Gesundheit heute

Stoffwechselentgleisungen bei Diabetes

Diabetisches Koma

Diabetisches Koma (Coma diabeticum, hyperglykämischer Schock): Lebensgefährliche Komplikation des Diabetes mit extrem hohen Blutzuckerwerten. Es werden zwei Formen unterschieden:

Das lebensbedrohliche ketoazidotische Koma entwickelt sich aufgrund eines ausgeprägten Insulinmangels, deshalb sind vor allem Typ-1-Diabetiker betroffen. Da die Blutzuckeraufnahme in die Zellen eingeschränkt ist, versucht der Körper, das Energiedefizit der Zellen durch einen verstärkten Fettabbau auszugleichen. Hierbei fallen vermehrt Ketonkörper an, die ab einer gewissen Konzentration im Blut zur Übersäuerung des Körpers führen (Azidose). Nur wenn sofort Insulin gespritzt wird, kann diese Stoffwechselentgleisung, die diabetische Ketoazidose, therapiert und der Übergang zum ketoazidotischen Koma verhindert werden. Hinweise auf eine ketoazidotische Stoffwechselentgleisung sind Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit mit zunehmender Bewusstseinstrübung. Später tritt ein charakteristischer Geruch der Ausatemluft (Azetongeruch – wie Nagellackentferner oder vergorenes Obst) auf.

Bei jedem vierten Betroffenen wird der (Typ-1-) Diabetes erst im Zustand des ketoazidotischen Komas diagnostiziert, bei bekanntem Diabetes sind die Auslöser ein erhöhter Insulinbedarf – etwa infolge einer Infektion – sowie Hungerzustände oder Dosierungsfehler.

Schon in der frühen Phase einer diabetischen Ketoazidose lassen sich Ketonkörper im Urin mit Urin-Teststreifen nachweisen. So können Diabetiker oder ihre Angehörigen die Stoffwechsellage selbst prüfen.

Das hyperosmolare Koma tritt in erster Linie bei unbehandeltem bzw. unerkanntem Typ-2-Diabetes auf. Infolge eines erhöhten Flüssigkeits- und Mineralverlusts leiden die Betroffenen unter massiven Austrocknungserscheinungen bis hin zum Bewusstseinsverlust. Diese werden durch eine extreme Blutzuckererhöhung (> 600 mg/dl) und damit einhergehender starker Ausscheidung von Zucker (Glukose) mit dem Urin hervorgerufen. Die Patienten werden auf der Intensivstation mit Infusionen zum Ausgleich des Flüssigkeitsverlusts sowie mit einer intravenösen Gabe von Insulin therapiert. Dennoch stirbt etwa jeder vierte Patient.

Unterzuckerung und hypoglykämischer Schock

Unterzuckerung (Hypoglykämie): Lebensgefährliche Komplikation des Diabetes mit extrem niedrigen Blutzuckerwerten unter 50 mg/dl, unbehandelt droht der hypoglykämische Schock. Typische Beschwerden sind Unruhe, Überaktivität, Zittern, weite Pupillen und schneller Herzschlag, Heißhunger – besonders nach Süßem – und Speichelfluss. Ursache ist meist eine Überdosierung von Insulin bzw. blutzuckersenkender Medikamente, seltener schwere körperliche Anstrengung, unzureichende Nahrungsaufnahme oder Alkoholgenuss.

Kurze Episoden mit leichten Unterzuckerungen kommen gerade bei einer intensiven Insulintherapie hin und wieder vor und sagen daher – im Gegensatz zum diabetischen Koma – nur wenig über die Qualität der Blutzuckereinstellung aus. Problematisch wird es, wenn der Zustand anhält und sich ein hypoglykämischer Schock entwickelt.

Unbehandelt kommen innerhalb weniger Minuten zu den charakteristischen Unterzuckerungsbeschwerden Zeichen eines Schocks wie blasse, kaltschweißige Haut und Bewusstseinstrübungen bis hin zum Bewusstseinsverlust. Im Extremfall kommt es zu zerebralen [Krampf]Anfällen und ausgeprägten Atem- bzw. Kreislaufregulationsstörungen. Spätestens dann ist die sofortige Einweisung ins Krankenhaus notwendig, wo intravenös eine Zuckerlösung aus Glukose verabreicht wird und die Vitalfunktionen überwacht werden.

Kurzdauernde Unterzuckerungen, auch wenn sie Bewusstlosigkeit zur Folge haben, verlaufen in der Regel ohne weitere Komplikationen.

Diabetiker sollten stets Traubenzucker bei sich tragen, um bei ersten Anzeichen einer Unterzuckerung schnell reagieren zu können. Ersatzweise helfen auch Würfelzucker oder gesüßte Getränke (Orangensaft, Fanta, Cola & Co.). Auch Angehörige oder Fremde können einem bewusstseinsgetrübten Diabetiker helfen: Ein Stück (Trauben-)Zucker unter die Zunge gelegt oder einige Softdrink-Schlucke eingeflößt, retten Leben. Übrigens kann man auch Zucker geben, wenn bei einem bewusstlosen Diabetiker nicht klar ist, ob eine Unter- oder Überzuckerung vorliegt – denn beide lösen Bewusstlosigkeit aus – der wenige Zucker „oben drauf“ richtet im Falle der Überzuckerung keinen zusätzlichen Schaden an.

Diabetes-Warnhunde. Seit 2007 sind in Deutschland Diabetiker-Warnhunde im Einsatz. Sie warnen den Diabetiker durch erlernte Signale vor einer Über- oder Unterzuckerung – auch wenn der Patient schläft. Veränderungen der Blutzuckerwerte registrieren die Assistenzhunde ebenso wie eine veränderte Sauerstoffsättigung oder einer verringerte Atemsequenz. Auf Kommando bringen sie das Blutzuckermessgerät, Traubenzucker oder die Notfallspritze.
Ausbildung und Prüfung der Hunde sind nicht einheitlich geregelt. In der Regel trainiert der  Diabetiker seinen Hund selbst  unter professioneller Anleitung eines Hundetrainers.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Nicole Schaenzler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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