Gesundheit heute
Hyperurikämie und Gicht
Hyperurikämie: Anhäufung von Abbauprodukten des Purinstoffwechsels mit erhöhtem Harnsäurespiegel im Blut als Folge; betrifft vor allem Männer zwischen 40 und 60 Jahren. Überernährung, fleischbetonte Kost und eine erbliche Veranlagung fördern die Ausbildung einer Hyperurikämie, aber auch eine Chemotherapie bei Krebs kommt als Auslöser in Frage. Unbehandelt droht der Übergang zur Gicht.
Gicht (Urikopathie, Arthritis urica, Arthropathica urica): Zunächst akute, sodann chronisch werdende Gelenkentzündung aufgrund von Harnsäurekristallen (Urat), die wegen eines dauerhaft erhöhten Harnsäurespiegels auskristallisieren, von weißen Blutkörperchen aufgenommen werden, und sich in den Gelenkspalten ablagern. Die Gicht beginnt zunächst an einem Gelenk (Monoarthritis) mit einem akuten Gichtanfall. Dieser ist hochschmerzhaft, aber relativ gut behandelbar. Etwa 3 % der Männer und weniger als 1 % der Frauen erleiden einmal im Leben einen akuten Gichtanfall, beim Mann meist mit etwa 40 Jahren, bei Frauen zwischen 60–70 Jahren. Wird der zugrunde liegende erhöhte Harnsäurespiegel nicht durch eine Änderung der Lebensgewohnheiten und/oder Medikamente beseitigt, droht – auch nach beschwerdefreien Jahren – der Übergang zur chronischen Gicht. Sie ist gekennzeichnet von Gichtanfällen in immer kürzeren Abständen, unwiderruflicher Zerstörung der befallenen Gelenke, Gichtknoten an Knochen und inneren Organen, insbesondere der Ausbildung von Nierensteinen oder einer chronischen Gichtniere.
Leitbeschwerden
Akuter Gichtanfall:
- Meist nachts auftretende unerträgliche Schmerzen, Schwellung, Überwärmung und Rötung des Großzehengrundgelenks, seltener auch des Kniegelenks und anderer Gelenke
- Starke Berührungsempfindlichkeit (die Bettdecke ist zu schwer)
- Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl (erhöhter Puls, Kopfschmerzen und Erbrechen)
Chronische Gicht:
- Ständige Gelenkschmerzen und Beschwerden an Großzehengrund-, Mittelfuß-, Ellenbogen-, Finger- und Kniegelenken, aber auch an Schulter und Wirbelsäule
- Sichtbare oder tastbare kleine Knötchen an der Haut (Gichtknoten, z. B. Ohrmuschel), aber auch an Sehnenansätzen, Sehnenscheiden und Schleimbeuteln.
Die Erkrankung
Werden Purine (Bausteine des Erbmaterials DNS) abgebaut, fällt als Endprodukt Harnsäure an, die normalerweise hauptsächlich über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden wird.
Hyperurikämie. Ist das Gleichgewicht zwischen Harnsäurezufuhr zu Ungunsten der -ausscheidung gestört, erhöht sich der Harnsäurespiegel im Blut, was der Mediziner als Hyperurikämie bezeichnet. Einer primären Hyperurikämie (mehr als 95 % der Gichtkranken) liegt eine angeborene Störung der Harnsäureausscheidung zu Grunde, seltener eine vermehrte körpereigene Harnsäurebildung aufgrund von Enzymdefekten im Purinstoffwechsel. Eine sekundäre Hyperurikämie ist ebenfalls Folge vermehrter Harnsäureproduktion, verminderter Harnsäureausscheidung oder einer Kombination aus beidem. Sie kommt z. B. als Folge des verstärkten Zellauf- und Zellabbaus bei Blutkrankheiten oder bei Nierenschäden vor.
Risikofaktoren. Zu einem Überangebot an Harnsäure im Blut kommt es durch sehr purinreiche Nahrung, schwere Muskelarbeit, den Abbau von Muskelmasse oder durch vermehrten Alkoholgenuss (vor allem Bier). Als Auslöser werden auch körperliche Anstrengung, Stress, Wetterwechsel, Operationen und Infektionen diskutiert. Seltener ist ein vermehrter Abbau von Zellen für den erhöhten Harnsäurespiegel verantwortlich, wenn bei einer Krebsbehandlung Tumorgewebe großflächig zerfällt, z. B. durch Strahlen- oder Chemotherapie.
