Gesundheit heute
Reizmagen
Reizmagen (Reizmagensyndrom, funktionelle Dyspepsie): Oberbegriff für wiederkehrende, individuell stark variierende (Ober-)Bauchbeschwerden wie Völle- und Druckgefühl in der Magengegend, Magenkrämpfe oder Aufstoßen ohne nachweisbare organische Ursache. Oft besteht ein zeitlicher Zusammenhang mit psychischen Belastungssituationen. 25 % der Deutschen – Frauen doppelt so oft wie Männer – sind betroffen, davon leiden 10 % zusätzlich unter den Symptomen eines Reizdarms. Die Häufigkeit der Beschwerden nimmt mit steigendem Alter zu. Sind die auslösenden Faktoren bekannt und weitgehend vermeidbar, ist eine Besserung, aber nur selten eine Heilung möglich.
Symptome und Leitbeschwerden
- Brennende, krampfartige oder dumpfe Schmerzen im Oberbauch
- Druckgefühl in der Magengegend, Völlegefühl, vorzeitiges Sättigungsgefühl bei der Nahrungsaufnahme
- Eventuell Aufstoßen und Sodbrennen
- Eventuell Übelkeit.
Wann zum Arzt
In den nächsten Tagen, wenn
- sich die Beschwerden nicht bessern.
In den nächsten Stunden, wenn
- quälende Bauchschmerzen bestehen und Fieber hinzukommt.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung und Auslöser
Lautet die Diagnose "Reizmagen", konnte der Arzt keine Ursache an den Organen feststellen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Betroffene sich seine Beschwerden einbildet. Offenbar spielen neben psychischen Faktoren auch Funktionsstörungen eine Rolle, die allerdings bislang nicht mit unseren diagnostischen Mitteln geklärt werden können.
Beispielsweise haben einige der Betroffenen eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Reizen (erniedrigte Schmerzschwelle). In diesem Fall wird z. B. das Vorhandensein von Luft im Magen, das von vielen Menschen gar nicht wahrgenommen wird, als schmerzhaft empfunden. Bei manchen Patienten ist die Motorik verändert, z. B. ist Magen-Darm-Passage verlangsamt oder beschleunigt und/oder die Magenmuskulatur arbeitet zu heftig.
Unklar ist die Rolle der Magensäure beim Reizmagen: Bei 20 % der Betroffenen besteht zwar ein Magensäureüberschuss, andererseits kann aber auch ein Mangel an Magensäure zum Reizmagen führen. Ebenso unklar ist der Einfluss von Helicobacter pylori, dem Hauptverursacher der Ulkuskrankheit. Bei 30 % der Reizmagen-Patienten lässt sich ein Befall des Magens mit dem Magenkeim nachweisen. Allerdings bessern sich die Beschwerden nach erfolgreicher Antibiotikatherapie und dem Verschwinden des Bakteriums nur bei 8 % der Patienten.
Ernährung. Manchmal werden Reizmagensymptome durch den Verzehr bestimmter Nahrungsmittel oder durch magenschleimhautreizende Substanzen, z. B. Alkohol und Koffein, hervorgerufen oder verstärkt.
Psychische Faktoren. Unabhängig davon, welche Funktionsstörungen im Einzelfall vermutet oder sicher identifiziert werden – unbestritten ist ein Wechselspiel mit psychischen Faktoren. Dabei sind Ursache und Wirkung nicht immer scharf voneinander abzugrenzen. Beispielsweise können sich Schmerzwahrnehmung oder Magen-Darm-Motorik im Zusammenhang mit einer psychovegetativen Reaktion auf Stress oder auf eine seelische Belastung so ändern, dass Symptome des Reizmagens die Folge sind. Umgekehrt verstärken Reizmagenbeschwerden psychische Anspannung und Unausgeglichenheit. Bis zu 10 % der Reizmagenpatienten leiden gleichzeitig unter Angsterkrankungen oder einer Depression.
