Gesundheit heute

Mandelentzündung (Streptokokken-Angina)

Eitrige Mandelentzündung (Angina tonsillaris, Tonsillitis, Streptokokken-Angina, Streptokokken-Mandelentzündung): akute, meist bakterielle Entzündung der Gaumenmandeln.

Überwiegend sind Kinder und Jugendliche im Alter von 5–15 Jahren betroffen. Eine Angina tritt gehäuft während der Winter- und Frühjahrsmonate auf, oft im Zusammenhang mit einer Erkältung. Die Krankheit dauert etwa 3–6 Tage.

Seltener tritt eine Angina auch als Begleitsymptom von anderen bakteriellen und virusbedingten Infekten auf, so z. B. bei Scharlach und Pfeifferschem Drüsenfieber, beide sind im Folgenden nicht weiter besprochen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Rasch einsetzendes Fieber
  • Starke Schluckbeschwerden, häufig stechend in die Ohrregion ausstrahlend
  • Öffnen des Mundes aufgrund von Schmerzen eingeschränkt
  • Geschwollene Lymphknoten im Kieferwinkel
  • Kloßige Sprache
  • Beeinträchtigtes Allgemeinbefinden (Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit).

Wann zum Arzt

Spätestens am nächsten Tag, wenn

  • oben genannte Leitbeschwerden vorliegen.

Heute noch bei

  • Fieber über 39 °C.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Die Angina ist eine ansteckende Erkrankung, die meist durch Tröpfcheninfektion beim Husten, Niesen, Küssen oder Sprechen ausgelöst wird. Als häufigste Erreger gelten Streptokokken, seltener sind Staphylokokken, Pneumokokken oder Hämophilus influenzae die Ursache. Die Entzündungsprozesse führen zu einer schmerzhaften Schwellung und Rötung der Gaumenmandeln, Folgen sind ein Engegefühl im Hals (Angina heißt wörtlich Enge) sowie starke Schluckbeschwerden. Außerdem erscheinen auf den Mandeln eitrige Beläge, die streifenartig, punktförmig (so genannte Eiterstippchen) oder schmierig aussehen und ein Hinweis auf Bakterien sind.

Komplikationen

Das Risiko für Komplikationen ist bei wiederholt auftretenden Mandelentzündungen (chronische Angina) erhöht. Häufige Anginen hinterlassen Zerklüftungen und Vernarbungen an den Mandeln, in denen sich Streptokokken besonders leicht ansiedeln, vermehren und gefährliche Streuherde bilden können. Auch Abszesse (Eiteransammlungen) im Halsbereich kommen vor.

In seltenen Fällen führt eine Angina zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Dazu gehört das akute rheumatische Fieber, das durch Schmerzen an den Gelenken und eine schwere Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) gekennzeichnet ist sowie eine Nierenentzündung, die so genannte postinfektiöse Glomerulonephritis.

Diagnosesicherung

Zuerst führt der Arzt eine Spiegeluntersuchung der Mundhöhle und des Rachens durch. Eiterbeläge auf den geröteten, geschwollenen Mandeln geben ihm erste Hinweise auf bakterielle Krankheitserreger. Zusätzlich tastet er die Lymphknoten an Unterkiefer und Hals ab, um eventuelle Vergrößerungen festzustellen. Wenn nötig, entnimmt der Arzt einen Rachenabstrich, damit er mit Hilfe einesStreptokokken-Schnelltest innerhalb weniger Minuten Näheres über die Art des Krankheitserregers weiß.

Da eine Angina häufig in Verbindung mit anderen akuten Infektionen auftritt, schaut der Arzt außerdem in die Ohren und hört die Lunge mit einem Stethoskop ab. Manchmal nimmt er Blut ab, um andere Krankheiten wie z. B. Pfeiffersches Drüsenfieber auszuschließen.

Behandlung

Pharmakotherapie

Beim Nachweis von Streptokokken verordnet der Arzt Antibiotika, in aller Regel Penicillin V. Aminopenicilline wie Amoxicillin sollten nicht verschrieben werden. Um das Risiko eines akuten rheumatischen Fiebers auszuschließen, muss der Patient das Antibiotikum unbedingt über die volle Anwendungszeit von 10 Tagen einnehmen.

