Gesundheit heute
Parodontitis
Parodontitis (ungenau oft als Parodontose bezeichnet): Entzündung des Zahnhalteapparats. Von der Parodontitis grenzt der Zahnarzt die wesentlich seltenere Parodontose ab, worunter man einen Zahnfleischschwund ohne begleitende Entzündung versteht.
Bei einer Parodontitis ist nicht nur das Zahnfleisch oberflächlich entzündet, sondern der gesamte Zahnhalteapparat. Daher ist auch der Knochen betroffen und wird langsam abgebaut. Bei Menschen über 35 ist Parodontitis die häufigste Ursache für den Verlust von Zähnen – anders als Karies tut sie jedoch kaum weh und bleibt so oft lange Zeit unbemerkt.
Eine Parodontitis sollte in jedem Fall behandelt werden, da sie unabhängig von den Gebissproblemen auch eine großflächige Entzündung im Körper darstellt und u. a. ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten, Herzinfarkt und Schlaganfall mit sich bringt.
Leitbeschwerden
- Regelmäßiges Zahnfleischbluten
- Mundgeruch
- Die Zähne werden „länger", weil das Zahnfleisch zurückgeht.
- Die Zähne lockern sich und verändern ihre Stellung.
- Das Zahnfleisch verfärbt sich dunkelrot bis blau-violett.
Wann zum Arzt
Innerhalb der nächsten 4 Wochen, wenn das Zahnfleischbluten länger andauert, sich einzelne Zähne bewegen oder drehen oder sich alle Zähne locker anfühlen.
Die Erkrankung
Eine Parodontitis beginnt mit einer Zahnfleischentzündung, später entstehen Zahnfleischtaschen (Zahntaschen), wenn sich der Epithelansatz des Zahnfleischs vom Zahn ablöst. In den Taschen lagert sich Zahnstein auf dem Zahnzement ab. Sie werden von anaeroben Bakterien besiedelt und können sich ebenfalls entzünden. Das Zahnfleisch und die knöchernen Zahnfächer verlieren an Substanz, schließlich lockern sich Zähne und fallen aus.
Eine langandauernde Zahnfleischentzündung kann auf den Kieferknochen, die Wurzelhaut und den Zahnzement übergreifen. Die Ursache sind Bakterien im Zahnbelag: Sie scheiden Stoffwechselprodukte aus, auf die der Körper reagiert. Er bildet Fresszellen, die die Bakterien zerstören sollen. Diese bauen jedoch auch den Knochen und die Haltefasern ab – letztlich wird der Zahnhalteapparat also durch das eigene Immunsystem zerstört.
In der Regel ist die Parodontitis durch ungenügende Mundhygiene verursacht. Jede Parodontitis hat einmal als Zahnfleischentzündung angefangen. Diese Entwicklung ist jedoch nicht zwangsläufig – gerade bei Kindern und Jugendlichen kann eine Zahnfleischentzündung monatelang bestehen, ohne auf den Zahnhalteapparat überzugreifen. Manche Menschen allerdings sind extrem anfällig für Parodontitis, Männer häufiger als Frauen – und dies auch bei guter oder sehr guter Mundpflege. Die Ursache liegt offenbar in einer für das Zahnfleisch ungünstigen Mundflora begründet. Glück im Unglück: Solche Parodontitis-Risikoträger haben meistens kaum Karies.
Apikale Parodontitis. In seltenen Fällen kann eine apikale Parodontitis (Entzündung der Wurzelspitze nach Absterben des Zahnnervs) die Ursache dafür sein, dass sich der Zahnhalteapparat von der Wurzelspitze her entzündet.
Juvenile Parodontitis. Die juvenile Parodontitis ist eine Sonderform, die schon in der Jugend auftritt und speziell die 6-Jahr-Molaren (Sechser) und die mittleren Oberkieferschneidezähne (Einser) betrifft. Die Ursache ist unklar. Nur durch penible Mundhygiene kann man gegen den frühen Verlust dieser Zähne ankämpfen, oft gehen sie trotzdem verloren. Mädchen erkranken vier Mal häufiger als Jungen.