Klinik
Bei einem Großteil der Betroffenen dominieren brennende, krampfartige oder dumpfe Schmerzen im Oberbauch, die vornehmlich im Hungerzustand auftreten und sich durch die Nahrungsaufnahme verbessern. Andere Betroffene klagen vor allem über ein vorzeitiges Sättigungs- oder Völlegefühl, einen aufgetriebenen Bauch und Blähungen bis hin zu Übelkeit und Brechreiz nach der Nahrungsaufnahme. Mitunter bestehen gleichzeitig Symptome eines Reizdarms. Ebenso variieren Intensität und Dauer der Beschwerden. Dabei leidet die Mehrzahl unter zeitweise auftretenden, mäßig starken Symptomen. Es kommt jedoch vor, dass andauernde heftige Beschwerden die beruflichen und privaten Aktivitäten erheblich beeinträchtigen.
In Einzelfällen kommen weitere unspezifische Symptome hinzu, z. B. Müdigkeit, Erschöpfung und vermehrtes Schwitzen. Anders als beim Reizdarm sind Veränderungen des Stuhlgangs – z. B. Durchfall, Verstopfung – beim Reizmagen kaum zu beobachten.
Diagnosesicherung
Reizmagen ist eine Ausschlussdiagnose, d. h. der Arzt stellt diese nach sorgfältigem Ausschluss anderer Erkrankungen (siehe Differenzialdiagnosen). Zum vollständigen Untersuchungsprogramm – das allerdings beim niedergelassenen Internisten oder Hausarzt aus Budgetgründen kaum vollständig durchführbar ist – gehören daher ein Ultraschall des Bauchraums, die Magenspiegelung mit Gewebeprobeentnahme sowie eine Laboruntersuchung von Blut und Stuhl und der Test auf Helicobacter pylori. Bei Verdacht auf eine Milchzucker-Unverträglichkeit führt der Arzt einen Laktose-Toleranztest durch. Sie kann sicher ausgeschlossen werden, wenn sich unter einer milchzuckerarmen (laktosearmen) Kost die Symptome nicht zurückbilden.
Bei gleichzeitig bestehenden Reizdarmsymptomen ist eine Darmspiegelung notwendig.
Differenzialdiagnosen: Auszuschließen sind bei der Diagnose Reizmagen die Erkrankungen, die die gleichen oder ähnliche Beschwerden hervorrufen, allen voran die Magenschleimhautentzündung, die Ulkuskrankheit, die Refluxkrankheit und der Magenkrebs.
Behandlung
Pharmakotherapie
Wichtigste Therapie ist eine Änderung der Lebensführung. Da Medikamente allenfalls die Beschwerden lindern, die eigentliche Funktionsstörung aber nicht beseitigen, wird der Arzt nur bei starken, länger anhaltenden Symptomen eine medikamentöse Behandlung vorschlagen.
Infrage kommen Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol oder Pantoprazol, die die Magensäurebildung hemmen, und/oder Antidepressiva, die durch eine Erhöhung der Schmerzschwelle schmerzlindernd wirken. Bei leichteren Beschwerden lohnt sich der Versuch mit standardisierten Pflanzenkombinationen, z. B. Iberogast®-Tropfen auf der Basis von Kamillenblüten, Kümmelfrüchten, Angelikawurzel, Mariendistelfrüchten, Melissenblättern, Pfefferminzblättern, Schleifenblumenkraut, Schöllkraut und Süßholzwurzel. Manchmal helfen auch krampflösende Medikamente wie Mebeverinhydrochlorid (Duspatal®) oder Butylscopolamin (z. B. Buscopan). Sind Völlegefühl und Magendruck die Hauptbeschwerden, verordnet der Arzt eventuell Medikamente, die die Magenentleerung beschleunigen, wie z. B. Metoclopramid.
Hinweis: Süßholzwurzelhaltige Tees oder Fertigarzneien sollten nicht länger als 6 Wochen eingesetzt werden, da sie den Kaliumspiegel im Blut erniedrigen. Bei Schöllkraut gilt es, die vom Hersteller empfohlene Dosis einzuhalten. Zu große Mengen sind schädlich für die Leber, die Tagesdosis darf 2,5 mg Gesamtalkaloide nicht überschreiten. Patienten mit Lebererkrankungen sollten auf Schöllkraut insgesamt verzichten.
