Gesundheit heute
Diabetes insipidus
Diabetes insipidus (wörtlich "geschmackloser Durchfluss", Wasserharnruhr): Seltene Erkrankung mit einer Störung des Wasserhaushalts, bei der die Niere den Urin nicht konzentrieren kann. Weil die Betroffenen bis zu 20 Liter Wasser am Tag ausscheiden, leiden sie unter vermehrtem Durst. Wird nicht genügend Wasser getrunken, droht eine schwere Dehydratation (Austrocknung). Ursache der vermehrten Wasserausscheidung ist ein Mangel des Hormons Vasopressin oder seine verringerte Wirksamkeit in der Niere. Die Erkrankung wird mit Medikamenten und Lebensstiländerung behandelt.
Hinweis: Der Diabetes insipidus ist abzugrenzen vom Diabetes mellitus, bei dem die verstärkte Wasserausscheidung auf dem erhöhten Blutzuckerspiegel beruht.
Symptome und Leitbeschwerden
- Übermäßiger Harndrang
- Quälendes Durstgefühl, vermehrte Trinkmenge
- Trockene Haut und Schleimhäute.
Wann in die Arztpraxis
Demnächst, bei
- ausgeprägtem, nicht erklärbarem Durst
- verstärkter Wasserausscheidung
- unerklärbarem nächtlichem Harndrang.
Die Erkrankung
Der Diabetes insipidus ist eine seltene Erkrankung. In Deutschland ist etwa eine von 25.000 Personen davon betroffen, Männer etwas häufiger als Frauen. Je nach Ursachen unterscheidet man zwei Formen der Erkrankung, die wiederum angeboren oder erworben sein können.
Der zentrale Diabetes insipidus (Diabetes insipidus centralis oder neurohormonalis) ist die häufigere Variante. Bei ihr wird zu wenig Vasopressin (Antidiuretisches Hormon, ADH) im Gehirn gebildet und ins Blut abgegeben. Meist entsteht der zentrale Diabetes insipidus durch eine Schädigung des zuständigen Hirnbereichs (Hypophysen- oder Hypothalamusgewebe), z. B. im Rahmen von Operationen am Gehirn, bei Verletzungen, Hirnblutungen, Hirntumoren oder Entzündungen wie Tuberkulose, Syphilis oder Meningitis. In sehr vielen Fällen lässt sich aber keine Ursache für die Schädigung erkennen (idiopathischer Diabetes insipidus centralis). In etwa 10 % der Fälle ist die Erkrankung angeboren, dabei kann es sich um verschiedene Gendefekte handeln.
Die zweite, deutlich seltenere Form, ist der Diabetes insipidus renalis. Hierbei ist das Hormon Vasopressin zwar vorhanden, es kann aber nicht wirken, weil die entsprechenden Rezeptoren in der Niere nicht funktionieren. Unterschieden werden ebenfalls angeborene (auf Gendefekten beruhende) von erworbenen Formen. Erworben wird ein renaler Diabetes insipidus vor allem durch toxische Effekte von Medikamenten (Lithium, bestimmte Antibiotika, Krebsmedikamente oder Clozapin). Aber auch Störungen im Elektrolythaushalt oder Bluterkrankungen wie die Sichelzellkrankheit oder das Plasmozytom können die Niere so schädigen, dass das Hormon Vasopressin seine Wirkung nicht entfalten kann. In seltenen Fällen kann es auch durch einen übermäßig hohen Eiweißkonsum zu einem Diabetes insipidus renalis kommen.
Klinik
Ob zentral oder renal bedingt, ob angeboren oder erworben: In allen Fällen entwickeln sich die gleichen Beschwerden: Die Betroffenen scheiden große Mengen unkonzentrierten Urin aus – bis zu 10 bis 20 Liter täglich (Polyurie). Meist müssen die Patient*innen auch nachts mehrmals Wasserlassen. Durch den Wasserverlust wird das Blut "dicker", es erhöht sich die sog. Serumosmolalität. Dadurch steigen das Durstgefühl und die Trinkmenge (Polydipsie). Auf diese Weise versucht der Organismus, den starken Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen.
Neben vermehrtem Harndrang und Durst kann es zu weiteren Beschwerden kommen. Das nächtliche Wasserlassen stört den Schlaf meist erheblich. Kann der Wasserverlust nicht kompensiert werden, droht die Dehydratation (Austrocknung) des Körpers. Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Muskelschmerzen und Konzentrationsstörungen sind die Folge.
