Gesundheit heute
Hörsturz
Hörsturz: Plötzliche, in der Regel einseitige Innenohrschwerhörigkeit unterschiedlichen Schweregrads bis hin zur Ertaubung.
Die Hörfähigkeit erholt sich mit oder ohne Therapie wieder, oft aber nicht vollständig. Meistens besteht zumindest für eine gewisse Zeit als Folgeproblem ein Tinnitus. Der Hörsturz ist die häufigste Funktionsstörung des Innenohrs. Schätzungen zufolge erleidet in Deutschland etwa eine Viertelmillion Menschen pro Jahr einen Hörsturz, die meisten von ihnen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen. Typischerweise erleiden besonders aktive Menschen, die viel Verantwortung in der Familie oder im Beruf übernehmen, einen Hörsturz. Immer wieder wird deshalb behauptet, dass chronischer Stress eine (Mit-)Ursache von Hörstürzen ist. Statistisch bewiesen wurde das jedoch noch nicht.
Symptome und Leitbeschwerden
- Plötzlich auftretende Schwerhörigkeit
- Tinnitus
- Oft Schwindel
- Druck im Ohr, "Wattegefühl" im Ohr, taube Haut in der Umgebung des Ohrs.
Wann zum Arzt
Innerhalb der ersten zwei Tage, wenn
- der Verdacht auf Hörsturz vorliegt. Ein starker Hinweis auf einen Hörsturz ist, wenn man mit dem betroffenen Ohr nicht mehr oder nur noch unter Mühen telefonieren kann.
Hinweis: Ein Hörsturz ist ein so genannter Eilfall, aber kein Notfall. Ein Hörsturz sollte innerhalb von 24–48 Stunden von einem Arzt diagnostiziert und gegebenenfalls behandelt werden – am besten ambulant in einer HNO-Klinik oder bei einem erfahrenen HNO-Arzt. Danach sinken die Heilungschancen.
Die Erkrankung
Im Gegensatz zur allmählichen Entwicklung der Altersschwerhörigkeit ist der Hörsturz ein plötzliches Ereignis, bei dem die Hörverschlechterung oder sogar Ertaubung binnen Minuten bis Stunden eintritt. Fast immer ist nur ein Ohr betroffen. Die Hörverschlechterung betrifft häufiger die hohen Töne (Hochtonverlust) als die niedrigen.
Ursachen und Risikofaktoren
Als Ursache für einen Hörsturz werden Durchblutungsstörungen im Innenohr angenommen, bedingt durch eine Verengung der Blutgefäße und/oder eine geminderte Fließfähigkeit des Bluts.
Dies würde auch erklären, warum die Heilungschancen bei älteren Menschen oder Diabetikern in der Regel schlechter sind, da diese Personengruppen häufig unter Durchblutungsstörungen leiden. Auffällig ist, dass chronischer Stress das Auftreten eines Hörsturzes fördert. Entsprechend trifft der Hörsturz oft besonders aktive Menschen, die dazu neigen, sich und ihren Körper bis an die Grenzen zu fordern. Der konkrete psychosomatische Zusammenhang liegt aber noch im Dunkeln.
Klinik
Dem eigentlichen Hörverlust gehen oft Hörschwankungen und Halleffekte sowie Druck- oder Wattegefühl im Ohr voraus. Manche Betroffene berichten, dass "sich alles irgendwie anders anhört". Ist das Gleichgewichtsorgan mitbetroffen, besteht auch Drehschwindel. Fast immer treten beim Hörsturz Ohrgeräusche (Tinnitus) auf. Untypisch sind dagegen Ohrenschmerzen. Sie sprechen gegen das Vorliegen eines Hörsturzes.
Folgen für das Innenohr
Das gesunde Innenohr erträgt eine große "Reizamplitude" – extrem große Schalldrücke (Lärm, Musikfestival, Schussgeräusche) machen ihm ebenso wenig aus wie sehr geringe Schalldrücke (also weitestgehende Stille).
Das durch den Hörsturz geschädigte Innenohr erträgt nur noch eine geringe Reizamplitude:
- extreme Beschallung (Lärm, Musikfestival, Schussgeräusche) führt zu vorübergehender Schwerhörigkeit, Tinnitus und evtl. sogar zu Schmerzen und einer Lärmphobie (Angst vor Lärm)
- sehr geringe Schalldrücke (also weitestgehende Stille) sind aber auch schlecht, weil die "unterbeschäftigten" Innenohrsinneszellen dann selbst "Musik" machen, aber die geschädigten Filter im Innenohr diese nicht mehr ausfiltern können. Diese selbstgemachte "Musik" wird als Tinnitus erlebt.