Akuter Gichtanfall. Liegt der Harnsäurespiegel über einem kritischen Wert, bilden sich aus dem Zuviel an Harnsäure Kristalle (Harnsäuresteine = Urate, ausgefällte Harnsäure). Sie werden in den Gelenken abgelagert und es kommt langsam aber stetig zur Ausbildung der Gicht. Im akuten Gichtanfall wandern weiße Blutkörperchen in das Gelenk und fressen die Harnsäurekristalle auf. Durch eine Vielzahl von dadurch angelockten Entzündungsstoffen wird eine heftige Entzündungsreaktion in Gang gesetzt. Selbst eine leichte Berührung mit der Bettdecke oder durch Strümpfe wird als unerträglich schmerzhaft empfunden. Ausgelöst wird ein akuter Gichtanfall häufig durch Ess- und Alkoholexzesse, aber auch durch Fasten. Insbesondere dann, wenn Fasten durch den Genuss von eisgekühlten Getränken unterbrochen wird.
Tritt die Erkrankung zum ersten Mal auf, so ist meist eines der beiden Großzehengrundgelenke betroffen, seltener ein Kniegelenk.
Chronische Gicht. Sie ist gekennzeichnet durch einen Wechsel von akuten Gichtanfällen und beschwerdefreien Zeiträumen. Es kommt zur Zerstörung der Gelenke, begleitet von einer Verformung der Gelenke und Fehlstellungen von Zehen und Fingern. Häufig werden zusätzlich Gichtknoten (Gichttophi) sichtbar, die auf eine vermehrte Ablagerung von Harnsäuresteinen – auch in Knochen und Weichteilen – zurückzuführen sind.
Nierenbeteiligung. Die Hyperurikämie kann auch die Nieren schädigen, wenn Harnsäure in den Nieren auskristallisiert. Aus den Harnsäurekristallen bilden sich Harnsäuresteine, eine Form von Nierensteinen, und schließlich die chronische Gichtniere mit chronischem Nierenversagen.
Davon abzugrenzen ist die akute Schädigung der Nieren durch Harnsäure, die akute Uratnephropathie: Harnsäure wird massiv im Nierengewebe ausgefällt, und es kommt plötzlich zu einem akuten Nierenversagen. Gleiches passiert, wenn hochkonzentrierter saurer Urin gebildet wird – rückführbar auf eine zu geringe Trinkmenge.
Das macht der Arzt
Diagnosesicherung. Ein akuter Gichtanfall ist so charakteristisch, dass der Arzt ihn schon beim Anblick des betroffenen Gelenks erkennt (Blickdiagnose). Der Arzt entnimmt Blut, denn ein erhöhter Harnsäurespiegel im Blut bestätigt die Diagnose. Aus weiteren Blutwerten beurteilt er den Krankheitsverlauf und prüft die Nierenfunktion.
Selten ist eine bakterielle Gelenksentzündung mit Eiteransammlung (Abszess) schwer von einem Gichtanfall abzugrenzen, dann ist zur weiteren Klärung eine Punktion des Gelenks zur Entnahme von Gelenkflüssigkeit (Punktat) notwendig. Nur beim akuten Gichtanfall finden sich im Gelenkpunktat Harnsäurekristalle, die innerhalb von weißen Blutkörperchen liegen.
Therapie. Ziel der Behandlung ist eine dauerhafte Senkung der Harnsäurewerte auf etwa 5,5 mg/dl.
Therapie der Hyperurikämie. Wenn nur die Harnsäurewerte erhöht sind (zwischen 8,5 und 9 mg/dl), also kein akuter Gichtanfall vorliegt, wird meist auf Medikamente verzichtet. Der Patient ist angehalten, seine Lebensgewohnheiten umzustellen (purinarme Ernährung). Ausnahme ist die Hyperurikämie infolge einer Chemotherapie, denn es besteht die Gefahr des Tumor-Lyse-Syndroms: Dabei übersteigt die Menge an freigesetzten Zellbestandteilen im Blut durch den Zerfall des Tumors die Ausscheidungskapazität der Nieren. Mineralstoffentgleisungen und metabolische Störungen sind die Folge; da es eine Notfallsituation ist, ist rasches Handeln gefragt. Hier werden meist Medikamente verordnet.
