Gesundheit heute

Klinische Untersuchungen des Herzens

Herz- und Gefäßkrankheiten sind mit großem Abstand die häufigste Todesursache unserer Zeit. Mehr als die Hälfte der Todesfälle gehen in den Industriestaaten auf ihr Konto, und selbst in den so genannten Entwicklungsländern nehmen sie stark zu. Entsprechend häufig sind Erkrankungen von Herz und Gefäßen – und jeder Arzt nimmt sie aufgrund ihrer Gefährlichkeit ernst.

Bei der Untersuchung kann der Arzt den Zustand des Herz-Kreislauf-Systems nach einem sorgfältigen Patientengespräch, Anamnese, in Verbindung mit einer körperlichen Untersuchung bereits relativ gut einschätzen. Apparative Untersuchungsverfahren verbessern die Diagnosemöglichkeiten nochmals erheblich.

Abklopfen. Beim Abklopfen des vorderen linken Brustkorbs (Herz-Perkussion) schätzt der Arzt die Herzgröße ab.

Tastuntersuchung. Bei der Tastuntersuchung von Herz und Gefäßen (Herz-Palpation) ertastet der Untersucher die stoßenden Bewegungen des pulsierenden Herzmuskels am linken Brustkorb und die fortgeleiteten Blutdruckwellen in den Arterien. Die Qualität des Herzstoßes und des Pulses (kräftig, schwach oder wechselnd, regelmäßig oder unregelmäßig) sowie die Pulsfrequenz geben Hinweise auf die Herzfunktion und auf die Beschaffenheit der Gefäße.

Ideale Arterien zum Palpieren (Tasten) des Pulses liegen an Hand- und Fußgelenken, an den Ellen-, Leisten- und Kniebeugen sowie seitlich am Hals.

Abhorchen. Jeder Herzzyklus, bei dem Blut aus dem Herzen gepumpt wird, erzeugt zwei hörbare Töne.

Der erste Herzton (1. HT) entsteht durch die plötzliche Anspannung der Herzmuskulatur und durch die Öffnung der Pulmonal- und Aortenklappe. Das Schließen dieser Herzklappen am Ende der Austreibungsphase des Bluts verursacht den zweiten Herzton (2. HT). Zwischen diesen zwei Herztönen hört der Arzt beim Herz-Abhorchen (Herz-Auskultation) normalerweise keine Geräusche oder Töne.

Krankhaft veränderte Herzklappen, eine defekte Herzscheidewand oder eine Entzündung des Herzbeutels führen zu charakteristischen Nebengeräuschen. Bei Herzrhythmusstörungen sind die Abstände zwischen den Herztönen unregelmäßig und das Herz ist nicht bei jeder Aktion ausreichend mit Blut gefüllt. Daher führt hier nicht jeder Herzschlag zum Erfolg, d.h. zu einer tastbaren Pulswelle. Die Differenz zwischen tastbarer Pulsfrequenz und abgehorchter Herzfrequenz wird Pulsdefizit genannt.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Herzdruckmassage auch bei Frauen!

Bei der Herzdruckmassage muss das Brustbein 5 bis 6 cm tief Richtung Wirbelsäule gedrückt werden.

Herzdruckmassage auch bei Frauen!

Keine falsche Scheu

Frauen haben beim Herzstillstand in der Öffentlichkeit schlechte Karten. Sie werden seltener reanimiert als Männer und haben schlechtere Überlebenschancen.

Nur zwei Drittel werden reanimiert

Bei einem Herzstillstand hilft nur eines: Die Reanimation mit Herzdruckmassage. Doch davon profitieren in erster Linie Männer. Denn Frauen bekommen von Ersthelfer*innen deutlich seltener eine Herzdruckmassage, wie Studien immer wieder aufzeigen.

So auch z. B. eine Untersuchung aus den Niederlanden. Darin erhielten nur knapp 68 Prozent der Frauen, die in der Öffentlichkeit einen Herzstillstand erlitten hatten, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung. Bei den Männern waren es immerhin 73 Prozent. Das dürfte mit ein Grund sein, warum Männer einen Herzstillstand häufiger überleben als Frauen. Ihre Überlebensrate betrug in der holländischen Studie 20%, die der Frauen nur 12,5 %.

Keine falsche Scham!

Einige Gründe könnten dazu führen, dass Frauen bei einem Herzstillstand auf offener Straße seltener geholfen wird. Möglicherweise besteht eine gewisse Scham, die Brust einer Frau zu berühren oder ihre Kleidung anzuheben. Ein weiterer Grund könnte die Tatsache sein, dass in den Erste-Hilfe-Kursen die Wiederbelebung meist an männlichen Puppen geübt wird. Manch eine Ersthelfer*in hat vielleicht auch Sorge, durch hartes oder schnelles Drücken die Frauenbrust zu verletzen.

Druckpunkt liegt auf dem Brustbein

Doch das ist unbegründet: Der richtige Druckpunkt liegt bei der Herzdruckmassage auf dem Brustbein, also zwischen den Brüsten. Bei exaktem Vorgehen kann der Brust also nichts passieren. Zaudern dagegen kann tödlich sein, mahnen Expert*innen. Ob Mann oder Frau, ob weibliche oder männliche Ersthilfe: Bei einem Herzstillstand muss die Herzdruckmassage sofort beginnen. Laut Herzstiftung sieht das folgendermaßen aus:

  • Knien Sie sich seitlich neben die Person (egal ob rechts oder links)
  • Setzen Sie den Handballen auf die Mitte des Brustbeins, platzieren Sie Ihre zweite Hand auf den Handrücken der ersten.
  • Beugen Sie sich senkrecht über die Brust und drücken Sie mit gestreckten Armen das Brustbein tief (5 bis 6 cm) und schnell (100 bis 120-Mal/Minute) in Richtung Wirbelsäule.

Atemspende weglassen

Die Herzdruckmassage muss durchgeführt werden, bis das Rettungsteam einsetzt. Weil sie sehr anstrengend ist, sollten sich mehrere Ersthelfer*innen abwechseln. Eine Atemspende empfiehlt die Herzstiftung ausdrücklich nicht. Dass liegt unter anderem daran, dass eine Herzdruckmassage ohne Beatmung einfacher durchzuführen und die Bereitschaft von Ersthelfer*innen dazu größer ist. Studien haben auch gezeigt, dass die Herzdruckmassage allein in den ersten Minuten nach Herzstillstand effektiver ist als die Reanimation mit Atemspende.

Frauenherzen schlagen anders

Frauen mit Herzstillstand werden seltener als Männer von Laien reanimiert - das muss sich ändern. Um darauf aufmerksam zu machen, gibt es den #GoRed Day. Wer heute, am 7.Februar 2025, etwas Rotes trägt und ein Foto davon in den Sozialen Medien postet, macht damit auf Frauenherzgesundheit aufmerksam.

Quellen: European Heart Journal, Deutsche Herzstiftung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Science Photo Library / Microgen Images