Ernährungsumstellung
Ergeben sich Hinweise, dass die Symptome durch bestimmte Nahrungsmittel ausgelöst werden, sollten diese eingeschränkt oder vermieden werden. Gegebenenfalls kann auch eine Ernährungsberatung zur Analyse und Änderung eines möglicherweise ungünstigen Essverhaltens hilfreich sein.
Psychotherapie
Liegt es nahe, dass die Symptome durch seelische Beschwerden wie Depressionen hervorgerufen werden, ist eine psychotherapeutische Behandlung anzuraten. Hier haben die Betroffenen die Möglichkeit, sich unter professioneller Anleitung mit lebensbelastenden Faktoren auseinanderzusetzen, eine andere Schmerzwahrnehmung zu erlernen und vermeidbare Stressoren auszuschalten.
Prognose
Der Reizmagen ist lästig, aber nicht bedrohlich. Der Reizmagen führt zu keiner schweren Folgeerkrankung.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie selbst tun können
Tagebuch führen. Maßnahme Nummer eins ist die konsequente Selbstbeobachtung, um mögliche Auslöser und zeitliche Zusammenhänge mit belastenden Situationen des täglichen Lebens zu erkennen. Führen Sie deshalb ein Tagebuch, in dem Sie notieren, was und wann Sie essen und wie stark und durch welche Umstände und Situationen Ihre Beschwerden auftreten.
Unverträgliche Nahrungsmittel meiden. Um herauszufinden, ob und welche Nahrungsmittel Beschwerden hervorrufen, lassen Sie jedes verdächtige Nahrungsmittel einzeln für einige Tage konsequent weg. Bessern sich daraufhin die Beschwerden, sollten Sie dieses in Zukunft meiden.
Verzicht auf Fettes, Süßes und Alkohol. Prinzipiell sind kleine ballaststoffreiche Mahlzeiten, langsames Essen und der Verzicht auf sehr fette und sehr süße Speisen sowie Alkohol und Nikotin empfehlenswert, um die Beschwerden zu mildern.
Stehen bei Ihnen Blähungen im Vordergrund, verzichten Sie auf den Verzehr von Nahrungsmitteln, die eine verstärkte Gasproduktion bewirken, wie beispielsweise Kohlgemüse, Hülsenfrüchte und unreifes Obst.
Wärmeanwendungen. Bei leichten Schmerzen helfen oft Wärmeanwendungen wie Wärmewickel, ein warmes Bad oder eine Wärmflasche, die auf den Oberbauch gelegt wird. Wärme entspannt die Muskeln und löst leichtere Krämpfe.
Komplementärmedizin
Der Krankheitsverlauf von Reizsyndromen des Verdauungstraktes lässt sich mit komplementärmedizinischen Therapien oft günstig beeinflussen. Am besten wirken sie, wenn gleichzeitig die Ernährungsgewohnheiten umgestellt werden. Eine "klassische" komplementärmedizinische Behandlung des Reizmagens oder Reizdarms gibt es allerdings nicht. Welche Maßnahmen im Einzelnen geeignet sind, muss individuell herausgefunden werden.
Pflanzenheilkunde. Zur Anregung der Verdauung sowie bei Appetitlosigkeit, Völlegefühl und Magendruckschmerz helfen Teezubereitungen mit bitterstoffhaltigen Bestandteilen, wie Enzianwurzel, Benediktenkraut, Tausendgüldenkraut, Angelikawurzel oder Chinarinde. Magenberuhigend wirken Tees mit Kamille, Schafgarbe oder Pfefferminze. Prinzipiell ist Tee standardisierten Pflanzenzubereitungen in Tropfenform vorzuziehen, da Tee keinen Alkohol enthält.
