Gesundheit heute

Hashimoto-Thyreoiditis

Hashimoto-Thyreoiditis: (Autoimmunthyreoiditis Hashimoto, Chronische lymphozytäre Thyreoiditis): Chronische, autoimmun bedingte Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis), die insbesondere bei Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auftritt. Meist verläuft die Erkrankung über Jahre hinweg beschwerdearm. Im Verlauf kommt es jedoch durch die teilweise bis völlige Zerstörung des Schilddrüsengewebes zu einer Störung der Hormonproduktion. Langfristig entwickelt sich eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), die jedoch phasenweise von kurzfristigen Überfunktionen (Hyperthyreosen) unterbrochen werden kann. Die Hashimoto-Thyreoiditis selbst ist nicht heilbar. Der dadurch hervorgerufene Hormonmangel lässt sich aber mit der lebenslangen Einnahme von Schilddrüsenhormonen gut beheben.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Phasenweises Auftreten einer Schilddrüsenüberfunktion mit vermehrtem Schwitzen, verstärktem Herzschlag, Durchfall und Schlafstörungen.
  • Langfristig Beschwerden einer chronischen Schilddrüsenunterfunktion mit

    • gesteigerter Ermüdbarkeit, Antriebsarmut, Depressivität
    • vermehrtem Frieren, Verstopfung, Gewichtszunahme
    • Haarausfall, trockener Haut
    • verlangsamtem Herzschlag
    • Zyklusunregelmäßigkeiten.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, wenn

  • oben genannte Beschwerden ohne erklärbare andere Ursache auftreten.

Die Erkrankung

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Schilddrüsenentzündung und die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Etwa 5 % der Bevölkerung weisen die krankheitsverursachenden Autoantikörper im Blut auf, aber nicht alle leiden unter einer Hypothyreose.

Frauen sind neun Mal so oft betroffen wie Männer. Die Hashimoto-Thyreoiditis kann in allen Altersgruppen auftreten, am häufigsten ist sie jedoch bei Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.

Hinweis: Etwa ein Viertel der Patient*innen mit Hashimoto-Thyreoiditis leidet auch gleichzeitig unter einer weiteren Autoimmunerkrankung, beispielsweise unter Morbus Addison, Morbus Basedow oder Diabetes.

Krankheitsentstehung

Bei der Hashimoto-Thyreoiditis handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Dabei bildet der Körper Autoantikörper. Dabei handelt es sich um Eiweiße, die an Strukturen der Schilddrüsenzellen binden. Diese Antikörper stimulieren die T-Lymphozyten (das sind spezielle weiße Blutkörperchen), das Schilddrüsengewebe anzugreifen und zu zerstören. Dadurch kann die Schilddrüse nicht mehr ausreichend Hormone bilden und ins Blut abgeben, es entsteht eine Hypothyreose.

Unklar ist allerdings noch, warum einige Menschen diese Autoantikörper bilden. Fachleute vermuten ein Zusammenspiel zwischen genetischer Veranlagung und Umwelteinflüssen wie Infektionen, Selenmangel oder Stressreaktionen. Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen soll die Erkrankung begünstigen, männliche Geschlechtshormone ihrer Entwicklung entgegenwirken.

Formen

Unterschieden wird zwischen der hypertrophen Form, bei der die Schilddrüse sich vergrößert (Kropf), und der atrophischen Form, bei der sie immer kleiner wird. Beide Formen ähneln sich aber in Beschwerden, Diagnostik, Therapie und Prognose.

Klinik

Die autoimmune Erkrankung entwickelt sich meist schleichend und unbemerkt über einen längeren Zeitraum. Irgendwann ist so viel Schilddrüsengewebe zerstört, dass die Hormonstörungen beginnen. Häufig kommt es zunächst zu einer vorübergehenden Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Dieser auch Hashitoxikose genannte Zustand entsteht dadurch, dass die T-Zellen nicht nur die hormonbildenden Zellen, sondern auch die Hormonspeicher in der Schilddrüse angreifen. Durch deren Zerstörung gelangen große Mengen der Hormone flutartig in den Kreislauf. Im Blut steigt der Hormonspiegel und es entwickelt sich vorübergehend eine Hyperthyreose. Deren typische Anzeichen sind Herzrasen, innere Unruhe, Schlafprobleme sowie Gewichtsverlust trotz gutem Appetit.