Komplikationen
Komplikationen entstehen vor allem, wenn Betroffene nicht ausreichend Flüssigkeit aufnehmen, um den Verlust zu kompensieren. Das kommt z. B. bei Kindern oder kognitiver Einschränkung wie vermehrter Vergesslichkeit oder Demenz vor, aber auch bei starkem Flüssigkeitsverlust aufgrund von Durchfall oder Fieber. Eine starke Austrocknung (Dehydratation) kann zu einem hypovolämischen Schock führen. Der Blutdruck sinkt massiv und die Organe werden nicht mehr mit ausreichend Sauerstoff versorgt – es drohen Bewusstlosigkeit und Herzstillstand. Weitere mögliche Folgen einer ausgeprägten Dehydratation sind Krampfanfälle. Außerdem kann es durch das dickere Blut vermehrt zu Thrombosen und Thromboembolien (insbesondere in der Lunge) kommen.
Diagnosesicherung
Die typischen Beschwerden wie starker Durst und vermehrtes Wasserlassen geben erste Hinweise auf die Krankheit. Bei der körperlichen Untersuchung fallen Zeichen der der Dehydrierung auf, etwa dass Hautfalten stehenbleiben, statt zu verstreichen, und trockene Haut und Schleimhäute. Gesichert wird die Diagnose mit Urin- und Blutuntersuchungen sowie verschiedenen speziellen Tests, wie z. B. dem Durstversuch oder dem Vasopressintest. Damit lässt sich auch unterscheiden, ob ein zentraler oder ein renaler Diabetes insipidus vorliegt.
Steht die Diagnose, muss nach einer Ursache geforscht werden – auch wenn in den meisten Fällen keine zu finden ist. Manchmal liegt diese auf der Hand, z. B. nach Operationen an der Hypophyse oder nach Gehirnverletzungen und Infektionen. Die wichtigste Maßnahme zum Aufspüren des Auslösers ist ein MRT des Gehirns. In dieser Untersuchung kann man Tumoren, Metastasen, Hirnblutungen oder andere strukturelle Schäden im Bereich von Hypophyse und Hypothalamus gut erkennen. Mit Röntgen, Lumbalpunktionen und speziellen Blutuntersuchungen lassen sich zugrundeliegende Infektionen oder Systemerkrankungen aufspüren. Bei Kindern steht eine Gendiagnostik an, um angeborene Formen zu erkennen. Das Gleiche gilt, wenn weitere Familienangehörige unter der Erkrankung leiden.
Differenzialdiagnosen: Missbrauch von Entwässerungsmitteln, Diabetes mellitus, Hyperkalzämie, primäre Polydipsie, Prostatavergrößerung und Harnwegsinfektion.
Behandlung
Die Therapie eines Diabetes insipidus ruht auf zwei Säulen: Ist eine zugrundeliegende Erkrankung oder ein Auslöser bekannt, muss diese entsprechend behandelt werden. Das bedeutet beispielsweise, einen Gehirntumor zu entfernen oder auslösende Medikamente abzusetzen.
Daneben muss der Flüssigkeitshaushalt streng kontrolliert werden. Das heißt in erster Linie, dass die Betroffenen ausreichend trinken. Meist diktiert der Durst, wieviel dafür nötig ist. Insgesamt gilt, dass die Trinkmenge an das Wetter, an die körperliche Aktivität und den Alltag angepasst werden muss.
Pharmakotherapie
Beim Diabetes insipidus centralis gleicht man den Hormonmangel mit der Gabe von Desmopressin aus. Dies ist die synthetische Form des Hormons Vasopressin, es steht als Tablette, als Nasenspray oder als Lösung zum Spritzen (intravenös oder subkutan) zur Verfügung. Die Behandlung beginnt zunächst in niedriger Dosierung und wird dann langsam gesteigert. Ist die Hormongabe zu hoch, wird die Wasserausscheidung zu stark gedrosselt und es drohen Wasserintoxikation und Natriummangel im Blut. Damit es dazu nicht kommt, müssen zunächst in kürzeren, später in längeren Abständen Blut, Urin und Körpergewicht kontrolliert werden. Je nach Ursache ist die lebenslange Hormongabe erforderlich.
