Gesundheit heute

Trockene Augen (Sicca-Syndrom)

Trockene Augen (Sicca-Syndrom, Keratoconjunktivitis sicca): Reizung der Binde- und Hornhaut durch eine Benetzungsstörung aufgrund verminderter Produktion oder fehlerhafter Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit. Trockene Augen sind in der Augenarztpraxis das häufigste Krankheitsbild. Typischerweise sind Frauen zwischen 50 und 70 Jahren betroffen, behandelt wird mit künstlichen Tränen in Form von Augentropfen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Brennende, gerötete und tränende Augen, z. B. bei Kälte, Wind oder längerem Lesen
  • Fremdkörpergefühl
  • Müde Augen am Abend.

Wann zum Arzt

In derselben Woche, wenn

  • die Beschwerden anhalten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Bei jedem Lidschlag wird die Tränenflüssigkeit aus den verschiedenen Drüsen über den Augapfel verteilt, ähnlich wie die Spülflüssigkeit aus der Scheibenwaschanlage durch den Scheibenwischer beim Auto.

Der Tränenfilm besteht aus drei Schichten:

  • Eine oberflächliche Lipidschicht wird von Drüsen am Lidrand (Meibom-Drüsen) gebildet. Diese sehr dünne, fetthaltige Schicht sorgt dafür, dass die Tränenflüssigkeit nicht über die Lidkante abläuft und nicht so schnell verdunstet.
  • Die wässrige Schicht macht den größten Teil des Tränenfilms aus. Das wässrige Sekret wird von der Haupttränendrüse sowie den akzessorischen Tränendrüsen abgesondert, und das besonders stark, wenn die Augen gereizt werden. Es bildet eine glatte Oberfläche und ermöglicht dadurch scharfes Sehen, es verhindert die Austrocknung der Binde- und Hornhaut, spült und desinfiziert durch bakterientötendes Eiweiß (Lysozym) die Oberflächen und ernährt die nicht durchblutete Hornhaut.
  • Das schleimige Sekret (innere Muzinschicht) wird von speziellen Zellen der Bindehaut, den Becherzellen, gebildet. Diese Schicht stabilisiert den Tränenfilm und sorgt dafür, dass der wässrige Anteil gleichmäßig auf der Hornhaut verteilt wird, am Auge haftet und nicht abperlt.

Sind Menge oder Zusammensetzung des Tränenfilms gestört, ist der Augapfel unzureichend benetzt. Dadurch trocknen Horn- und Bindehaut aus, die Lider scheuern auf dem Augapfel, es kommt zu kleinen Oberflächenverletzungen und damit leicht zu Infektionen. In manchen Fällen führt eine fehlerhafte Zusammensetzung des Tränenfilms dazu, dass zu viel Tränenflüssigkeit von der Augenoberfläche verdunstet oder die Tränen nicht mehr richtig an der Oberfläche haften. In der Folge wird die Tränendrüse zu einer Überproduktion angeregt: Das Auge tränt.

