorstellen. Im Säuglingsalter ist eine O-Bein-Stellung jedoch normal und gleicht sich mit dem Längenwachstum aus. Oft entwickeln sich im Kindergartenalter sogar deutlich sichtbare X-Beine, die ebenfalls keine krankhafte Bedeutung haben und spätestens um die Zeit des Schuleintritts einer normalen, leichten X-Bein-Stellung weichen.
Das macht der Arzt
Die Blickdiagnose einer Achsenfehlstellung am Kniegelenk bestätigt der Arzt durch Röntgenuntersuchungen, die gleichzeitig wichtige Informationen für eine spätere Operation liefern. Diese ist erforderlich, wenn Arthrose droht oder bereits eingetreten ist und konservative Maßnahmen wie eine äußere oder innere Schuhranderhöhung zum Ausgleich nicht ausreichen. Bei leichten Fehlstellungen genügt es eventuell, den Kniegelenkknorpel im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) zu glätten. Meistens ist jedoch eine Umstellungsoperation (Umstellungsosteotomie) erforderlich, die eine (Über-)Korrektur der Achsenabweichung zum Ziel hat und die übermäßige Last vom kranken Gelenkanteil zum gesunden Gelenkanteil verlagert. Zu diesem Zweck durchtrennt der Operateur den Schienbeinknochen unterhalb des Kniegelenks (Tibiakopfosteotomie), seltener und nur bei X-Beinen den Oberschenkelknochen oberhalb des Kniegelenks, und entfernt einen äußeren oder inneren Knochenkeil. Anschließend verbindet er die beiden Knochenstücke in der neuen Position mittels Platten, Schrauben oder Klammern. Als Alternative steht seit einigen Jahren ein Implantat zur Verfügung, mit dem der Operateur den durchgesägten Schienbeinkopf in aufgeklappter Stellung stabilisiert, ohne einen Knochenkeil zu entnehmen. Die entstandene Lücke füllt der Körper im Lauf eines Jahrs mit Knochenmaterial auf.
Nach jeder Operation steht der Patient bereits am 1. Tag mit Gehstützen auf und beginnt mit Bewegungsübungen. Für etwa 6 Wochen erhält das operierte Knie eine Gipshülse oder Orthese und wird nur mit einem Teil des Körpergewichts belastet. Eine volle Belastung ist ab dem 3. bis 4. Monat nach der Operation erlaubt. Das eingebrachte Metall verbleibt 18 Monate im Körper. Bei genauer Planung und Durchführung führen Korrekturoperationen zu einer deutlichen Besserung arthrosebedingter Beschwerden. Sie hält im Durchschnitt mindestens 10 Jahre an und erlaubt es dem Patienten meist, Alltagsaktivitäten und Sport wieder aufzunehmen. Da die Operation jedoch bereits entstandene Knorpelschäden nicht rückgängig macht, ist eine frühzeitige Planung der Operation wichtig, um das Gelenk in einem möglichst guten Zustand zu erhalten.
Bei fortgeschrittener Arthrose bleibt nur der Kniegelenksersatz.

Das Einpflanzen einer künstlichen Hüfte und ihre Funktion werden häufig an Modellen aus Kunststoff erklärt.
Zweitmeinung zur Hüftprothese
Seit 2024 möglich
Bei ausgeprägter Arthrose wird oft das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks empfohlen. Doch viele Betroffene sind unsicher, ob das wirklich die beste Maßnahme ist. Seit 2024 gibt´s Entscheidungshilfe: Wer eine Hüftprothese bekommen soll, kann sich auf Kassenkosten eine zweite Meinung dazu einholen.
Wenn nichts anderes mehr hilft
In Deutschland werden pro Jahr etwa 240 000 künstliche Hüftgelenke (Hüftendoprothese) eingesetzt. In etwa 75% wird der Gelenkersatz aufgrund von Arthrose nötig. Empfohlen wird eine neue Hüfte nur dann, wenn alle anderen Maßnahmen zur Behandlung der Arthrose ausgeschöpft sind. Dazu gehören schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Krankengymnastik, Physiotherapie und die Anpassung der Belastung.
Es ist nicht ganz einfach, bei einer Hüftgelenksarthrose den besten Zeitpunkt für das Einsetzen einer Endoprothese zu finden. Operiert man zu spät, kann das Ergebnis darunter leiden. Z.B. wenn das Gelenk schon zu eingesteift war, um durch die Prothese die volle Bewegung zurückzuerlangen. Oder wenn sich das Schmerzgedächtnis nicht „löschen“ lässt, Schmerzen also trotz reibungslos funktionierender neuer Hüfte weiter bestehen bleiben. In seltenen Fällen ist vielleicht auch der Gelenkersatz gar nicht die richtige Entscheidung für die Betroffene.
Anspruch auf eine qualifizierte zweite Meinung
Auch wenn die behandelnde Ärzt*in nach bestem Wissen und Gewissen zum Hüftersatz rät – oft bleibt bei den Betroffenen eine gewisse Unsicherheit zurück. Da hilft eine neue Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GbA). Danach haben gesetzlich Krankenversicherte in Zukunft das Recht, sich eine zweite Meinung einzuholen, wenn ihnen ein Hüftgelenksersatz oder der Austausch ihrer Hüftprothese empfohlen wird. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse.
Ärzt*innen für die Zweitmeinung findet man im Netz
Die Zweitmeinung gibt es von speziell qualifizierte Fachärzt*innen, im Fall der Hüftgelenksprothese z.B. aus dem Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie beraten die Patient*innen darüber, ob der geplante Eingriff medizinisch notwendig ist und ob es eventuell doch Behandlungsalternativen gibt.
Zweitmeinungsberechtigte Ärzt*innen findet man im Internet unter www.116117.de/zweitmeinung. Auch die Krankenkassen beraten darüber, wer in der Nähe eine Zweitmeinung abgeben darf. Zu welchem der ermächtigten Fachleute man schließlich geht, entscheidet die Betroffene dann selbst.
Quellen: GbA, Ärztezeitung