Gesundheit heute

Speiseröhrendivertikel

Speiseröhrendivertikel (Ösophagusdivertikel): Ausstülpungen der Speiseröhrenwand mit Schluckbeschwerden, nächtlichem Aufstoßen und Mundgeruch.

  • Bei den Pulsionsdivertikeln stülpt sich nur die Schleimhaut durch übergroßen Druck in der Speiseröhre aus, sie werden auch Pseudodivertikel oder falsche Speiseröhrendivertikel genannt. Meist ist hier das obere Ende der Speiseröhre im Halsbereich oder das untere Ende der Speiseröhre am Mageneingang betroffen.
  • Bei den Traktionsdivertikeln sacken alle Speiseröhrenwandschichten aus, sie werden auch echte Speiseröhrendivertikel genannt. Fast immer ist der mittlere Abschnitt der Speiseröhre betroffen.

Traktionsdivertikel sind mit 20 % viel seltener als die Pulsionsdivertikel, die etwa 80 % aller Fälle ausmachen. Mehr als drei Viertel der Patienten sind Männer, von denen wiederum zwei Drittel älter als 70 Jahre sind. Wenn Speiseröhrendivertikel keine Beschwerden machen bzw. bei Beschwerden rechtzeitig operiert werden, ist die Prognose gut.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schluckbeschwerden
  • Häufiges Verschlucken
  • Druck- und Fremdkörpergefühl im Hals
  • Chronischer Mundgeruch
  • Nächtliches Aufstoßen von unverdauten Speiseresten.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, bei

  • Schluckbeschwerden oder wenn der Betroffene sich schon längere Zeit immer wieder verschluckt.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Pulsionsdivertikel. Beim Schluckvorgang ist die Speiseröhrenwand von innen einem hohen Druck ausgesetzt. Vor allem an den natürlichen Engstellen der Speiseröhre (unterhalb des Kehlkopfs, in Höhe des Aortenbogens und oberhalb des Zwerchfells) ist die Belastung hoch. Stülpt sich unter dem Druck an einzelnen Stellen die Speiseröhrenschleimhaut nach außen, entstehen Pulsionsdivertikel, meist im oberen Drittel der Speiseröhre.

Im Laufe der Erkrankung wächst das Divertikel und ruft schließlich die typischen Symptome wie Fremdkörpergefühl im Hals und später dann auch Schluckbeschwerden beim Verzehr von fester Nahrung hervor. Außerdem tritt Mundgeruch auf, wenn sich Nahrungsreste im Divertikel ansammeln.

Das Zenker-Divertikel im Halsbereich, am Übergang der Muskelschicht des Rachens in die Muskelschicht der Speiseröhre, ist mit 70 % das häufigste aller Speiseröhrendivertikel. Das seltene (10 %) epiphrenische Divertikel entwickelt sich im unteren Drittel der Speiseröhre, knapp oberhalb des Zwerchfells.

Traktionsdivertikel. Sie gehen auf eine angeborene anatomische Anomalie im mittleren Drittel der Speiseröhre zurück, wo sich die Luftröhre in die beiden Hauptbronchien aufteilt. Hinter dem Namen "Traktionsdivertikel" steckt aber eine historische Ursachentheorie: man vermutete, dass diese Divertikel durch Zugkraft (Traktion) von außen entstehen, z. B. infolge von Vernarbungen oder Entzündungen der benachbarten Lymphknoten. Sie machen meist keine Beschwerden und werden oft zufällig bei einer Speiseröhrenspiegelung entdeckt.

Komplikationen

Divertikel können zu Blutungen und Fistelbildung führen. Eine Fistel ist eine anatomisch nicht vorgesehene röhrenförmige Verbindung zur Körperoberfläche oder ins Körperinnere.

Diagnosesicherung

Bei Beschwerden liefert eine Röntgenkontrastmittel-Untersuchung (Ösophagus-Breischluck) den entscheidenden Beweis; mitunter führt der Arzt zusätzlich eine Speiseröhrendruckmessung zum Ausschluss einer Speiseröhren-Beweglichkeitsstörung durch. Zum Ausschluss einer Krebserkrankung kommt häufig noch die Spiegelung von Speiseröhre und Magen zum Einsatz.

