Gesundheit heute

Granulomatose mit Polyangiitis

Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, Morbus Wegener): Entzündung kleiner und mittelgroßer Blutgefäße mit Ausbildung von Gewebeknötchen (Granulomen). Befallen sind vor allem Ohren und Atemwege, Lunge und Niere. Die Erkrankung beginnt häufig im Nasen-Rachen-Bereich, z. B. mit einer chronisch verstopften Nase und Borkenbildung. Im weiteren Verlauf kommen Abgeschlagenheit und Fieber dazu, je nach Organbefall auch Herz-, Nieren- oder Lungenbeschwerden. Unbehandelt verläuft die GAP innerhalb weniger Jahre tödlich. Unter Therapie mit Glukokortikoiden und immununterdrückenden Wirkstoffen verbessern sich die Symptome bei vielen Betroffenen. Rückfälle sind allerdings häufig. Bleibende Schäden sind möglich, dazu gehören z. B. Hörminderung, Sattelnase, eingeschränkte Nierenfunktion sowie einseitige Erblindung.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Chronisch verstopfte Nase mit Borkenbildung, blutiger Schnupfen, Nasenbluten
  • Nebenhöhlenentzündungen
  • Ohrenschmerzen, Taubheit, Schwindel
  • Heiserkeit, trockener Husten
  • Gelenk- und Muskelschmerzen
  • Augenschmerzen oder Sehstörungen
  • Hautveränderungen: Hauteinblutungen, Knötchen, nicht wegdrückbare rote Flecken.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, wenn

  • es immer wieder zu oben genannten Beschwerden kommt.

Die Erkrankung

Die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) gehört gemeinsam mit der Mikroskopischen Polyangiitis und der Eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis zu den sogenannten ANCA-assoziierten Vaskulitiden. Diese Gefäßentzündungen befallen die kleinen und mittelgroßen Blutgefäße, wobei die Patienten meist spezielle Antikörper aufweisen.

Vorkommen und Häufigkeit

Die GPA ist eine seltene Erkrankung, an der in Deutschland etwa 5 Menschen pro 100.000 Einwohner*innen leiden. Sie tritt vor allem im Erwachsenenalter auf, wobei die Diagnose oft um das 40. Lebensjahr gestellt wird. Männer und Frauen erkranken daran gleich häufig.

Ursachen

Die Ursache der Gefäßentzündung ist unbekannt. Es gibt Hinweise darauf, dass eine genetische Veranlagung eine Rolle spielt. Möglicherweise lösen auch Bakterien oder Teile von ihnen die Erkrankung aus – viele Patient*innen berichten, dass sie vor der Diagnose einen bakteriellen Infekt hatten.

Klinik und Verlauf

Die GPA beginnt oft unspezifisch und entwickelt sich schleichend. Meist zeigen sich die ersten Beschwerden im Hals-Nasen-Ohrenbereich. Oft leiden die Patient*innen unter einer blutig-krustigen, chronischen Nasenschleimhautentzündung. Später wird der knorpelige Anteil der Nasenscheidewand zerstört und es kommt zu Nasendeformitäten (Sattelnase). Ebenfalls häufig sind chronische Nebenhöhlenentzündungen oder immer wiederkehrende Mittelohrentzündungen.

Im weiteren Verlauf entzünden sich immer mehr kleine und mittelgroße Gefäße sowie deren benachbarte Gewebe und die von ihnen versorgten Organe. Die Betroffenen fühlen sich abgeschlagen und müde, haben Fieber, verlieren den Appetit und nehmen häufig ab. Je nachdem, welche Organe befallen sind, treten folgende Beschwerden auf:

  • Haut: Papeln, Bläschen und Rötungen der Haut; Geschwüre und absterbendes Gewebe (Nekrosen) vor allem an den Fingerkuppen und Zehen
  • Kehlkopf und Luftröhre: Stimmstörungen und Atemnot bis hin zu Erstickungsanfällen
  • Lunge: blutiger Auswurf, Luftnot
  • Niere: Nierenschmerzen, Wassereinlagerung um die Augenlider herum und in den Unterschenkeln
  • Augen: rote Augen, Sehstörungen, bei großen Granulomen hinter dem Auge auch Hervortreten des Augapfels
  • Ohr: Gleichgewichtsstörungen, Tinnitus und Hörstörungen bis hin zur Taubheit
  • Nerven: Taubheitsgefühle oder Missempfindungen an Fingern und Füßen (Polyneuropathie)
  • Muskeln: Kraftlosigkeit und Schwäche sowie Gangunsicherheit
  • Gelenke: springende Gelenkschmerzen in den kleinen und großen Gelenken
  • Herz: Schwächegefühl und Luftnot.

Unbehandelt überlebt die Hälfte der Betroffenen das erste Jahr nicht. In der Regel versterben die Patient*innen am Nierenversagen. Auch unter einer optimalen Therapie sterben 10 % der Patient*innen im ersten Jahr nach der Diagnose. Danach wird die Prognose besser. In bis zu 75 % der Fälle dämpfen Glukokortikoide und Immunsuppressiva die Entzündungen. Allerdings kommt es auch unter Therapie meist immer wieder zu Schüben, sodass langfristig bleibende Schäden wie Erblindung, Taubheit und der Verlust der Niere mit Dialysepflicht drohen.

Diagnosesicherung

Blutig-borkiger Schnupfen, der immer wieder auftritt, chronische Nebenhöhlenentzündungen oder eine Nasendeformität lenken den Verdacht auf eine GPA. Gesichert wird die Diagnose durch eine Biopsie. Dazu entnimmt die Ärzt*in aus befallenen Bereichen (meist aus der Nasenschleimhaut, seltener aus Lunge oder Niere) Gewebe und lässt dieses untersuchen.

Um das Ausmaß der Gefäßentzündungen festzustellen und zur Unterstützung der Diagnose kommen Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren dazu.

  • Labor: Viele Patient*innen haben eine Blutarmut (Anämie), gleichzeitig sind im Blutbild die weißen Blutkörperchen und die Blutplättchen vermehrt (Leukozytose und Thrombozytose). Erhöhte Entzündungswerte wie CRP und BSG spiegeln die Krankheitsaktivität. Eine Nierenbeteiligung wird über den Kreatininwert im Blut nachgewiesen, im Urin tauchen zudem Blutkörperchen und Eiweiße auf.
  • Antikörper: Bis zu 90 % der Betroffenen weisen Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) auf, bis zu 70 % einen positiven Rheumafaktor.
  • Bildgebende Untersuchungen: Mit Röntgenuntersuchungen (konventionelles Röntgen oder Schnittbilder mittels CT) prüft die Ärzt*in die Lungenbeteiligung. Ultraschalluntersuchungen können Auffälligkeiten der Niere zeigen.

Je nach Beschwerden müssen auch andere Organuntersuchungen durchgeführt werden. Dazu gehören z. B. die Augenspiegelung, die Untersuchung des Kehlkopfes durch die HNO-Ärzt*in sowie bei Nervenbeteiligung eine gründliche neurologische Prüfung.

Differenzialdiagnose. Beim Vorliegen von ANCA sind die beiden anderen ANCA-Vaskulitiden (Mikroskopische Polyangiitis und die Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis) eine wichtige Differenzialdiagnose. Steht eine Deformität der Nase durch wiederkehrende Knorpelentzündungen im Vordergrund, kann es sich auch um eine rezidivierende Polychondritis handeln.

Behandlung

Eine Heilung ist bei der GPA nicht möglich. Therapieziel ist, die Entzündung zunächst mit hochdosierten Immunsuppressiva soweit wie möglich einzudämmen und eine Remission (inaktive oder weitgehend inaktive Krankheit) zu erreichen (Induktionstherapie). Diese Remission soll dann – meist mit niedriger dosierten Medikamenten – so lange wie möglich erhalten bleiben.

  • Induktionstherapie. Bei akuter Lebensgefahr (Lungenblutung, Nierenversagen) oder der Bedrohung wichtiger Organe (Auge, Nerven) bekommt die Patient*in hochdosiertes Kortison in die Vene, um die Entzündung einzudämmen. Hinzu kommen die Medikamente Cyclophosphamid oder Rituximab, eventuell auch das seit 2022 für die Vaskulitis zugelassene Medikament Avacopan. In absoluten Notfällen ist ein Plasmaaustausch (Plasmapherese) erforderlich. Bei dieser speziellen Blutwäsche werden Entzündungsbotenstoffe und Antikörper maschinell aus dem Blut entfernt (ähnlich wie bei einer Dialyse). Liegt keine Lebensgefahr vor, erhält die Patient*in zur Induktionstherapie hochdosiertes Kortison in Tablettenform und ein Immunsuppressivum, z. B. Methotrexat oder Mycophenolat-Mofetil.
  • Remissionstherapie. Um bei inaktiver Krankheit das Wiederaufflackern der Entzündung zu verhindern, wird Kortison in niedriger Dosierung gegeben. Um das Immunsystem in Schach zu halten, wird zudem als Immunsuppressivum z. B. Azathioprin, Rituximab oder Methotrexat verordnet. Diese Therapie soll mindestens 24 Monate eingehalten werden.

Prognose

Unter einer optimalen Therapie überleben 85 % der Patient*innen die ersten fünf Jahre nach Diagnosestellung. Entscheidend für die Prognose ist meistens der Befall der Niere.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Infektionsrisiko reduzieren. Unter immununterdrückenden Wirkstoffen ist das Infektionsrisiko erhöht. Betroffene sollten deshalb die gängigen Hygienemaßnahmen gegen Infektionen einhalten. Das bedeutet, vor allem in der Erkältungszeit Orte mit vielen Menschen zu meiden, sich häufig die Hände zu waschen und, wenn erforderlich, einen Mund-Nasenschutz zu tragen.

Impfungen wahrnehmen. Aufgrund der erhöhten Infektanfälligkeit ist ein guter Impfschutz wichtig. Betroffene sollten deshalb alle von ihrer behandelnden Ärzt*in empfohlenen Impfungen durchführen lassen. Totimpfstoffe wie die Influenzaimpfung oder die Pneumokokkenimpfungen sind in der Regel kein Problem. Über andere Impfungen muss individuell entschieden werden.

Rückfälle erkennen. Die GPA neigt zu Rezidiven. Wer sich körperlich schlecht fühlt, erneute Beschwerden im Nasen-Rachenbereich oder andere Symptome entwickelt, sollte frühzeitig die Ärzt*in aufsuchen. Je schneller eine erhöhte Krankheitsaktivität behandelt wird, desto besser ist die langfristige Prognose.

Weiterführende Informationen

  • Die Vaskulitis-Selbsthilfegruppe der Deutschen Rheuma-Liga hält Informationen und Kontaktdaten zu örtlichen Selbsthilfegruppen bereit unter www.vaskulitis.org – Internetseite des Zusammenschlusses der Deutschen Vaskulitis-Selbsthilfegruppen mit Erfahrungsberichten, Kontaktadressen und medizinischen Informationen.

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Wetterfühlige Knochen gibt’s nicht

Bei manchen Patient*innen fängt die Kniearthrose im Regen an zu zwicken. Alles nur Einbildung?

Wetterfühlige Knochen gibt’s nicht

Mythos entkräftet

Bei feuchtem Wetter wird das Rheuma schlimmer – das hat schon die Großmutter gewusst. Und auch heutzutage klagen darüber viele Menschen, die an Erkrankungen von Knochen, Muskeln oder Gelenken leiden. Doch laut einer aktuellen Untersuchung gehören wetterfühlige Knochen ins Land der Phantasie - bis auf eine Ausnahme.

Meteoropathie unter der Lupe

Patient*innen mit rheumatoider Arthritis, Arthrose oder anderen muskuloskelettalen Erkrankungen berichten regelmäßig davon, dass ihnen ein Wetterwechsel in die Knochen fährt. Bei manchen werden die Beschwerden in nasskaltem Wetter schlimmer, andere leiden mehr in trockener Hitze. Die Wetterfühligkeit – wissenschaftlich Meteoropathie genannt – beschäftigt auch Forschende schon lange. Die Untersuchungsergebnisse dazu sind allerdings höchst widersprüchlich.

Ein australisches Team wollte jetzt klären, was es mit dem Phänomen auf sich hat. Dazu werteten sie in einer Übersichtsanalyse elf Studien mit über 15000 Patient*innen aus. Diese litten z. B. unter rheumatoider Arthritis, Hüft- oder Kniearthrose, Kreuzschmerzen, Gicht oder allgemeinen Muskel- und Gelenkschmerzen.

Das Ergebnis: Temperaturänderungen lösten bei den Betroffenen keine Schmerzen in den Knochen aus, und sie verschlimmerten auch vorhandene Beschwerden nicht. Das Gleiche galt für Veränderungen der Luftfeuchtigkeit und des Luftdrucks – auch sie standen in keinem Zusammenhang mit den Beschwerden der Erkrankten.

Gicht mag es nicht heißt und trocken

Eine Ausnahme war jedoch die Gicht: Ihr Krankheitsverlauf wurde vom Wetter beeinflusst. Hohe Temperaturen bei geringer Luftfeuchtigkeit verdoppelten das Risiko für Rötung, Schwellung und Schmerzen der befallenen Gelenke.

Wetteränderungen sind offenbar kein Risikofaktor dafür, dass Rheuma- oder Arthroseschmerzen ausgelöst oder verschlimmert werden, fasst das Forscherteam zusammen. Es sei denn, die Patient*in leidet unter Gicht: Das Zipperlein scheint durch trockene Hitze regelrecht angefeuert zu werden.

Quelle: Seminars in Arthritis and Rheumatism

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Oleg Elkov / Alamy / Alamy Stock Photos