Therapie des Gichtanfalls. Bei Harnsäurewerten über 9 mg/dl und gleichzeitigem Auftreten von Gichtanfällen oder Nierensteinen ist neben der Ernährungsumstellung eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Vor allem anderen steht zunächst die Behandlung der sehr starken Schmerzen mit Schmerzmitteln (NSAR).
Die Harnsäuresteine der Niere medikamentös zu entfernen gelingt bei zwei Dritteln der Patienten in Form einer medikamentösen Steinentfernung über mehrere Monate hinweg.
Um den akuten Gichtanfall zu behandeln, werden Prednisolon und/oder nichtsteroidale Antiphlogistika eingesetzt. Colchicin (aus der Herbstzeitlose gewonnenes Zellgift, z. B. Colchicum-Dispert®) kommt aufgrund seiner Nebenwirkungen nur als Mittel zweiter Wahl zum Einsatz. Wirken orale Medikemente nicht ausreichend, kann alternativ Kortison ins Gelenk gespritzt werden (intraartikuläre Gelenkinjektion). Dabei besteht allerdings eine erhöhte Infektionsgefahr, weshalb diese Maßnahme nur in Ausnahmefällen angewendet wird.
Medikamentöse Vorbeugung. Ist der akute Gichtanfall behandelt, muss weiteren Anfällen vorgebeugt werden. Hierfür stehen zwei Arzneimittelgruppen zur Verfügung:
- Urikostatika wie beispielsweise Allopurinol (Zyloric®): Sie sorgen dafür, dass weniger Purine im Stoffwechsel anfallen und hemmen damit die Bildung von zu viel Harnsäure; sie sind Mittel der ersten Wahl.
- Urikosurika wie beispielsweise Benzbromaron und Probenecid (Probenecid Weimer®): Sie fördern die Harnsäureausscheidung über die Niere. Weil Gichtkranke oft geschädigte Nieren haben, sind Urikosurika aber riskant.
Prognose
Für die Gicht ist die Prognose abhängig von Therapie, Krankheitsverlauf und Zeitpunkt der Entdeckung, denn je früher sie diagnostiziert wird, desto besser sind die Aussichten – z. B. im Stadium einer beginnenden Hyperurikämie. Wenn die Erkrankung bereits einen chronischen Verlauf mit Veränderungen an den Gelenken genommen hat, drohen massive Bewegungseinschränkungen (Invalidität), bei Nierenschäden gar die Notwendigkeit einer Dialyse.
Selbsthilfe
- Halten Sie das betroffene Gelenk im akuten Anfall ruhig und lindern Sie die Schmerzen mit kühlenden Umschlägen (z. B. mit Alkohol).
- Vermeiden Sie extreme Ernährungssituationen wie Fastenkuren oder Völlerei, denn dadurch erhöht sich der Harnsäurespiegel noch weiter.
- Verzichten Sie auf Alkohol (v. a. Bier) und purinreiche Nahrungsmittel (vorwiegend innere Organe, Leber, Niere), besonders wenn ein erhöhter Harnsäurespiegel bei einer Routineuntersuchung gemessen wurde.
- Zu Beginn der purinarmen Diät ist es sinnvoll, Fleisch oder Fischportionen abzuwiegen, da man die Portionsgröße meist unterschätzt.
- Trinken Sie ausreichend, mindestens zwei Liter pro Tag. So beugen Sie einer Schwächung der Nieren vor, da die Harnsäure besser ausgeschieden wird.
Komplementärmedizin
Im akuten Gichtanfall vermögen komplementärmedizinische Maßnahmen wenig auszurichten.
Kälteanwendungen. Zusätzlich zur medikamentösen Therapie helfen Kälteanwendungen, die Schmerzen zu lindern. Empfohlen werden z. B. kalte Bäder oder Eisbeutel, die in ein Leintuch gewickelt und auf die betroffene Stelle gelegt werden.
Homöopathie. Bei manchen Gichtpatienten hat sich die Einnahme von Mittel der Homöopathie bewährt, z. B. Bryonia oder Belladonna.