Entspannungsverfahren. Zum Abbau und zum besseren Umgang mit Stress haben sich Entspannungsverfahren – z. B. Autogenes Training, Yoga oder Muskelrelaxation nach Jacobson – bewährt. Tiefgreifender sind Mind-Body-Therapien: Beispielsweise bietet ein spezielles Stressbewältigungs- oder Angstbewältigungstraining die Möglichkeit, stressfördernde Verhaltensweisen zu erkennen und diese dann gezielt zu verändern.
Biofeedback. Verschiedene Studienergebnisse haben eine Besserung der Beschwerden durch Biofeedback nachgewiesen. Dabei geht es darum, den Betroffenen unbewusste körperliche Reaktionen bewusst zu machen. Töne signalisieren so beispielsweise den Anstieg der Herzfrequenz, der wiederum ein Zeichen von Stress sein kann. Besonders wirksam ist die Kombination von Biofeedback mit regelmäßigen Entspannungsübungen.
Homöopathie. Die Homöopathie kennt eine Reihe von magenwirksamen Homöopathika, z. B. Nux vomica, Pulsatilla oder Sulfur. Zur Behandlung eines Reizmagensyndroms ist eine individuelle Konstitutionstherapie im Allgemeinen sinnvoller als eine homöopathische Akutbehandlung.
Akupunktur. Es liegen Erfahrungsberichte vor, nach denen die Akupunktur Reizmagenbeschwerden lindert.
Akzeptanz. Womöglich haben Sie alle Tipps und Therapien versucht und Ihre Beschwerden bleiben trotzdem unverändert. In einem solchen Fall kann mitunter auch Ihr Arzt nichts anderes tun, als Sie in zu ermutigen, die Erkrankung hinzunehmen. Manchmal befreit allein schon die Akzeptanz von einem Teil des Drucks. Darüber hinaus zeigen klinische Erfahrungen, dass sehr viele Beschwerden im Laufe der Zeit – Wochen, Monate oder auch Jahre – von selbst wieder verschwinden.

Bei einer Magen-Darm-Grippe bleibt das stille Örtchen oft lange besetzt.
Was tun bei Magen-Darm-Grippe?
Vorbeugen und Beschwerden lindern
Magen-Darm-Infektionen sind nicht nur unangenehm. Vor allem bei Kindern und älteren Menschen können sie durch starke Flüssigkeitsverluste bedrohlich werden. Flüssigkeit wieder auffüllen ist deshalb oberstes Gebot. Ebenso gilt es, penible Hygienemaßnahmen einzuhalten - damit sich nicht das ganze Umfeld ansteckt. Und in manchen Fällen geht’s auch nicht ohne Antibiotika.
Übler Angriff auf den Darm
Bei einer Magen-Darm-Infektion (auch Magen-Darm-Grippe oder Gastroenteritis genannt) handelt es sich um eine akute Entzündung des Verdauungstrakts, die meist durch Viren oder Bakterien ausgelöst wird. Um die Erreger wieder auszuscheiden, reagiert der Körper mit typischen Beschwerden. Dazu gehören Übelkeit und Erbrechen, Durchfall und krampfartige Bauchschmerzen durch vermehrte Darmbewegungen. Bei manchen Infektionen kommt es zusätzlich zu Fieber, weil auch das Immunsystem gegen die Krankheitskeime kämpft.
Viele Erreger greifen den Darm direkt an und verstärken den Durchfall. So bilden Keime wie Escherichia coli oder das Cholerabakterium Giftstoffe (Enterotoxine), die die Darmschleimhaut zu einer vermehrten Wasserabgabe stimulieren. Andere Bakterien dringen in die Darmzellen ein und lösen dort eine Entzündung aus. Noroviren und Rotaviren sind wiederum bekannt dafür, dass sie die Flüssigkeitsaufnahme vom Darm in den Körper hemmen, was ebenfalls zu wässrigem Durchfall führt.
Die Beschwerden beginnen oft gleichzeitig, halten aber unterschiedlich lang an. So dauert die Phase des Erbrechens meist nur ein bis drei Tage. Der Durchfall klingt dagegen oft erst nach fünf bis sieben Tagen ab.Je länger er dauert, desto wahrscheinlicher sind Bakterien die Ursache – insbesondere, wenn Betroffene auch unter Fieber leiden.