Operative Behandlung

Bei weniger als 3 Entzündungsepisoden innerhalb der letzten 12 Monate raten HNO-Ärzte von einer operativen Entfernung der Mandeln ab. Treten Anginen häufiger auf, ist eine operative Entfernung oder Teilentfernung der Mandeln zu erwägen.

Die Mandelentfernung (Tonsillektomie) ist eine der häufigsten Operationen überhaupt. Der Operateur hält die Mandeln mit einer Zange und schneidet sie mit einer Schere ab, anschließend entfernt er eventuelle Reste mit einer Schlinge. Am Ende der Operation bleibt pro Mandel eine etwa 2 cm2 große Wundfläche zurück; sie wird elektrisch verödet, um die Blutung zu stillen.

Während man noch vor einigen Jahrzehnten sehr großzügig zur Entfernung der Mandeln riet (bekannter Patientenkalauer: "Die Mandeln müssen raus, der Doktor baut ein Haus"), herrscht inzwischen Zurückhaltung. Mehrere Faktoren beeinflussen die Entscheidung pro oder kontra Mandelentfernung:

  • Bis zum Beginn der Pubertät besitzen die Mandeln eine wichtige immunologische Funktion. Dennoch kann beim Kind eine Mandelentfernung notwendig sein, wenn eine ausgeprägte chronische Vergrößerung der Gaumenmandeln vorliegt, die den Mundrachen verengt und zu Schluck- und Atembeschwerden führt oder wenn mehr als 2–3 Anginen pro Jahr auftreten.
  • Im Jugend- und Erwachsenenalter bilden sich die für die Abwehrfunktion wichtigen Strukturen in den Mandeln zwar zurück. Trotzdem ist auch hier eine Mandelentfernung – wegen der Gefahr ernsthafter Komplikationen – erst bei 2–3 gesicherten Anginen pro Jahr angezeigt. Nach der Mandelentfernung werden Rachenentzündungen meistens deutlich seltener.

Bei besonders großen Mandeln kommt auch eine Teilentfernung der Mandeln (Tonsillotomie) in Betracht. Der Eingriff ist für den Patienten weniger belastend als eine Komplettentfernung und das Risiko einer Nachblutung sinkt deutlich. Bedenken, dass sich die Restmandeln häufig entzünden, haben sich nicht bestätigt.

Behandlungskomplikationen bei einer Mandelentfernung

Entgegen weit verbreiteter Meinung ist die komplette Mandelentfernung kein Bagatelleingriff. Neben den mit fortschreitendem Lebensalter zunehmenden Schluckschmerzen nach der Operation (Schmerzmittel vor den Mahlzeiten sind für 10–14 Tage erforderlich), drohen vor allem Nachblutungen. Sie treten zum einen in den ersten 24 Stunden sowie zum anderen nach 4–6 Tagen auf, wenn sich die Wundbeläge ablösen. Daher empfehlen viele Operateure ihren Patienten, sicherheitshalber für diese Zeit zur Beobachtung im Krankenhaus zu bleiben.

Prognose

Bei rechtzeitiger antibiotischer Behandlung der eitrigen Angina klingen die Beschwerden meist innerhalb von 3–5 Tagen ab. Ausgeheilt ist die Mandelentzündung in der Regel nach etwa 2 Wochen.

Die Prognose bei einer komplikationslosen operativen Therapie, also Mandelentfernung, ist ebenfalls gut: Rückfälle im ersten Jahr nach der Operation kommen in weniger als 10 % vor. Die Abwehrkräfte werden durch das Herausnehmen der Mandeln nicht herabgesetzt.

Ihr Apotheker empfiehlt

Hinweis: Alle Selbsthilfemaßnahmen können die Antibiotikatherapie nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Nur Antibiotika verringern die Gefahr von Komplikationen wie Abszesse und das rheumatische Fieber. Nehmen Sie die verordneten Antibiotika unbedingt über die gesamte Zeitdauer wie vom Arzt verschrieben ein, auch wenn die Halsschmerzen schnell besser werden.

