Gesundheit heute
Sehnenscheidenentzündung am Handgelenk
Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis): häufige, akute oder chronische Entzündung von Sehnen und zugehörigem Sehnengleitgewebe. Die Betroffenen leiden vor allem unter schmerzhaften Bewegungseinschränkungen. Mit konservativer Therapie, also Schonung, Ruhigstellung und Schmerzmitteln lässt sich eine akute Sehnenscheidenentzündung gut behandeln; chronische Formen sind schwerer zu behandeln, ggf. hilft hier eine Operation.
Symptome und Leitbeschwerden
- Ziehende oder stechende Schmerzen bei Unterarm- und Handbewegungen
- Tastbares schmerzhaftes Knirschen und Reiben der betroffenen Sehne
- In ausgeprägten Fällen auch Ruheschmerz, wenig Besserung nach Ruhigstellung über Nacht
- Oft Rötung und Schwellung über den betroffenen Sehnen
- Bei der chronischen Form oft knotige Verdickungen der betroffenen Sehne, eventuell mit Phänomen des schnellenden Fingers.
Wann zum Arzt
In den nächsten Wochen, wenn
- sich die oben beschriebenen Symptome nicht von selbst bessern.
Die Erkrankung
Ursachen, Risikofaktoren und Auslöser
An keinem anderen Ort des Körpers kommen Sehnenscheidenentzündungen so häufig vor wie an Unterarm und Handgelenk. Dort kommt es besonders häufig zu jahre- und jahrzehntelang wiederkehrenden Über- und Fehlbelastungen, z. B. durch monotone Bewegungen, falsche Sporttechnik oder unzureichende Ergonomie am Arbeitsplatz. Entsteht die Erkrankung durch Arbeiten mit der Computermaus, spricht der Arzt von einem Mausarm. Für einige Berufe gilt der Mausarm als Berufskrankheit.
Risikofaktoren und Auslöser von Sehnenscheidenentzündungen sind:
- Intensive Arbeit am Computer, insbesondere an zu hohen oder niedrigen Computertischen oder mit ergonomisch schlechten Mäusen
- Andere berufliche Überlastungen, z. B. bei Krankengymnasten und Monteuren
- Sportliche Aktivitäten, z. B. Hantelübungen, Bodenturnen, Klettern, Radfahren, Badminton und Tischtennis
- Intensives Üben mit Musikinstrumenten wie Gitarre, Schlagzeug, Geige und Klavier
- Selten entzündlich-rheumatische Krankheitsprozesse oder eine Verletzung der Sehnenscheide.
Klinik
Unzureichend behandelt geht die akute Sehnenscheidenentzündung in eine schwelende, chronische Krankheitsphase über, die sich oft über viele Monate hinzieht. Der Krankheitsprozess verstärkt sich dabei selbst.
Die Entzündung führt zum oft äußerlich sichtbaren Anschwellen der Sehnenscheide und zu Aufrauungen und kleinen Verletzungen der inneren Sehnenscheidenwand, die daraufhin entzündliche Sekrete absondert. Die zugehörige Sehne gleitet nicht mehr ungehindert, sondern reibt sich bei jeder Bewegung mit fühlbarem schmerzhaften Knarren an dem entzündeten Gewebe.
Nach neueren Forschungsergebnissen sind an chronischen Verläufen manchmal auch Bakterien wie Chlamydien, Mykoplasmen oder verschiedene Durchfallerreger beteiligt. Im Gefolge eines Darm- oder Atemweginfekts führen sie zu einer Immunreaktion, die sich dann als akute Sehnenscheidenentzündung oder als Verschlimmerung einer schon bestehenden Sehnenscheidenentzündung bemerkbar macht.
Sonderformen
Zu den speziellen Formen der Sehnenscheidenentzündung zählen:
- Die Tendovaginitis stenosans de Quervain – eine chronische Entzündung des Sehnengleitgewebes des Musculus abductor pollicis longus und des Musculus extensor pollicis brevis im Strecksehnenfach des Daumens. Sowohl Überbeanspruchung als auch die rheumatoide Arthritis spielen als Ursache eine Rolle. Es entstehen Vernarbungen, welche die Sehnenscheide verengen und die Gleitfähigkeit der Sehne vermindern. Die Therapie umfasst:
- Im Anfangsstadium Ruhigstellung für mindestens 14 Tage, entzündungshemmende Medikamente (NSAR) sowie, wenn dies nicht ausreicht, die Infiltration der Sehnenscheide mit Kortison
- Im fortgeschrittenen Stadium die operative Spaltung des Strecksehnenfaches des Daumens
- Die Tendovaginitis stenosans der Beugesehnen (Näheres siehe schnellende Finger).
Diagnosesicherung
Der Arzt stellt die Diagnose aufgrund der typischen Beschwerden und des klinischen Befundes, z. B. der heftigen Schmerzreaktion bei Druck auf die betroffene Stelle oder bei Überstreckung der Hand.