Verlauf
Die Hörfunktion des betroffenen Ohrs erholt sich fast immer innerhalb von maximal 14 Tagen, aber in 30-40 % der Fälle entsteht ein bleibender Hörschaden. Als ungebetener Dauergast setzt sich bei jedem 2. Betroffenen ein Tinnitus fest, der die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann. Dieser ist zunächst sehr störend, klingt aber häufig im Lauf mehrerer Jahre ab oder verschwindet ganz.
Etwa 30 % der Patienten erleiden Rückfälle. Diese haben eine wesentlich schlechtere Prognose, d. h., es bleiben dann in der Regel dauernde Hörschäden bestehen.
Diagnosesicherung
Die Untersuchung beginnt mit der Inspektion des Gehörgangs mit Hilfe eines Otoskops oder Ohrmikroskops, um einen Ohrenschmalzpfropf auszuschließen. Anschließend bestimmt der Arzt den Hörverlust mit einem Tonaudiogramm. Den Hörtest wiederholt der Arzt nach 8 und 14 Tagen, um die Erholung der Hörfunktion zu kontrollieren und zu dokumentieren.
Behandlung
Bei 90 % der Patienten vermindert sich der Hörverlust spontan innerhalb von wenigen Stunden bis maximal 14 Tagen. Diese hohe Spontanbesserungs- bzw. -heilungsrate macht die evidenzbasierte (beweisgesicherte) Therapieentscheidung schwierig.
Pharmakotherapie
In der gültigen Behandlungsleitlinie werden vier verschiedene Behandlungsverfahren diskutiert: durchblutungsfördernde Medikamente, Anti-Virenmittel, die hyperbare Sauerstofftherapie sowie Kortison. Einzige Therapie, von der einigermaßen sicher ist, dass sie wirkt, ist die Behandlung mit Kortison.
Kortison. Bei der in den Leitlinien empfohlenen hochdosierten Kortisontherapie bekommt der Patient 3 Tage lang 250 mg Prednisolon über Tabletten verabreicht. Danach wird die Dosis rasch reduziert. Von der früher üblichen Therapie mit niedriger Dosierung (60 mg Prednisolon) rät die Leitlinie ab, weil sie wenig bis gar nichts hilft. Die hochdosierte Kortisontherapie verstärkt leider bei vielen Betroffenen die schon bestehende innere Unruhe. Sie kann nachts manchmal zur vollständigen Schlaflosigkeit führen.
Als Alternative kann der Arzt das Kortison auch lokal verabreichen. Bei dieser sogenannten intratympanalen Injektion spritzt er Kortison durch das vorher betäubte Trommelfell in das Innenohr. Das fühlt sich kalt an, ist aber nicht schmerzhaft. Vorteil sind die geringen Nebenwirkungen, weil das Kortison sofort am Ort des Geschehens ist und deshalb nur in einem Bruchteil der Menge verabreicht wird. Die intratympanale Kortisontherapie wird von den Leitlinien empfohlen, wenn die primäre, systemische Kortisongabe keinen Nutzen gezeigt hat, wenn der Patient unter deren Nebenwirkungen (siehe oben) leidet oder Kontraindikationen gegen die hochdosierte Kortisongabe bestehen.
Durchblutungsfördernde Mittel. Sogenannte Vasodilatatoren wie Naftidrofuryl, Alprostadil, Carbogen oder auch Gingko biloba werden von der Mehrzahl der HNO-Ärzte abgelehnt, zudem ihre angebliche Wirkung teilweise mit Hilfe manipulierter Studien "bewiesen" wurde. Auch von den früher üblichen und teilweise immer noch eingesetzten Infusionen mit durchblutungsfördernder Hydroxyäthylstärke (HAES®) raten die Autoren der Leitlinien ab, da der Nutzen nicht gesichert ist und unter anderem monate- bis lebenslanger Juckreiz als Langzeitnebenwirkung droht.
Antivirale Therapie. Die Wirksamkeit antiviraler Therapiestrategien konnte man bisher nicht nachweisen.
Hyperbare Oxygenierung. Auch die Wirksamkeit der hyperbaren Sauerstofftherapie ist unklar, weshalb dieses Verfahren in den Leitlinien nicht empfohlen wird.
Prognose
Bei 60-75 % der Betroffenen stellt sich die Hörfähigkeit spontan oder mit Hilfe therapeutischer Bemühungen wieder her. Hörschäden bleiben vor allem bei starker Hörminderung sowie bei zusätzlicher Drehschwindelsymptomatik zurück.