Was Sie selbst tun können

Trinken.Wie bei jeder fieberhaften Erkrankung sollten Sie reichlich trinken, idealerweise Tees mit entzündungshemmenden Kräutern (z. B. Kamille oder Salbei). Dies gilt besonders, wenn Sie stark schwitzen. Solange das Fieber anhält, ist Bettruhe empfehlenswert.

Wickel. Mit feuchten Halswickeln (kalt oder warm) unterstützen Sie den Heilungsprozess. Ein bewährtes Hausmittel ist der Zwiebelwickel: Schneiden Sie drei große Zwiebeln in kleine Stücke und geben Sie diese in ein mit heißem Wasser befeuchtetes Leinentuch. Tragen Sie den Wickel so lange um den Hals, bis er ausgekühlt ist.

Weiche Nahrung.Wegen der Schluckbeschwerden sind weiche und breiige Nahrungsmittel (Suppen, Kartoffelpüree) zu bevorzugen. Kinder freuen sich immer über ein Eis, da die Kälte kurzzeitig Schmerzen lindert.

Geeignete Medikamente

Lutschen & Gurgeln. Bei Schluckbeschwerden sind außerdem Lutschtabletten oder Gurgellösungen mit schmerzlindernden (z. B. Benzocain) oder antibakteriellen Wirkstoffen (z. B. Cetylpyridiniumchlorid, Benzalkoniumchlorid in Dolo-Dobendan® Lösung, Dorithricin® Halstabletten) empfehlenswert. Einen schwächeren Effekt hat das Gurgeln mit Salbei- oder Kamillentee, kann aber eine Alternative sein, wenn synthetisch hergestellte Gurgellösungen nicht gut vertragen werden.

Schmerzmittel. Bei starken Schmerzen und hohem Fieber helfen Schmerzmittel mit gleichzeitig fiebersenkender Wirkung, (z. B. Paracetamol oder Ibuprofen).

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Es stehen einige pflanzliche Kombinationsmittel zur Verfügung, denen eine Milderung der Beschwerden sowie eine Verkürzung des Krankheitsverlaufs zugeschrieben wird. Mundspülungen mit Salbei- und Kamillentee hemmen die Entzündung und desinfizieren. Starke Halsschmerzen lassen sich mit kalten Getränken – ausgenommen Fruchtsäfte – zusätzlich lindern. Auch Teezubereitungen aus Isländischem Moos oder Frischpflanzenpresssaft aus Spitzwegerichkraut unterstützen den Heilungsprozess. Lutschpastillen mit Isländischem Moos und Bonbons mit ätherischem Salbei-Öl helfen, den lokalen Entzündungsreiz zu mindern.

Es gibt auch pflanzliche Fertigpräparate. Dazu gehören z. B. standardisierte Extrakte von Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel (z. B. Angocin Anti-Infekt N®), ein ethanolisch-wässriger Extrakt aus Umckaloabowurzel (Umckaloabo® Saft) oder eine mit Alkohol versetzte Kombination aus Eibischrinde, Eichenrinde, Kamillenblüten, Walnussblättern und Löwenzahn-, Schachtelhalm- und Schafgarbenkraut (z. B. Imupret®). Vor allem bei Kindern sind die Zubereitungen natürlich ohne Alkohol.

Homöopathie. In der Homöopathie wird als Komplexzubereitung z. B. standardisierte Kermesbeere in Kombination mit Guajakholz und spanischem Pfeffer (Tonsipret®) zur Therapie empfohlen.

Die Homöopathie empfiehlt im akuten Stadium u. a. Belladonna, Lachesis, Lycopodium und Thallium, und bei wiederkehrender Angina eine individuell abgestimmte Konstitutionstherapie.

Nach einer Mandeloperation

Heilung fördern. Nach einer Mandeloperation können Sie den Heilungsprozess unterstützen, indem Sie viel trinken und den Mund mehrmals täglich mit Kamillen- oder Salbeitee spülen. Putzen Sie Ihre Zähne vorsichtig und nur mit einer weichen Zahnbürste und Kinderzahnpasta. Und verzichten Sie auf Nikotin!