Technische Untersuchungen wie Röntgen- oder Ultraschall-Untersuchungen werden angefertigt, wenn es gilt, andere Erkrankungen wie ein Nervenkompressionssyndrom oder eine Arthrose (z. B. im Daumengrundgelenk) auszuschließen.
Behandlung
Akute Sehnenscheidenentzündung. Kurzzeitige Kühlung des entzündeten Areals sowie eine mehrwöchige Ruhigstellung (Schiene, evtl. sogar Gips) des Gelenks dämpfen den akuten Schmerz.
- Schmerzmittel lindern die Beschwerden und hemmen die Entzündung. NSAR wie Diclofenac, Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen gibt es als Tabletten, aber auch in Salben- oder Gelform. Die lokale Anwendung ist nebenwirkungsärmer, wobei auch die Wirkung geringer ist als bei Einnahme des Wirkstoffs in Tablettenform. Nach dem Auftragen von NSAR-haltigen Schmerzgelen kann es in Einzelfällen zu Hautreaktionen wie Rötung und Juckreiz kommen. Diese verschwinden aber wieder nach Beenden oder Absetzen der Behandlung.
- Um anschließend keinen Rückfall zu provozieren, ist es entscheidend, die ursächliche Belastung entweder auf Dauer zu vermeiden oder nur schrittweise über einen Zeitraum von 3–4 Wochen wieder aufzubauen.
- Besteht eine berufliche Belastung, ist eine Ergotherapie anzuraten.
Chronische Sehnenscheidenentzündung. Sind die Beschwerden permanent geworden, ist rasche und effektive Hilfe nicht zu erwarten. Hier ein Überblick über die Möglichkeiten:
- Wärme hilft meist besser als Kälte.
- Statt aktiver Übungen geben spezielle Massagen mehr Linderung.
- Schmerzmittel helfen, besonders schmerzhafte Tage und Zeiten zu überbrücken (Details siehe oben), außerhalb dieser Perioden sollte man auf Schmerzmittel aber möglichst verzichten.
- Schienen, Dehn- und andere physiotherapeutische Übungen sind sinnvoll (Details siehe oben).
- Bei dauerhaft starken Schmerzen hilft oft eine (einmalige) Injektion von Kortisonpräparaten in den Bereich der Sehnenscheide. Sie bringt in jedem Fall kurzfristige Linderung, ob diese auch längerfristig besteht, ist nicht erwiesen.
- Umstritten ist auch die Wirksamkeit von Extrakorporaler Stoßwellentherapie (ESWT), Iontophorese und Querfriktionen. Sie sind ggf. aber einen Versuch wert.
In schweren Fällen lässt sich eine chronische Sehnenscheidenentzündung auch operativ behandeln. Dabei spaltet der Orthopäde oder Handchirurg die verengte Stelle der Sehnenscheide und schafft damit Entlastung. Auch können die Nervenbahnen der Sehnenscheide gekappt werden.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie selbst tun können
Beseitigen Sie die Ursachen der Erkrankung. Konzentrieren Sie sich weniger darauf, momentane Schmerzen zu beseitigen, als darauf, Rückfälle zu verhindern. Letzteres ist schwierig, erfordert Ideen, Geduld zum Ausprobieren von Strategien und sorgfältige Selbstbeobachtung. Aber dieser Weg lohnt sich!
Eine Beschwerdelinderung lässt sich bei der PC-Arbeit z. B. durch ergonomische Tastaturen, durch ein Auflagepolster vor der Tastatur, eine größere oder vertikal funktionierende PC-Maus, einen Touchscreen oder durch einen Wechsel der "Maushand" erreichen. Bei Musikern und Sportlern helfen bessere Techniken, lockeres Warmspielen und längere Aufwärmübungen der Hände vor dem eigentlichen Spiel. Gezielte Übungen zur Stärkung der Arm- und Rückenmuskulatur tragen ebenfalls dazu bei, ein Wiederauftreten der Beschwerden zu verhindern.
Was im Einzelfall angebracht ist, sollten Sie mit dem Physiotherapeuten oder dem Orthopäden gründlich diskutieren und im Zweifelsfall einfach mal für ein paar Wochen ausprobieren.
- Lassen Sie sich Physiotherapie verschreiben, um durch Dehnungsübungen (z. B. Fingerstretching oder Querfriktionsübungen) die Verklebungen der entzündeten Strukturen zu verhindern und die zukünftige Belastung der Sehnenscheiden so weit wie möglich zu minimieren.
- Es empfiehlt sich auch, auf die Schlafstellung der betroffenen Hand zu achten – eine ungünstige Stellung in starker Beugehaltung macht manchmal eine Erholung der Sehnenscheiden unmöglich. Eine gute Hilfe ist eine Handgelenks-, Daumen- oder Fingerorthese, die vor allem nachts angelegt wird (tagsüber kann man sie auch anlegen, da stört sie aber oft sehr). Weil gute Orthesen nicht ganz billig sind, besorgen Sie sich dafür ein Rezept bei Ihrem Hausarzt oder Orthopäden.
