Gesundheit heute

Schielen

Schielen (Strabismus): Stellungsfehler der Augen mit Abweichen einer der beiden Augenachsen von der (normalen) Parallelstellung beim Blick in die Ferne.

Schielen tritt bei rund 4 % der Gesamtbevölkerung auf und ist damit ein häufiger Sehfehler. Kindliches Schielen führt ohne Behandlung zu einer starken Sehbehinderung.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Abweichen eines Auges meist nach innen, besonders bei Müdigkeit
  • Kopfschiefhaltung, Zukneifen eines Auges
  • Sehen von Doppelbildern ohne Auffälligkeiten am Auge
  • Kopfschmerzen, Schwindel
  • Unerklärliche Ungeschicklichkeit.

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen, wenn

  • bei Ihrem Kind ein deutliches Schielen nach dem 3.–6. Lebensmonat nicht verschwindet.
  • leichtes Schielen auch nach dem 12. Lebensmonat noch besteht.

Heute noch, wenn

  • bei Erwachsenen oder Kindern das Schielen neu auftritt (ein plötzliches Schielen kann von einem Tumor hinter dem Auge verursacht werden).

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Die Bilder, die von beiden Augen zum Gehirn gesendet werden, unterscheiden sich immer ein klein wenig voneinander: Betrachtet man einen Gegenstand, der etwa 30 cm entfernt steht, und schließt dabei abwechselnd das eine und das andere Auge, wird dieser kleine Unterschied deutlich. Erst das Gehirn verarbeitet die Netzhautbild-Differenzen zu einem einzigen dreidimensionalen Bild (räumliches Sehen).

Beim Schielen sind die beiden Bilder so unterschiedlich, dass sie als störende Doppelbilder wahrgenommen werden. Zur "Arbeitserleichterung" lernt das Gehirn, das nicht passende Bild zu unterdrücken, wodurch das räumliche Sehen gestört ist. Das Gehirn schaltet das "störende" schielende Auge immer öfter ab, mit der Gefahr, dass das Schielauge schwachsichtig wird. Ein unbehandeltes Schielen bei Kindern kann also dazu führen, dass ein funktionstüchtiges Auge das Sehen nicht "erlernt". Dieser Zustand ist nach dem 6. Lebensjahr auch nicht mehr zu ändern.

Ursachen und Risikofaktoren

Das Begleitschielen (Heterotropie) ist die häufigste sichtbare Schielform. Hier begleitet das Schielen einen anderen Augenfehler. Ein nicht korrigierter Sehfehler beispielsweise (insbesondere eine höhergradige Weitsichtigkeit) führt häufig zum Schielen, vor allem dann, wenn ein Auge einen stärkeren Sehfehler hat als das andere.

Es wird angenommen, dass das stärker sehbehinderte Auge versucht, die Sehschwäche durch verstärkte Nah- oder Ferneinstellung auszugleichen, und dadurch dann auch die Balance der äußeren Augenmuskeln aus den Fugen gerät. Genetische Faktoren spielen dabei sicher eine Rolle, denn das Risiko des Schielens ist deutlich erhöht, wenn ein Elternteil als Kind geschielt hat.

1418_ASL_Minimalschielen.jpg|5 Monate altes Mädchen mit Minimalschielen. Schielt das Kind nur ab und zu, geben sich kleine Schielwinkel fast immer mit der Zeit von selbst (bei diesem Mädchen im Alter von 15 Monaten). Dennoch sollte der Augenarzt aufgesucht werden.|[ASL 1418]|Kleinkind, das ein geringes Schielen zeigt

Lähmungsschielen. Beim Lähmungsschielen führen Lähmungen einer oder mehrerer Augenmuskeln zum Schielen.

Minimalschielen. Bei manchen Kindern mit geringfügigem Schielen lässt sich überhaupt keine Ursache finden. Die Sehkraft beider Augen ist 100%ig, und dennoch besteht ein kleiner Schielwinkel, der von Laien allenfalls auf einem Foto erkannt wird. Wegen des kleinen Schielwinkels spricht man dann auch vom Minimalschielen (Mikrostrabismus).

Latentes Schielen. Erstaunlicherweise findet man bei 70 % aller Erwachsenen ein latentes Schielen (Heterophorie oder auch Winkelfehlsichtigkeit genannt), bei rund 10 % kommt es dabei zu Beschwerden. Es besteht ein Ungleichgewicht der Muskeln beider Augen. Durch den "Fusionszwang" des Gehirns, die Eindrücke beider Augen zu einem einzigen Bild zu verschmelzen, wird das Ungleichgewicht latent (verborgen, unsichtbar) gehalten und ein sichtbares Schielen verhindert. Da dies nur durch eine ständig Energie verbrauchende Kompensation gelingt, kommt es zu Kopfschmerzen, Leseschwierigkeiten, Konzentrationsstörungen, Doppeltsehen, Problemen beim nächtlichen Autofahren und erhöhter Lichtempfindlichkeit.