Hinweis: Nicht nur Viren und Bakterien verursachen akute Magen-Darm-Beschwerden. Auch Vergiftungen, unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Lebensmittelunverträglichkeiten können ein Auslöser sein.
Wie steckt man sich an?
Es gibt verschiedene Wege, über die man sich eine Magen-Darm-Infektion einfangen kann. Der wichtigste und häufigste Übertragungsweg ist die fäkal-orale Schmierinfektion. Dabei gelangen Erreger aus dem Stuhl in den Mund eines Gesunden und infizieren ihn. Dies kann auf unterschiedliche Arten passieren:
- Direkte fäkal-orale Übertragung: Beim Toilettengang können die Hände mit Stuhl und darin vorhandenen Krankheitskeimen in Kontakt kommen. Werden die Hände nach der Toilette nicht gründlich gewaschen, können die Keime durch Händeschütteln oder einfaches Anfassen anderer Menschen auf diese übertragen werden. Vor allem bei engem Kontakt durch das Toben oder Spielen im Kindergarten ist diese Übertragung häufig.
- Indirekte fäkal-orale Übertragung: Über ungewaschene Hände gelangen Stuhlkeime auch an Türgriffe, Wasserhähne oder andere Gegenstände. Dort können sie einige Zeit überleben. Werden die kontaminierten Gegenstände berührt, können die Keime ebenfalls ins Gesicht und den Mund gesunder Personen gelangen und dort eine Infektion auslösen.
Manche Magen-Darm-Keime verbreiten sich wie Erkältungsviren auch über eine Tröpfcheninfektion. Insbesondere trifft dies auf das Norovirus zu. Muss die infizierte Person schwallartig erbrechen, geraten mit Viren belastete Tröpfchen als Aerosole in die Luft. Durch das Einatmen kann es ebenfalls zu einer Magen-Darm-Infektion kommen.
Hinweis: Eine weitere Infektionsmöglichkeit sind Lebensmittel oder Trinkwasser, die mit fäkalen Durchfallerregern kontaminiert sind. Das passiert z. B. wenn infizierte Menschen mit ungewaschenen Händen Lebensmittel anfassen. Durch keimbelastete Abwässer in Badeseen kann es auch beim Verschlucken des Wassers zu einer Magen-Darm-Infektion kommen. Manchmal werden auch Trinkwasserquellen durch Abwässer verunreinigt.
Die häufigsten Übeltäter sind Viren
Magen-Darm-Infektionen werden vor allem durch Viren verursacht. Dabei sind Noroviren und Rotaviren die mit Abstand häufigsten Durchfallerreger. Das liegt daran, dass sie hoch ansteckend sind und sich leicht fäkal-oral verbreiten. Und zwar sowohl über direkte und indirekte Schmierinfektionen und Tröpfcheninfektion (Norovirus), als auch über verunreinigte Lebensmittel. Für eine Ansteckung reichen schon 10 bis 100 Viruspartikel aus. Infektionen sind ganzjährig möglich, wobei Noroviren vor allem von Oktober bis März, Rotaviren von Januar bis April ihr Unwesen treiben.
Diese „Winter-Gastroenteritiden“ treten bei Menschen jeden Alters auf. Rotavirus-Infektionen belasten allerdings Säuglinge und Kleinkindern besonders stark. Das liegt daran, dass sich die Antikörper gegen das Virus erst nach mehreren Infektionen ausgebildet haben. Im frühen Erwachsenenalter verlaufen diese Infektionen dann oft weniger schwer. Bei alten Menschen drohen dagegen wie bei Säuglingen ausgeprägte Flüssigkeitsverluste und eine Dehydratation.
Hinweis: Wichtig bei Rota- und Noroviren: Die Infizierten scheiden die Erreger nicht nur während der akuten Durchfallerkrankung aus, sondern auch noch danach. Nach einer Infektion mit Noroviren sind die Betroffenen noch 7 bis 14 Tagen nach dem letzten Durchfall ansteckend, nach Rotavirus-Infektion etwa acht Tage.
