Gesundheit heute

Primär sklerosierende Cholangitis

Primär sklerosierende Cholangitis (PSC): Fortschreitende Entzündung und Zerstörung der Gallengänge innerhalb und außerhalb der Leber, die zu Gelbsucht und Juckreiz führt und meist in eine Leberzirrhose mündet. Männer sind zweimal häufiger betroffen als Frauen; die Krankheit beginnt oft zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr. Die Ursache der Erkrankung ist unklar, vermutet werden autoimmune Prozesse. Neben symptomatischer Behandlung des Juckreizes und Aufdehnung stark verengter Gallengänge bleibt als Behandlung meist nur die Lebertransplantation. Die mittlere Überlebenszeit ohne Transplantation beträgt 10–20 Jahre. Durch eine Transplantation wird eine 5-Jahres-Überlebensrate von etwa 80 % erreicht.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Allgemeinsymptome: Müdigkeit, Gewichtsabnahme
  • Oberbauchschmerzen
  • Juckreiz auf der Haut
  • Manchmal Gelbsucht (gelbe Augenlederhaut und Haut).

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • unerklärlicher starker Müdigkeit, Krankheitsgefühl
  • unerklärlichem Juckreiz
  • Gelbverfärbung der Augenlederhaut (Sklera).

Die Erkrankung

Die primär sklerosierende Cholangitis ist eine Erkrankung der Gallenwege innerhalb und außerhalb der Leber. Dabei vermehrt sich auf Grund chronischer Entzündungen das Bindegewebe zwiebelschalenartig um die Gallenwege herum. Ausgelöst wird die fortschreitende Entzündungsreaktion wahrscheinlich durch autoimmune Prozesse (siehe unten). Die Gallengänge werden durch das Bindegewebe eingeengt, geschädigt und schließlich zerstört, sodass die Gallenflüssigkeit nicht mehr ungehindert abfließen kann.

Verlauf

Die Erkrankung bleibt oft lange ohne Beschwerden, bei der Hälfte der Patienten wird sie zufällig durch erhöhte Leberwerte entdeckt. Im weiteren Verlauf treten als Zeichen der Gallenstauung (Cholestase) Juckreiz und Gelbsucht auf, später entwickeln sich Symptome einer Leberzirrhose. Durch den gestörten Galleabfluss siedeln sich leichter Bakterien an, es kommt wiederholt zu Episoden eitriger Gallengangsentzündungen mit Fieber und Oberbauchschmerzen. Diese Gallengangsentzündungen werden im Verlauf der Erkrankung immer häufiger und verschlechtern die Prognose.

Ursache

Die Ursache der primär sklerosierenden Cholangitis ist unklar, ähnlich wie bei der primär biliären Cholangitis vermutet man autoimmune Prozesse, das heißt eine Abwehrreaktion gegen körpereigenes Gewebe. Dazu passt, dass bei 60–80 % der PSC-Patienten dafür typische Antikörper gefunden werden (antineutrophile cytoplasmatische Antikörper, p-ANCA genannt).

Die PSC steht zudem in einem noch unbekannten Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen: 3/4 aller PSC-Patienten leiden auch unter einer Colitis ulcerosa (chronisch-entzündliche Darmerkrankung).

Komplikationen

Patienten mit einer PSC haben ein hohes Risiko für die Entwicklung anderer ernster Erkrankungen wie Darmkrebs (vor allem bei gleichzeitiger Colitis ulcerosa), Leber- sowie Gallenblasenkrebs (siehe Tumoren von Gallenwegen, Gallenblase und Leber) und Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Diagnosesicherung

Juckreiz, Müdigkeit, eine Gelbsucht und erhöhte Cholestasewerte (vor allem eine erhöhte Alkalische Phosphatase) lenken den Verdacht des Arztes schnell auf die Leber. Deshalb wird er eine Reihe von Laboruntersuchungen anordnen und bildgebende Verfahren durchführen, z. B. Ultraschall und MRT. Den Verdacht auf eine PSC bestätigen schließlich folgende Untersuchungen:

  • Labor: Nachweis von für die Erkrankung typischen Antikörpern (antineutrophile cytoplasmatische Antikörper, ANCA)
  • Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatikografie (MRCP): Nachweis typischer perlschnurartiger Gallengangsveränderungen
  • ERCP (Untersuchung der Gallenwege mit Hilfe einer Kamera und Röntgenkontrastmittel, das über einen in den Mund bis in den Zwölffingerdarm eingeführten Schlauch direkt in das Gangsystem gespritzt wird).und gegebenenfalls Punktion der Leber mit Biopsie (Gewebeprobeentnahme) bei unklaren Fällen.

Differenzialdiagnosen. Die primär sklerosierende Cholangitis muss vor allem von solchen Erkrankungen abgegrenzt werden, die ihrerseits zu einer Zerstörung der Gallenwege führen. Dazu gehören z. B. Infektionskrankheiten (Zytomegalie-Virus, HIV-Infektion), Bauchspeicheldrüsenkrebs oder schwere Durchblutungsstörungen nach einer Thrombose der Leberarterie. Eine weitere Differenzialdiagnose ist die Primär biliäre Cholangitis.

Behandlung

Medikamente

  • Um die Ausscheidung von Gallensäuren in die Gallengänge zu verbessern, verordnet der Arzt Ursodesoxycholsäure (UDCA, z. B. Ursofalk®).
  • Infektionen der Gallengänge bekämpft der Arzt mit Antibiotika, vor allem mit Vancomycin oder Metronidazol.
  • Gegen den quälenden Juckreiz helfen als Basismaßnahmen rückfettende, kühlende Cremes und eine optimale Raumbefeuchtung. Meist reicht deren Wirkung aber nicht aus, und der Arzt muss zusätzlich Tabletten wie z. B. Colestyramin verordnen. Bei diesem Wirkstoff ist es wichtig, dass er um 4 Stunden zeitversetzt zu den anderen Medikamenten eingenommen wird, da er deren Aufnahme im Darm hemmt. Bleibt der Juckreiz trotz Colestyramin weiter bestehen, sind Therapieversuche mit Rifampicin, Naltrexon, oder Sertralin möglich.

Operative Verfahren

Ballondilatation. Ausgeprägte Engstellen in den Gallengängen lassen sich in manchen Fällen mit einer Ballondilatation behoben. Dabei wird über ein Endoskop ein nicht gefalteter Ballon in den Gallengang eingeführt und dann mit Flüssigkeit aufgefüllt, um so die Engstelle aufzudehnen. Ob diese Maßnahme eine letztendlich nötige Lebertransplantation aufhält, ist allerdings noch nicht geklärt.

Lebertransplantation. In fortgeschrittenen Fällen ist eine Lebertransplantation der letzte Ausweg.

Kontrolluntersuchungen

Bei der PSC ist es wichtig, Komplikationen frühzeitig zu erkennen, eine Lebertransplantation zum richtigen Zeitpunkt zu planen und eine sich entwickelnde Colitis ulcerosa nicht zu übersehen. Deshalb empfehlen die Ärzte regelmäßige Kontrolluntersuchungen:

  • Laborwerte alle 3–6 Monate
  • Ultraschalluntersuchung des Bauchraums alle 6–12 Monate
  • Darmspiegelung alle 3–5 Jahre bei PSC-Patienten, die bei Diagnosestellung keine Colitis ulcerosa hatten
  • MRT jährlich.

Prognose

Der Verlauf der primär sklerosierenden Cholangitis ist individuell sehr unterschiedlich. Die mittlere Überlebenszeit ohne eine Lebertransplantation beträgt etwa 10–20 Jahre. Nach einer Lebertransplantation überleben Patienten im Mittel 10–12 Jahre. Etwa 20 % der Transplantierten entwickeln auch in der neuen Leber eine primär sklerosierende Cholangitis.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Reizdarm nach Symptom behandeln

Gegen Bauchkrämpfe beim Reizdarm helfen Pfefferminzöl-Kapseln oder Spasmolytika.

