Gesundheit heute
Sehbehinderung, Blindheit und Erblindung
Sehbehinderung: Sehvermögen zwischen 30 und 5 % in der Sehschärfenbestimmung (Visusbestimmung).
Hochgradige Sehbehinderung: verbleibendes Sehvermögen zwischen 5 und 2 %.
Blindheit (Erblindung): fehlendes Sehvermögen, Sehen unter 2 % bzw. eine Einschränkung des Gesichtsfeldes auf 5° und weniger.
Nach der gesetzlichen Definition gelten alle Menschen als blind, deren Sehvermögen so stark eingeschränkt ist, dass sie in der Ausbildung und im Berufsleben auf Blindenhilfsmittel angewiesen sind.
Symptome und Leitbeschwerden
- Spürbare Einengung des Gesichtsfelds
- Sehen von Lichtblitzen oder schwarzen Punkten (bei Netzhautablösung)
- Verlust der Sehkraft.
Wann zum Arzt
Sofort als Notfall bei
- Wahrnehmung von Lichtblitzen oder schwarzen Punkten.
- plötzlicher Erblindung oder starkem Sehverlust.
Die Erkrankung
Ursachen und Risikofaktoren
Jedes Jahr werden in Deutschland ca. 160 Kinder blind geboren. Bei ihnen fehlen beispielsweise Teile des Sehapparates oder die Verbindung zwischen Auge und Gehirn. Die angeborene Blindheit durch eine Röteln-Embryopathie ist durch die gängige Impfpraxis in Deutschland sehr selten geworden.
Erblich bedingte Blindheit. Daneben führen genetische Veranlagungen im Laufe des Lebens zur Erblindung, so die Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa oder die angeborene hereditäre Optikusatrophie.
Erworbene Blindheit. Etwa 10 000 Menschen erblinden jährlich in Deutschland, die Hälfte von ihnen ist 80 Jahre oder älter und leidet zumeist an einer altersbedingten Makuladegeneration. Bei Diabetikern zwischen 40 und 80 sind Netzhautveränderungen, bei jungen Menschen unter 40 eher absterbende Sehnerven (Optikusatrophie) die Ursache. Daneben führen aber auch der Graue Star, das Glaukom, Tumoren der Aderhaut oder Infektionen der Netzhaut (z. B. mit Herpesviren) zu Sehbehinderungen und Blindheit.
Auch Kindern und Jugendlichen droht bei zum Glück seltenen kindlichen Augenerkrankungen wie dem juvenilen Glaukom oder einem nicht behandelten Schielen die Erblindung.
Diagnosesicherung
Die Sehschärfe ermittelt der Augenarzt mit Hilfe genormter Sehzeichen wie beispielsweise den Landolt-Ringen. Bei sehr geringer Sehschärfe setzt der Arzt auch Fingerzählen, Handbewegungen oder Lichtquellen zur Diagnose ein. Außerdem misst der Arzt die Pupillenreaktion.
Je nach vermuteter Ursache für die Sehschwäche kommen neben der gründlichen Untersuchung von Auge und Netzhaut auch bildgebende und neurologische Verfahren sowie Blutuntersuchungen zum Einsatz.
Behandlung
Behandlung akuter Sehverluste/Sehschwäche
Liegt einer plötzlich auftretenden Sehschwäche eine Netzhautablösung, eine Sehnerventzündung oder eine andere Erkrankung des Auges zugrunde, wird diese sofort behandelt und versorgt (Einzelheiten dazu siehe dort).
Behandlung von Blindheit
Ist der Patient erblindet bzw. blind geboren, gibt es kaum Behandlungsmöglichkeiten. Familie und der Betroffene selbst müssen lernen, mit dieser Behinderung umzugehen. Dafür ist die Schulung im Umgang mit der Blindheit sehr wichtig. Insbesondere bei sehbehinderten und von Erblindung bedrohten Kindern ist zudem eine frühe Förderung für die geistige Entwicklung unerlässlich.
Pharmakotherapie. Vollständig erblindeten Menschen fällt es häufig schwer, einen 24-stündigen Tag-Nacht-Rhythmus einzuhalten, da die Sinneseindrücke von Licht und Dunkelheit fehlen. Chronische Übermüdung und/oder umgekehrte Schlafmuster sind häufige Folgen. Weiterhin können Körperfunktionen, die dem Tag-Nacht-Rhythmus unterliegen, gestört sein, etwa die Körpertemperatur, der Zuckerstoffwechsel oder die Ausschüttung von Nebennierenrindenhormonen. Eine Möglichkeit, um Betroffenen eine nächtliche Ruhephase zu ermöglichen, bot die Einnahme von Schlafmitteln. Diese sind jedoch mit starken Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekten verbunden und daher für die Daueranwendung nicht geeignet. Abhilfe soll der Melatonin-Rezeptor-Agonist Tasimelteon (Hetlioz®) schaffen. Er reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus, indem er auf das Zwischenhirn einwirkt und so die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin beeinflusst. Tasimelteon wird eine Stunde vor dem Zubettgehen eingenommen. Anschließend sollte sämtliche Aktivität eingeschränkt werden, um das Eintreten des Ruhezustands zu fördern. Zu den häufigen Nebenwirkungen zählen Kopfschmerzen, Schwindel, Reizmagen oder Mundtrockenheit. Nutzen und Risiken der Einnahme sind sorgfältig abzuwägen.
