Gesundheit heute

Schilddrüsenüberfunktion

Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Übermäßige Bildung und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone T4 (Thyroxin) und T3 (Trijodthyronin) mit der Folge gesteigerter Stoffwechselvorgänge.

80 % der Schilddrüsenüberfunktionen betreffen Frauen. Bei älteren Frauen (meist über 60) ist das autonome Adenom in der Regel die Ursache des Kropfs, bei jüngeren Frauen (meist unter 60) meist Morbus Basedow. Einmal entdeckt, sollte die Schilddrüsenüberfunktion in jedem Fall therapiert werden, um die Lebensqualität wieder zu normalisieren, aber auch, um Komplikationen vorzubeugen. Sie drohen Menschen mit Schilddrüsenüberfunktion besonders durch die Einnahme von Jod, das eine thyreotoxische Krise auslösen kann.

Thyreotoxische Krise: Lebensbedrohlich kann die Einnahme von jodhaltigen Medikamenten oder jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln werden: Innerhalb von 1–4 Wochen nach der Jodaufnahme droht eine extreme Schilddrüsenüberfunktion. Die thyreotoxische Krise („Schilddrüsenvergiftung“) kann bis zum Koma führen und ist trotz intensivmedizinischer Behandlung in 50 % der Fälle tödlich.

Leitbeschwerden

  • Rastlosigkeit, Nervosität, Zittern, Schlaflosigkeit
  • Psychische Auffälligkeiten
  • Schlechtes Vertragen von Hitze
  • Schweißausbrüche, warme und feuchte Haut, erhöhte Temperatur
  • Gewichtsverlust (trotz Heißhunger)
  • Durchfall
  • Erhöhte Pulsfrequenz
  • Brüchigkeit von Haaren und Nägeln
  • Hervortreten der Augäpfel (bei Morbus Basedow).

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei starker innerer Unruhe, verbunden mit Herzklopfen und erhöhter Körpertemperatur sowie bei nicht besser werdendem Durchfall und Gewichtsverlust.

Die Erkrankung

In ~ 30 % der Fälle wird die Schilddrüsenüberfunktion durch eine Schilddrüsenautonomie vereinzelter Schilddrüsenzellbezirke verursacht, die sich der Hormonregulation entziehen und ungehemmt („autonom“) Schilddrüsenhormon produzieren (autonomes Schilddrüsenadenom, meist nur Autonomes Adenom genannt).

Dahinter steckt Jodmangel, der dazu führt, dass die Schilddrüse nicht ausreichend Hormone bilden kann. Sie versucht dies mit vermehrtem Wachstum auszugleichen: ein Kropf entsteht, möglicherweise mit Knotenbildung.

In ~ 70 % der Fälle wird die Schilddrüsenüberfunktion durch eine Autoimmunerkrankung namens Morbus Basedow (Basedowsche Krankheit, Basedow-Krankheit) verursacht. Das Immunsystem bildet dabei „fälschlicherweise“ Antikörper (TSH-Rezeptor-Antikörper = TRAK), die die Schilddrüsenzellen zur ungehemmten Schilddrüsenhormonproduktion veranlassen. Der Morbus Basedow tritt familiär gehäuft auf, teilweise zusammen mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Morbus Addison oder Diabetes mellitus. Bei zwei Drittel der an Morbus Basedow Erkrankten findet sich die endokrine Orbitopathie: Hier richten sich die „fälschlicherweise“ gebildeten Antikörper des Immunsystems auch gegen das Gewebe hinter den Augäpfeln und lassen diese charakteristisch hervortreten, was vom Mediziner als Exophthalmus bezeichnet wird.

Alle anderen Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion sind viel seltener: Dazu gehören Schilddrüsenentzündungen wie die Hashimoto-Thyreoiditis, Schilddrüsenkrebs, Hypophysenadenome mit erhöhter TSH-Freisetzung, eine medikamentöse Überdosierung von Schilddrüsenhormonen oder ein starkes Überangebot an Jod, beispielsweise durch jodhaltige Kontrastmittel.