Ursachen und Risikofaktoren

  • Trockene Augen können eine Vielzahl von Ursachen haben:
  • Ungünstige Faktoren sind zu trockene Luft in überheizten Räumen, Klimaanlagen, Tabakrauch, Smog oder Zug, z. B. beim Fahrrad- oder Autofahren mit offenem Fenster.
  • Etwa ab dem 40. Lebensjahr beginnt die Tränendrüse langsamer zu arbeiten, die Tränenmenge nimmt ab. Bei Frauen verstärkt sich dies durch die hormonelle Umstellung ab den Wechseljahren.
  • Auch Systemerkrankungen (z. B. Sjögren-Syndrom, rheumatoide Arthritis, Diabetes) oder Verletzungen der Tränendrüsen führen zu einer verminderten Tränenproduktion.
  • Eine sehr häufige Ursache für trockene Augen ist die Meibom-Drüsen-Dysfunktion mit Verstopfung der Ausführungsgänge. Durch das Fehlen der Lipide im Tränenfilm verdunstet dieser schneller und Hornhaut und Bindehaut trocknen aus.
  • Durch Einnahme bestimmter Medikamente kann sich die Zusammensetzung des Tränenfilms ebenfalls ändern, z. B. durch Acetylsalicylsäure (Aspirin®), Betablocker zur Behandlung eines Bluthochdrucks, oder Retinoide (Abkömmlinge der Vitamin-A-Säure z. B. zur Aknebehandlung). Ebenso können Ovulationshemmer (Antibabypillen) oder eine Schwangerschaft die Tränenflüssigkeit beeinträchtigen.
  • Weitere mögliche Ursachen für trockene Augen sind das Tragen von Kontaktlinsen oder auch häufiges angestrengtes Arbeiten am Computer. Dabei blinzelt man seltener weshalb das Auge weniger gut mit Tränenflüssigkeit benetzt wird.

Diagnosesicherung

Die Augenärzt*in stellt mit der Spaltlampe meist nur eine leichte Bindehautreizung fest. Die eigentliche Diagnose "trockene Augen" wird mit dem Schirmer-Test zur Bestimmung der Tränenmenge und mit der Tränenfilmaufrisszeit zur Feststellung der Stabilität der Tränenflüssigkeit gestellt.

In hartnäckigen Fällen geben der Bengal-rosa-Test (typisches Muster auf der Hornhaut beim Einfärben mit Bengal-Rosa) und die Impressionszytologie (Untersuchung von abgetupften Bindehautzellen unter dem Mikroskop) Auskunft über Zustand und Anzahl der Becherzellen.

Differenzialdiagnosen

Von einem trockenen Auge müssen zahlreiche andere Augenerkrankungen abgegrenzt werden, z. B. die Hornhautentzündung, die Bindehautentzündung und die Regenbogenhaut-Entzündung.

Behandlung

Therapeutisch stehen künstliche Tränen (Filmbildner) zur Verfügung (siehe unten), die je nach Schweregrad alle 4 Stunden bis alle 30 Minuten appliziert werden.

Treten Trockene Augen im Rahmen einer Hornhautentzündung auf, sind auch Augentropen mit einem Immunsupressivum eine Option, um die die Entzündung in den Griff zu bekommen.

1434_GTV_Traenenpuenktchen_Punctum_Plug.jpg|Die Tränenpünktchen können vorübergehend mit einem Stöpsel, dem Punctum Plug, verschlossen werden. |[GTV 1434]

Bei einer Dysfunktion der Meibom-Drüsen sondiert die Ärzt*in nach Betäubung des Augenlids die verstopften Ausführungsgänge der Drüsen mit einer feinen Drahtsonde und behebt damit die Blockade. Die Wirkung dieser Methode hält etwa 3 Monate an und darf mehrfach wiederholt werden. Eine andere Möglichkeit, verstopfte Meibom-Drüsen zu öffnen, ist die Intense Pulse Light Behandlung (IPL). Nach Erwärmung des Augenlids durch Lichtimpulse drückt die Ärzt*in die Drüsensekrete mechanisch aus.

In schweren Fällen setzt die Augenärzt*in einen keilförmigen Silikonstöpsel ein, der wie ein Badewannenstöpsel das Tränenpünktchen verschließt (Punctum Plug). Dieser verhindert, dass die Tränenflüssigkeit in die Nase abläuft. Er kann, wenn er vertragen wird, jahrelang eingesetzt bleiben.

Ihr Apotheker empfiehlt

Geeignete Medikamente

Künstliche Tränen (Filmbildner) sind Tränenersatzflüssigkeiten, sie wirken nur am äußeren Auge und haben praktisch keine Effekte auf den Organismus. Ihre Anwendung ist daher unbedenklich, sie können beliebig häufig getropft werden. Bei empfindlichen Augen oder wenn künstliche Tränen länger angewendet werden, sollten Sie die teureren Präparate ohne Konservierungsmittel bevorzugen, weil es sonst zu Allergien kommen kann.