Nachblutungen können noch bis zu zwei Wochen nach dem Eingriff auftreten. Nehmen Sie deshalb die körperliche Schonung für 2 bis 3 Wochen nach der Operation ernst! Vermeiden Sie starke körperliche Anstrengung und duschen Sie nicht zu heiß in den ersten Tagen nach der Operation. Bei Nachblutungen sollten Sie in jedem Fall einen Arzt aufsuchen.

Von: Prof. Dr. med. Gerhard Grevers; Dr. Ute Koch; Thilo Machotta; Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen "Die Erkrankung", "Behandlung", "Prognose" und "Ihre Apotheke empfiehlt": Dr. med. Sonja Kempinski
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Vorsicht Gewitterasthma!

Wer Asthma hat oder eine allergische Rhinitis, sollte bei aufziehendem Gewitter schnell nach Hause und Türen und Fenster schließen.

Vorsicht Gewitterasthma!

Wenn Allergene aufgewirbelt werden

Der Klimawandel hat viele Folgen. Eine davon ist das häufigere Auftreten von sogenanntem Gewitterasthma. Das trifft vor allem Menschen, die unter Asthma oder allergischer Rhinitis leiden. Zum Glück kann man den Beschwerden bei Gewitterwetter vorbeugen.

Asthma oder Nies- und Juckreiz

Wer 20 bis 30 Minuten nach einem Gewitter plötzlich Atemnot, Husten und ein Engegefühl in der Brust bekommt, leidet womöglich unter Gewitterasthma. Gleiches gilt, wenn es zu extremem Juck- und Niesreiz und stark verstopfter Nase kommt: Auch diese Beschwerden können bei schwülem Wetter kurz nach einem Gewitter auftreten.

Bekannt wurde das Gewitterasthma weltweit im Jahr 2016, als tausende Australier*innen nach einem schweren Unwetter asthmatische und allergische Probleme bekamen und im Krankenhaus behandelt werden mussten. Für acht Menschen endete das Gewitterasthma tödlich, berichtet Lungenarzt Norbert Mülleneisen.

Winde schleudern Allergene gegen Boden

Hintergrund des seltenen, aber lebensbedrohlichen Phänomens ist die Kombination aus schwülem Wetter, vielen zirkulierenden Allergenen und starken Winden. Die Winde saugen die Allergene auf und schleudern sie durch gewittertypische Fallwinde gezielt gen Boden. Zudem können Pilzsporen und Pollen aufgrund der gewitterbedingten elektrostatischen Aufladung und der hohen Luftfeuchtigkeit aufquellen und platzen, was sie noch reizender macht. Denn je kleiner die Partikel, desto weiter können sie in die Atemwege vordringen.

In städtischen Gebieten spielen neben den naturbedingten Allergenen noch die Luftverschmutzung eine Rolle. Feinstaub belastet die Atemwege zusätzlich und kann in Kombination mit Gewitterasthma die Symptome verschlimmern.

Durch Klimawandel verstärkt

Gefährdet sind insbesondere Menschen, die ohnehin an Allergien, Heuschnupfen oder Asthma leiden. Aber auch bisher Gesunde können durch die extreme Belastung Beschwerden entwickeln. In Deutschland wurde das Gewitterasthma bisher nur in Einzelfällen dokumentiert. Mülleneisen geht jedoch davon aus, dass es durch den Klimawandel zu einem wachsenden Problem werden könnte. Denn der Klimawandel verlängert nicht nur die Pollensaison, er verstärkt auch die Häufigkeit und Intensität von Gewittern.

Vorbeugen nützt

Weil Menschen mit Asthma und Allergien besonders gefährdet sind, sollten sie folgende Tipps beherzigen:

  • Wetter- und Pollenwarnungen beachten.
  • Bei Gewitter nicht rausgehen, Türen und Fenster geschlossen halten.
  • Die Allergenbelastung in Innenräumen mit Luftfiltern senken.
  • Im Freien Schutzmasken tragen: Sie können die eingeatmete Menge an Pollen und Partikeln reduzieren.
  • Wer an Asthma leidet, sollte immer ein Notfallspray bei sich tragen und es bei den ersten Anzeichen benutzen.

Quelle: MMW

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Blickwinkel / Alamy / Alamy Stock Photos