Reizdarm nach Symptom behandeln

Verstopfung oder Durchfall?

Ein Reizdarm macht Betroffenen das Leben schwer. Doch ob Verstopfung, Durchfall oder Bauchschmerzen: Mit pflanzlichen Wirkstoffen und Medikamenten lassen sich die Beschwerden gezielt lindern.

Beschwerden sind nicht eingebildet

Beim Reizdarm handelt es sich um funktionelle Störungen im Magen-Darm-Trakt, für die es keine strukturelle oder organische Ursache gibt. Trotzdem sind die Beschwerden keinesfalls eingebildet. Wichtig zu wissen ist es jedoch für die Betroffene: Der Reizdarm ist nicht gefährlich und schränkt auch die Lebenserwartung nicht ein. Zudem lassen sich seine Auswirkungen gut behandeln.

Die wirksamsten Maßnahmen gegen die drei Leitsymptome Durchfall, Verstopfung und Bauchschmerzen haben Expert*innen in der aktuellen Reizdarm-Leitlinie zusammengetragen. 

  • Durchfall. Durchfall lässt sich oft gut über die Ernährung beeinflussen. Hilfreich ist z.B. die FODMAP-Diät, bei der die Betroffenen die Aufnahme bestimmter Zucker drastisch reduzieren. Dazu gehören u.a. Milchzucker und Fruchtzucker, d.h. Milchprodukte und Obst. Günstig können sich auch Probiotika auswirken. Aus dem Pflanzenreich wirkt Berberin, ein Alkaloid aus der Berberitze, gegen Durchfall. Sind Medikamente erforderlich, empfehlen die Expert*innen zunächst Colestyramin und Loperamid. Für Beschwerden, die sich damit nicht lindern lassen, ist das rezeptpflichtige Eluxadolin eine Option.
  • Verstopfung. Für mehr Schwung im Darm sorgt eine ballaststoffreiche Ernährung, viele Patient*innen profitieren auch von Probiotika. Als pflanzliches Präparat unterstützt Padma Lax, eine Mischung aus Kräutern und Mineralien die Darmentleerung. Reicht dies nicht aus, sollten Ballaststoffe zugeführt werden – möglichst in flüssiger Form. Wer gleichzeitig unter Blähungen leidet, profitiert von Macrogol-Präparaten. Von Laktulose wird abgeraten, da sie Blähungen verstärkt. Bei sehr schwerer Verstopfung kann die Ärzt*in Prucaloprid verschreiben. Linaclotid ist ebenfalls geeignet, wird aber von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet.
  • Bauchschmerzen. Gegen Bauchkrämpfe und Bauchschmerzen können einige pflanzliche Präparate helfen. Allen voran Pfefferminzöl, das sich als stark gegen Schmerzen und Blähungen erwiesen hat. Verabreicht wird es in magensaftresistenten Kapseln. Weitere Phytotheraputika zur Schmerzlinderung sind zufolge Berberin, Padma Lax und eine Kräutermischung aus grüner Minze, Zitronenmelisse und Koriander (Camint). Als Medikamente kommen Spasmolytika wie Butylscopolamin und Mebeverin infrage.

Sport und Psychotherapie helfen

Ob Durchfall oder Verstopfung – insgesamt empfehlen die Expert*innen bei Reizdarm körperliche Aktivität und Maßnahmen zur Stressvermeidung. Yoga, autogenes Training und Achtsamkeitsbasierte Therapien tragen zur Linderung der Erkrankung bei. Lebensmittel, die zu Unwohlsein oder Blähungen führen, sollten vermieden werden.

In manchen Fällen schränkt die Reizdarmerkrankung die Lebensqualität ganz erheblich ein. Hier sollten Betroffene sich nicht scheuen, psychotherapeutische Unterstützung zu suchen, unterstreichen die Expert*innen.

Quelle: Leitlinie Reizdarmsyndrom

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ronstik / Alamy / Alamy Stock Photos