Bei weiterer Zerstörung bilden sich ein Hormonmangel und dadurch eine Schilddrüsenunterfunktion aus. Oft verläuft die Erkrankung auch in Schüben mit einem Wechsel von hyper- und hypothyreotischen Phasen. Sind die Hormone aufgebraucht und das Schilddrüsengewebe zerstört, ist der Hormonmangel der Dauerzustand.

Schilddrüsenhormone sind an sehr vielen Vorgängen im Körper beteiligt. Dort kurbeln sie den Stoffwechsel an, fördern den Aufbau von Geweben und die Funktion von Herz und Kreislauf. Ihr Mangel führt folglich zu einer Verlangsamung und Drosselung körperlicher und seelischer Prozesse:

  • Allgemeinsymptome. Die Patient*innen fühlen sich müde und antriebsarm, ihre Konzentrationsfähigkeit sinkt und viele entwickeln depressive Beschwerden. Die Verdauung ist verlangsamt, es kommt zu Verstopfung und meist zu einer Gewichtszunahme. Weil die Wärmeproduktion vermindert ist, sind die Betroffenen vermehrt kälteempfindlich.
  • Haut und Haare. Die Haut fühlt sich kühl und trocken an, das Schwitzen ist vermindert. Das Haar ist dünn und brüchig, oft entwickelt sich Haarausfall.
  • Herz. Das Herz schlägt langsamer (Bradykardie), es droht eine Herzschwäche.
  • Geschlechtsorgane. Frauen leiden oft unter Zyklusstörungen, häufig bleiben Eisprung und Blutung ganz aus (sekundäre Amenorrhö).

Bei einer ausgeprägten Hypothyreose kann sich ein generalisiertes Myxödem entwickeln. Dabei lagern sich langkettige Kohlenhydrate im Bindegewebe ein, ziehen Wasser an und lassen Haut und Muskulatur aufquellen. Teigige Schwellungen von Haut und Schleimhäuten sind die Folge. Diese finden sich am Unterschenkel, Augenlidern, Zunge und Lippen sowie an den Händen und Füßen. Sind die Stimmbänder beteiligt, wird die Stimme rau und das Sprechen mühsam.

Komplikationen

In seltenen Fällen kann es zu einer sehr schweren Komplikation, der Hashimoto-Enzephalopathie, kommen. Mehrere Ursachen werden dafür diskutiert. Eine davon ist eine Kreuzreaktion, d. h. dass die Schilddrüsen-Autoantikörper sich an Nervenzellen binden und zu deren Zerstörung führen. Klinisch zeigt sich dies durch diffuse Funktionsstörungen des Gehirns mit epileptischen Anfällen, Delir und Koma. Die Behandlung besteht aus einer hochdosierten Kortisongabe.

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist auch ein Risikofaktor für das extranodale Marginalzell-Lymphom (MALT), das vor allem im Magen-Darm-Trakt auftritt. Dabei handelt es sich um eine Krebserkrankung.

Diagnosesicherung

Manchmal führen Beschwerden wie Müdigkeit, Konzentrationsschwäche oder ständiges Frieren die Betroffenen in die Arztpraxis, in seltenen Fällen ist auch die Vergrößerung der Schilddrüse (Kropf) der Anlass für eine Blutuntersuchung. Dabei werden zunächst die Hormone, bei Hormonmangel dann auch die Antikörper bestimmt. Oft kommt man einer Hashimoto-Thyreoiditis auch durch gängige Check-up-Untersuchungen auf die Spur.

