Gesundheit heute

Knochenbrüche

Knochenbruch (Fraktur): Obwohl der Aufbau der Knochen bei normaler Belastung eine große Stabilität gewährleistet, sind Knochen bei Unfällen erheblich durch Verletzungen gefährdet. Weitaus am häufigsten ist die Speiche nahe dem Handgelenk betroffen, gleich gefolgt vom Schlüsselbein. Starke Gewalteinwirkung führt oft zu dislozierten, also verschobenen Brüchen mit zum Teil erheblichem Auseinanderklaffen der Bruchflächen. Wo der Knochen nur von einer dünnen Hautschicht bedeckt ist, wie z. B. am Schienbein, treten die scharfen Bruchkanten häufig nach außen durch die Haut und machen die Verletzung zu einem offenen Bruch. Für eine starke Gewalteinwirkung spricht auch, wenn der Knochen in mehr als zwei Teile zerbricht. Bei 3–6 Bruchstücken (Fragmenten) liegt eine Mehrfragmentfraktur vor, bei mehr als sechs eine Trümmerfraktur.

Manchmal entsteht ein Knochenbruch auch ohne Unfall. Von einer pathologischen Fraktur spricht der Arzt, wenn ein Knochen schon bei einer relativ geringen Belastung bricht, z. B. bei einem leichten Anschlagen an ein Hindernis, bei einer heftigen Bewegung oder beim Aufstehen aus dem Sitzen. Ursache ist hier oft eine Osteoporose, die zu einer Ausdünnung und Schwächung der Knochenstruktur führt. In anderen Fällen befinden sich pathologische Frakturen an Schwachstellen des Knochens, die durch krankhafte Veränderungen, z. B. eine Zyste oder einen Tumor, entstehen. Ein Ermüdungsbruch entwickelt sich dagegen bei einer Dauerüberlastung des Knochens. Ein bekanntes Beispiel ist die Marschfraktur eines Mittelfußknochens, eine typische „Nebenwirkung“ militärischer Gewaltmärsche.

Besondere Bruchformen treten im Kindes- und Jugendalter auf. Bei Wulstfrakturen und Grünholzbrüchen (Grünholzfrakturen) bricht der noch weiche, biegsame Knochen nicht ganz durch, sondern ist eingestaucht oder nur auf einer Seite (an)gebrochen – wie bei einem biegsamen, grünen Ast.

Leitbeschwerden

Ob ein Knochen gebrochen ist, lässt sich oft auch ohne Röntgenbild feststellen. So liegt sicher ein Knochenbruch vor, wenn

  • Der betroffene Knochen abnorm beweglich ist, also an einer Stelle eine Bewegung möglich ist, an der sich kein Gelenk befindet
  • Durch die Verschiebung der Knochenbruchstücke (Fragmente) ein Knirschen, Kratzen oder Reiben zu hören oder zu fühlen ist (Knochenreiben, Krepitation)
  • Ein sichtbarer „Knick“, also eine Achsfehlstellung des Knochens besteht
  • Herausstehende Knochen oder in einer Wunde Knochenbruchstücke sichtbar sind (offener Knochenbruch, offene Fraktur).

Gegenüber diesen sicheren Knochenbruchzeichen (sichere Frakturzeichen) gelten Schmerzen, Schwellung, Blutergüsse und Bewegungseinschränkung im Bruchbereich sowie Schonhaltung des betroffenen Körperteils als unsichere Knochenbruchzeichen (unsichere Frakturzeichen). Sie sind zwar in der Regel bei einem Knochenbruch vorhanden, finden sich aber oft auch bei einer einfachen Prellung oder Verstauchung.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

Die Versorgung von Knochenbrüchen hat hinter lebensrettenden Sofortmaßnahmen zurückzustehen.

Zeigt der Verletzte Knochenbruchzeichen (auch wenn es unsichere sind), darf man die Bruchstelle nicht mehr als unbedingt erforderlich bewegen. Sonst drohen eine Ausdehnung des Weichteilschadens und Gefäßverletzungen durch Knochenteile. Besonders gefährdet sind Wirbelsäulenverletzte. Ist ein rascher Transport, z. B. zur Rettung aus der Gefahrenzone, unvermeidbar, sollte die Körperhaltung des Verletzten möglichst unverändert bleiben, indem er z. B. von möglichst vielen Helfern hochgehoben und getragen wird.

Nur wenn Wirbelsäulenverletzungen ausgeschlossen sind, ist der Verletzte bequem zu lagern, bei Schockgefahr in Schocklage, bei Bewusstlosigkeit in stabiler Seitenlage. Ist der Notarzt schon auf dem Weg zur Unfallstelle, sollte in jedem Fall besser sein Eintreffen abgewartet werden.

Ist kein Notarzt verfügbar, können Arm- und Handbrüche behelfsmäßig mit einem Dreiecktuch versorgt werden. Es wird um den Hals geknotet, sodass eine Schlinge entsteht, in der der Arm ruhig gestellt ist. Bei Beinbrüchen ist es zweckmäßig, den Bruch mit fest gerollten Kleidungsstücken, Decken, Kissen oder ähnlichem zu umpolstern, bis eine medizinische Versorgung erfolgt.

