Gesundheit heute
Endokarditis
Endokarditis (Herzinnenhautentzündung, Herzinnenwandentzündung): Entzündung der Herzinnenhaut, vor allem an den Herzklappen. Sie wird meist durch Bakterien oder Pilze verursacht (infektiöse Endokarditis) und macht sich zunächst mit Fieber, Blässe und Leistungsminderung bemerkbar. In schweren Fällen droht eine Blutvergiftung, manchmal kommt es durch Schädigung der befallenen Herzklappe auch zu einer Herzinsuffizienz.
Die infektiöse Endokarditis ist eine gefährliche Erkrankung, die in der Regel mit einem längeren Krankenhausaufenthalt verbunden ist. Für etwa 18 % der Betroffenen verläuft sie tödlich und bei über 30 % ist ein chirurgischer Eingriff an der zerstörten Herzklappe erforderlich.
Symptome und Leitbeschwerden
- Fieber, Schüttelfrost, nächtliches Schwitzen
- Allgemeine Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust
- Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopf- und Rückenschmerzen
- Kleinste Hauteinblutungen an Handflächen und Fußsohlen (Petechien)
- In fortgeschritteneren Stadien Zeichen der Herzinsuffizienz.
Wann zum Arzt
Am gleichen Tag, wenn eine fieberhafte Infektion verbunden ist mit
- Atemnot
- Ödemen
- Hauteinblutungen
- Blut im Urin.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Das Endokard, die innere Auskleidung des Herzens, hat stets Kontakt zum fließenden Blut und damit auch zu den Bakterien und Pilzen, die immer wieder für kurze Zeit im Blut zirkulieren. Schon bei alltäglichen Tätigkeiten wie dem Zähneputzen gelangen Mundkeime ins Blut, erst recht geschieht dies bei ärztlichen oder zahnärztlichen Eingriffen und fieberhaften Infekten. Ein gesunder Organismus macht diese Erreger in nur wenigen Minuten unschädlich. Bei schlechter Abwehrlage kann diese kurze Zeit aber ausreichen, dass sich Erreger an der Herzinnenhaut ansiedeln und dort festsetzen. Zu den wichtigsten Erregern der Endokarditis gehören Streptokokken, Staphylokokken, aber auch Enterokokken und Pilze, am häufigsten betroffen ist die Herzinnenhaut der Herzklappen.
Ursachen
Ursachen für eine solche Einschwemmung von Bakterien oder Pilzen sind z. B.
- Infizierte Venenverweilkatheter
- Intravenöser Drogenkonsum mit unsterilen Nadeln
- Zahnärztliche Eingriffe
- Operative Eingriffe
- "Harmlose" Infekte im Körper, wie z. B. eine Blasenentzündung.
Risikofaktoren
Besonders anfällig für die Ansiedelung von Erregern sind bereits vorgeschädigte Herzklappen, wie dies z. B. bei degenerativ veränderten, verkalkten Klappen der Fall ist. An infektiöser Endokarditis erkranken daher bevorzugt ältere Menschen.
Außerdem besteht ein besonders hohes Risiko für eine infektiöse Endokarditis bei
- Fremdkörpern im Herzen (z. B. künstliche Herzklappen, sogenannte Herzklappenprothesen)
- Angeborenen Herzfehlern
- Patient*innen mit überstandener Endokarditis.
Formen
Je nachdem wie aggressiv der Erreger ist, unterscheidet man eine akute und eine subakute Form der Endokarditis. Bei einer akuten Endokarditis kommt es innerhalb kürzester Zeit, oft schon innerhalb von 24 Stunden, zu massivem Fieber, Schwäche und Gelenkbeschwerden, typische Komplikationen sind die schwere akute Herzinsuffizienz durch Zerstörung einer Herzklappe und/oder eine Blutvergiftung (Sepsis) mit Multiorganversagen. Die subakute Endokarditis oder Endokarditis lenta verläuft schleichender und eher schubweise, daher wird die richtige Diagnose oft erst nach Wochen und Monaten gestellt.
Sonderform
Eine Sonderform der Endokarditis ist die Schädigung der Herzklappen durch (akutes) rheumatisches Fieber. Erreger eitriger Hals- und Mandelentzündungen, also Streptokokken der Gruppe A, können zur Bildung von Antikörpern führen, die fälschlicherweise auch mit körpereigenem Gewebe reagieren und es schädigen. Dadurch kommt es etwa 2 Wochen nach der Halsentzündung zur nichtinfektiösen Endokarditis (abakterielle Endokarditis). Sie ist Teil des rheumatischen Fiebers, das außerdem mit Entzündungen der Gelenke, der Haut und der Niere (Glomerulonephritis) einhergeht.
Im Vordergrund dieser durch ein Autoimmungeschehen bedingten Entzündung steht der Befall der Mitralklappe. Häufig schrumpft dadurch im Verlauf der nächsten Jahre und Jahrzehnte die Mitralklappe und verengt sich (Mitralklappenstenose). Ein rheumatisches Fieber lässt sich durch eine frühzeitige antibiotische Behandlung der Streptokokken-Angina verhindern. Da dies seit vielen Jahren praktiziert wird, ist das akute rheumatische Fieber in den Industrieländern mittlerweile zu einer seltenen Erkrankung geworden.
