Gesundheit heute

Mittelohrentzündung, akute

Akute Mittelohrentzündung (Otitis media acuta): Ein- oder beidseitige Entzündung der Schleimhaut des Mittelohrs.

Die akute Mittelohrentzündung ist oft Folge einer Erkältungskrankheit mit Schnupfen und durch Bakterien ausgelöst. Besonders häufig sind Säuglinge und Kleinkinder betroffen. Aber auch bei Schulkindern ist die akute Mittelohrentzündung noch eine häufige Ursache für Krankschreibungen. Die Erkrankung heilt meistens nach wenigen Tagen folgenlos ab, wenn die Belüftung des Mittelohrs über die Ohrtrompete sichergestellt ist. In seltenen, schweren Fällen breitet sie sich auf die Hohlräume des Warzenfortsatzes (Mastoiditis) oder die Hirnhäute (Hirnhautentzündung) aus.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Heftige stechende, pulsierende oder klopfende Ohrenschmerzen
  • Oft Fieber und beeinträchtigtes Allgemeinbefinden, Erkältungsbeschwerden
  • Gelegentlich Schwindel
  • Bei Säuglingen und Kleinkindern häufig untypische Beschwerden, wie Reiben am Ohr, Trinkunlust, häufiges Schreien, Bauchschmerzen, Durchfall und hohes Fieber
  • Eventuell Ausfluss von Sekret aus dem Ohr, wenn das Trommelfell platzt.

Wann zum Arzt

1611_GRE_akute_Mittelohrentzuendung_Trommelfell.png|Trommelfell während einer aktuen Mittelohrentzündung: Die Paukenhöhle hat sich mit Eiter gefüllt, das gereizte Trommelfell schimmert rötlich.|[GRE 1611]|Blick auf ein vorgewölbtes und gerötetes Trommelfell bei akuter Mittelohrenentzündung

Heute noch, wenn

  • der Verdacht auf eine Mittelohrentzündung besteht.

Sofort, wenn

  • sich bereits abgeklungene Beschwerden wieder verstärken.
  • Rötung und Schwellung hinter dem Ohrläppchen auftreten und/oder das Ohr absteht (Gefahr einer Mastoiditis).
  • starke Kopfschmerzen, ein steifer Nacken und/oder starke Müdigkeit hinzukommen (Gefahr einer Hirnhautentzündung).

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Mittelohrentzündungen treten meist als Folge einer Erkältung und daher bevorzugt in den Wintermonaten auf. Dabei gelangen die Erreger (überwiegend Bakterien, z. B. Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae) über die Ohrtrompete in das Mittelohr und lösen dort eine Entzündung der Schleimhaut aus.

Die Folge ist eine fortlaufende Produktion von Sekret. Da dieses – im Gegensatz zum Schnupfen – nicht durch die Nase abfließen kann, staut es sich hinter dem entzündeten Trommelfell. Der Sekretstau drückt schmerzhaft auf das Mittelohr und führt zu einer Schallleitungsschwerhörigkeit. Meist bildet sich die Entzündung des Trommelfells im Laufe weniger Tage von selbst zurück und das aufgestaute Sekret wird langsam wieder in den Körper aufgenommen.

Manchmal bleibt nach einer Mittelohrentzündung noch über Wochen ein Paukenerguss bestehen. Reißt das Trommelfell dann infolge des zunehmenden Drucks, fließt das Sekret in den Gehörgang ab. Die Schmerzen lassen nun schlagartig nach und die Mittelohrentzündung heilt rasch und folgenlos ab. Das geplatzte Trommelfell schließt sich binnen weniger Tage von selbst.

Ursachen und Risikofaktoren

Am häufigsten tritt die Mittelohrentzündung zwischen dem 6. und 18. Lebensmonat auf. Sie ist in dieser Altersgruppe deshalb so häufig, weil Kleinkinder noch eine kurze, weite und – im Unterschied zum Erwachsenen – horizontal verlaufende Ohrtrompete haben, über die Krankheitserreger leicht aus dem Nasenrachen in das Mittelohr aufsteigen. So erleben schätzungsweise 2 Drittel aller Kinder vor ihrem 6. Geburtstag eine akute Mittelohrentzündung, danach wird die Erkrankung seltener.