- Nicht zuletzt bestehen oft gleichzeitig Verspannungen und Schmerz im Schulter- und Nackenbereich. Dagegen hilft, die Körperhaltung zu verbessern, einen dynamischen Bürostuhl zu nutzen und sich generell mehr zu bewegen – erstaunlicherweise bessert sich dabei zugleich auch die Sehnenscheidenproblematik.
Komplementärmedizin
Phytotherapie. Bei starken Schmerzzuständen von Sehnen-, Bändern- und Muskelansätzen soll die Einnahme von Johanniskraut helfen. Weitere häufig eingesetzte Phytopharmaka sind Präparate mit Arnika oder Kombinationspräparate aus ätherischen Ölen wie Bergamotte-, Lavendel-, Orangen- und Zitronenöl zum Einreiben. Ihre Wirkung ist jedoch meist schwächer als die der NSAR.
Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt u. a. Acidum fluoricum oder Bryonia zur Linderung der Beschwerden.

Regelmäßiges Dehnen ist wichtig für den Körper. Ob man es beim Training oder zwischendurch macht, ist unerheblich.
7 Sport-Mythen unter der Lupe
Von Kältespray bis Magnesium
Was bringt Magnesium bei Muskelkrämpfen? Sollte man vor dem Sport präventiv NSAR nehmen? Und wann ist Dehnen sinnvoll? Um Sport und Gesundheit ranken sich viele Mythen. Ein Mediziner spricht Klartext, was davon stimmt.
- Dehnen ist gesund. Die einen schwören auf Dehnen vor dem Sport, die anderen machen das lieber nach dem Training. Für den Sportmediziner und Orthopäden Dr. Patric Behr ist Dehnen generell sinnvoll und der Zeitpunkt unbedeutend. Wichtig ist nur, dass überhaupt regelmäßig gedehnt wird – ob in Zusammenhang mit einem Training oder zwischendurch ist dabei egal.
- Magnesium hilft gegen Muskelkrämpfe. Muskelkrämpfe liegen in den meisten Fällen nicht am Magnesiummangel, sagt Dr. Behr. Eher ist der Muskel nicht richtig trainiert oder sogar verkürzt. Zudem können Muskelkrämpfe neurogen getriggert sein – also Beschwerden im Rücken können Muskelkrämpfe im Unterschenkel auslösen. In all diesen Fällen hilft Magnesium nicht. Eine gezielte Zufuhr ist nur in speziellen Fällen sinnvoll, etwa bei hohen Ausdauerleistungen in extremer Hitze.
- NSAR vor dem Sport steigert die Leistung. Entzündungshemmende Schmerzmittel sollen die Leistungsfähigkeit steigern und Schmerzen kaschieren. Beides ist nicht sinnvoll und sogar kontraproduktiv. Denn durch ein geringeres Schmerzempfinden steigt die Verletzungsgefahr. Besser ist es, zum Schutz des Organismus regenerierende Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Dr. Behr empfiehlt dafür z. B. Curcumin.
- Fettverbrennung beginnt erst nach 30 Minuten. Das ist ein Mythos: Denn der Körper verbrennt beim Sport immer Kalorien. Allerdings werden die Fettreserven erst ab einem bestimmten Kalorienverbrauch angezapft. Das kann je nach Verbrauch früher oder später geschehen. Pauschale Zeitangaben machen da keinen Sinn.
- Aufwärmen senkt das Verletzungsrisiko. Das stimmt. Deshalb ist richtiges Aufwärmen so wichtig. Richtig heißt, dass dabei alle Bewegungsmuster der Sportart vorkommen. Über die Dauer lässt sich streiten, bei einer Stunde Sport geht man von ungefähr 10 Minuten aus. Nicht vergessen werden darf, dass am Ende der Belastung die Verletzungsgefahr wieder steigt. Denn dann lässt die Aufmerksamkeit nach und die Muskeln sind müde. Deshalb sollte man in sein Training immer eine Cool-down-Phase integrieren.
- Bringen Tapes im Sport etwas? Wissenschaftliche Beweise gibt es für den Nutzen der Tapes nicht. Manche Sportler*innen berichten dennoch, dass sie Schmerzen reduzieren können und die Stabilität verbessern. Wichtig ist allerdings, dass die Tapes richtig angebracht werden.
- Kälte ist bei Verletzungen sinnvoll. Das ist richtig, weshalb Kälte (Eis) auch ein wichtiger Bestandteil der bekannten PECH-Regel bei geschlossenen Verletzungen ist. Kälte reduziert die Schmerzen und wirkt Schwellungen entgegen. Im Idealfall kühlt man sofort. Besser als Eissprays ist ein Eiswasser-Schwann. Denn Eis-Sprays können zu Verbrennungen auf der Haut führen.
Quelle: medscape