Das macht der Arzt
Um festzustellen, wie weit die Entzündung fortgeschritten ist, kontrolliert der Zahnarzt das Zahnfleisch und misst die Tiefe der Zahntaschen. Dazu führt er eine spezielle Sonde, die eine Maßeinteilung aufweist, vorsichtig zwischen Zahnfleisch und Zahn in den Zwischenraum ein. Je nach Tiefe der Taschen liegt eine Parodontitis unterschiedlichen Grades vor, als behandlungsbedürftig gilt eine Taschentiefe von 4 mm oder mehr. Dieses Testverfahren heißt Parodontaler Screening Index (PSI) und wird alle zwei Jahre von der Kasse übernommen. Zur Absicherung der Diagnose werden Röntgenbilder angefertigt – so kann der Zustand der knöchernen Zahnfächer besser beurteilt werden.
Parodontaltherapie. Eine Parodontitis lässt sich nur durch eine systematische Behandlung kurieren, eine normale, oberflächliche Reinigung reicht nicht mehr aus. Zu Beginn der Parodontaltherapie findet die Hygienephase statt, bei der durch eine professionelle Zahnreinigung alle Zahnflächen und Zahnzwischenräume gereinigt, fehlerhafte Füllungen repariert, scharfe Kanten beseitigt und stark beschädigte Zähne gegebenenfalls gezogen werden. Dabei wird auch überprüft, ob sich die Mundhygiene des Patienten verbessern lässt. Allein die Hygienephase bringt oft schon eine deutliche Besserung der Beschwerden.
Bei der anschließenden geschlossenen Behandlungsphase wird der betroffene Bereich mit einer Spritze betäubt, bevor der Arzt jeden Zahn bis auf den Boden der Zahntasche reinigt und poliert. Dies geschieht mit kleinen scharfen Schabern (Scaler) und Ultraschallinstrumenten. Einige Zahnärzte setzen auch feine schwingende Elektrofeilen ein. Das anfängliche Kratzgeräusch bei der Glättung verschwindet mit fortschreitender Behandlung und Reinigung der Oberflächen. Gleichzeitig befreit der Arzt mit einem gebogenen Messer (Kürette) das Zahnfleisch von den entzündeten Teilen (es wird „angefrischt"). Nur das Zusammenspiel dieser beiden Komponenten erzielt den gewünschten Erfolg.
Nachdem der Mund gründlich ausgespült wurde, spült der Arzt die Zahntaschen mit einer Chlorhexidin-Lösung. Diese vermindert die restlichen Keime in den Taschen deutlich.
Eine Parodontaltherapie erstreckt sich meist über mehrere Sitzungen, bei denen die Kiefer bzw. Kieferhälften nacheinander gereinigt werden. Manche Patienten empfinden die optische Veränderung durch die Behandlung als unschön, da das Zahnfleisch durch die zurückgehende Schwellung kürzer erscheint und die Zähne länger wirken. Dieselben kosmetischen Probleme entstünden allerdings auch ohne Behandlung – zwar etwas später, dafür ginge aber mehr vom Zahnhalteapparat verloren. Zur Parodontaltherapie gibt es daher keine Alternative: Nur so kann die für den gesamten Körper belastende Entzündung gestoppt und die Zähne erhalten werden.
Lappenoperation und Knochenaufbau. Wenn der Kiefer bereits stark geschädigt ist oder sich bei Kontrolluntersuchungen zeigt, dass die geschlossene Behandlung nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, dann ist zusätzlich eine offene Behandlung nötig. Bei der Lappenoperation (Flapoperation, offene Kürettage) wird das Zahnfleisch aufgeschnitten und zur Seite geklappt. Nun kann der Zahnarzt Zahnwurzeln und Zahnfleischtaschen besonders gründlich und unter Sicht reinigen.
Ist dies nicht ausreichend, wird in der gleichen OP der Knochen wieder aufgebaut, was die Kasse allerdings nicht mehr bezahlt. Für den Knochenaufbau gibt es dabei zwei ineinander greifende Verfahren: GTR (Guided Tissue Regeneration, gesteuerte Geweberegeneration) und GBR (Guided Bone Regeneration, gesteuerte Knochenregeneration). Wenn Teile des Kieferknochens zahnfrei sind, z. B. aufgrund entfernter Weisheitszähne, können im Rahmen der GBR Knochenspäne entnommen und zur Füllung der erkrankten Stellen transplantiert werden. Auch mit wachstumsfördernden Mitteln lassen sich Knochen und Zahnhaltefasern regenerieren. Damit sich der langsam wachsende Knochen ungestört wieder aufbauen kann, ohne vom schneller wachsenden Zahnfleisch verdrängt zu werden, trennt bei der GTR eine Membran Zahnfleisch und Kiefer während der Behandlung. Beide Verfahren sind vom Aufwand her vergleichbar, welches das bessere ist, hängt von Lage und Ausmaß der Knochendefekte ab. Sie können auch kombiniert werden, indem die GTR einer GBR folgt. Der Kieferzustand verbessert sich durch den Knochenaufbau innerhalb von 3–6 Monaten deutlich, eine vollständige Wiederherstellung ist jedoch in der Regel nicht möglich.