Die akute Mittelohrentzündung wird begünstigt durch vergrößerte Rachenmandeln (Polypen) und Passivrauchen. Die Rolle von Allergien wie Heuschnupfen ist umstritten, wahrscheinlich verursachen sie für sich alleine die Mittelohrentzündung nicht.

Komplikationen

Häufige Mittelohrentzündungen können einen bleibenden Trommelfellschaden mit Schwerhörigkeit hinterlassen oder in eine chronische Form übergehen (chronische Mittelohrentzündung).

Eine heutzutage seltene Komplikation der Mittelohrentzündung ist die Mastoiditis, bei der die Mittelohrentzündung auf die mit Schleimhaut ausgekleideten Hohlräume im Warzenfortsatz übergeht. Zu ihrer Behandlung ist eine Operation erforderlich, wobei der Arzt den Knochen hinter dem Ohr unter Vollnarkose eröffnet und den Eiter und die entzündete Schleimhaut entfernt.

Eine Weiterleitung der akuten Entzündung kann in seltenen Fällen auch eine einseitige Gesichtslähmung durch Mitbeteiligung des Gesichtsnervs (Nervus facialis) auslösen. Eine weitere Komplikation ist die Labyrinthitis, d. h. die Entzündung des Innenohres mit Tinnitus, Schwindel und Gleichgewichtsstörungen.

Diagnosesicherung

Der Arzt stellt die Diagnose anhand der Vorgeschichte – typisch ist ein vorangegangener Schnupfen – und der charakteristischen Beschwerden des Patienten. Anschließend sieht er sich mit dem Otoskop, einem Ohrtrichter mit Lampe und Lupe, oder dem Ohrmikroskop das Trommelfell an. Ergänzend kommen bei komplizierten Verläufen Hörprüfungen, Gleichgewichtstests, bildgebende Untersuchungen des Schädels und/oder ein Blutbild hinzu.

Behandlung

Pharmakotherapie

Häufig verordnet der Arzt Antibiotika; Mittel der Wahl ist ein Breitbandpenizillin, z. B. Amoxicillin, das gegen eine breite Anzahl von Erregern wirkt und 7 bis 10 Tage lang mehrmals täglich eingenommen wird.

Viele Studien zeigen inzwischen, dass nicht jede Mittelohrentzündung gleich mit Antibiotika behandelt werden muss. Etwa 80 % der Kinder werden auch ohne innerhalb weniger Tage gesund. Die kinderärztlichen Fachgesellschaften empfehlen die automatische Antibiotikagabe nur noch bei Kindern unter 6 Monaten. Bei Kindern zwischen 6 Monaten und 2 Jahren kann auf Antibiotika verzichtet werden, wenn sich der Arzt mit der Diagnose nicht ganz sicher ist (dies ist wegen der häufig durch Ohrenschmalz verlegten Gehörgänge gar nicht so selten) und wenn es dem Kind einigermaßen gut geht (d. h., wenn das Fieber 39 °C nicht übersteigt und die Ohrenschmerzen auszuhalten sind). Bei Kindern ab 2 Jahren kann auch bei einer gesicherten Mittelohrentzündung auf Antibiotika verzichtet werden, wenn es dem Kind einigermaßen gut geht.

Operative Behandlung

Ein Trommelfellschnitt (Parazentese) wird erwogen, wenn sich das Trommelfell wegen des entzündungsbedingten Drucks im Mittelohr stark vorwölbt – der Patient spürt dann starke Schmerzen. Durch diesen Entlastungsschnitt kommt es zur sofortigen Erleichterung für den Patienten, weil das abfließende Sekret den Druck im Mittelohr reduziert.