Auch einige Formen des Diabetes insipidus renalis sprechen auf die Gabe von hochdosiertem Desmopressin an. Weitere medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten sind spezielle Diuretika und eine salzarme Ernährung. Auch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) werden eingesetzt, weil sie die Nierenfiltration und damit die Urinausscheidung vermindern.
Behandlung bei Dehydrierung
Bei Zeichen einer Dehydrierung muss das Flüssigkeitsdefizit möglichst rasch ausgeglichen werden. Am besten für den Körper ist es, wenn dies durch Trinken gelingt. Ist das nicht möglich oder ist der Körper schon stark ausgetrocknet, kommen Infusionen zum Einsatz.
Prognose
Bei angemessener Behandlung und Überwachung der Erkrankung ist die Prognose gut. Mitentscheidend sind zugrundeliegende Erkrankungen. Ist der Diabetes insipidus im Rahmen einer Gehirnoperation entstanden, bildet er sich bei etwa zwei Drittel der Betroffenen im Verlauf wieder zurück und die Vasopressin-Produktion erholt sich wieder. Liegt dem Hormonmangel eine Krebserkrankung zugrunde, ist deren Prognose entscheidend. Ein Diabetes insipidus renalis aufgrund von Medikamentennebenwirkungen verschwindet nach dem Absetzen des Medikaments meist wieder.
Ihre Apotheke empfiehlt
Ernährung. Weil sowohl Salz als auch Proteine die Harnausscheidung erhöhen, empfiehlt die Ärzt*in vor allem beim Diabetes insipidus renalis oft eine salz- und proteinarme Diät.
Desmopressin regelmäßig einnehmen. Für den Wasserhaushalt ist es außerordentlich wichtig, das Hormon Desmopressin genau so wie verordnet einzunehmen. Auf keinen Fall darf die Dosis eigenmächtig erhöht werden, denn dann droht eine Wasservergiftung.
Flüssigkeitshaushalt kontrollieren. Regelmäßig und ausreichend zu trinken ist das A und O beim Diabetes insipidus. Das bedeutet auch, Flüssigkeitsverluste durch Schwitzen oder körperliche Anstrengungen rasch auszugleichen oder es am besten gar nicht dazu kommen zu lassen. Unterwegs und auf Reisen muss der Zugang zu Wasser und Medikamenten gewährleistet sein.
Notfallausweis mitführen. Wer regelmäßig Vasopressin einnehmen oder spritzen muss, sollte immer einen Notfallausweis bei sich tragen. Nur so weiß auch fremdes medizinisches Personal, dass die Betroffene schnell Probleme mit dem Wasserhaushalt entwickeln kann.
Weiterführende Informationen
Das Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen e.V. unterstützt Menschen mit Erkrankungen der Hypophyse und der Nebennieren, zu denen auch der zentrale Diabetes insipidus gehört.

Medikamente können Menschen mit starkem Übergewicht das Abnehmen erleichtern.
Abnehmen mit Nachhilfe
Von Formuladiät bis Spritze
Theoretisch ist Abnehmen ganz einfach: Man muss nur mehr Kalorien verbrauchen, als man aufnimmt. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Vielen Menschen mit Übergewicht gelingt es trotz aller Anstrengung nicht, dauerhaft Gewicht zu verlieren. Dann sind Medikamente eine Option. Doch was leisten sie – und wo lauern Gefahren?
Gefährliches Fett
Fast jede zweite Frau und mehr als die Hälfte der Männer in Deutschland sind übergewichtig. Übergewicht ist definiert als ein Body-Mass-Index > 25 kg/m2. Ab 30 gilt man als stark übergewichtig oder adipös. Für die Berechnung des BMIs gibt es eine Formel, noch einfach geht es mit entsprechenden Tabellen oder BMI-Rechnern im Netz.
Starkes Übergewicht ist ein Gesundheitsrisiko, denn es begünstigt viele Krankheiten. Dazu gehören u.a. der Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Deshalb raten Expert*innen spätestens bei einem BMI über 30 zum Abnehmen. Menschen mit einem BMI zwischen 25 und 29,9 sollten eine Gewichtsreduktion anstreben, wenn sie gleichzeitig unter übergewichtsbedingten Erkrankungen leiden oder vermehrtes Bauchfett haben.