Die Prognose ist gut, Tumoren ausgenommen. Häufig ist jedoch eine lebenslange Medikamenteneinnahme notwendig.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Die Untersuchungen entsprechen denen der Abklärung eines Kropfs. Das TSH ist erniedrigt, T3 und T4 sind erhöht. Ultraschall und Szintigrafie zeigen charakteristische Veränderungen und Anreicherungsbezirke. Bei Verdacht auf Morbus Basedow werden die für die Krankheit verantwortlichen TSH-Rezeptor-Antikörper im Blut bestimmt. Eine Augenbeteiligung muss vom Augenarzt geklärt und gegebenenfalls mit Kortison, Strahlentherapie und/oder operativ behandelt werden.

Therapie. Jede Schilddrüsenüberfunktion wird mit Schilddrüsen bremsenden Medikamenten (Thyreostatika) behandelt, bis wieder normale Schilddrüsen-Blutwerte erreicht sind. Ein autonomes Adenom kann mit diesen Medikamenten nicht geheilt werden, weshalb eine Radiojodtherapie oder eine operative Teilentfernung der Schilddrüse nach einer Vorbehandlung mit Thyreostatika notwendig ist.

Bei der Operation wird das funktionsfähige Schilddrüsengewebe soweit verringert, dass der verbleibende Rest nicht mehr ausreicht, um den Körper mit einem Zuviel an Schilddrüsenhormonen zu überschwemmen. Reicht das restliche Schilddrüsengewebe nach der Operation und der Radiojodtherapie nicht mehr zur normalen Produktion an Hormonen aus, kommt es zur Schilddrüsenunterfunktion, die eine lebenslange Einnahme von Schilddrüsenhormonen erfordert (Hormonersatztherapie). Auch ein Morbus Basedow wird operiert, falls die Schilddrüsenüberfunktion nach Absetzen der Medikamente wieder aufflammt.

Sondertext: Thyreostatika (Medikamente gegen Schilddrüsenüberfunktion)

Radiojodtherapie. Die Radiojodtherapie ist eine sehr gezielte Strahlentherapie mit geringer Strahlenbelastung. Sie wird bei einem autonomen Kropf, bei Schilddrüsenkrebs, Schilddrüsenüberfunktion sowie bei Patienten mit einem erhöhten Operationsrisiko durchgeführt bzw. wenn eine Schilddrüsen-Operation abgelehnt wird.

Verwendet wird radioaktives 131Jod, das wie das normale Jod fast zu hundert Prozent von den Zellen des Schilddrüsengewebes und – im Falle eines Schilddrüsenkrebses – auch von jodspeichernden Metastasen aufgenommen wird. Das radioaktive Jod sendet nun Betastrahlen mit wenigen Millimetern Reichweite aus, was die umliegenden Schilddrüsenzellen zerstört – angrenzende Nachbarorgane aber verschont. Da autonome Bezirke das radioaktive Jod viel mehr speichern als die übrigen Zellen, eignet sich diese Therapie besonders bei verstreut in der Schilddrüse liegenden autonomen Bezirken. Die Radiojodtherapie kann auch bei jüngeren Patientinnen mit Kinderwunsch angewendet werden, zuvor muss eine Schwangerschaft jedoch ausgeschlossen und bis zu sechs Monate nach der Untersuchung sicher verhindert werden.

Die Erfolgsrate der Radiojodtherapie liegt bei ~ 90 %. Allerdings: Als vorübergehende Folgen der Strahlenbehandlung sind Entzündungen der Speicheldrüsen oder des Magens (Gastritis) möglich. Als späte Nebenwirkung drohen nach Jahren und Jahrzehnten in 1 % der Fälle Krebserkrankungen, am häufigsten eine akute Leukämie oder ein Schilddrüsenkrebs.

Nachsorge. Jede dieser Therapien erfordert regelmäßige, oft sogar lebenslange, Kontrolluntersuchungen der Schilddrüsen-Hormonspiegel im Blut (Laborcheck Schilddrüse).