Prognose

Bei frühzeitigem Behandlungsbeginn heilt die akute Mittelohrentzündung in der Regel vollständig aus. Werden jedoch eventuell vorliegende Behinderungen der Nasenatmung wie beispielsweise Polypen nicht behoben, droht die Entwicklung einer chronischen Mittelohrentzündung.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Antibiotika.Hat der Arzt Ihnen oder Ihrem Kind Antibiotika verschrieben, sorgen Sie dafür, dass diese wie verordnet und bis zum Schluss eingenommen werden, auch wenn die Beschwerden früher abklingen.

Freies Ohr.Bei Ohrenausfluss dürfen Sie keine Watte in den Gehörgang stecken – dadurch bildet sich eine feuchte Kammer, in der sich Krankheitserreger schnell vermehren.

Wärme.Bestrahlungen mit Rotlicht, Heizkissen oder Wärmflasche lindern die Beschwerden, da durch die wärmebedingte Weitstellung der Gefäße vermehrt entzündungshemmende Zellen ins Krankheitsgebiet gelangen und die Erkrankung schneller ausheilt. Achten Sie auf einen Mindestabstand zur Lampe, damit keine Verbrennungen entstehen.

Zwiebelsäckchen.Ein beliebtes Hausmittel gegen Ohrenschmerzen ist das Zwiebelsäckchen: Dafür legen Sie die kleingeschnittenen Teile einer Zwiebel in ein Baumwolltaschentuch und falten es zusammen. Nachdem Sie das Säckchen vorsichtig in der Mikrowelle erwärmt haben, legen Sie es für eine halbe bis eine Stunde auf das betroffene Ohr.

Geeignete Medikamente

Schmerzmittel. Eine Tubenbelüftungsstörung kann – vor allem nachts – Schmerzen wie bei einer Mittelohrentzündung verursachen. Diese Schmerzen sind aber nach einigen Stunden verschwunden (es bleibt höchstens noch ein "komisches" Gefühl in den Ohren), während die Schmerzen einer Mittelohrentzündung länger anhalten. Deshalb sollte zunächst ein Schmerzmittel gegeben werden, z. B. Paracetamol oder Ibuprofen. Bleiben die Schmerzen nach Abklingen des Schmerzmittels aus, dann lag keine Mittelohrentzündung, sondern eine Tubenbelüftungsstörung vor.

Ohrentropfen. Ohne Verordnung des Arztes dürfen Sie bei einer Mittelohrentzündung keine Ohrentropfen anwenden. Bei noch intaktem Trommelfell können diese gar nicht in das Mittelohr gelangen und bei einem bereits erfolgten Riss rufen sie möglicherweise Innenohrschäden hervor.

Komplementärmedizin

Homöopathie. Je nach Begleitsymptomatik empfiehlt die Homöopathie in der Akutphase häufige Gaben z. B. von Aconitum, Belladonna, Chamomilla oder Ferrum phosphoricum in niederen Potenzen. Als homöopathisches Komplexmittel stehen z. B. Otovowen® Tropfen zur Verfügung.

Prävention

Rauchverzicht.Verzichten Sie im Umfeld von Säuglingen und Kleinkindern, die häufig unter akuten Mittelohrentzündungen leiden, unbedingt auf das Rauchen. Dieses "Rauchverbot" umfasst am besten die ganze Wohnung, denn Studien haben gezeigt, dass Kleinkinder auch unter separaten und für sie nicht zugänglichen Raucherzimmern nachweisbar leiden und häufiger erkranken. Geben Sie Kindern ihre Milchflasche nicht im Liegen zu trinken, da dies möglicherweise Mittelohrentzündungen fördert. Stillen schützt nachweislich vor Mittelohrentzündungen.

Rachenmandeln.Keinen vorbeugenden Effekt hat dagegen die operative Entfernung vergrößerter Rachenmandeln bei Kindern unter 4 Jahren. Ob eine Pneumokokken-Schutzimpfung die Rückfallgefahr vermindert, ist nicht bekannt.

