Gesundheit heute

Angiodysplasien und AV-Fisteln

Angiodysplasie (vaskuläre Dysplasie): Angeborene arterielle, venöse oder auch lymphatische Gefäßfehlbildungen, die vereinzelt oder mehrfach in verschiedenen Organen auftreten. Oberflächliche Angiodysplasien, die direkt unter der Haut liegen, sind an einer dauerhaften rotblauen Verfärbung zu erkennen.

Angiodysplasien können nur kosmetisch störend sein, wie z. B. das Feuermal (Naevus flammeus), aber auch einen erheblichen Krankheitswert haben: An der Magen-Darm-Schleimhaut machen sie sich durch zeitweise auftretende Darmblutungen mit entsprechendem Blutabgang mit dem Stuhl bemerkbar. Wenn sie im Gehirn auftreten, drohen Hirnblutungen und Schlaganfall. Manchmal sind die Angiodysplasien auch als Gefäßkurzschlüsse zwischen Arterien und Venen (sogenannte arteriovenöse Fisteln, AV-Fisteln) ausgebildet und können durch den Gefäßkurzschluss das Herz belasten. Angiodysplasien kommen zudem als Bestandteil seltener Syndrome mit unterschiedlich ausgeprägten Symptomen und Beschwerden vor.

Behandlungsbedürftige Angiodysplasien oder AV-Fisteln werden verödet, operativ entfernt oder mit dem Katheter stillgelegt.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Blaurote Verfärbung der Haut
  • Blutschwamm (Hämangiom)
  • Nasenbluten
  • Darmblutungen, Bluterbrechen, Blut im Stuhl
  • Lähmungen, Schwäche, Sprachstörungen, Störung des Bewusstseins bei einer Hirnblutung.

Wann zum Arzt

Sofort den Notarzt rufen bei

  • Verdacht auf einen Schlaganfall
  • Bluterbrechen.

In den nächsten Tagen bei

  • immer wieder auftretendem starken Nasenbluten
  • Blut im Stuhl.

Die Erkrankung

Angeborene Fehlbildungen von Arterien, Venen und Lymphgefäßen kommen in allen möglichen Varianten vor. So sind z. B. Gefäße gar nicht erst angelegt, erweitert oder verengt, manchmal sind sie auch vermehrt, bilden Gefäßknäuel oder Verbindungen zwischen Arterien und Venen (AV-Fisteln).

Genauso vielfältig wie die Art der Fehlbildungen sind auch deren Symptome. Da im Prinzip alle Gefäße des menschlichen Körpers von Fehlbildungen betroffen sein können, gibt es eine Vielzahl möglicher Beschwerden. Oft sind Angiodysplasien auch Teil seltener Syndrome.

Einige bekanntere Beispiele für Gefäßfehlbildungen sind:

  • Feuermal (Naevus flammeus): Bei dieser angeborenen Fehlbildung sind kleine Blutgefäße unter der Haut erweitert und neigen zu Wucherungen. Es resultieren kleine oder auch großflächige blau-rote Flecken, vor allem einseitig im Gesicht.
  • Hämangiom: Blutschwamm, der sowohl auf der Haut, aber auch im Körperinnern auftreten kann, z. B. an der Leber oder im Auge.
  • Morbus Osler: Hier kommt es zu einer krankhaften Erweiterung von Blutgefäßen, sogenannten Teleangiektasien, die überall auftreten können. Besonders häufig sind Nase und Magen-Darm-Trakt betroffen, Beschwerden sind Nasenbluten oder Darmblutungen. Bei Teleangiektasien in Lunge und Gehirn drohen lebensbedrohliche innere Blutungen.
  • Sturge-Weber-Syndrom: Bei diesem Syndrom bilden sich vor allem Gefäßtumoren im Gesicht, aber auch im Gehirn und im Auge. Mögliche Folgen sind epileptische Anfälle, Glaukom und geistige Retardierung (Intelligenzminderung).