Bakterielle Infektionen eher im Sommer
Bakterielle Magen-Darm-Infektionen sind seltener als virale. Sie werden insbesondere über kontaminierte Lebensmittel übertragen. Häufig handelt es sich dabei um rohe Eier oder nicht ausreichend erhitztes Fleisch. Eine Quelle für bakterielle Infektionen ist auch nicht erhitzte Rohmilch. Oft handelt es sich dabei um Salmonellen und Campylobacter. Diese Keime verursachen das ganze Jahr über Magen-Darm-Infektionen, ein Erkrankungsgipfel zeigt sich im Sommer/Spätsommer. Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Hohe Temperaturen im Sommer begünstigen die Vermehrung von Salmonellen in Lebensmitteln.
- Campylobacter ist in den Sommermonaten häufiger in den Tierbeständen (z. B. in Geflügel) vorhanden.
- Unzureichende Kühlung von Lebensmitteln während eines Picknicks oder beim Grillen begünstigen die Vermehrung von Keimen.
- Die Grillsaison führt zu einem erhöhten Verzehr von nicht durchgebratenem Fleisch.
Die Bakterien lösen ähnliche Symptome aus wie Viren: Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall. Manchmal tritt Fieber auf, bei einigen Erregern kommt es zu blutigem Stuhl. Nach einer Magen-Darm-Infektion mit bakteriellen Keimen sind die Genesenen meist noch länger ansteckend als nach einer Virusinfektion. Bei Salmonellen und Campylobacter geht man bei Erwachsenen von bis zu vier Wochen Ausscheidungszeit aus. Kinder unter fünf Jahren scheiden die Bakterien häufig noch länger aus, bei Salmonellen oft mehr als sieben Wochen.
Hinweis: Bakterielle Magen-Darm-Infektionen haben eine weitere Besonderheit. In seltenen Fällen können sie zu Komplikationen an Herz, Lunge oder Gehirn führen. Vor allem Campylobacter löst manchmal auch Gelenkentzündungen oder eine sehr seltene Nervenerkrankung, das Guillain-Barré-Syndrom, aus.
Wann muss der Magen-Darm-Infekt zur Ärzt*in?
Zum Glück laufen Magen-Darm-Infekte meist glimpflich ab. Übelkeit, Erbrechen und Durchfall bessern sich bei Schonung und ausreichender Flüssigkeitsaufnahme schnell, und auch die Bauchschmerzen verschwinden wieder. In manchen Fällen sollte jedoch eine Ärzt*in hinzugezogen werden. Dies gilt z. B. bei
- länger anhaltenden Beschwerden,
- hohem Fieber und blutigem Stuhl,
- ausgeprägten Kreislaufprobleme sowie bei
- Muskelkrämpfen, starker Schläfrigkeit oder Verwirrtheit.
Mit Kindern sollte man in die Arztpraxis, wenn sich Zeichen der Austrocknung zeigen. Dazu gehören trockene Schleimhäute, eingesunkene Augen und eine verringerte Hautspannung. Die Hautspannung prüft man, indem man eine Hautfalte vorsichtig anhebt und wieder loslässt. Bei verminderter Hautspannung bleibt die Falte für einige Sekunde stehen, was ein Zeichnen für Austrocknung ist. Weiter Warnzeichensind eine anhaltende Trink- und Nahrungsverweigerung, starke Bauchschmerzen und eine verminderte Aufmerksamkeit.
Flüssigkeit auffüllen ist die oberste Devise
Aufgrund von Durchfall und Erbrechen verliert der Körper reichlich Flüssigkeit und Elektrolyte. Das wichtigste ist, diese zu ersetzen. Bei sehr mildem Verlauf eignen sich verdünnte Säfte und Salzstangen oder Hühnerbrühe. Cola-Getränke sind für die Rehydrierung ungeeignet, da sie viel zu viel Zucker enthalten.