Komplementärmedizin

Nur wenige Heilpflanzen beeinflussen das menschliche Hormonsystem, eine davon ist Wolfstrapp. In der Phytotherapie und Homöopathie werden sowohl der nordamerikanische Wolfstrapp (Lycopus virginicus) als auch der europäische (Lycopus europaeus) zur Behandlung der leichten Schilddrüsenüberfunktion verwendet. Deren medizinische Wirkung wird vor allem bestimmten sekundären Pflanzenstoffen zugeschrieben: Flavonoiden und Phenolcarbonsäure. Studien legen nahe, dass sie den Jodtransport und das die Schilddrüse stimulierende Hormon (TSH) hemmen und dadurch Beschwerden einer leichten Schilddrüsenüberfunktion lindern können.
Dennoch sollten wolftrapphaltige Präparate nur nach Rücksprache mit einem Arzt und in der ärztlich angeordneten Dosierung eingenommen werden. Bei zu hoher Dosierung über einen längeren Zeitraum kann sich die Schilddrüse vergrößern. Gegenanzeigen sind zu beachten. Wolfstrapp darf in keinem Fall bei Schilddrüsenunterfunktion oder bei einer Schilddrüsenvergrößerung ohne Funktionsstörung angewendet werden. Kontraindiziert ist auch die gleichzeitige Einnahme von Schilddrüsenhormonen sowie die Anwendung in Schwangerschaft, Stillzeit oder bei Kindern. Zu beachten ist ferner, dass wolftrapphaltige Arzneimittel die Ergebnisse einer Schilddrüsenuntersuchung (Szintigrafie) verfälschen.

Von: Kristine Raether-Buscham, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Ungesunder Lebensstil bedroht Gehirn

Pizza und Chips sind lecker, aber nicht gut für das Gehirn.

Ungesunder Lebensstil bedroht Gehirn

Vor allem bei Diabetiker*innen

Menschen mit einem Diabetes haben prinzipiell ein höheres Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Pflegen sie einen ungesunden Lebensstil, steigt die Gefahr fürs Gehirn noch weiter an.

360.000 Menschen befragt

Ob ein Mensch im Alter eine Demenz entwickelt, hängt unter anderem vom Zustand seiner Hirngefäße ab. Je stärker diese arteriosklerotisch verändert („verkalkt“) sind, desto größer die Gefahr. Diabetiker*innen haben aufgrund ihrer Stoffwechselerkrankung ein deutlich erhöhtes Risiko für Arteriosklerose – und werden häufiger dement als gesunde Altersgenossen.

Das Demenz-Risiko von Diabetiker*innen lässt sich jedoch beeinflussen, wie eine britische Arbeitsgruppe herausgefunden hat. In einer großangelegten Studie fragten die Forscher*innen über 360.000 Teilnehmer*innen nach deren Lebensstil. Dieser wurde anhand der Angaben zu Schlafdauer, körperlicher Bewegung, Zeit vor dem Fernseher, Alkoholkonsum und Ernährungsgewohnheiten in drei Kategorien eingeteilt: gesund, mäßig gesund und ungesund. Dem Lebensstil gegenüber stellte man dann die Daten der Teilnehmer*innen zu Demenz und Typ-2-Diabetes.

Doppelt so hohes Demenzrisiko

Die Analyse ergab, dass ein ungesunder Lebensstil generell die Gefahr erhöhte, eine Demenz zu entwickeln. In der mittleren Kategorie stieg das Risiko um 13%, und in schlechtesten um 36%.

Menschen mit Diabetes hatten jedoch im Vergleich zu den nicht-diabetischen Kontrollen in allen drei Kategorien eine schlechtere Prognose für ihre Hirnleistung. Schon mit einem gesunden Lebensstil war ihr Demenzrisiko um 40% höher als das von Gesunden. Diabetikeskranke aus der Gruppe mit ungesunder Lebensweise erkrankten sogar doppelt so häufig an einer Demenz als gesund lebende Nicht-Diabetiker*innen.

Ein ungesunder Lebensstil steigert also das ohnehin erhöhte Demenzrisiko von Diabetiker*innen noch weiter. Dies sollte für die Betroffenen eine starke Motivation sein, sich gesund zu ernähren und sich mehr zu bewegen, hoffen die Autor*innen. Damit tun sie nicht nur ihrem Gehirn etwas Gutes. Ein gesunder Lebensstil senkt auch das bei Diabetes ebenfalls erhöhte Herz-kreislauf-Risiko.

Quelle: Ärzteblatt

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Boiarkina Marina/shutterstock.com