Das macht der Arzt

Bei verschobenen Knochenbrüchen beginnt die Therapie damit, die Knochenbruchstücke in die normale Stellung zu bringen. Die Einrichtung (Reposition) erreicht der Arzt durch dosierten Zug und Druck, manchmal aber auch nur im Rahmen einer Operation.

Anschließend ist eine Ruhigstellung (Fixation) der betroffenen Region erforderlich. Je nach Bruchform erfolgt sie konservativ, meist unter Verwendung eines (Kunststoff)Gipses, oder operativ durch Osteosynthese. Mangelhafte Einrichtung, ungenügende Ruhigstellung, schlechte Knochendurchblutung oder Infektionen haben oft zur Folge, dass die Heilung stark verzögert abläuft oder ganz ausbleibt. Zwischen den Knochenbruchstücken bildet sich dann eine Bindegewebenarbe, ein Falschgelenk (Pseudarthrose). Da dieser Zustand schmerzhaft ist, erfordert er meist eine (erneute) Operation.

Komplementärmedizin

Auch die Komplementärmedizin unterstützt den Heilungsprozess von Knochenbrüchen. Dazu gehören insbesondere die Magnettherapie, die inzwischen auch in der Schulmedizin immer häufiger v. a. bei schlecht heilenden Knochenbrüchen zum Einsatz kommt, Akupunktur sowie Homöopathie, die eine individuell abgestimmte Konstitutionstherapie empfiehlt. Während die positiven Effekte der Magnettherapie etwa auf den Stoffwechsel der Knochenzellen und das Knochenwachstum gut erforscht und inzwischen auch belegt sind, berufen sich Akupunktur und Homöopathie v. a. auf zahlreiche positive Erfahrungsberichte – hier stehen Studienergebnisse noch aus.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. med. Michael Bendall, Dr. med. Siegfried Locher, Dr. Schäfer Martin, Dr. med. Werner Zirngibl in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Zweitmeinung zur Hüftprothese

Das Einpflanzen einer künstlichen Hüfte und ihre Funktion werden häufig an Modellen aus Kunststoff erklärt.

Zweitmeinung zur Hüftprothese

Seit 2024 möglich

Bei ausgeprägter Arthrose wird oft das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks empfohlen. Doch viele Betroffene sind unsicher, ob das wirklich die beste Maßnahme ist. Seit 2024 gibt´s Entscheidungshilfe: Wer eine Hüftprothese bekommen soll, kann sich auf Kassenkosten eine zweite Meinung dazu einholen.

Wenn nichts anderes mehr hilft

In Deutschland werden pro Jahr etwa 240 000 künstliche Hüftgelenke (Hüftendoprothese) eingesetzt. In etwa 75% wird der Gelenkersatz aufgrund von Arthrose nötig. Empfohlen wird eine neue Hüfte nur dann, wenn alle anderen Maßnahmen zur Behandlung der Arthrose ausgeschöpft sind. Dazu gehören schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Krankengymnastik, Physiotherapie und die Anpassung der Belastung.

Es ist nicht ganz einfach, bei einer Hüftgelenksarthrose den besten Zeitpunkt für das Einsetzen einer Endoprothese zu finden. Operiert man zu spät, kann das Ergebnis darunter leiden. Z.B. wenn das Gelenk schon zu eingesteift war, um durch die Prothese die volle Bewegung zurückzuerlangen. Oder wenn sich das Schmerzgedächtnis nicht „löschen“ lässt, Schmerzen also trotz reibungslos funktionierender neuer Hüfte weiter bestehen bleiben. In seltenen Fällen ist vielleicht auch der Gelenkersatz gar nicht die richtige Entscheidung für die Betroffene.

Anspruch auf eine qualifizierte zweite Meinung

Auch wenn die behandelnde Ärzt*in nach bestem Wissen und Gewissen zum Hüftersatz rät – oft bleibt bei den Betroffenen eine gewisse Unsicherheit zurück. Da hilft eine neue Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GbA). Danach haben gesetzlich Krankenversicherte in Zukunft das Recht, sich eine zweite Meinung einzuholen, wenn ihnen ein Hüftgelenksersatz oder der Austausch ihrer Hüftprothese empfohlen wird. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse.

Ärzt*innen für die Zweitmeinung findet man im Netz

Die Zweitmeinung gibt es von speziell qualifizierte Fachärzt*innen, im Fall der Hüftgelenksprothese z.B. aus dem Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie beraten die Patient*innen darüber, ob der geplante Eingriff medizinisch notwendig ist und ob es eventuell doch Behandlungsalternativen gibt.

Zweitmeinungsberechtigte Ärzt*innen findet man im Internet unter www.116117.de/zweitmeinung. Auch die Krankenkassen beraten darüber, wer in der Nähe eine Zweitmeinung abgeben darf. Zu welchem der ermächtigten Fachleute man schließlich geht, entscheidet die Betroffene dann selbst.

Quellen: GbA, Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Cavan Images / R.Maghdessian