Komplikationen
Eine akute Endokarditis kann eine Herzklappe innerhalb weniger Stunden so stark schädigen, dass eine schwere Herzinsuffizienz entsteht. Die entzündlichen Vorgänge an Herzklappen führen außerdem häufig zu rasenartigen oder fadenförmigen Auflagerungen auf den Klappen, den Klappenvegetationen. Wenn sich diese bakterienhaltigen Klappenvegetationen ablösen und fortgeschwemmt werden, führt dies zu Durchblutungsstörungen und Keimverschleppungen in andere Körperteile bzw. Organe (septische Embolien). Daneben bringt auch der immunologische Abwehrkampf des Körpers zusätzliche Gefäßschäden in den betroffenen Organen mit sich. Diese Mechanismen sind verantwortlich für Symptome bzw. Komplikationen wie
- Nierenfunktionseinschränkung mit Blut im Urin
- Kleinste punktförmige Hauteinblutungen (Petechien), auch in Auge oder Gaumen
- Bakterielle Einschleppungen (Embolien) mit der Folge von Abszessen, z. B. in Gehirn, Niere oder Milz
- Schmerzhafte rötliche Knötchen an den Fingerbeeren, Handflächen und Fußsohlen (Osler-Knötchen)
- Milzvergrößerung mit Gefahr der Milzruptur.
Diagnosesicherung
Hat die Ärzt*in einen Verdacht auf Endokarditis, legt sie mehrfach Blutkulturen an, um den Erreger zu züchten, zu identifizieren und damit das wirksamste Antibiotikum auswählen zu können. Bei der körperlichen Untersuchung achtet sie auf Einblutungen der Haut und Schleimhäute. Beim Abhören des Herzens fallen gelegentlich Herzgeräusche auf.
Das Labor zeigt eine erhöhte BSG und weitere Entzündungszeichen wie vermehrte weiße Blutkörperchen (Leukozytose) und ein erhöhtes CRP. Im Blutbild findet sich meist eine Anämie, beim rheumatischen Fieber sind die Antikörper gegen Streptokokken erhöht (Anti-Streptolysin-Titer).
Im Herzecho und vor allem in der transösophagealen Echokardiografie erkennt die Ärzt*in Klappenvegetationen oder kleine Abszesse der Herzinnenhaut. Das EKG hilft nur dann, wenn der angrenzende Herzmuskel von der Entzündung mit erfasst wird (Begleitmyokarditis).
Organkomplikationen deckt die Ärzt*in mit der entsprechenden Diagnostik auf. Zeigt die Patient*in Symptome wie bei einem Schlaganfall, sucht sie z. B. mithilfe eines MRT nach septischen Embolien im Gehirn. Urinuntersuchungen, Nierenwerte im Blut und Ultraschall zeigen Nierenkomplikationen an, einer vergrößerten Milz kommt er mit dem Bauchultraschall auf die Spur.
Behandlung
Die wichtigste Therapie ist eine 4 bis 6-wöchige Antibiotikabehandlung, die schon bei Krankheitsverdacht beginnt und bei Nachweis des Erregers angepasst wird. Normalerweise verbleibt die Patient*in dafür die ersten 2 Wochen im Krankenhaus, damit die Ärzt*innen etwaige Komplikationen frühzeitig erkennen können. Die antibiotische Therapie erfolgt intravenös, meist werden mindestens 2 Wirkstoffe kombiniert. Häufig verwendete Antibiotika sind Ampicillin, Gentamicin, Flucloxacillin und Vancomycin. Pilze bekämpft die Ärzt*in mit Amphotericin B oder 5-Fluorocytosin.
Schlägt diese Therapie nicht an und die Klappenfunktion verschlechtert sich, muss die Herzchirurg*in die infizierte Klappe operativ entfernen und eine Kunst- oder Bioklappe (vom Schwein) einsetzen (Herzklappenprothese). Große Klappenvegetationen mit Embolien (z. B. mit schlaganfallähnlichen Durchblutungsstörungen im Gehirn) erfordern mitunter eine vorbeugende Klappenoperation.
Beim rheumatischen Fieber bekommt die Patient*in Antibiotika gegen die Streptokokkeninfektion und entzündungshemmende Medikamente zur Behandlung der autoimmunen Reaktion. Schwere Verläufe behandeln die Ärzt*innen zusätzlich mit Kortison.
Prognose
Die Gesamtüberlebensrate beträgt unter Therapie etwa 80 %. Rückfälle sind häufig, jede 10. Endokarditispatient*in entwickelt eine weitere Herzklappenentzündung.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie selbst tun können
- Lassen Sie sich einen Herzpass ausstellen, den Sie bei allen ärztlichen Eingriffen vorlegen. Darin ist ein Behandlungsvorschlag für die Antibiotikaprophylaxe vermerkt.
- Achten Sie als Risikopatient*in auf eine gute Zahnhygiene, aber vermeiden Sie aggressives Zähneputzen mit Zahnfleischbluten. Am besten verwenden Sie eine elektrische Zahnbürste mit weichen Borsten.