Etwa 30 % der Patienten erleiden Rückfälle. Rückfälle haben eine wesentlich schlechtere Prognose, d. h., es bleiben dann in der Regel dauernde Hörschäden zurück.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie selbst tun können
Wie ein Hörsturz genau funktioniert, hat die Wissenschaft noch nicht verstanden, aber fast immer sind die Betroffenen – bildhaft gesprochen – mit Vollgas durchs Leben gefahren und auf einmal hat der für sie empfindlichste Teil des Gehirns seinen Dienst verweigert. Entscheidend ist, damit richtig umzugehen, und das heißt konkret die Wiederherstellung der Innenohrfunktion zu unterstützen, die Ausbildung eines Tinnitus zu unterbinden und Rückfälle zu verhindern.
Wiederherstellen der Hörfunktion. Auch wenn Sie sich in den ersten Tagen nach dem Hörsturz nach unbedingter Ruhe sehnen, ist Stille eher ungünstig für das Ohr, denn sie fokussiert die Aufmerksamkeit des Gehirns auf die selbsterzeugten Signale (das Grundrauschen) und fördert somit einen späteren Tinnitus.
Umgang mit Lärm. Auf der anderen Seite sollten Sie aber Lärmbelästigungen strikt meiden. Dies ist dann ein Problem, wenn Sie z. B. Kleinkinder zu versorgen haben, die auf dem Wickeltisch schreiend die Lärmspitzen eines Presslufthammers erreichen. Seien Sie hier konsequent und sorgen Sie für eine Aushilfe. Ersatzweise schaffen Lärmstöpsel, die es in jeder Apotheke gibt, vorübergehende Abhilfe. Benutzen Sie zum Telefonieren das gesunde Ohr oder ein Headset mit Kopfhörern, womit Sie eine einseitige Belastung des kranken Ohrs ebenfalls vermeiden. Und wenn es ansonsten ruhig ist, z. B. in der häuslichen Umgebung, ist leise Musik eine gute Sache, wobei man sich durchaus an persönlichen Vorlieben orientieren darf.
Tinnitus bekämpfen. Der Hörsturz ist eine trickreiche Krankheit – falsche Maßnahmen verschlimmern die Symptome, das heißt vor allem den Tinnitus. Aber wenn Sie die Sache von der richtigen Seite angehen, können Sie den Tinnitus bei den Hörnern packen und Woche für Woche weiter in den Hintergrund schieben. Da sowohl extrem hohe Schalldrücke als auch weitestgehende Stille schädlich sind, liegt die Lösung in der Mitte und der Meidung der Extreme: also temporärer Schallschutz bei hohem Lärm – und temporäre zusätzliche Schallquellen (üblicherweise Musik) bei übermäßiger Stille. Verlässt man die Mitte, verschlimmert sich der Tinnitus:
- Bei zu großer Stille tritt das Grundrauschen der Hörsinneszellen in den Vordergrund. Das bedeutet, der Tinnitus wird schlimmer. Kritisch sind zumeist das Einschlafen und die nächtlichen Wachperioden.
- Übergroßer, als unangenehm empfundener Schall – also Lärm – irritiert die Betroffenen und kann krank machen. Die Folgen von erwünschtem starkem Schall wie z.B. beim Konzert des Lieblings-Popstars sind geringer. Bricht der Lärm dann ab und tritt wieder Stille ein, kann der Tinnitus zu einem Dröhnen anschwellen. Kritisch sind etwa Besuche in einem vollen Restaurant mit lauter Hintergrundmusik oder der Aufenthalt auf Baustellen mit großem Baumaschinenlärm.
Deshalb gilt:
- Bei normaler Geräuschkulisse (Fernsehen, Geselligkeit, normale Tagesgeräusche): Lassen Sie das Ohr offen– wenn es Sie zu sehr stört, ist Watte ins geschädigte Ohr die beste Erste Hilfe – es nimmt ca. 10 dB Schalldruck, das ist nicht zu viel
- Reicht das nicht aus, sind moderne Arbeitsschutzstöpsel zu empfehlen, die das Ohr elastisch abdichten. Diese gibt es preiswert im Internet. Sie nehmen 20-30 dB Schalldruck, also recht viel. Oropax und ähnliche feste Schallstöpsel sind was fürs Museum, weil sie das Ohr nur zeitweise wirklich abdichten und ihre Wirkung deshalb stark schwankt.