Hinweis: Das Fett, das sich im Bauchraum um die inneren Organe anlagert, gilt als besonders riskant. Es produziert zahlreiche entzündungsfördernde Botenstoffe, die krankmachende Prozesse antreiben.
Abnehmen – aber wie?
Grundsätzlich wird Übergewichtigen zunächst empfohlen, ihren Lebensstil zu überprüfen und zu optimieren. Dazu gehört, sich mehr zu bewegen und sich gesund und kalorienreduziert zu ernähren. In der aktuellen Adipositas-Leitlinie heißt es, dass ein Kaloriendefizit von 500-600 kcal sinnvoll ist. Das bedeutet, dass man 500 bis 600 kcal weniger zu sich nehmen soll, als der Körper mit Grundumsatz und Leistungsumsatz verbraucht. Der Grundumsatz ist die Energiemenge, die der Körper in völliger Ruhe zur Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionen benötigt, während der Leistungsumsatz die zusätzliche Energie beschreibt, die durch körperliche Aktivität, Arbeit oder Sport verbraucht wird.
Spart man täglich diese Menge an Kalorien ein, nimmt man in den ersten drei Monaten pro Woche etwa 0,5 kg ab. Danach wehrt sich der Körper und stellt auf einen Energiesparmodus um. Dann heißt es erstmal durchhalten und nicht in alte Ernährungsgewohnheiten zurückfallen. Mit der Zeit geht es dann mit der Gewichtsabnahme wieder weiter.
Die zweite Säule für die Gewichtsreduktion ist Bewegung. Am besten ist es, täglich 30 bis 60 Minuten körperlich aktiv zu sein. Empfohlen werden Walking, Joggen, Schwimmen und Fahrradfahren, idealerweise mit moderatem Krafttraining. Insgesamt gilt: Jeder Schritt ist besser als keiner. Dazu gehört auch, statt mit dem Lift zu fahren die Treppe zu benutzen oder eine Haltestelle auch mal zu laufen.
Hinweis: Für die kalorienreduzierte Ernährung werden drei Kostformen empfohlen: Die Ernährung nach den 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die mediterrane Kost oder eine vegetarische Lebensweise.
Fasten und Mahlzeitenersatz
Hilfreich beim Abnehmen kann auch Intervallfasten sein. Dabei wird zwischen zwei Strategien unterschieden: Dem 2:5-Fasten mit zwei Fastentagen pro Woche und der täglichen Fastenpause von 16 Stunden (16:8-Methode). Intervallfasten fördert nicht nur das Abspecken. Es hat auch positive Auswirkungen auf den Zucker- und Fettstoffwechsel und auf die Leber. Wer unter chronischen Krankheiten oder niedrigem Blutdruck leidet, sollte das Fasten mit der Hausärzt*in absprechen.
Eine weitere beliebte Methode zum Abnehmen ist der Mahlzeitenersatz durch Formuladiäten. Die industriell gefertigten Nährstoffgemische werden meist mit Wasser oder Milch angerührt. Sie helfen vor allem beim Einstieg in den Prozess des Abnehmens. Dabei werden zu Beginn zwei Mahlzeiten, später nur noch eine durch ein geeignetes Produkt ersetzt. Formuladiäten haben den Vorteil, dass sie trotz Kalorienreduktion alle lebensnotwendigen Nährstoffe mitliefern. Wichtig: Auch Formuladiäten sollten von chronisch Kranken nicht auf eigene Faust durchgeführt werden. Denn bei ihnen können durch schnelles Abnehmen Gesundheitsrisiken auftreten. Zur Sicherheit ist vorher eine Ärzt*in zu konsultieren.
Hinweis: Sowohl das Intervallfasten als auch die Formuladiät sollten wie alle Abspeckstrategien in ein Gesamtkonzept eingebettet werden, d. h. von einer Ernährungsoptimierung und mehr Bewegung begleitet werden.
Rezeptfreie Hilfe aus der Apotheke
Es gibt zahlreiche rezeptfreie Produkte, die beim Abnehmen unterstützend wirken.
- Quellmittel binden Flüssigkeit im Magen und vermitteln ein künstliches Sättigungsgefühl. Damit es nicht zu Blähungen, Verdauungsproblemen und Verstopfung kommt, muss man unbedingt ausreichend trinken. Quellmittel gibt es als spezielle Produkte, aber auch Leinsamen und Flohsamenschalen können große Mengen an Flüssigkeit binden.