Diagnosesicherung

Der Augenarzt oder Orthoptist diagnostiziert den Augenstellungsfehler mithilfe verschiedener Sehtests; er bestimmt dabei die Sehschärfe und den Schielwinkel.

Vorgetäuschtes Schielen bei Säuglingen. Manche Säuglinge besitzen am inneren Augenwinkel eine kleine Hautfalte, die den Blick so erscheinen lässt, als würde das Kind schielen. Mit einer einfachen Untersuchung gelingt es, ein derart vorgetäuschtes von echtem Schielen zu unterscheiden: schaut ein Kind in ein Licht oder Fenster in mehreren Metern Entfernung, spiegelt sich dieses in seinen Augen. Schielt das Kind, erscheint das Abbild bei jedem Auge an einer anderen Stelle, z. B. rechts in der Mitte der Pupille, links jedoch daneben. Wenn dagegen kein Schielen vorliegt, ist das Abbild an genau der gleichen Stelle im anderen Auge zu erkennen.

Behandlung

Brille

Ist das Schielen durch nicht korrigierte Brechungsfehler bedingt, genügt in der Regel die Anpassung einer entsprechenden Brille. In das Brillenglas kann man zusätzlich zur Korrektur der bestehenden Kurz- oder Weitsichtigkeit ein optisches Prisma einarbeiten, das die Lichtstrahlen ablenkt und so die beiden Bilder vom rechten und linken Auge wieder zur Deckung bringt. Das gleiche optische Prisma lässt der Arzt auch in Brillengläser einarbeiten, die er Patienten mit einem Lähmungsschielen verordnet.

Es ist umstritten, ob der Winkelfehlsichtigkeit mit einer speziellen, für dieses Schielen angepassten Prismenbrille abzuhelfen ist. Denn Prismen greifen in den vom Gehirn gesteuerten Regelkreis zur Ausrichtung beider Augen auf das betrachtete Objekt ein und können daher ein Schielen verstärken.

Augentraining

Stellt der Augenarzt durch einen Reaktionstest fest, dass das schwächere Auge vom Gehirn "abgeschaltet" wird, muss es gezielt trainiert werden. Die Behandlung hängt davon ab, wann das Schielen auftritt.

Ist bei Kindern das räumliche Sehen noch nicht voll ausgereift, muss man das schielende Auge zum Sehen zwingen. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Sehzentrum im Gehirn die notwendigen Reize erhält, die es braucht, um sich vollständig auszubilden. Zum Training klebt man das stärkere Auge vorübergehend mit einem speziellen Pflaster ab (Okklusionstherapie). Die Behandlung wird nach bestimmten Zeitplänen von der Sehschule durchgeführt.

Operative Behandlung

In schweren Fällen sind eine oder mehrere Schiel-Operationen nötig, bei denen die Augenmuskeln verkürzt oder durch Vor- bzw. Rückverlagerung gestärkt bzw. geschwächt werden. Operationen stellen jedoch lediglich die Augenstellung gerade, sie verhelfen nicht zu einem funktionstüchtigen Sehen, wenn das Auge durch das Schielen in der Entwicklung zurückgeblieben ist.

Behandlung von latentem Schielen

Latentes Schielen therapiert der Augenarzt meist mit einem Augentraining durch die Sehschule, nur gelegentlich muss operiert werden. Sehr selten wird die unter Augenärzten und Optikern kontrovers diskutierte speziellePrismenbrille zur Korrektur verordnet.

Prognose

Das angeborene Begleitschielen muss so früh wie möglich, in jedem Fall vor der Einschulung, behandelt werden. Ansonsten lernt das Kind nicht scharf und räumlich zu sehen und es drohen bleibende Schäden bis hin zur Erblindung des schielenden Auges.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Bei latentem Außenschielen haben sich Fusionsübungen bewährt: Lassen Sie den Blick durch das Fenster in die Ferne schweifen und fixieren Sie dabei entfernte Objekte. Dann wandern Sie mit dem Blick entlang einer gedachten Linie über mehrere Zwischenstationen aus der Ferne bis zu einem nahen Gegenstand (50 cm Entfernung) und zurück. Wiederholen Sie das Ganze fünf- bis zehnmal.