Zusätzlich bietet sich als weitere Behandlungsmöglichkeit eine Proteinmatrix (Emdogain®) an. Diese Substanz wird auf die gereinigte und mit Zitronensäure vorbehandelte Wurzeloberfläche aufgetragen. In 30–50 % der Fälle führt sie zu deutlichem Knochenwachstum im Bereich der Wurzeloberfläche.
Zum Abschluss der Operation näht oder klebt der Arzt das Zahnfleisch. Die Behandlung wird mit antiseptischen Mundspülungen (z. B. mit Chlorhexidin) fortgesetzt, anschließend sollten regelmäßig Kontrolluntersuchungen stattfinden – anfangs alle 3–4 Wochen, später alle 6 Monate.
Selbstbehandlung
Eine einmal vorhandene Parodontitis ist durch häusliche Pflege nicht mehr zu heilen. Sie können nur die Beschwerden lindern und die Parodontaltherapie durch Ihre Mundhygiene unterstützen. Auch bei Schmerzen sollten Sie nicht mit der Zahnreinigung aufhören – verwenden Sie lieber eine weiche Zahnbürste.
Komplementärmedizin
Pflanzenheilkunde. Bei Blutungen und Schwellungen helfen entzündungshemmende Spülungen mit Kamillen- oder Salbeitee. Auch regelmäßiges Eincremen des Zahnfleisches mit Zahnfleischbalsam kann die Beschwerden lindern.
Homöopathie. Aus homöopathischer Sicht kommen z. B. Acidum hydrofluoricum, Cistus canadensis, Lycopodium, Mercurius solubus, Psorinum oder Silicea zur Linderung der Beschwerden infrage; eine bestehende Parodontitis kann aber so nicht zum vollständigen Abklingen gebracht werden.
Vorsorge
Sie können Parodontitis durch regelmäßige, gründliche und richtige Zahnreinigung vermeiden. Bei empfindlichem Zahnfleisch hilft sanftes, vorsichtiges Putzen mit einer elektrischen Bürste und weichen Borsten. Zusätzlich sollten täglich die Zahnzwischenräume gereinigt werden. Dies geschieht am besten mit Zahnseide und, falls das nicht ausreicht, zusätzlich mit Interdentalbürsten. Nur oberflächlich wirksam sind Chlorhexidin-Spülungen und Mundspülungen mit ätherischen Ölen wie Eukalyptus, Thymol, Menthol und Methylsalicylat.
Zusätzlich ist eine regelmäßige Professionelle Zahnreinigung sinnvoll. Denn sie entfernt auch Zahnstein, der vom Betroffenen nicht beseitigt werden kann – und beseitigt Plaques sehr gründlich. Je nach Geldbeutel und Zeitbudget sollte sie alle 6, mindestens aber alle 12 Monate, wiederholt werden.
Besonders hoch ist das Parodontitis-Risiko bei Rauchern, Zähneknirscher und Diabetiker. Durch Zähneknirschen wird der Zahnhalteapparat mechanisch geschädigt, bei Rauchern und Diabetikern dagegen ist die Durchblutung der kleinen Äderchen im Zahnfleisch verschlechtert. Die Nährstoffversorgung des Zahnfleischs leidet darunter, es verliert an Widerstandskraft. Der Zusammenhang zwischen Rauchen und Parodontitis ist eindeutig, der genaue Wirkungszusammenhang ist allerdings noch unklar. Man vermutet, dass das Rauchen die körpereigene Abwehrreaktion verstärkt.
Sicher ist, dass Rauchen die Behandlung erschwert und die Heilungschancen verringert – es lohnt sich also, noch während der Behandlung damit aufzuhören.
Weiterführende Informationen
- www.parodontosehilfe.de – Deutsche Parodontosehilfe e. V., Schwerte: Mit Parodontose-Selbsttest und Zahnarztsuche. Die Selbsthilfegruppe gibt auch die Zeitschrift „Parodontose Info" heraus.