- Schrecken Sie bei bakteriellen Infektionen nicht vor einer frühzeitigen und ausreichend langen antibiotischen Therapie nach Absprache mit Ihrer Ärzt*in zurück. Nehmen Sie Antibiotika immer wie verordnet bis zur letzten Tablette ein, auch wenn Ihre Beschwerden schon vorher nachgelassen haben.
- Für Urlaubsreisen lassen Sie sich am besten eine Vorratspackung Antibiotika verschreiben, die Sie dann bei Bedarf einsetzen können.
- Verzichten Sie auf Tätowierungen oder Piercings.
Antibiotika-Prophylaxe
Stark endokarditisgefährdet sind Patient*innen, die schon einmal an einer Endokarditis erkrankt waren und Patient*innen mit künstlicher Herzklappe oder schwerem angeborenem Herzfehler (siehe oben Risikofaktoren). Hier empfehlen Ärzt*innen vor Untersuchungen und operativen Eingriffen, bei denen bekanntermaßen Bakterien in die Blutbahn gelangen, eine vorbeugende Antibiotikaeinnahme. Diese Endokarditisprophylaxe besteht in der Regel in einer einmaligen Antibiotikagabe kurz vor dem Eingriff.
Die Empfehlung gilt für Maßnahmen wie operative Eingriffe in Nasen-Rachen-Raum, bei Eingriffen an infiziertem Gewebe in Atem-, Magen-Darm- und Urogenitaltrakt, operativen Behandlungen von Abszessen oder bei zahnärztlicher Behandlung mit Blutungsgefahr (z. B. Zahnextraktion).
Bei Vorhof- und Kammerseptumsdefekt, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie, Mitralklappenprolaps, rheumatisch bedingten Herzerkrankungen und bei verkalkter Aortenklappenstenose soll entgegen früherer Empfehlungen auf eine Antibiotikaprophylaxe zukünftig verzichtet werden, weil die Endokarditisgefahr durch derartige Eingriffe nicht ansteigt.

Impfen ist für Menschen mit Herzerkrankungen ganz besonders wichtig.
Impfen schützt auch das Herz
Doppelter Effekt
Gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und der Verzicht aufs Rauchen gehören zu den zentralen Faktoren für die Herzgesundheit. Doch man kann noch mehr für Herz und Gefäße tun: sich regelmäßig impfen lassen.
Erhöhter Sauerstoffbedarf und geschwächter Muskel
Virale und bakterielle Infektionen wirken sich auf verschiedene Weise auf das Herz aus. Sie können den Sauerstoffbedarf der Herzmuskelzellen erhöhen und dadurch bei Patient*innen mit koronarer Herzkrankheit Angina-pectoris-Anfälle oder einen Herzinfarkt auslösen. Durch Anstoßen entzündlicher Prozesse schaden sie den Gefäßen, zudem können Bakterien und Viren den Herzmuskel schwächen - was vor allem für Menschen mit bekannter Herzschwäche gefährlich wird.
Mehr Influenza, mehr Infarkte
Bekannt ist solch ein schädigender Einfluss auf Herz und Gefäße für Grippe- und Coronaviren, RSV, Herpes-zoster-Viren, Parainfluenza- und Adenoviren sowie für Pneumokokken. So stieg z.B. mit der Anzahl der Influenzafälle in einer amerikanischen Studie die Rate an Krankenhauseinweisung aufgrund von Herzschwäche und Herzinfarkt. Andere Untersuchungen zufolge haben Menschen mit bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankung ein erhöhtes Risiko, an einer Virusinfektion zu sterben.
Impfungen können die Herzgefahr durch Virusinfektionen senken, betonen deutsche Kardiolog*innen. Studien haben gezeigt, dass gegen Influenza Geimpfte ein deutlich geringeres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall hatten als Ungeimpfte. Und selbst wenn es zu einem akutem Herzinfarkt kam, hatte das Impfen positive Auswirkungen: Dann senkte die Impfung das Risiko, am Infarkt zu sterben.
Ähnlich gute Ergebnisse weist die Zoster-Impfung auf. Sie konnte das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse um 50% senken. Für weitere Impfungen laufen gerade Studien, deren Ergebnisse mit Spannung erwartet werden.
Drei Impfungen empfohlen
Deutsche Kardiolog*innen empfehlen deshalb, Impfungen nicht nur als Schutz vor Infektionen, sondern auch als Prävention gegen Herz-Kreislauf-Ereignisse zu nutzen. Ganz besonders gilt dies für folgende Impfungen:
- Influenzaimpfung. Alle Patient*innen mit akutem Koronarsyndrom sollten gegen Influenza geimpft werden.
- Pneumokokkenimpfung. Patient*innen mit Herzschwäche (Herzinsuffizienz) sollten alle fünf bis zehn Jahre eine Pneumokokkenimpfung erhalten.
- COVID-19-Impfung. Wie alle anderen profitieren auch Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen von der Coronaimpfung. Ganz besonders gilt dies für Betroffene mit Herzschwäche, koronarer Herzkrankheit und Diabetes.
Quelle: SpringerMedizin