Bei stärkeren Beschwerden oder Anzeichen einer Austrocknung (Dehydratation) sind Rehydratationslösungen zum Trinken hilfreich. In der Apotheke gibt es dafür verschiedene Präparate, die sich in ihrer Zusammensetzung minimal unterscheiden. Falls keine fertige Trinklösung zur Verfügung steht, kann man nach WHO-Vorgaben auch selbst eine mischen. Sie besteht aus
- 1 Liter Mineralwasser,
- 250 ml Orangensaft,
- ¾ Teelöffel Kochsalz und
- 4 Teelöffeln Zucker.
Tipp: Auf Essen muss man bei Magen-Darm-Infektionen nicht verzichten. Wer möchte, kann eine ballaststoffarme und fettreduzierte Kost zu sich nehmen. Dazu gehören z. B. gekochte Kartoffeln, Nudeln oder Suppen.
Was tun gegen Durchfall und Erbrechen?
Gegen ausgeprägten Durchfall hilft die kurzfristige Gabe von Loperamid. Eingenommen werden soll der Wirkstoff allerdings nur bei Magen-Darm-Infektionen ohne Fieber und blutigem Stuhl. Bei Kindern wird von der Gabe abgeraten, da Loperamid bei ihnen einen Darmverschluss auslösen kann.
Kinder mit starkem Durchfall können neben der erforderlichen Flüssigkeit den Wirkstoff Racecadotril erhalten. Dieses Granulat reduziert die Flüssigkeitsausscheidung in den Darm und soll dadurch das Risiko für eine Austrocknung verringern.
Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen werden nur noch in speziellen Fällen empfohlen. Vor allem bei Kindern raten Expert*innen von den oft verabreichten Dimenhydrinat-haltigen Präparaten ab. Zum einen sedieren diese, so dass die Kinder oft noch weniger trinken. Außerdem kann es bei Kindern unter drei Jahren durch Dimenhydrinat zu Krampfanfällen kommen.
Als Alternative steht Ingwer zur Verfügung. Ingwer gilt laut Leitlinie sowohl für Kinder als auch für Erwachsene als wirksam und sicher. Er kann als Tee oder in Kapseln eingenommen werden.
Eine Alternative bei sehr schwerem Erbrechen ist das verschreibungspflichtige Ondansetron. Dieses Medikament wird üblicherweise gegen starke Übelkeit und Erbrechen bei Krebstherapie verordnet. Mögliche Nebenwirkungen sind Herzrhythmusstörungen. Für Erwachsene mit schwerem Erbrechen ist zudem Metoclopramid eine Option. Für Kinder wird der Wirkstoff nicht empfohlen, weil er bei ihnen vermehrt zu neurologischen Störungen wie Bewegungsverlangsamung, unwillkürliche Bewegungen und Steifheit führt.
Hinweis: Vor allem im Internet findet man häufig den Tipp, bei Durchfall Probiotika einzunehmen. Laut Leitlinie gibt es für deren Wirksamkeit bei Magen-Darm-Infektionen allerdings keinen wissenschaftlichen Beleg.
Wann müssen Antibiotika ran?
In den allermeisten Fällen verschwinden akute Magen-Darm-Infektionen von selbst wieder. Der Organismus wird also – unterstützt durch Schonung und Flüssigkeitsgabe – nach einigen Tagen allein mit der Infektion fertig.
In den meisten Fällen ist es auch sinnlos, Antibiotika gegen die Keime einzusetzen. Grund ist, dass die Mehrzahl der Erkrankungen durch Viren ausgelöst wird. Selbst beim Verdacht auf eine bakterielle Ursache verschreibt die Ärzt*in nicht automatisch ein Antibiotikum. Denn auch dann heilt die Erkrankung meist rasch von selbst aus. Zudem können Antibiotika die natürliche Darmflora schädigen und das Risiko für Komplikationen erhöhen.
Anders sieht es aus, wenn die Patient*in blutige Durchfälle hat oder der Krankheitsverlauf schwer ist. Auch bei Risikogruppen wie älteren Menschen, immungeschwächten Personen oder Patient*innen mit schweren Grunderkrankungen ist man achtsam. In diesen Fällen wird der Stuhl auf den genauen Erreger untersucht. Weist man Bakterien nach, verordnet die Ärzt*in das passende Antibiotikum.