Künstliche Tränen enthalten – genau wie der natürliche Tränenfilm – Schleim, Wasser und Fette. Als vernetzende Wirkstoffe, die den Tränenfilm stabilisieren, werden den Präparaten künstliche Polymere (z. B. Thilo-Tears® SE-Gel), Hyaluronsäure (z. B. Hylo-Comod®, Biolan®) und Cellulosederivate (z. B. Lacrisic®, Sic-Ophthal®, Lacrigel®) zugesetzt, die teilweise mit Fettbestandteilen kombiniert werden. Lipophile Präparate wie z. B. EvoTears® legen sich wie eine Schutzschicht über den Tränenfilm. Je nach Schweregrad wird die Augenärzt*in eine Empfehlung geben.

Neben den Wirkstoffen spielt die Viskosität eine große Rolle: Es gibt dünnflüssige und zähflüssige Augentropfen sowie dickflüssige Gele. Je visköser, also zähflüssiger die Tropfen oder Gele sind, desto länger haften sie an der Augenoberfläche. Dafür dauert es nach der Anwendung länger, bis sie sich auf dem Augapfel verteilt haben und man wieder eine klare Sicht hat. Dünnflüssige Tropfen verteilen sich schnell und führen kaum zu Sichtbeeinträchtigungen. Sie sind daher gut für die Nachbenetzung von Kontaktlinsen geeignet. Über Nacht empfiehlt sich ein Gel. Oft ist es auch nötig, verschiedene Augentropfen zu testen, bis man das für sich beste Präparat gefunden hat.

Was Sie selbst tun können

Einige Tipps helfen bei trockenen Augen:

  • Meiden Sie Zugluft, verrauchte Räume und staubige Luft
  • Achten Sie auf eine ausreichende Luftfeuchtigkeit zuhause und am Arbeitsplatz
  • Trinken Sie ausreichend! Empfohlen werden mindestens 2,5 Liter Flüssigkeit pro Tag
  • Tragen Sie im Sommer und an windigen Tagen eine Sonnenbrille, eventuell mit Seitenschutz (Fahrradbrille)
  • Warme Kompressen und die Massage der Lider mit einem Wattestäbchen helfen bei Verstopfung der Ausführungsgänge der Meibom-Drüsen.
  • Für die Nacht haben sich Kühlkompressen und die Anwendung einer Heilsalbe (z. B. Bepanthen®-Augensalbe) bewährt.

Arbeit am Bildschirm. Fachleute sagen, dass von PC-Bildschirmen selbst keine Gefahr für unsere Sehorgane ausgehe, wohl aber vom falschen Umgang mit dem Bildschirm. Dazu gehören ein falscher Sehabstand vom Auge zum Bildschirm, ungünstige Lichtverhältnisse ebenso wie eine falsche (Sitz-)Haltung. Hinzu kommt, dass bei konzentrierter längerer Computerarbeit das Auge auf den Bildschirm starrt. Der Lidschlag ist unregelmäßig, in der Folge werden Horn- und Bindehaut zu wenig benetzt. Deshalb:

  • Legen Sie öfter eine Pause ein. Empfohlen wird, nach jeweils 1 Stunde für 5 Minuten die Arbeit am Bildschirm ruhen zu lassen. In Österreich ist eine Pause von 10 Minuten pro Stunde Bildschirmarbeit sogar gesetzlich vorgeschrieben.
  • Nutzen Sie Flachbildschirme, die augenschonender sind. Generell gilt: Kleine unscharfe Schrift und Verzeichnungen auf dem Bildschirm ermüden die Augen besonders. Der Monitor sollte es dem Auge leicht machen: Sein Bild sollte scharf, gleichmäßig hell und flimmerfrei sein
  • Halten Sie zum Bildschirm einen Abstand von 50–70 cm ein.
  • Lassen Sie ihre Sehleistung für die Computerentfernung messen und gegebenenfalls eine Brille anpassen und tragen Sie die Brille regelmäßig bei PC-Arbeit.