- Wenn es an angenehmen Umgebungsgeräuschen mangelt, machen Sie selber Geräusche, die sie mögen, etwa Hintergrundmusik und lassen Sie diese laufen. Auch ein leise laufender Fernseher im Nebenzimmer ist für manche besser als Stille. Nachts ist es definitiv besser mit geöffnetem Fenster zu schlafen, damit die Geräuschkulisse von außen Ihr geschädigtes Ohr "beschäftigt".
- Finden Sie selbst heraus, welche Geräusche Sie besonders stressen und schützen Sie sich davor.
- Wenn Sie einen Hörschaden haben, lassen Sie sich beraten, ob Ihnen ein Hörgerät hilft. Dieses nützt doppelt: es verstärkt leise Geräusche und Sprache und minimiert so ungünstige Stilleperioden und es regelt zugleich überschwelligen Lärm elektronisch herunter. In der Praxis berichten deshalb viele Betroffene, dass der Gebrauch des Hörgeräts ihren Tinnitus erträglicher gemacht hat.
Neu hören lernen. War Ihr Hörsturz ausgeprägt, verändern sich die Signale, die das betroffene Innenohr Richtung Gehirn sendet, auf Dauer. Das können Sie leicht überprüfen, indem Sie den Telefonhörer während eines Telefonats abwechselnd an das gesunde und an das geschädigte Ohr halten – Sie werden merken, dass sich die Stimme am anderen Ende der Leitung unterschiedlich anhört. Damit hängt zusammen, dass sich möglicherweise Ihr räumliches Hören – also die Fähigkeit eine Stimme zu orten, verschlechtert hat. Störende Geräusche, wie etwa telefonierende Kollegen im Büro auszublenden, fällt Ihnen schwerer. Auch hier regeneriert sich das Ohr oder besser gesagt das Gehirn wieder, aber das dauert viel länger als die Rückkehr der reinen Hörleistung, nämlich 6–18 Monate.
Nicht bagatellisieren. Hörstürze werden von vielen verniedlicht, manche Arbeitgeber tendieren dazu, nach 1 oder 2 Wochen zur Rückkehr an den Arbeitsplatz, ins Büro oder zur Familie zu raten. Aus Sicht der Betroffenen ist das nicht ungefährlich: Ähnlich wie nach einem Herzinfarkt brauchen Sie auch nach einem Hörsturz Zeit, um Ihr Leben zu reorganisieren. Zeit für sich, die Prioritäten im Leben zu überdenken, aber auch Zeit fürs Gehirn und das betroffene Ohr, das richtige Hören wieder zu lernen. Lassen Sie sich krankschreiben und sorgen Sie am Arbeitsplatz (oder zu Hause) mehrere Monate lang für Entlastung. Am besten ist es, wenn Sie dies mit dem Arbeitgeber offen besprechen.
Komplementärmedizin
Akupunktur und Homöopathie können eine Option sein, wenn wiederholt Hörstürze auftreten, als Akuttherapie haben sie nach derzeitigem Erkenntnisstand jedoch keinen Wert.
Prävention von Rückfällen
Wie erwähnt erleiden ein knappes Drittel der Betroffenen einen zweiten oder dritten Hörsturz. Ob und was man tun kann, um dies zu verhindern ist umstritten:
Früher wurde das Ausschalten aller bekannten Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen als A & O betrachtet. Entsprechend sollte jeder, der unter Bluthochdruck und/oder erhöhtem Cholesterinspiegel leidet, die von seinem Arzt empfohlenen medikamentösen und nicht medikamentösen Maßnahmen einhalten. Auf Rauchen und übermäßigen Alkoholgenuss soll ebenso verzichtet werden wie auf übermäßigen Stress.
Stressmanagement.Die ärztliche Praxis zeigt aber, dass auch völlig "gefäßgesunde" Menschen rückfällig werden. Entscheidend für die Rückfallprävention scheint vielmehr die Ausschaltung von chronischem Stress zu sein. Die Betonung liegt auf chronisch: damit ist nicht die Angst und Stressphase vor einer Prüfung gemeint, sondern der andauernde und als ausweglos empfundene Dauerstress am Arbeitsplatz oder in der Zweierbeziehung, aber auch äußere Umstände wie hohe Verschuldung, wo keine Lösung in Sicht ist und die den Alltag stark belasten. Hier kann entscheidend helfen, im Leben "aufzuräumen" - und zum Beispiel den Arbeitsplatz zu wechseln, selbst wenn das zunächst einen Umzug bedeutet oder finanzielle Nachteile mit sich bringt. Ergänzend sind regelmäßiger moderater Ausdauersport wie Joggen und Radfahren sowie Mind-Body-Therapien wie die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR) empfehlenswert.