A und O: Hygienemaßnahmen
Das Ansteckungsrisiko bei Magen-Darm-Infektionen ist hoch. Das gilt ganz besonders für die häufigsten Auslöser, die Noro- und die Rotaviren. Aber auch allen anderen Erregern sollte die Ausbreitung so schwer wie möglich gemacht werden. Dazu trägt eine penible Hygiene bei. Im Erkrankungsfall sind folgende Maßnahmen erforderlich:
- Händehygiene: Nach dem Toilettengang, vor der Zubereitung von Speisen und vor dem Essen Hände gründlich waschen. Zwischendurch auch immer mal wieder die Hände desinfizieren.
- Desinfektion von Oberflächen: Türgriffe, Armaturen und andere häufig berührte Gegenstände sollten regelmäßig desinfiziert werden.
- Reinigung von Textilien und Geschirr: Bettwäsche, Handtücher und Waschlappen bei mindestens 60° C waschen, Gleiches gilt für Unterwäsche und Schlafkleidung. Geschirr im Geschirrspüler bei hoher Temperatur reinigen.
- Abtrennung kranker Personen: Wenn möglich, sollten Erkrankte eine eigene Toilette und einen eigenen Schlafraum nutzen. Der Kontakt zu anderen ist während der Ausscheidungsphase zu reduzieren. Erkrankte und Genesene, die noch Erreger ausscheiden, sollten keine Speisen für andere zubereiten und die Küche generell besser meiden.
Hinweis: Bei einigen Magen-Darm-Infektionen dürfen betroffene Kinder unter sechs Jahren frühestens 48 Stunden nach Abklingen von Durchfall oder Erbrechen wieder in den Kindergarten oder in die Schule. Genauere Informationen dazu gibt es auf der Webseite des Robert Koch-Instituts.
Vorbeugen ist besser als Durchfall
Magen-Darm-Infektionen durch Viren lässt sich durch eine konsequente Hygiene teilweise vorbeugen. Am wichtigsten ist das Händewaschen nach der Toilette und vor dem Essen.
Gegen eine Infektion mit Rotaviren gibt es eine Impfung. Sie wird allen Säuglingen ab dem Alter von sechs Wochen empfohlen. Geimpft wird je nach Präparat zwei oder drei Mal, die Impfserie sollte bis spätestens im Alter von 24 bzw. 32 Wochen abgeschlossen sein. Spätere Impfungen erhöhen bei Kindern das Risiko für einen Darmverschluss. Gegen Noroviren gibt es bisher noch keinen Impfstoff.
Eine gute Hygiene schützt auch vor bakteriellen Infektionen. In der Küche sollten Schneidebretter und Arbeitsflächen immer sorgfältig mit heißem Wasser und Spülmittel gereinigt werden, insbesondere nach dem Umgang mit rohem Geflügel oder rohem Fleisch. Auch die Lagerung von Lebensmitteln ist bedeutsam: Rohes Fleisch und Eier müssen getrennt von verzehrbereiten Speisen gelagert werden. Dadurch lässt sich eine Übertragung von Keimen auf das Essen vermeiden.
Um etwaige krankheitserregenden Keime zu vernichten, sind manche Lebensmittel vor dem Verzehr zu erhitzen. Dazu gehören insbesondere Rohmilch, Fleisch, Fisch und Eier. Fleisch sollte deshalb nicht halbroh (blutige Steaks!) konsumiert, sondern immer ausreichend gebraten oder erhitzt werden. Gleiches gilt für Eier und eihaltige Speisen.
Tipp: Ein Fleischthermometer hilft dabei, die tatsächliche Innentemperatur in Fleisch oder Geflügel zu ermitteln. Erst Temperaturen über 70° C töten Erreger sicher ab.
Quellen: Leitlinie Gastrointestinale Infektionen, RKI, DAZ online