1807_GTV_Oesophagus_Breischluck_Speiseroehrendivertikel.jpg|Röntgenmittelkontrast-Untersuchung der Speiseröhre (Ösophagus-Breischluck) bei einem Patienten mit einem großen Speiseröhrendivertikel: Die sackförmige Ausstülpung (Pfeil) ist das Divertikel, gefüllt mit Kontrastmittel.|[GTV 1807]|Speiseröhrendivertikel im Kontrastmittel-Röntgenbild

Differenzialdiagnosen

Ebenfalls Schluckstörungen verursachen können z. B. Speiseröhrenentzündungen oder die Verengung der Speiseröhre durch Speiseröhren-Beweglichkeitsstörungen oder Speiseröhrenkrebs.

Behandlung

Pulsionsdivertikel, die Beschwerden machen, werden meist operativ entfernt. Dadurch wirkt man auch vorbeugend eventuellen Komplikationen wie einer Fistelbildung oder Blutungen entgegen. Die Entfernung der Divertikel geschieht – wenn möglich – endoskopisch. Andernfalls muss die Speiseröhre für einen direkten Zugang über einen Schnitt im Halsbereich oder Brustraum freigelegt werden.

Bei epiphrenalen Divertikeln können vor einer geplanten Operation zunächst konservative Maßnahmen versucht werden. Manchmal reichen kleinere Mahlzeiten und der Verzicht auf Alkohol und sehr fette Lebensmittel, um die Beschwerden ausreichend zu lindern. Liegt zusätzlich ein saurer Magenreflux mit Sodbrennen vor, verordnet der Arzt Medikamente wie beispielsweise Protonenpumpenhemmer (z. B. Omeprazol oder Pantoprazol). Führen diese Maßnahmen nicht zur Besserung, steht wie beim Pulsionsdivertikel die Operation an.

Traktionsdivertikel machen in der Regel keine Beschwerden und erfordern daher auch keine Therapie.

Komplikationen

Komplikationen durch sich vergrößernde Divertikel sind die Perforation, also der Durchbruch der Speiseröhre, sowie Blutungen. Bei hoch gelegenen Divertikeln droht durch das Einatmen von Speiseresten eine Aspirationspneumonie, eine schwere Lungenentzündung mit manchmal tödlichem Ausgang.

Häufige Komplikation bei der operativen Entfernung eines Speiseröhrendivertikels ist die Beschädigung oder Reizung des Stimmbandnervs (N. laryngeus recurrens). Folge davon sind Heiserkeit und Schluckstörungen, die sich jedoch zumeist nach Monaten wieder zurückbilden.

Prognose

Wenn Speiseröhrendivertikel keine Beschwerden machen bzw. rechtzeitig operiert werden, ist die Prognose gut. Ob sich in Divertikeln über viele Jahre hinweg Krebs entwickeln kann, ist derzeit noch umstritten.

Ihr Apotheker empfiehlt

Falls Sie an einem Speiseröhrendivertikel leiden, das zunächst nicht operiert wird, lindert eine Reihe einfacher Maßnahmen Ihre Beschwerden:

  • Nehmen Sie häufige, kleine, eiweißreiche, fettarme Mahlzeiten ein.
  • Essen Sie im Sitzen und legen Sie sich frühestens 2 Stunden nach den Mahlzeiten ins Bett. Dies gilt besonders für die Abendmahlzeit.
  • Schlafen Sie nachts mit erhöhtem Oberkörper, empfohlen wird eine Anhebung des Kopfendes um 10–12 cm.
  • Gehen Sie zum Bücken besser in die Hocke, statt den Oberkörper herunter zu beugen.
  • Stellen Sie das Rauchen ein.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Reizdarm nach Symptom behandeln

Gegen Bauchkrämpfe beim Reizdarm helfen Pfefferminzöl-Kapseln oder Spasmolytika.