Sonderform AV-Fisteln

Wenn Angiodysplasien in Form eines Gefäßkurzschlusses zwischen arteriellem und venösem Blutgefäßsystem ausgebildet sind, spricht der Arzt von einer AV-Fistel (Arterio-venöse Fistel). AV-Fisteln können durch den Gefäßkurzschluss das Herz belasten, dies vor allem dann, wenn sie sich in seiner Nähe befinden. Grund dafür ist eine verstärkte Volumenbelastung des Herzens: Ein Teil des arteriellen Blutes fließt nicht in die Organe, sondern strömt durch die krankhafte arterio-venöse Verbindung in das venöse System und zum Herzen zurück. Das Herz muss also deutlich mehr pumpen, um den benötigten Sauerstoff im Körper zu verteilen, es droht die Herzinsuffizienz. Auch AV-Fisteln im Gehirn können sehr gefährlich sein: sie rufen Kopfschmerzen, pulssynchrone Ohrgeräusche oder auch Sehstörungen hervor und führen, wenn sie platzen, zu Hirnblutungen.

Angeborene AV-Fisteln sind selten. Häufiger entstehen sie nach einer Gefäßverletzung bei Operationen oder einem diagnostischen Eingriff (z. B. nach einer Punktion der Leistenarterie zur Koronarangiografie). Solche Fisteln verschließen sich oft durch langes Abdrücken (z. B. für eine Stunde). Gelingt dies nicht, müssen die Ärzte sie durch einen kleinen operativen Eingriff unterbinden. Eine typische Ursache für AV-Fisteln im Gehirn sind außerdem Schädelverletzungen.

Bei Dialyse-Patienten legen die Ärzte eine AV-Fistel gezielt am Handgelenk oder Unterarm an, indem sie eine große Arterie mit einer großen Vene verbinden (Cimino-Shunt). Hier bildet sich im Verlauf von Wochen ein kräftiges, gut punktierbares Gefäß aus, ein so genannter Dialyse-Shunt, über den bei der wöchentlichen Dialyse ausreichende Blutmengen zur Dialysemaschine und wieder zurückfließen können.

Diagnosesicherung

Angiodysplasien sind wie das Feuermal entweder gut von außen sichtbar oder sie werden im Rahmen der Ursachenabklärung von Darmblutungen, Nasenbluten, Herzschwäche oder Schlaganfall vom Arzt gefunden.

Ausmaß und Verlauf innerer Angiodysplasien stellt der Arzt durch eine Farbduplexsonografie oder eine Angiografie dar, manchmal ist auch eine Erythrozytenszintigrafie notwendig, bei der die roten Blutkörperchen radioaktiv markiert werden. Die Auswirkung von AV-Fisteln auf die Herzleistung prüft der Arzt mithilfe der Echokardiografie.

Behandlung

Behandlungsbedürftige Angiodysplasien oder AV-Fisteln werden mit dem Laser verödet, operativ entfernt oder über einen in das Gefäßsystem vorgeschobenen Katheter mit Flüssigkleber verschlossen. Bei inoperablen AV-Fisteln (z. B. im Gehirn) gibt es auch die Möglichkeit, diese in mehreren Sitzungen zu bestrahlen und dadurch eine Gewebereaktion mit Verklebung und Verschluss der Fisteln hervorzurufen.

Prognose

Die Prognose bei Angiodysplasien hängt von Ausmaß, Lokalisation und Auswirkung der jeweiligen Gefäßfehlbildung ab. Kleine Feuermale z. B. sind harmlos und lassen sich gut mit dem Laser behandeln, manche werden auch im Verlauf der Jahre von selbst immer blasser und verschwinden. Unbehandelte AV-Fisteln im Gehirn können dagegen zu schweren Blutungen und neurologischen Ausfällen führen.

Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Herzdruckmassage auch bei Frauen!

Bei der Herzdruckmassage muss das Brustbein 5 bis 6 cm tief Richtung Wirbelsäule gedrückt werden.