Operative Behandlung. Bei der operativen Behandlung der Blindheit stehen die elektronischen Netzhautimplantate im Zentrum der Entwicklung. Aktuell kommen sie für solche Patienten in Frage, bei denen nur Teile der Netzhaut geschädigt sind und der Rest des Sehapparates noch intakt ist. Deshalb profitieren beispielsweise Patienten mit einer Retinitis pigmentosa von diesen Entwicklungen.
Trotz aller Erfolge sind die visuellen Verbesserungen durch Netzhautimplantate von einem "normalen Sehen" noch weit entfernt. Das Tübinger "Retina Implant System", ein unter die Netzhaut implantierter Chip mit externer Bedienungseinheit, erreicht eine Sehschärfe von gerade einmal 3 %. Das epiretinale "Argus-2-Retinaprothesensystem" der Firma Second sight besteht aus Brillenkamera, auf die Netzhaut implantierten Chip und Minicomputer und erlaubt das grobe Unterscheiden von Linien und Quadraten.
Ihr Apotheker empfiehlt
Hilfsmittel
Für blinde Menschen stehen vielfältige Blindenhilfsmittel (Blindentechniken) zur Verfügung, z. B.:
- Allgemeine Hilfsmittel wie ein Langstock (Blindenstock) oder ein speziell ausgebildeter Blindenführhund helfen dem Blinden, sich zu orientieren, und geben zugleich ein Signal an die Umwelt (z. B. an andere Verkehrsteilnehmer). Unterstützend wirken Maßnahmen wie Markierungsstreifen auf Gehwegen oder akustische Signale an Ampeln, die die Umwelt für Blinde besser ertastbar oder akustisch erschließbar machen.
- Blindenspezifische Medien wie die mit den Fingern ertastbare Braille-Schrift (Blindenschrift, Punktschrift), gesprochene Zeitschriften und Bücher oder Fernsehausstrahlungen, bei denen ein Sprecher die Handlung beschreibt (Audiodeskription). Die Deutsche Blinden-Bibliothek stellt Bücher, Tageszeitungen und Zeitschriften in Blindenschrift im digitalen Hörbuchstandard DAISY zur kostenlosen Ausleihe zur Verfügung. Das DAISY-Format kennzeichnet sich durch eine spezielle Strukturierung der Inhalte, sodass Blinde darin leichter navigieren können als in herkömmlichen Hörbuch- und MP3-Formaten. Die Wiedergabe erfolgt auditiv mit einem speziellen DAISY-Player.
- Durch die Verbreitung von Computern und Internet sind viele weitere elektronische Hilfsmittel hinzugekommen, z. B. Braille-Displays anstelle des Computerbildschirms, Textausgabeprogramme oder Screenreader wie Blindows®, Orca®, Window Eyes®, NonVisual Desktop Access® oder Emacspeak®, die sogar Formulare und Programmoberflächen bedienbar machen.
Mit den entsprechenden Hilfsmitteln können sich viele Blinde selbstständig im Alltag bewegen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Menschen, die erst im hohen Alter erblinden, fällt es jedoch teilweise schwer, diese Techniken noch zu erlernen.
Die Mehrausgaben für Hilfsmittel oder Haushaltshilfen werden durch eine monatliche finanzielle Unterstützung, das Blindengeld, ausgeglichen. Die Höhe variiert von Bundesland zu Bundesland.
Barrierefreie Arzneimittelinformationen
Barrierefrei aufbereitete Arzneimittelinfos finden Menschen mit Sehbehinderung auf der Website www.patienteninfo-service.de. Die Anwender geben den Medikamentennamen oder die auf der Arzneimittelverpackung aufgedruckte Pharmazentralnummer (PZN) in das Suchfeld ein, und gelangen dann sofort zum gesuchten Beipackzettel, der sich von einer Computerstimme vorlesen lässt. Eine praktische Alternative sind spezielle Smartphone-Apps wie "SayText", "Prizmo" oder "TextGrapper". Anwender scannen den Barcode auf der Arzneimittelverpackung ein oder Fotografieren den Beipackzettel, um sich den Text vorlesen zu lassen.
Weiterführende Informationen
- www.dbsv.org – Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V., Berlin: Erste Anlaufstelle für Blinde und Sehbehinderte, Rat und Unterstützung gibt es auch unter der Rufnummer 030-285387-0.
- www.blista.de – Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Marburg: Gibt Blindenschrift-Systematiken, Übungsbücher und Zeitschriften heraus und betreibt die Deutsche Blinden-Bibliothek sowie Förderschulen.