Reizdarm nach Symptom behandeln

Verstopfung oder Durchfall?

Ein Reizdarm macht Betroffenen das Leben schwer. Doch ob Verstopfung, Durchfall oder Bauchschmerzen: Mit pflanzlichen Wirkstoffen und Medikamenten lassen sich die Beschwerden gezielt lindern.

Beschwerden sind nicht eingebildet

Beim Reizdarm handelt es sich um funktionelle Störungen im Magen-Darm-Trakt, für die es keine strukturelle oder organische Ursache gibt. Trotzdem sind die Beschwerden keinesfalls eingebildet. Wichtig zu wissen ist es jedoch für die Betroffene: Der Reizdarm ist nicht gefährlich und schränkt auch die Lebenserwartung nicht ein. Zudem lassen sich seine Auswirkungen gut behandeln.

Die wirksamsten Maßnahmen gegen die drei Leitsymptome Durchfall, Verstopfung und Bauchschmerzen haben Expert*innen in der aktuellen Reizdarm-Leitlinie zusammengetragen. 

  • Durchfall. Durchfall lässt sich oft gut über die Ernährung beeinflussen. Hilfreich ist z.B. die FODMAP-Diät, bei der die Betroffenen die Aufnahme bestimmter Zucker drastisch reduzieren. Dazu gehören u.a. Milchzucker und Fruchtzucker, d.h. Milchprodukte und Obst. Günstig können sich auch Probiotika auswirken. Aus dem Pflanzenreich wirkt Berberin, ein Alkaloid aus der Berberitze, gegen Durchfall. Sind Medikamente erforderlich, empfehlen die Expert*innen zunächst Colestyramin und Loperamid. Für Beschwerden, die sich damit nicht lindern lassen, ist das rezeptpflichtige Eluxadolin eine Option.
  • Verstopfung. Für mehr Schwung im Darm sorgt eine ballaststoffreiche Ernährung, viele Patient*innen profitieren auch von Probiotika. Als pflanzliches Präparat unterstützt Padma Lax, eine Mischung aus Kräutern und Mineralien die Darmentleerung. Reicht dies nicht aus, sollten Ballaststoffe zugeführt werden – möglichst in flüssiger Form. Wer gleichzeitig unter Blähungen leidet, profitiert von Macrogol-Präparaten. Von Laktulose wird abgeraten, da sie Blähungen verstärkt. Bei sehr schwerer Verstopfung kann die Ärzt*in Prucaloprid verschreiben. Linaclotid ist ebenfalls geeignet, wird aber von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet.
  • Bauchschmerzen. Gegen Bauchkrämpfe und Bauchschmerzen können einige pflanzliche Präparate helfen. Allen voran Pfefferminzöl, das sich als stark gegen Schmerzen und Blähungen erwiesen hat. Verabreicht wird es in magensaftresistenten Kapseln. Weitere Phytotheraputika zur Schmerzlinderung sind zufolge Berberin, Padma Lax und eine Kräutermischung aus grüner Minze, Zitronenmelisse und Koriander (Camint). Als Medikamente kommen Spasmolytika wie Butylscopolamin und Mebeverin infrage.

Sport und Psychotherapie helfen

Ob Durchfall oder Verstopfung – insgesamt empfehlen die Expert*innen bei Reizdarm körperliche Aktivität und Maßnahmen zur Stressvermeidung. Yoga, autogenes Training und Achtsamkeitsbasierte Therapien tragen zur Linderung der Erkrankung bei. Lebensmittel, die zu Unwohlsein oder Blähungen führen, sollten vermieden werden.

In manchen Fällen schränkt die Reizdarmerkrankung die Lebensqualität ganz erheblich ein. Hier sollten Betroffene sich nicht scheuen, psychotherapeutische Unterstützung zu suchen, unterstreichen die Expert*innen.

Quelle: Leitlinie Reizdarmsyndrom

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ronstik / Alamy / Alamy Stock Photos