Die physikalische Therapie bei der chronischen Gicht orientiert sich an den Maßnahmen, die auch bei der Rheumatoiden Arthritis angewendet werden (Selbsthilfe).
Wärmeanwendungen. Bei chronischer Gicht unterstützen Wärmeanwendungen wie Schwitzkuren, Fangopackungen oder Moorbäder die therapeutischen Standardmaßnahmen.
Weiterführende Informationen
- www.ernaehrung.de – Internetseite des Instituts für Ernährungsinformation (DEBInet, Freudenstadt): Zum Suchwort Gicht werden Informationen zur Krankheit, zu den Medikamenten sowie zahlreiche Ernährungstipps geboten. Unter www.ernaehrung.de/tipps/gicht/harnsaeure.pdf gibt es die Tabelle mit den Harnsäuregehalten zahlreicher Lebensmittel kostenlos zum Herunterladen. Sehr hilfreich und übersichtlich.
- E. Hund-Wissner; G. Wolfram: Köstlich essen bei Gicht. Endlich niedrige Harnsäurewerte. Vom Snack bis zum Festtagsmenü: 130 abwechslungsreiche Rezepte. Trias, 2006. Wer Probleme mit einem erhöhten Harnsäurespiegel hat, braucht deswegen keine Spezialdiät oder auf Köstlichkeiten zu verzichten, wie dieser Ratgeber eindrucksvoll beweist.

Wer zu häufig Pommes mit Ketchup futtert, erhöht sein Risiko für einen Typ-2-Diabetes.
Diabetes-Risiko durch Kartoffeln?
Auf die Zubereitung kommt´s an
Gekocht, gebraten, frittiert oder als Brei: Auf Kartoffeln mag man weder in der Hausmannskost noch in der Haute Cuisine verzichten. Allerdings hat die beliebte Knolle auch ihre Schattenseiten: Sie erhöht das Risiko für einen Typ-2-Diabetes.
Blutzuckerspiegel steigt schnell an
Kartoffeln gelten als problematisch für Diabetiker*innen, weil sie einen hohen glykämischen Index haben. Das bedeutet, dass sie den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen. Vor allem für Zuckerkranke ist das ungünstig, weil sie ihre Blutzuckerwerte gut kontrollieren müssen. Aber auch Stoffwechselgesunde sind gefährdet, denn Kartoffeln sollen der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes Vorschub leisten.
Um Genaueres über das Risiko von Kartoffeln herauszufinden, haben US-amerikanische Forschende eine Studie gestartet. Dabei werteten sie die Gesundheitsdaten und Essgewohnheiten von über 200 000 Frauen und Männern aus 30 Jahren aus. Insbesondere interessierte sie, wie viel Kartoffeln verzehrt wurden – und wie diese zubereitet wurden.
Riskante Fritten
Zunächst kam heraus, dass der häufige Genuss von Kartoffeln tatsächlich das Risiko für einen Typ-2-Diabetes erhöhte. Mit jedem Plus von drei Portionen pro Woche stieg die Rate um 5%. Allerdings hing das Diabetesrisiko stark davon ab, in welcher Form die Erdäpfel verzehrt wurden.
Gekocht, gebraten oder als Kartoffelbrei genossen fand sich kein Zusammenhang mit einer erhöhten Diabetesgefahr. Ganz anders sah das allerdings bei Pommes frites aus: Drei Portionen pro Woche erhöhten das Diabetesrisiko um fast 20%, wie die Forschenden errechneten.
Pommes gegen Vollkornprodukte tauschen
Die Arbeitsgruppe empfiehlt daher, insbesondere weniger Pommes frites zu essen. Tauscht man drei Pommes-frites-Portionen pro Woche mit Vollkornprodukten aus, sinkt das Diabetesrisiko um 19 %. Ersetzt man die Pommes mit gebratenen oder gekochten Kartoffeln, geht es um immerhin 4% zurück.
Keine gute Idee ist weißer Reis als Alternative. Denn der ist in puncto Diabetes zwar nicht so riskant wie Pommes frites, aber gefährlicher als gekochte Kartoffeln, sagen die Forschenden.
Quelle: British Medical Journal