Komplementärmedizin

Akupunktur. Vor allem, wenn bei trockenen Augen die Neigung zum Augentränen (z. B. bei Kälte) stark ausgeprägt ist, bietet sich gemäß verschiedenen Erfahrungsberichten die Akupunktur an.

Akupressur. Die Akupressur spezieller Akupressurpunkte in der Augenregion soll bei trockenen Augen infolge Überanstrengung (z. B. durch lange Bildschirmarbeit) helfen.

Prävention

Augenärzt*innen empfehlen gerne die Aufnahme von ungesättigten Fettsäuren (Omega-3-, Omega-6-Fettsäuren), die die Stabilität des Tränenfilms, insbesondere der Lipidschicht, verbessern sollen (z. B. Oenvite Omega®).

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Hohe Blutzuckerwerte in der Schwangerschaft gefährden die Netzhaut.

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Schwangere mit Diabetes

Werdende Mütter mit Diabetes sollten sich regelmäßig die Augen kontrollieren lassen. Denn bei ihnen können während der Schwangerschaft Netzhautschäden auftreten – die im schlimmsten Fall sogar zu einer Erblindung führen.

Auch Netzhautgefäße betroffen

Hohe Blutzuckerwerte sind Gift für die Gefäße. Deshalb leiden Menschen mit Diabetes besonders oft an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch die Gefäße in der Netzhaut sind in Gefahr: Werden sie geschädigt, spricht man von einer diabetischen Retinopathie, die je nach Ausmaß zu Sehproblemen bis hin zum Sehverlust führen kann.

In der Schwangerschaft ist das Risiko für diabetische Retinopathien groß. Damit das Kind genügend Glukose erhält, verändern die Schwangerschaftshormone den Blutzuckerhaushalt der Mutter. Gesunde Frauen können dies ausgleichen – Diabetikerinnen häufig nicht. In der Folge sind ihre Blutzuckerwerte oft erhöht, was den Gefäßen in der Netzhaut schadet.

Bei beiden Diabetesformen möglich

Zu Netzhautschäden kommt es bei schwangeren Diabetikerinnen relativ häufig: In einer Studie mit über 1600 Betroffenen wies jede zweite Frau eine diabetische Retinopathie auf. Insbesondere Frauen mit einem Typ-1-Diabetes waren davon betroffen, aber auch werdende Mütter mit einem Diabetes Typ 2 litten daran.

Augencheck mindestens einmal pro Schwangerschaftsdrittel

Egal welche Form von Diabetes: Die diabetische Retinopathie ist bei Schwangeren nicht nur häufig. Sie schreitet bei ihnen erfahrungsgemäß auch viel schneller voran als bei gesunden Müttern. Deshalb sind für schwangere Diabetikerinnen Augenkontrollen besonders wichtig. Am besten lassen sie sich schon bei Kinderwunsch von einer Augenärzt*in untersuchen und beraten.

Liegen bereits Netzhautschäden vor, können diese mit Medikamenten oder dem Laser behandelt werden. Während der Schwangerschaft sollte bei allen Diabetikerinnen die Augen regelmäßig kontrolliert werden. Expert*innen empfehlen eine Untersuchung pro Schwangerschaftsdrittel. Bei diagnostizierten Netzhautschäden sind, abhängig vom Befund, Kontrollen sogar alle vier Wochen ratsam.

Auch nach der Geburt kontrollieren

Wichtig ist zudem: Das Risiko für Netzhautverschlechterungen besteht auch nach der Geburt weiter. Fachleute empfehlen deshalb, die Augen noch mindestens ein weiteres Jahr nach der Entbindung regelmäßig augenärztlich kontrollieren zu lassen.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Aleksey Boldin / Alamy / Alamy Stock Photos