- Fettbinder binden die aufgenommenen Fette im Darm und verhindern so deren Aufnahme ins Blut. Stattdessen werden die Fette dann über den Stuhl ausgeschieden. Dadurch kann es allerdings zu Verdauungsbeschwerden kommen, auch ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen ist möglich.
- Orlistat ist ein sogenannter Fettblocker. Er hemmt im Darm die Enzyme, die die aufgenommenen Fette spalten (Lipasen). Dadurch können die Fette nicht über die Darmschleimhaut aufgenommen werden. Auf diese Weise wird etwa ein Drittel der mit der Nahrung zugeführten Fette mit dem Stuhl unverdaut ausgeschieden. Auch durch den Fettblocker kann es zu Verdauungsstörungen wie Blähungen und Bauchschmerzen kommen. Insbesondere ist das der Fall, wenn die Mahlzeit mehr als 15 g Fett beinhaltet. Deshalb sollten die Mahlzeiten auch mit der Einnahme von Orlistat so fettarm wie möglich ausfallen. Orlistat ist für Menschen über 18 Jahren geeignet, die einen BMI über 28 aufweisen. In der Wirkstärke von 60 mg kann es rezeptfrei in der Apotheke erworben werden. Vorsicht ist bei Menschen geboten, die regelmäßig Medikamente einnehmen. Sie sollten vor der Einnahme ihre Ärzt*in aufsuchen. Vor allem bei Blutdruckmitteln und Antidiabetika muss häufig die Dosis angepasst werden.
Hinweis: Zum Abnehmen werden im Internet oft Fettburner empfohlen. Sie sollen die Fettverbrennung ankurbeln. Wissenschaftlich belegt ist diese Wirkung jedoch nicht.
Medikamente zum Abspecken
Viele Menschen schaffen es nicht, mit den genannten Maßnahmen ausreichend abzunehmen. Denn die Gewichtsreduktion ist nicht nur eine Frage der Disziplin. Es gibt etliche Faktoren, die beim Abnehmen stören. So reagiert der Körper auf die Kalorienreduktion oft kontraproduktiv: Er senkt seinen Grundumsatz und steigert den Appetit. Stress, Depression oder Angststörungen können zudem das Essverhalten stark beeinflussen und Abnehmversuche zunichtemachen. Dazu kommt die Umwelt, die permanent mit hochkalorischen, oft ungesunden Lebensmitteln lockt – sei es im Supermarkt oder bei geselligen Anlässen. Und schlussendlich ist es für viele nicht leicht, Sport und Bewegung in ihren Alltag zu integrieren.
Um den komplexen Prozess des Abnehmens zu unterstützen, gibt es inzwischen einige verschreibungspflichtige Arzneimittel. Sie sind zur Behandlung der Adipositas (BMI über 30) bzw. bei Übergewicht (BMI 25 bis 29,9) plus begleitenden Risikofaktoren zugelassen und werden zusätzlich zu Ernährungsumstellung und Bewegung verordnet.
Orlistat 120 mg. In der Dosierung von 120 mg ist der Fettblocker verschreibungspflichtig. Die Substanz wird dreimal täglich zu den fetthaltigen Mahlzeiten eingenommen. Aufgrund der doppelt so hohen Dosierung wie beim rezeptfreien Präparat muss vermehrt auf Nebenwirkungen geachtet werden, weshalb bei der Therapie eine ärztliche Überwachung vorgeschrieben ist. Zu erwarten ist ein Gewichtsverlust von etwa 5-7% des Gesamtgewichts.
GLP-1-Analoga. Diese Wirkstoffe imitieren die Wirkung des körpereigenen Darmhormons Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1). Bei erhöhtem Blutzucker stimulieren sie die Insulinausschüttung und hemmen die Freisetzung des Hormons Glukagon, das den Blutzucker erhöht. Außerdem verzögern sie die Entleerung des Magens. Dadurch steigt das Sättigungsgefühl und der Appetit sinkt. Durch diese Wirkprinzipien unterstützen sie nicht nur die Blutzuckerkontrolle (wofür sie zunächst entwickelt wurden). Sie fördern auch eine Gewichtsabnahme.