Von: Prof. Dr. med. Gerhard Grevers; Dr. Ute Koch; Thilo Machotta; Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen "Die Erkrankung", "Prognose" und "Ihre Apotheke empfiehlt": Dr. med. Sonja Kempinski
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Heuschnupfen bei Schwangeren lindern

Niesattacken aufgrund einer Pollenallergie sind auch in der Schwangerschaft eine Quälerei.

Heuschnupfen bei Schwangeren lindern

Ohne Gefahr fürs Kind

Frauen mit Pollenallergien bleiben auch in der Schwangerschaft nicht von Schniefnase, Niesattacken und juckenden Augen verschont. Doch welche Antiallergika können werdende Mütter gefahrlos anwenden?

Pollensaison reicht von Januar bis Oktober

Heuschnupfen ist weit verbreitet und quält die Betroffenen inzwischen von Januar bis in den späten Oktober. Dabei machen die Pollen auch vor Schwangeren nicht Halt. Bleibt es bei den schon bekannten Beschwerden wie Naselaufen, juckende Augen und Niesattacken, darf man sich mit Rat aus der Apotheke selbst behandeln. Kommt es dabei jedoch zu Kurzatmigkeit, trockenen Husten oder pfeifender Atmung, sollte die Ärzt*in aufgesucht werden.

Nicht alle Antihistaminika geeignet

Zur Selbstbehandlung mit Tabletten werden Schwangeren die Antihistaminika Loratadin und Cetirizin empfohlen. Für beide Präparate gibt es auf dem Portal Embryotox über 5000 bzw. 1300 Erfahrungsberichte, bei denen keine schädigende Wirkung auf das Kind aufgetreten sind. Trotzdem rät die Packungsbeilage dazu, den Einsatz vorsorglich mit der behandelnden Ärzt*in zu sprechen.

Für Schwangere ungeeignete Antihistaminika sind Dimetidin und Bilastin. Dimetidin hat in seltenen Fällen bei Einnahme durch die Mutter beim Neugeborenen Zittrigkeit und Durchfall ausgelöst. Für den sehr neuen Wirkstoff Bilastin gibt es bisher noch nicht genügend Daten, um die Einnahme in der Schwangerschaft als sicher einzustufen.

Lindernde Augentropfen und Nasensprays

Auch Augentropfen und Nasensprays dürfen bei Pollenallergie in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Für die verstopfte oder laufende Nase wird in erster Linie der Wirkstoff Cromoglicinsäure empfohlen. Wichtig: Cromoglicinsäure erreicht erst nach 24 bis 48 Stunden seine maximale Wirkung, es ist daher sinnvoll, die Anwendung schon vorbeugend zu starten. Daneben helfen auch Nasensprays mit Kochsalz oder Meersalz. Sie reinigen die Nasenschleimhaut und spülen Allergen aus.

In Augentropfen hilft Cromoglicinsäure gegen allergisches Augenjucken. Diese Präparate gelten in der gesamten Schwangerschaft und in der Stillzeit als sicher.

Vorbeugen senkt Pollenbelastung

Vorbeugen ist auch bei der Pollenallergie überaus hilfreich. Folgende Maßnahmen helfen, den Kontakt mit den Allergenen zu reduzieren: 

  • Pollenvorhersage beachten und Freizeitaktivitäten danach planen. In der Stadt ist die Pollenkonzentration frühmorgens am niedrigsten, auf dem Land abends ab ca. 19 Uhr.
  • Im Auto einen Pollenfilter in die Lüftung einbauen, an Fenster Pollenschutzgitter montieren. 
  • Das Einschleppen von Pollen durch Kleidung verhindern: Wäsche nicht im Freien trocknen um keine Pollen „einzufangen“ und draußen getragen Kleidung nicht im Schlafzimmer ausziehen und ablegen. 
  • Nach längerem Aufenthalt im Freien Pollen durch Duschen und Haarewaschen vom Körper entfernen.

Quelle: pta heute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Connect Images / Martin Leigh