- www.dgparo.de – Deutsche Gesellschaft für Parodontologie, Regensburg: Über die „Mitgliedersuche" finden Sie spezialisierte Fachärzte.

Aufbiss-Schienen schützen die Zähne im Schlaf vor den Folgen von unbewusstem nächtlichem Zähneknirschen.
Was hilft gegen Zähneknirschen?
Von Schiene bis Botox
Zähneknirschen schadet nicht nur den Zähnen. Wer immer wieder bewusst oder unbewusst seine Zähne presst oder reibt, kann Kopfschmerzen, Tinnitus und andere Beschwerden entwickeln. Abhilfe bringen u.a. Entspannungsübungen und Aufbiss-Schienen.
Zähneknirschen nachts oder tagsüber
Viele Menschen leiden unter unwillkürlichem Zähneknirschen (Bruxismus). Man schätzt, dass in Deutschland jede Fünfte damit Bekanntschaft macht. Kinder sind dabei etwas häufiger betroffen als alte Menschen. Unterschieden wird das immer unbewusste Zähneknirschen im Schlaf (Schlafbruxismus) vom unbewussten oder bewussten Wachbruxismus tagsüber.
Die Ursachen sind vielfältig. Das Zähneknirschen im Schlaf kann durch Schlafstörungen, Schnarchen oder die Einnahme mancher Medikamente ausgelöst werden. Auch Rauchen und Alkohol begünstigen den Schlafbruxismus. Eine wichtige Ursache sind Stress und Angstzustände, die die Kaumuskeln verspannen. Manchmal wird auch kein Grund für das Knirschen im Schlaf gefunden.
Stress und Angst sind auch die häufigsten Auslöser für das Zähneknirschen tagsüber. Das Zusammenpressen bei Anspannung und Konzentration ist eng mit der Stressverarbeitung verbunden und kann bewusst oder unbewusst erfolgen.
Abrieb fördert Schmerz und Kälteempfindlichkeit
Bruxismus schadet den Zähnen. Es drohen abgeflachte Kanten, abgebrochene oder lockere Zähne und vermehrter Abrieb. Dadurch kommt es zu Schmerzen und einer erhöhten Empfindlichkeit gegen Kälte oder Hitze. Bei Kindern beeinflusst Zähneknirschen das Zahnwachstum negativ. Aber auch außerhalb des Mundes hat Zähneknirschen üble Folgen. Betroffene berichten über
- Schmerzen, die in die Ohren, Schläfen Wangen und Gesicht ausstrahlen,
- Kopf-, Nacken- und Schulterschmerzen,
- Schmerzen beim Kauen,
- unwillkürliche Bisse in Zunge und Wange,
- Tinnitus und Ohrensausen,
- Müdigkeit und Erschöpfung tagsüber.
Zähne mit Schiene schützen
Wer bei sich einen Bruxismus vermutet, soll die Zahnärzt*in aufsuchen. Dort können geeignete Optionen besprochen werden, um die Zähne zu schützen. Eine Möglichkeit ist z. B. die Aufbiss-Schiene, die vor allem nachts getragen wird. Sie sorgt dafür, dass bei nächtlichem Knirschen und Pressen die Zähne keinen Schaden erleiden.
Ansonsten gilt es, gegen die Verspannungen anzugehen. Dabei hilft eine gute Schlafhygiene mit beruhigenden Tees zur Nacht oder ätherische Öle, die das Einschlafen verbessern. Manche Betroffene profitieren von der Einnahme von Magnesium, das der Muskelspannung entgegenwirken soll.
Stressmanagement und Botox
Weiter sind Stressmanagement und Achtsamkeitsübungen hilfreich. Schmerzen in Schultern und Nacken können durch physiotherapeutische Übungen gelindert werden. Bei schwerer Ausprägung eines Wachbruxismus wird die Verhaltenstherapie angeraten. Dabei lernt man, sich zu beobachten und Anspannungen gezielt entgegenzuwirken.
Auch Botox-Injektionen sind eine Therapieoption. Wird es in den Kiefermuskel gespritzt, kommt es dort zu einer Entspannung und das Zähneknirschen wird weniger. Die Wirkung hält drei bis sechs Monate an. Für langfristige Ergebnisse muss die Behandlung in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Der Einsatz ist allerdings noch off-label, wobei die Studienergebnisse vielversprechend sind. In Frage dafür kommen vor allem diejenigen, bei denen die traditionellen Maßnahmen nicht greifen.
Quelle: ptaheute