- www.vbs.eu – Verband der Blinden- und Sehbehindertenpädagogen und -pädagoginnen e. V. (VBS, Würzburg): Die Internetseite des Fachverbands enthält Adressenlisten der Frühförderstellen für sehbehinderte Kinder und anderer Blinden- und Sehbehinderteneinrichtungen. Unter der Rubrik Übersicht kann man sich zur viermal im Jahr erscheinenden Verbandszeitschrift "blind – sehbehindert" informieren.
- Informationen über das Netzhautimplantat Argus " auf der Seite des Herstellers: www.secondsight.com
- Website des Herstellers Retina Implant AG mit Informationen zum subretinalen Implantat: www.retina-implant.de/de/

Unscharfe Sicht und erhöhte Blendempfindlichkeit sind die typischen Symptome bei gestörtem Dämmerungssehen.
Wenn das Dämmerungsehen gestört ist
Sehschwäche & Blendempfindlichkeit
Viele Menschen leiden mit zunehmendem Alter unter einer eingeschränkten Sehfähigkeit in der Dämmerung. Meist sind die Augen zudem besonders blendempfindlich, was das Autofahren bei Nacht gefährlich macht. Was kann man dagegen tun?
Echte Nachtblindheit meist angeboren
Störungen des Dämmerungssehens werden oft mit der sehr seltenen „echten“ Nachtblindheit verwechselt, der sogenannten Hemeralopie oder Nyktalopie. Diese Erkrankung beruht auf einer Schädigung der lichtempfindlichen Zellen, die auf die Dunkelheit spezialisiert sind. Fallen sie aus, ist das Sehen im Dunklen vollständig verloren.
Meist ist die Erkrankung angeboren. Sie kann aber auch durch schwere Netzhautschäden, z.B. im Rahmen einer diabetischen Augenerkrankung entstehen. Auch ein Vitamin-A-Mangel gehört zu den Auslösern. Ein solcher Mangel kommt heute allerdings kaum noch vor.
Gestörtes Dämmerungssehen ist häufig
Viel häufiger als die Nachtblindheit ist jedoch die Störung des Dämmerungssehens. Sie entwickelt sich oft mit dem Älterwerden. Das erste deutliche Anzeichen ist meist eine erhöhte Blendempfindlichkeit beim nächtlichen Autofahren. Durch entgegenkommende Scheinwerfer oder Baustellenbeleuchtungen kann die Sicht kurzfristig komplett verloren gehen. Typisch ist auch ein verschwommenes Sehen, was zu verstärkter Müdigkeit und verminderter Konzentration beim Fahren führt.
Auch für das gestörte Dämmerungssehen gibt es etliche Ursachen. In den meisten Fällen liegen altersbedingte Defizite zugrunde. So passt sich die älter werdende Pupille nicht mehr so schnell an Veränderungen des Lichteinfalls an, was Blendungen begünstigt. Häufig wird die Augenlinse trüber (Grauer Star), was das Sehen im Dunkeln zusätzlich erschwert. Zudem wirken sich auch nicht ausreichend korrigierte Sehfehler wie Kurz- und Weitsichtigkeit und Hornhautverkrümmungen im Dämmern stärker aus.
Bei Beschwerden zur Augenärzt*in
Wer solche Beschwerden bei sich bemerkt, sollte sich augenärztlich untersuchen lassen. Dabei wird festgestellt, ob eine echte Nachtblindheit oder ein gestörtes Dämmerungssehen vorliegt. Für die angeborene Nachtblindheit gibt es bisher keine ursächliche Behandlung, Gentherapien sind derzeit in Erprobung. Bei diabetischer Retinopathie helfen je nach Stadium Laserbehandlungen oder Augenoperationen, bei Vitamin-A-Mangel wird Vitamin A gegeben.
Gegen das gestörte Dämmerungssehen lässt sich in vielen Fällen auch etwas tun. Im Fall eines Grauen Stars kann eine Kunstlinse nötig werden, für nachts stärker ausgeprägte Sehfehler könnte eine Zweitbrille eine Option sein.
Fürs Autofahren bei eingeschränktem Dämmerungssehen gibt es folgende Tipps:
- Nur entspiegelte Brillengläser nutzen und diese regelmäßig reinigen - vor allem vor Nachtfahrten.
- Windschutzscheibe innen und außen sauber halten, um die Streuung von Scheinwerferlicht zu verringern.
- Bei Gegenverkehr nicht direkt in die Scheinwerfer schauen.
Nachtfahrbrillen sind umstritten Nachtfahrbrillen können im Einzelfall helfen – wahrscheinlich jedoch vor allem aufgrund ihrer psychologischen Wirkung durch das vermehrte Sicherheitsgefühl. Ein echter Nutzen ist für die gelben oder bernsteinfarbenen Gläser nicht belegt. Im Gegenteil, Augenärzt*innen befürchten, dass durch die Tönung und das verminderte Lichtangebot die Sicht noch schlechter wird. Sie raten deshalb in der Regel von Nachtfahrbrillen ab.
Quelle: ptaheute