Komplementärmedizin

Akupunktur und Homöopathie nennen Behandlungserfolge bei leichtem Schielen im Kindesalter. Es gibt jedoch bislang keinen wissenschaftlichen Nachweis für einen therapeutischen Nutzen, so dass man keine großen Hoffnungen in diese Verfahren setzen bzw. sie allenfalls als begleitende Maßnahmen heranziehen sollte.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen für Eltern von Schielkindern finden Sie auf www.auge-online.de

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Einleitung und der Sektionen "Behandlung", "Prognose" und "Weiterführende Informationen": Dr. med. Sonja Kempinski
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Wenn das Dämmerungsehen gestört ist

Unscharfe Sicht und erhöhte Blendempfindlichkeit sind die typischen Symptome bei gestörtem Dämmerungssehen.

Wenn das Dämmerungsehen gestört ist

Sehschwäche & Blendempfindlichkeit

Viele Menschen leiden mit zunehmendem Alter unter einer eingeschränkten Sehfähigkeit in der Dämmerung. Meist sind die Augen zudem besonders blendempfindlich, was das Autofahren bei Nacht gefährlich macht. Was kann man dagegen tun?

Echte Nachtblindheit meist angeboren

Störungen des Dämmerungssehens werden oft mit der sehr seltenen „echten“ Nachtblindheit verwechselt, der sogenannten Hemeralopie oder Nyktalopie. Diese Erkrankung beruht auf einer Schädigung der lichtempfindlichen Zellen, die auf die Dunkelheit spezialisiert sind. Fallen sie aus, ist das Sehen im Dunklen vollständig verloren.

Meist ist die Erkrankung angeboren. Sie kann aber auch durch schwere Netzhautschäden, z.B. im Rahmen einer diabetischen Augenerkrankung entstehen. Auch ein Vitamin-A-Mangel gehört zu den Auslösern. Ein solcher Mangel kommt heute allerdings kaum noch vor.

Gestörtes Dämmerungssehen ist häufig

Viel häufiger als die Nachtblindheit ist jedoch die Störung des Dämmerungssehens. Sie entwickelt sich oft mit dem Älterwerden. Das erste deutliche Anzeichen ist meist eine erhöhte Blendempfindlichkeit beim nächtlichen Autofahren. Durch entgegenkommende Scheinwerfer oder Baustellenbeleuchtungen kann die Sicht kurzfristig komplett verloren gehen. Typisch ist auch ein verschwommenes Sehen, was zu verstärkter Müdigkeit und verminderter Konzentration beim Fahren führt.

Auch für das gestörte Dämmerungssehen gibt es etliche Ursachen. In den meisten Fällen liegen altersbedingte Defizite zugrunde. So passt sich die älter werdende Pupille nicht mehr so schnell an Veränderungen des Lichteinfalls an, was Blendungen begünstigt. Häufig wird die Augenlinse trüber (Grauer Star), was das Sehen im Dunkeln zusätzlich erschwert. Zudem wirken sich auch nicht ausreichend korrigierte Sehfehler wie Kurz- und Weitsichtigkeit und Hornhautverkrümmungen im Dämmern stärker aus.

Bei Beschwerden zur Augenärzt*in

Wer solche Beschwerden bei sich bemerkt, sollte sich augenärztlich untersuchen lassen. Dabei wird festgestellt, ob eine echte Nachtblindheit oder ein gestörtes Dämmerungssehen vorliegt. Für die angeborene Nachtblindheit gibt es bisher keine ursächliche Behandlung, Gentherapien sind derzeit in Erprobung. Bei diabetischer Retinopathie helfen je nach Stadium Laserbehandlungen oder Augenoperationen, bei Vitamin-A-Mangel wird Vitamin A gegeben.

Gegen das gestörte Dämmerungssehen lässt sich in vielen Fällen auch etwas tun. Im Fall eines Grauen Stars kann eine Kunstlinse nötig werden, für nachts stärker ausgeprägte Sehfehler könnte eine Zweitbrille eine Option sein.

Fürs Autofahren bei eingeschränktem Dämmerungssehen gibt es folgende Tipps:

  • Nur entspiegelte Brillengläser nutzen und diese regelmäßig reinigen - vor allem vor Nachtfahrten. 
  • Windschutzscheibe innen und außen sauber halten, um die Streuung von Scheinwerferlicht zu verringern. 
  • Bei Gegenverkehr nicht direkt in die Scheinwerfer schauen.

Nachtfahrbrillen sind umstritten Nachtfahrbrillen können im Einzelfall helfen – wahrscheinlich jedoch vor allem aufgrund ihrer psychologischen Wirkung durch das vermehrte Sicherheitsgefühl. Ein echter Nutzen ist für die gelben oder bernsteinfarbenen Gläser nicht belegt. Im Gegenteil, Augenärzt*innen befürchten, dass durch die Tönung und das verminderte Lichtangebot die Sicht noch schlechter wird. Sie raten deshalb in der Regel von Nachtfahrbrillen ab.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Nabiha Dahhan