Laboruntersuchungen. Der Hormonmangel wird durch Messung der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) erkennbar. Außerdem bestimmt man das in der Hypophyse gebildete TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon). TSH ist der Botenstoff, der die Produktion der Hormone in der Schilddrüse reguliert. Im Frühstadium (Hyperthyreose) sind T3 und T4 erhöht und TSH deshalb erniedrigt. Im weiteren Verlauf sinken T3 und T4 im Blut ab und TSH steigt – die Hypophyse versucht damit vergeblich, die Hormonproduktion wieder anzukurbeln.

Ob einem Hormonmangel eine Hashimoto-Thyreoiditis zugrunde liegt, überprüft man durch Bestimmung der Autoantikörper. Bei 90 % der Patient*innen ist der Thyreoid-Peroxidase-Antikörper (TPO-AK) positiv, bei 50% der Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK).

Bildgebende Diagnostik. Im Ultraschall lassen sich typische Anzeichen für die Zerstörung der Schilddrüse sehen: ein ungleich ausgebildetes Gewebe und vereinzelte narbige Areale. Meist ist die Schilddrüse verkleinert, die hypertrophe Hashimoto-Thyreoiditis mit vergrößerter Drüse kommt selten vor. Die verminderte Funktion der Schilddrüse kann man mithilfe der Szintigrafie nachweisen bzw. bestätigen. Sie ist daran erkennbar, dass das bei der Untersuchung intravenös gespritzte radioaktive Technetium weniger in die Schilddrüsenzellen aufgenommen wird. Eine Gewebeentnahme (Biopsie) der Schilddrüse ist in den meisten Fällen verzichtbar. Diese Untersuchung wird aber empfohlen, wenn es Verdachtsmomente auf Schilddrüsenkrebs gibt.

Differenzialdiagnosen. Bei einer Hypothyreose auszuschließen sind andere Erkrankungen der Schilddrüse, wie z. B. die eitrige Thyreoiditis aufgrund einer bakteriellen Infektion, die Riedel-Thyreoiditis (eine weitere Autoimmunthyreoiditis) und die ebenfalls autoimmun bedingte Postpartum-Thyreoiditis, die bei Frauen drei bis sechs Monate nach einer Entbindung auftritt.

Behandlung

Eine ursächliche Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis gibt es bisher nicht. Das bedeutet, es besteht keine Möglichkeit, die chronische Entzündung und damit die Zerstörung der Schilddrüse aufzuhalten.

Behandelt wird deshalb symptomatisch, wobei sich die Therapie nach der Stoffwechsellage der Schilddrüse richtet, also nach Höhe der Schilddrüsenhormonspiegel:

Im (meist vorübergehenden) Stadium der Hyperthyreose bekommt die Patient*in Thyreostatika. Der Hormonmangel bei Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) wird dagegen mit der Gabe von Schilddrüsenhormonen behandelt (L-Thyroxin). Die erforderliche Dosis muss dabei individuell angepasst werden. Ziel ist, dass der Blutspiegel von TSH im niedrigen Normbereich liegt. Bei schwerer Hypothyreose beginnt man in sehr niedriger Dosierung und steigert diese langsam, da sonst das Herz zu schnell stimuliert wird. In der Regel ist die Hormoneinnahme lebenslang notwendig.

Manche Patient*innen haben zwar Autoantikörper, aber noch eine ausreichende Hormonproduktion (Euthyreose). Sie benötigen kein L-Thyroxin. Da im Alter jedoch die Hormonproduktion kontinuierlich abfällt, sollte man regelmäßig die Schilddrüsenwerte überprüfen und gegebenenfalls eine Hormontherapie einleiten.

Prognose

Unbehandelt droht die Entwicklung einer schweren Hypothyreose mit all ihren Komplikationen. Wird der Hormonmangel mit der Gabe von Schilddrüsenhormonen ausgeglichen, sind Lebensqualität und Lebenserwartung normal.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Hormone zuverlässig einnehmen. Für den Organismus ist es wichtig, dass die verordneten Hormone regelmäßig und möglichst immer zur gleichen Zeit eingenommen werden. Um eine reibungslose Hormonaufnahme zu erreichen, sollen die Tabletten mit einem Glas Wasser auf leeren Magen geschluckt und danach noch 30 bis 60 Minuten mit dem Essen gewartet werden. Wer seine Hormone lieber abends nehmen möchte, sollte zwei Stunden vorher nichts essen.

Vorsicht mit Jod. Erkrankte sollten Jod in hohen Dosen meiden, so auch Jodkombinationspräparate (betrifft Schilddrüsenmedikamente, aber auch Nahrungsergänzungsmittel). Jod fördert in höherer Dosierung die Autoimmunprozesse an der Schilddrüse und die Aktivierung von Zellen, welche die Immunprozesse verursachen. Jodreiche Nahrungsmittel wie Seefisch, Sushi, Milch und Milchprodukte sollten eingeschränkt werden. Jodiertes Speisesalz und mit Jodsalz hergestellte Lebensmittel sind vom Speiseplan am besten gänzlich zu entfernen.

Von: Dr. Nicole Schaenzler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Abnehmen mit Nachhilfe

Medikamente können Menschen mit starkem Übergewicht das Abnehmen erleichtern.

Abnehmen mit Nachhilfe

Von Formuladiät bis Spritze

Theoretisch ist Abnehmen ganz einfach: Man muss nur mehr Kalorien verbrauchen, als man aufnimmt. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Vielen Menschen mit Übergewicht gelingt es trotz aller Anstrengung nicht, dauerhaft Gewicht zu verlieren. Dann sind Medikamente eine Option. Doch was leisten sie – und wo lauern Gefahren?

Gefährliches Fett

Fast jede zweite Frau und mehr als die Hälfte der Männer in Deutschland sind übergewichtig. Übergewicht ist definiert als ein Body-Mass-Index > 25 kg/m2. Ab 30 gilt man als stark übergewichtig oder adipös. Für die Berechnung des BMIs gibt es eine Formel, noch einfach geht es mit entsprechenden Tabellen oder BMI-Rechnern im Netz.

Starkes Übergewicht ist ein Gesundheitsrisiko, denn es begünstigt viele Krankheiten. Dazu gehören u.a. der Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Deshalb raten Expert*innen spätestens bei einem BMI über 30 zum Abnehmen. Menschen mit einem BMI zwischen 25 und 29,9 sollten eine Gewichtsreduktion anstreben, wenn sie gleichzeitig unter übergewichtsbedingten Erkrankungen leiden oder vermehrtes Bauchfett haben.

Hinweis: Das Fett, das sich im Bauchraum um die inneren Organe anlagert, gilt als besonders riskant. Es produziert zahlreiche entzündungsfördernde Botenstoffe, die krankmachende Prozesse antreiben.

Abnehmen – aber wie?

Grundsätzlich wird Übergewichtigen zunächst empfohlen, ihren Lebensstil zu überprüfen und zu optimieren. Dazu gehört, sich mehr zu bewegen und sich gesund und kalorienreduziert zu ernähren. In der aktuellen Adipositas-Leitlinie heißt es, dass ein Kaloriendefizit von 500-600 kcal sinnvoll ist. Das bedeutet, dass man 500 bis 600 kcal weniger zu sich nehmen soll, als der Körper mit Grundumsatz und Leistungsumsatz verbraucht. Der Grundumsatz ist die Energiemenge, die der Körper in völliger Ruhe zur Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionen benötigt, während der Leistungsumsatz die zusätzliche Energie beschreibt, die durch körperliche Aktivität, Arbeit oder Sport verbraucht wird.

Spart man täglich diese Menge an Kalorien ein, nimmt man in den ersten drei Monaten pro Woche etwa 0,5 kg ab. Danach wehrt sich der Körper und stellt auf einen Energiesparmodus um. Dann heißt es erstmal durchhalten und nicht in alte Ernährungsgewohnheiten zurückfallen. Mit der Zeit geht es dann mit der Gewichtsabnahme wieder weiter.

Die zweite Säule für die Gewichtsreduktion ist Bewegung. Am besten ist es, täglich 30 bis 60 Minuten körperlich aktiv zu sein. Empfohlen werden Walking, Joggen, Schwimmen und Fahrradfahren, idealerweise mit moderatem Krafttraining. Insgesamt gilt: Jeder Schritt ist besser als keiner. Dazu gehört auch, statt mit dem Lift zu fahren die Treppe zu benutzen oder eine Haltestelle auch mal zu laufen.

Hinweis: Für die kalorienreduzierte Ernährung werden drei Kostformen empfohlen: Die Ernährung nach den 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die mediterrane Kost oder eine vegetarische Lebensweise.

Fasten und Mahlzeitenersatz

Hilfreich beim Abnehmen kann auch Intervallfasten sein. Dabei wird zwischen zwei Strategien unterschieden: Dem 2:5-Fasten mit zwei Fastentagen pro Woche und der täglichen Fastenpause von 16 Stunden (16:8-Methode). Intervallfasten fördert nicht nur das Abspecken. Es hat auch positive Auswirkungen auf den Zucker- und Fettstoffwechsel und auf die Leber. Wer unter chronischen Krankheiten oder niedrigem Blutdruck leidet, sollte das Fasten mit der Hausärzt*in absprechen.

Eine weitere beliebte Methode zum Abnehmen ist der Mahlzeitenersatz durch Formuladiäten. Die industriell gefertigten Nährstoffgemische werden meist mit Wasser oder Milch angerührt. Sie helfen vor allem beim Einstieg in den Prozess des Abnehmens. Dabei werden zu Beginn zwei Mahlzeiten, später nur noch eine durch ein geeignetes Produkt ersetzt. Formuladiäten haben den Vorteil, dass sie trotz Kalorienreduktion alle lebensnotwendigen Nährstoffe mitliefern. Wichtig: Auch Formuladiäten sollten von chronisch Kranken nicht auf eigene Faust durchgeführt werden. Denn bei ihnen können durch schnelles Abnehmen Gesundheitsrisiken auftreten. Zur Sicherheit ist vorher eine Ärzt*in zu konsultieren.

Hinweis: Sowohl das Intervallfasten als auch die Formuladiät sollten wie alle Abspeckstrategien in ein Gesamtkonzept eingebettet werden, d. h. von einer Ernährungsoptimierung und mehr Bewegung begleitet werden.

Rezeptfreie Hilfe aus der Apotheke

Es gibt zahlreiche rezeptfreie Produkte, die beim Abnehmen unterstützend wirken.

  • Quellmittel binden Flüssigkeit im Magen und vermitteln ein künstliches Sättigungsgefühl. Damit es nicht zu Blähungen, Verdauungsproblemen und Verstopfung kommt, muss man unbedingt ausreichend trinken. Quellmittel gibt es als spezielle Produkte, aber auch Leinsamen und Flohsamenschalen können große Mengen an Flüssigkeit binden.
  • Fettbinder binden die aufgenommenen Fette im Darm und verhindern so deren Aufnahme ins Blut. Stattdessen werden die Fette dann über den Stuhl ausgeschieden. Dadurch kann es allerdings zu Verdauungsbeschwerden kommen, auch ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen ist möglich.
  • Orlistat ist ein sogenannter Fettblocker. Er hemmt im Darm die Enzyme, die die aufgenommenen Fette spalten (Lipasen). Dadurch können die Fette nicht über die Darmschleimhaut aufgenommen werden. Auf diese Weise wird etwa ein Drittel der mit der Nahrung zugeführten Fette mit dem Stuhl unverdaut ausgeschieden. Auch durch den Fettblocker kann es zu Verdauungsstörungen wie Blähungen und Bauchschmerzen kommen. Insbesondere ist das der Fall, wenn die Mahlzeit mehr als 15 g Fett beinhaltet. Deshalb sollten die Mahlzeiten auch mit der Einnahme von Orlistat so fettarm wie möglich ausfallen. Orlistat ist für Menschen über 18 Jahren geeignet, die einen BMI über 28 aufweisen. In der Wirkstärke von 60 mg kann es rezeptfrei in der Apotheke erworben werden. Vorsicht ist bei Menschen geboten, die regelmäßig Medikamente einnehmen. Sie sollten vor der Einnahme ihre Ärzt*in aufsuchen. Vor allem bei Blutdruckmitteln und Antidiabetika muss häufig die Dosis angepasst werden.

Hinweis: Zum Abnehmen werden im Internet oft Fettburner empfohlen. Sie sollen die Fettverbrennung ankurbeln. Wissenschaftlich belegt ist diese Wirkung jedoch nicht.

Medikamente zum Abspecken

Viele Menschen schaffen es nicht, mit den genannten Maßnahmen ausreichend abzunehmen. Denn die Gewichtsreduktion ist nicht nur eine Frage der Disziplin. Es gibt etliche Faktoren, die beim Abnehmen stören. So reagiert der Körper auf die Kalorienreduktion oft kontraproduktiv: Er senkt seinen Grundumsatz und steigert den Appetit. Stress, Depression oder Angststörungen können zudem das Essverhalten stark beeinflussen und Abnehmversuche zunichtemachen. Dazu kommt die Umwelt, die permanent mit hochkalorischen, oft ungesunden Lebensmitteln lockt – sei es im Supermarkt oder bei geselligen Anlässen. Und schlussendlich ist es für viele nicht leicht, Sport und Bewegung in ihren Alltag zu integrieren.

Um den komplexen Prozess des Abnehmens zu unterstützen, gibt es inzwischen einige verschreibungspflichtige Arzneimittel. Sie sind zur Behandlung der Adipositas (BMI über 30) bzw. bei Übergewicht (BMI 25 bis 29,9) plus begleitenden Risikofaktoren zugelassen und werden zusätzlich zu Ernährungsumstellung und Bewegung verordnet.

Orlistat 120 mg. In der Dosierung von 120 mg ist der Fettblocker verschreibungspflichtig. Die Substanz wird dreimal täglich zu den fetthaltigen Mahlzeiten eingenommen. Aufgrund der doppelt so hohen Dosierung wie beim rezeptfreien Präparat muss vermehrt auf Nebenwirkungen geachtet werden, weshalb bei der Therapie eine ärztliche Überwachung vorgeschrieben ist. Zu erwarten ist ein Gewichtsverlust von etwa 5-7% des Gesamtgewichts.

GLP-1-Analoga. Diese Wirkstoffe imitieren die Wirkung des körpereigenen Darmhormons Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1). Bei erhöhtem Blutzucker stimulieren sie die Insulinausschüttung und hemmen die Freisetzung des Hormons Glukagon, das den Blutzucker erhöht. Außerdem verzögern sie die Entleerung des Magens. Dadurch steigt das Sättigungsgefühl und der Appetit sinkt. Durch diese Wirkprinzipien unterstützen sie nicht nur die Blutzuckerkontrolle (wofür sie zunächst entwickelt wurden). Sie fördern auch eine Gewichtsabnahme.

GLP-1-Analoga werden unter die Haut gespritzt. Das muss sein: Da es sich bei ihnen um Peptide (Eiweiße) handelt, würden sie bei oraler Aufnahme als Tabletten im Magen-Darm-Trakt verdaut werden und ihre Wirksamkeit verlieren. Zur Behandlung der Adipositas sind zwei GLP-1-Analoga zugelassen. Das ältere, Liraglutid, wird täglich gespritzt. Mit ihm ist eine durchschnittliche Gewichtsabnahme von 8-10% des Gesamtgewichts erreichbar. Das seit 2022 erhältliche Semaglutid spritzt man einmal pro Woche. Es soll zu einer Abnahme von etwa 15-17% führen.

Die häufigsten Nebenwirkungen der GLP-1-Analoga betreffen den Magen-Darm-Trakt. Sehr oft kommt es zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung sowie Bauchschmerzen. Auch über Kopfschmerzen und Schwindel wird berichtet. Neben diesen Beschwerden sind sehr selten auch schwerwiegende Nebenwirkungen möglich. Dazu gehören u. a. der Darmverschluss, die Entzündung der Bauchspeicheldrüse und eine Magenlähmung. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen, die GLP-1-Analoga spritzen, ihren Körper gut beobachten und bei Gesundheitsproblemen frühzeitig ihre Ärzt*in aufsuchen.

Hinweis: Diskutiert wurde auch, dass unter GLP-1-Analoga Suizidgedanken und Suizide vermehrt auftreten. In aktuellen Studien konnte ein Zusammenhang bisher nicht bestätigt werden.

Mit dualem Agonisten noch mehr Gewicht verlieren

GLP-1-Analoga wirken im Darm an einem bestimmten Rezeptor, am GLP-1-Rezeptor. Seit einiger Zeit ist in Deutschland ein dualer Agonist zugelassen: Tirzepatid bindet sowohl am GLP1-Rezeptor als auch am Rezeptor für das „Glukoseabhängige insulinotrope Peptid“, kurz GIP. GIP fördert die Insulinausschüttung und beeinflusst das Appetit- und Sättigungszentrum im Gehirn.

Durch die Wirkung auf GLP1- und GIP-Rezeptoren entfaltet Tirzepatid bei der Blutzuckerregulierung und bei der Gewichtsreduktion stärkere Effekte als Liraglutid und Semaglutid. Neue Untersuchung zeigen zudem, dass Tirzepatid bei adipösen Patient*innen mit Herzschwäche das Risiko für einen Herz-Kreislauf-bedingten Tod und das Fortschreiten der Herzschwäche senkt.

Durch den doppelten Ansatz kommt es zu einer noch stärkeren Gewichtsreduktion. Man geht davon aus, dass Betroffene bei korrekter Verwendung bis zu 31% ihres Gesamtgewichts verlieren können. Wie Semaglutid wird auch Tirzepatid einmal wöchentlich unter die Haut gespritzt. Und ebenso wie die beiden GLP1-Analoga sollte auch Tirzepatid nicht allein, sondern im Rahmen einer Gesamtkonzepts inklusive Ernährungsumstellung und mehr Bewegung eingesetzt werden.

Auch bei Tirzepatid kommt es sehr häufig zu Nebenwirkungen im Magen-Darm-Bereich. Eine langsame Steigerung der Dosis – unter ärztlicher Aufsicht! – kann die Therapie verträglicher machen. Typisch sind Übelkeit, Bauchschmerzen, Verstopfung oder Durchfall, selten kann es zu einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung kommen. Obwohl Tirzepatid effektiver ist als GLP1-Analoga, scheinen entsprechende Beschwerden nicht häufiger oder stärker aufzutreten.

Hinweis: Übergewichtige müssen bisher die Kosten für eine Gewichtsreduktionstherapie mit GLP1-Analoga oder GLP1/GIP-Analoga aus eigener Tasche bezahlen. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für diese Wirkstoffe nur, wenn sie zur Behandlung eines Typ-2-Diabetes verschrieben werden.

Ozempic-Babys als Nebenwirkung

Seit geraumer Zeit geistert der Begriff der sogenannten „Ozempic-Babys“ durch das Internet. Damit werden ungeplante Schwangerschaften bei Frauen bezeichnet, die mit GLP1-Analoga behandelt werden (Ozempic ist der Warenname von Semaglutid zur Therapie von Typ-2-Diabetes). Prinzipiell ist dies bei allen GLP1-Analoga, auch bei GLP1/GIP-Analoga möglich.

Zwei Ursachen werden dafür diskutiert: Übergewichtige oder adipöse Frauen haben häufig hormonelle Störungen, die die Fruchtbarkeit verschlechtern. Durch die Gewichtsabnahme kann sich der Hormonhaushalt wieder normalisieren und die Empfängnisbereitschaft verbessert werden.

Ein weiterer Grund für ungeplante Schwangerschaften ist die Beeinträchtigung von oralen Verhütungsmitteln. Nebenwirkungen der GLP1-Analoga-Therapie wie Erbrechen und Durchfall können die Aufnahme der „Pille“ im Darm beeinträchtigen und damit die Verhütung unwirksam machen.

Kommt es unter der Therapie mit GLP-1- oder GLP1/GIP-Analoga zu einer Empfängnis, soll die Behandlung abgebrochen werden. Ein Schwangerschaftsabbruch ist nicht erforderlich: In bisherigen Studien war die Rate schwerer Geburtsfehler bei Frauen, die unter GLP-1-Analoga schwanger wurden, nicht höher als bei Frauen mit Typ-2-Diabetes oder Übergewicht. Eine engmaschige Betreuung der werdenden Mutter wird jedoch angeraten.

Hinweis: Von der Einnahme von GLP1-Analoga und GLP1/GIP-Analoga wird in der Schwangerschaft prinzipiell abgeraten, da es noch keine ausreichenden Daten zur Sicherheit gibt. Die Hersteller weisen darauf hin, dass bei einer Therapie mit diesen Wirkstoffen eine sichere Verhütung dringend erforderlich ist. Pillenanwender*innen werden zusätzliche Verhütungsmaßnahmen empfohlen.

Wunschgewicht mit Abnehmspritze erreicht – und nun?

Ist mithilfe von GLP1-Analoga oder GLP1/GIP-Analoga das Ziel erreicht, stellt sich die Frage, wie es weiter geht. Wird die Spritze einfach abgesetzt, droht die Gefahr, dass ein Großteil des verlorenen Gewichts innerhalb eines Jahres wieder zugenommen wird.

Das liegt daran, dass die Spritze das Sättigungsgefühl und den Appetit reguliert. Ohne die Wirkstoffe bleibt die schnelle Sättigung aus, die Betroffenen essen wieder mehr und die Pfunde sammeln sich erneut an. Die meisten Menschen müssen diese Medikamente deshalb langfristig – evtl. sogar ein Leben lang – anwenden, um den Effekt aufrecht zu erhalten.

Ein Absetzen nach Erreichen des Wunschgewichts ist jedoch nicht ausgeschlossen. Voraussetzung dafür ist, dass die Gewichtsreduktion mit GLP1- und GIP-Analoga in eine übergreifende Strategie integriert wurde. Das bedeutet, dass die Übergewichtigen während der Therapie ihren Lebensstil optimieren müssen: Für langfristige Effekte ohne den weiteren Einsatz der Wirkstoffe ist es zwingend erforderlich, die Ernährung dauerhaft anzupassen und täglich körperlich aktiv zu sein.

Folgende Kriterien sollten für ein Absetzen von GLP1/GIP-Analoga erfüllt sein: 

  • Stabil gehaltenes Gewicht über mindestens sechs Monate, 
  • regelmäßige körperliche Aktivität (mindestens 150 Minuten / Woche),
  • kontinuierliche gesunde Ernährung, die nicht als Diät gesehen wird, 
  • stabiles Essverhalten ohne Heißhungerphasen, kein Essen aufgrund von Stress und eine 
  • stabile Psyche.

In diesen Fällen kann unter engmaschiger ärztlicher Betreuung ein Absetzen versucht werden. Wichtig ist, dass dieses nicht abrupt, sondern schrittweise geschieht. Empfohlen wird häufig auch eine begleitende Verhaltens- oder Ernährungstherapie. Sollte es trotzdem zu Heißhungerattacken oder eine Gewichtszunahme von mehr als 2-3 kg in kurzer Zeit kommen, heißt es Gegensteuern. Gleiches gilt, wenn die Motivation zu Sport und Bewegung absinkt. Für diese Fälle ist nach Rücksprache mit der Ärzt*in gegebenenfalls eine erneute Aufnahme der Therapie erforderlich.

Quellen: pta heute, Gelbe Liste, Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Aida López