GLP-1-Analoga werden unter die Haut gespritzt. Das muss sein: Da es sich bei ihnen um Peptide (Eiweiße) handelt, würden sie bei oraler Aufnahme als Tabletten im Magen-Darm-Trakt verdaut werden und ihre Wirksamkeit verlieren. Zur Behandlung der Adipositas sind zwei GLP-1-Analoga zugelassen. Das ältere, Liraglutid, wird täglich gespritzt. Mit ihm ist eine durchschnittliche Gewichtsabnahme von 8-10% des Gesamtgewichts erreichbar. Das seit 2022 erhältliche Semaglutid spritzt man einmal pro Woche. Es soll zu einer Abnahme von etwa 15-17% führen.
Die häufigsten Nebenwirkungen der GLP-1-Analoga betreffen den Magen-Darm-Trakt. Sehr oft kommt es zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung sowie Bauchschmerzen. Auch über Kopfschmerzen und Schwindel wird berichtet. Neben diesen Beschwerden sind sehr selten auch schwerwiegende Nebenwirkungen möglich. Dazu gehören u. a. der Darmverschluss, die Entzündung der Bauchspeicheldrüse und eine Magenlähmung. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen, die GLP-1-Analoga spritzen, ihren Körper gut beobachten und bei Gesundheitsproblemen frühzeitig ihre Ärzt*in aufsuchen.
Hinweis: Diskutiert wurde auch, dass unter GLP-1-Analoga Suizidgedanken und Suizide vermehrt auftreten. In aktuellen Studien konnte ein Zusammenhang bisher nicht bestätigt werden.
Mit dualem Agonisten noch mehr Gewicht verlieren
GLP-1-Analoga wirken im Darm an einem bestimmten Rezeptor, am GLP-1-Rezeptor. Seit einiger Zeit ist in Deutschland ein dualer Agonist zugelassen: Tirzepatid bindet sowohl am GLP1-Rezeptor als auch am Rezeptor für das „Glukoseabhängige insulinotrope Peptid“, kurz GIP. GIP fördert die Insulinausschüttung und beeinflusst das Appetit- und Sättigungszentrum im Gehirn.
Durch die Wirkung auf GLP1- und GIP-Rezeptoren entfaltet Tirzepatid bei der Blutzuckerregulierung und bei der Gewichtsreduktion stärkere Effekte als Liraglutid und Semaglutid. Neue Untersuchung zeigen zudem, dass Tirzepatid bei adipösen Patient*innen mit Herzschwäche das Risiko für einen Herz-Kreislauf-bedingten Tod und das Fortschreiten der Herzschwäche senkt.
Durch den doppelten Ansatz kommt es zu einer noch stärkeren Gewichtsreduktion. Man geht davon aus, dass Betroffene bei korrekter Verwendung bis zu 31% ihres Gesamtgewichts verlieren können. Wie Semaglutid wird auch Tirzepatid einmal wöchentlich unter die Haut gespritzt. Und ebenso wie die beiden GLP1-Analoga sollte auch Tirzepatid nicht allein, sondern im Rahmen einer Gesamtkonzepts inklusive Ernährungsumstellung und mehr Bewegung eingesetzt werden.
Auch bei Tirzepatid kommt es sehr häufig zu Nebenwirkungen im Magen-Darm-Bereich. Eine langsame Steigerung der Dosis – unter ärztlicher Aufsicht! – kann die Therapie verträglicher machen. Typisch sind Übelkeit, Bauchschmerzen, Verstopfung oder Durchfall, selten kann es zu einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung kommen. Obwohl Tirzepatid effektiver ist als GLP1-Analoga, scheinen entsprechende Beschwerden nicht häufiger oder stärker aufzutreten.
Hinweis: Übergewichtige müssen bisher die Kosten für eine Gewichtsreduktionstherapie mit GLP1-Analoga oder GLP1/GIP-Analoga aus eigener Tasche bezahlen. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für diese Wirkstoffe nur, wenn sie zur Behandlung eines Typ-2-Diabetes verschrieben werden.
Ozempic-Babys als Nebenwirkung
Seit geraumer Zeit geistert der Begriff der sogenannten „Ozempic-Babys“ durch das Internet. Damit werden ungeplante Schwangerschaften bei Frauen bezeichnet, die mit GLP1-Analoga behandelt werden (Ozempic ist der Warenname von Semaglutid zur Therapie von Typ-2-Diabetes). Prinzipiell ist dies bei allen GLP1-Analoga, auch bei GLP1/GIP-Analoga möglich.