Weiterführende Informationen
- R.-G. Klomsdorff: Hörsturz – und danach? Asanger, 6. Auflage 2014. Ratgeber für Betroffene und Fachleute.

Menschen mit Nasenspray-Abhängigkeit müssen ihr Nasenspray mehrfach am Tag benutzen.
Raus aus der Nasenspray-Sucht
Freiheit für die Nase
Mit Nasenspray bekommt man verstopfte Nasen ruckzuck wieder frei. Die Sache hat allerdings einen Haken: Wer das Spray zu lange benutzt, kann davon abhängig werden. Wie lässt sich das vermeiden und, vor allem, was kann man tun, wenn es dazu gekommen ist?
Wirkstoffe verengen die Blutgefäße
Abschwellende Nasensprays sind hocheffektiv. Mit den Wirkstoffen Xylometazolin oder Oxymetazolin verengen sie die Blutgefäße in der Nase. Dadurch schwellen die Schleimhäute ab, und die Nasenatmung wird wieder möglich.
So weit, so gut. Wäre da nicht das Problem mit der Abhängigkeit. Denn werden abschwellende Nasensprays länger als eine Woche angewendet, können sich die Schleimhäute an die gefäßverengenden Wirkstoffe gewöhnen. Es kommt zu einer dauerhaften Schwellung, die Rhinitis medicamentosa genannt wird. Für eine freie Nase müssen die Betroffenen dann immer häufiger sprayen. Neben der körperlichen Abhängigkeit droht die psychische Sucht: Ist das Nasenspray einmal nicht zur Hand, kommt es zu Panik und Angstgefühlen.
Um dies zu vermeiden, hilft Vorbeugung. Das bedeutet, abschwellende Nasensprays nicht länger als sieben Tage lang anzuwenden. Außerdem raten Expert*innen dazu, ein konservierungsmittelfreies Präparat zu nehmen. Denn Konservierungsmittel wie Benzalkoniumchlorid können die Nasenschleimhaut reizen und die Schwellung noch verstärken.
Kalter Entzug oder Ein-Loch-Methode
Wenn es zu einer Nasenspray-Abhängigkeit gekommen ist, gibt es prinzipiell drei Wege aus der Sucht. Dabei ist es sinnvoll, sich ärztlich beraten zu lassen.
- Kalter Entzug. Das Nasenspray plötzlich komplett abzusetzen, erfordert sehr viel Willenskraft. Am ehesten gelingt dies in der Anfangsphase der Nasenspray-Sucht. Leider klappt der kalte Entzug in vielen Fällen nicht.
- Kontinuierliches Ausschleichen. Eine sanftere Variante, um vom Nasenspray loszukommen, ist das langsame Ausschleichen. Dabei benutzt man das Spray immer seltener. Hilfreich ist, dazu eine Art Tagebuch zu führen, also jedes Sprayen zu notieren.
- Ein-Loch-Methode. Dieses Vorgehen ist eine Form des kontinuierlichen Ausschleichens. Man entscheidet sich für ein Nasenloch, das weiterhin mit dem Spray behandelt wird und die Nasenatmung aufrechterhält. Das andere Nasenloch wird nicht gesprayt und auf diese Weise entwöhnt. Wenn das gut klappt, kann man nach einigen Tagen oder Wochen das Nasenspray auch im zweiten Nasenloch reduzieren und schließlich komplett absetzen.
Bei allen Varianten des Entzugs können unterstützende Maßnahmen helfen. Dazu gehört z. B., dexpanthenolhaltige Nasensalben auf die Nasenschleimhäute zu schmieren oder Nasensprays auf Meerwasserbasis zu verwenden. Auch Kortison-Nasensprays können bei der Entwöhnung helfen. Sie dämmen die Entzündung in der Nasenschleimhaut ein und führen damit zu deren Abschwellen.
Oft wird im Internet empfohlen, auf niedrig dosiertes Nasenspray für Kinder umzusteigen. Expert*innen zufolge ist das keine Option. Denn auch die geringere Dosierung kann Erwachsene in der Abhängigkeit halten.
Auf gefäßverengende Wirkstoffe verzichten
Insgesamt braucht man für die Entwöhnung viel Geduld. In manchen Fällen dauert es bis zu einem Jahr, bis die Betroffenen von ihrer Rhinitis medicamentosa genesen sind. Und wer einmal unter der Nasenspray-Sucht gelitten hat, sollte in Zukunft auf gefäßverengende, abschwellende Nasensprays verzichten. Zu groß ist die Gefahr, dass auch bei kurzer Nutzung die Abhängigkeit wieder einsetzt.
Quelle: pta heute, Deutsche Apotheker Zeitung