Herzdruckmassage auch bei Frauen!

Keine falsche Scheu

Frauen haben beim Herzstillstand in der Öffentlichkeit schlechte Karten. Sie werden seltener reanimiert als Männer und haben schlechtere Überlebenschancen.

Nur zwei Drittel werden reanimiert

Bei einem Herzstillstand hilft nur eines: Die Reanimation mit Herzdruckmassage. Doch davon profitieren in erster Linie Männer. Denn Frauen bekommen von Ersthelfer*innen deutlich seltener eine Herzdruckmassage, wie Studien immer wieder aufzeigen.

So auch z. B. eine Untersuchung aus den Niederlanden. Darin erhielten nur knapp 68 Prozent der Frauen, die in der Öffentlichkeit einen Herzstillstand erlitten hatten, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung. Bei den Männern waren es immerhin 73 Prozent. Das dürfte mit ein Grund sein, warum Männer einen Herzstillstand häufiger überleben als Frauen. Ihre Überlebensrate betrug in der holländischen Studie 20%, die der Frauen nur 12,5 %.

Keine falsche Scham!

Einige Gründe könnten dazu führen, dass Frauen bei einem Herzstillstand auf offener Straße seltener geholfen wird. Möglicherweise besteht eine gewisse Scham, die Brust einer Frau zu berühren oder ihre Kleidung anzuheben. Ein weiterer Grund könnte die Tatsache sein, dass in den Erste-Hilfe-Kursen die Wiederbelebung meist an männlichen Puppen geübt wird. Manch eine Ersthelfer*in hat vielleicht auch Sorge, durch hartes oder schnelles Drücken die Frauenbrust zu verletzen.

Druckpunkt liegt auf dem Brustbein

Doch das ist unbegründet: Der richtige Druckpunkt liegt bei der Herzdruckmassage auf dem Brustbein, also zwischen den Brüsten. Bei exaktem Vorgehen kann der Brust also nichts passieren. Zaudern dagegen kann tödlich sein, mahnen Expert*innen. Ob Mann oder Frau, ob weibliche oder männliche Ersthilfe: Bei einem Herzstillstand muss die Herzdruckmassage sofort beginnen. Laut Herzstiftung sieht das folgendermaßen aus:

  • Knien Sie sich seitlich neben die Person (egal ob rechts oder links)
  • Setzen Sie den Handballen auf die Mitte des Brustbeins, platzieren Sie Ihre zweite Hand auf den Handrücken der ersten.
  • Beugen Sie sich senkrecht über die Brust und drücken Sie mit gestreckten Armen das Brustbein tief (5 bis 6 cm) und schnell (100 bis 120-Mal/Minute) in Richtung Wirbelsäule.

Atemspende weglassen

Die Herzdruckmassage muss durchgeführt werden, bis das Rettungsteam einsetzt. Weil sie sehr anstrengend ist, sollten sich mehrere Ersthelfer*innen abwechseln. Eine Atemspende empfiehlt die Herzstiftung ausdrücklich nicht. Dass liegt unter anderem daran, dass eine Herzdruckmassage ohne Beatmung einfacher durchzuführen und die Bereitschaft von Ersthelfer*innen dazu größer ist. Studien haben auch gezeigt, dass die Herzdruckmassage allein in den ersten Minuten nach Herzstillstand effektiver ist als die Reanimation mit Atemspende.

Frauenherzen schlagen anders

Frauen mit Herzstillstand werden seltener als Männer von Laien reanimiert - das muss sich ändern. Um darauf aufmerksam zu machen, gibt es den #GoRed Day. Wer heute, am 7.Februar 2025, etwas Rotes trägt und ein Foto davon in den Sozialen Medien postet, macht damit auf Frauenherzgesundheit aufmerksam.

Quellen: European Heart Journal, Deutsche Herzstiftung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Science Photo Library / Microgen Images