Zwei Ursachen werden dafür diskutiert: Übergewichtige oder adipöse Frauen haben häufig hormonelle Störungen, die die Fruchtbarkeit verschlechtern. Durch die Gewichtsabnahme kann sich der Hormonhaushalt wieder normalisieren und die Empfängnisbereitschaft verbessert werden.
Ein weiterer Grund für ungeplante Schwangerschaften ist die Beeinträchtigung von oralen Verhütungsmitteln. Nebenwirkungen der GLP1-Analoga-Therapie wie Erbrechen und Durchfall können die Aufnahme der „Pille“ im Darm beeinträchtigen und damit die Verhütung unwirksam machen.
Kommt es unter der Therapie mit GLP-1- oder GLP1/GIP-Analoga zu einer Empfängnis, soll die Behandlung abgebrochen werden. Ein Schwangerschaftsabbruch ist nicht erforderlich: In bisherigen Studien war die Rate schwerer Geburtsfehler bei Frauen, die unter GLP-1-Analoga schwanger wurden, nicht höher als bei Frauen mit Typ-2-Diabetes oder Übergewicht. Eine engmaschige Betreuung der werdenden Mutter wird jedoch angeraten.
Hinweis: Von der Einnahme von GLP1-Analoga und GLP1/GIP-Analoga wird in der Schwangerschaft prinzipiell abgeraten, da es noch keine ausreichenden Daten zur Sicherheit gibt. Die Hersteller weisen darauf hin, dass bei einer Therapie mit diesen Wirkstoffen eine sichere Verhütung dringend erforderlich ist. Pillenanwender*innen werden zusätzliche Verhütungsmaßnahmen empfohlen.
Wunschgewicht mit Abnehmspritze erreicht – und nun?
Ist mithilfe von GLP1-Analoga oder GLP1/GIP-Analoga das Ziel erreicht, stellt sich die Frage, wie es weiter geht. Wird die Spritze einfach abgesetzt, droht die Gefahr, dass ein Großteil des verlorenen Gewichts innerhalb eines Jahres wieder zugenommen wird.
Das liegt daran, dass die Spritze das Sättigungsgefühl und den Appetit reguliert. Ohne die Wirkstoffe bleibt die schnelle Sättigung aus, die Betroffenen essen wieder mehr und die Pfunde sammeln sich erneut an. Die meisten Menschen müssen diese Medikamente deshalb langfristig – evtl. sogar ein Leben lang – anwenden, um den Effekt aufrecht zu erhalten.
Ein Absetzen nach Erreichen des Wunschgewichts ist jedoch nicht ausgeschlossen. Voraussetzung dafür ist, dass die Gewichtsreduktion mit GLP1- und GIP-Analoga in eine übergreifende Strategie integriert wurde. Das bedeutet, dass die Übergewichtigen während der Therapie ihren Lebensstil optimieren müssen: Für langfristige Effekte ohne den weiteren Einsatz der Wirkstoffe ist es zwingend erforderlich, die Ernährung dauerhaft anzupassen und täglich körperlich aktiv zu sein.
Folgende Kriterien sollten für ein Absetzen von GLP1/GIP-Analoga erfüllt sein:
- Stabil gehaltenes Gewicht über mindestens sechs Monate,
- regelmäßige körperliche Aktivität (mindestens 150 Minuten / Woche),
- kontinuierliche gesunde Ernährung, die nicht als Diät gesehen wird,
- stabiles Essverhalten ohne Heißhungerphasen, kein Essen aufgrund von Stress und eine
- stabile Psyche.
In diesen Fällen kann unter engmaschiger ärztlicher Betreuung ein Absetzen versucht werden. Wichtig ist, dass dieses nicht abrupt, sondern schrittweise geschieht. Empfohlen wird häufig auch eine begleitende Verhaltens- oder Ernährungstherapie. Sollte es trotzdem zu Heißhungerattacken oder eine Gewichtszunahme von mehr als 2-3 kg in kurzer Zeit kommen, heißt es Gegensteuern. Gleiches gilt, wenn die Motivation zu Sport und Bewegung absinkt. Für diese Fälle ist nach Rücksprache mit der Ärzt*in gegebenenfalls eine erneute Aufnahme der Therapie erforderlich.
Quellen: pta heute, Gelbe Liste, Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft