Gesundheit heute

Bandverletzungen am Finger

Bandverletzungen am Finger (Bänderriss, Bänderdehnung): Dehnung, Teilriss oder Riss eines der die Finger stabilisierenden Bänder. Ursache sind meist Sportunfälle oder Schnittverletzungen beim Handwerken oder im Haushalt.

Einfache Bandverletzungen lassen sich gut durch Schonung und Ruhigstellung in einer Schiene behandeln. Offene (Schnitt)wunden und Begleitverletzungen wie Sehnenrisse oder knöcherne Bandausrisse erfordern in der Regel eine operative Versorgung. Bandverletzungen an den Fingern heilen bei fachgerechter Therapie meist folgenlos aus. Unbehandelt drohen Instabilitäten und die Entwicklung einer Arthrose.

Hinweis: Bandverletzung des Daumens siehe Skidaumen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schmerzen am betroffenen Finger, oft verstärkt bei Bewegung
  • Schwellung
  • Eingeschränkte Beweglichkeit
  • Je nach Lage der Verletzung Instabilität, Aufklappbarkeit eines Gelenks
  • Veränderungen beim Beugen oder Strecken der Finger (wenn Bänder betroffen sind, die Sehnen führen).

Wann in die Arztpraxis

Sofort, wenn

  • eine klaffende (Schnitt-)Verletzung an Hand oder Fingern mit Bewegungseinschränkung vorliegt
  • eine Fehlstellung im Bereich eines Fingergelenks auffällt.

In den nächsten Tagen, wenn

  • Schmerzen, Schwellung und Bewegungseinschränkung nach einem Unfall nicht rasch wieder abnehmen.

Die Erkrankung

Die Knochen der Hand sind mit einer Vielzahl von Bändern miteinander verbunden, die für die nötige Stabilität und die Führung bei Bewegungen sorgen. Es werden vier Gruppen unterschieden:

  • Kollateralbänder. Sie stabilisieren die Finger und haben je nach Lokalisation noch weitere Funktionen:
    • Die Kollateralbänder (Ligamenta collateralia, Seitenbänder) liegen den einzelnen Fingergelenken an beiden Seiten an und verhindern ein seitliches Wegklappen im Gelenk. Wird von Seitenbändern am Finger gesprochen sind meist diese gemeint.
    • Zwei weitere Formen der Kollateralbänder, die sogenannten Ligamenta collaterale accessoria und phalangoglenoidale befinden sich seitlich am Finger und verhindern deren Überstreckung.

  • Ringbänder. Sie sitzen auf der Handinnenseite an den Schäften und Gelenken der Fingerknochen. Unter ihnen hindurch verlaufen die Beugesehnen. Die Ringbänder verhindern, dass die Sehnen sich beim Beugen der Finger wie beim Spannen eines Bogens beim Bogenschießen abheben. Zusätzlich verstärken sie die Sehnenscheiden.
  • Kreuzbänder. Die Kreuzbänder verstärken ebenfalls die Sehnenscheiden und verhindern ein Abrutschen der Sehnen beim Beugen der Finger. Sie verlaufen zwischen den Ringbändern. Lücken zwischen Ring- und Kreuzbändern ermöglichen die Fingerbeugung.
  • Ligamenta metacarpalia transversa profunda. Diese Bänder befinden sich an der Innenfläche der Fingerwurzel. Sie verbinden jeweils die Mittelhandknochen mit den ersten Fingerknochen. Sie sorgen für Stabilität und limitieren das Abspreizen der Finger.

Ursachen und Risikofaktoren

Werden Gelenke durch eine starke Krafteinwirkung über das normale Maß hinaus bewegt, kommt es zur Überdehnung ihrer Bänder bis hin zu einem kompletten Bänderriss. Zu den typischen Ursachen für solche plötzlichen, übermäßigen Gelenkbewegungen gehören

  • Sportverletzungen, z. B. Anprall eines Balls beim Ballsport
  • Sturz auf die Hand mit ausgestreckten Fingern
  • Hausarbeiten, z. B. das Feststecken eines Lakens
  • Gewalteinwirkung auf den Finger.

Eine weitere, sehr häufige Ursache für Bandverletzungen am Finger ist der Schnitt in den Finger, z. B. bei Handwerks- oder Küchenarbeiten.

Komplikationen

Je nach Schwere der Verletzung kann es zu einem zusätzlichen knöchernen Bandausriss, zu einem Kapselriss oder zum Auskugeln der Fingergelenke kommen. Bei Schnittverletzungen ist häufig auch die Sehne in Mitleidenschaft gezogen (Strecksehnenverletzung des Fingers, Beugesehnenverletzung des Fingers).

Diagnosesicherung

Nach Befragung der Patient*in zu Unfallmechanismus, Schmerzen und Bewegungseinschränkung wird der verletzte Finger vorsichtig abgetastet und bewegt. Zum Nachweis einer Gelenkinstabilität versucht die Ärzt*in, den Finger seitlich aufzuklappen und die benachbarten Knochen gegeneinander zu verschieben. Um begleitende Verletzungen von Gefäßen und Nerven nicht zu übersehen, müssen auch Durchblutung und Sensibilität von Hand und Fingern kontrolliert werden.

Röntgenaufnahmen dienen vor allem dazu, einen Knochenbruch sicher auszuschließen und einen eventuellen knöchernen Kapsel- oder Bandausriss festzustellen. Die Bänder selbst sind im Röntgenbild nicht zu erkennen, allerdings können Fehlstellungen der Knochen Hinweise über ihre eventuell (nicht mehr) stabilisierende Funktion geben. Im Zweifel lässt sich eine Bandverletzung mit einer MRT-Aufnahme nachweisen.

Differenzialdiagnosen. Bei einer akuten Fingerverletzung mit Schmerzen, Schwellung und Bewegungseinschränkung müssen vor allem Fingerbruch, Sehnenverletzungen und Fingerverrenkung ausgeschlossen werden.

Behandlung

Die nötigen Sofortmaßnahmen sind in der PECH-Regel zusammengefasst:

  • Pause: Hand sofort ruhig stellen und schonen.
  • Kühlen (Eis): Gelenk 15 bis 20 Minuten lang kühlen. Dabei dürfen Eiswürfel und Coolpacks nicht direkt, sondern nur in ein Tuch gewickelt auf die Haut kommen, da sie sonst Kälteschäden hervorrufen.
  • Kompression (compression): Ein Kompressionsverband lindert das Anschwellen. Achtung, nicht zu stramm anlegen, damit Blutzu- und abfuhr gewährleistet bleiben!
  • Hochlagern. Das Hochlagern von Hand und Arm verhindert eine zu starke Durchblutung des Fingers und wirkt ebenfalls dem Anschwellen entgegen.

Bei starken Schmerzen helfen entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen (z. B. Dolgit® oder Ibuprofen AbZ). Achtung: Aspirin (Acetylsalicylsäure) darf zur Schmerzbehandlung nicht verwendet werden, weil es blutverdünnend wirkt und es dadurch zu einer vermehrten Einblutung in das betroffene Gewebe kommen kann.

Hinweis: Bei Verletzungen der Hand sind Ringe, Armbänder und Uhren abzulegen, da das Anschwellen der Finger droht.

Konservativ

Eine Überdehnung oder ein einfacher, geschlossener Bänderriss (d. h. ein Bänderriss ohne offene Wunde) lassen sich konservativ gut behandeln. Damit die Bandenden wieder zusammenwachsen, wird der Finger für zwei bis drei Wochen ruhiggestellt. Dazu verwendet man meist eine Schiene, z. B. aus Gips oder Kunststoff, manche Ärzt*innen tapen den Finger auch. Nach Abnahme der Schiene muss der Finger noch eine Weile geschont werden, häufig fixiert man ihn dazu mit einem Pflasterverband an seinem Nachbarfinger. Trotzdem soll er parallel regelmäßig kontrolliert, bewegt und mobilisiert werden, um dauerhafte Verwachsungen und damit Funktionseinbußen zu vermeiden. Bis der Finger wieder voll belastbar ist, dauert es bis zu 3 Monate.

Operativ

Bei Schnittverletzungen und anderen offenen Wunden, kompliziertem Bänderriss oder begleitenden Kapsel- oder Sehnenverletzungen empfiehlt sich meist die operative Versorgung. In einer offenen Operation werden die Bandenden wieder aneinander genäht und die Begleitverletzungen versorgt (Kapseln oder Sehnen genäht, Knochenausrisse wieder am Knochen fixiert). Nach der Operation wird die Hand wie bei der konservativen Behandlung 2 bis 3 Wochen ruhiggestellt und nachbehandelt.

Prognose

Bei frühzeitiger fachgerechter Behandlung heilen Bänderverletzungen an den Fingern meist folgenlos aus. Unbehandelt drohen jedoch Instabilitäten und die Arthrose des betroffenen Fingergelenks.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Im Zweifel in die Arztpraxis. Nehmen Sie eine Fingerverletzung nicht auf die leichte Schulter. Werden die Beschwerden nach einem Sturz oder einem anderen kleinen Unfall nicht sehr schnell deutlich besser, lassen Sie die Verletzung in einer Arztpraxis abklären. Je früher behandelt wird, desto besser heilt ein Bänderriss aus.

Fingergymnastik im Wasserbad. Nach der Phase der Ruhigstellung lässt sich der Finger besonders gut im warmen Wasserbad mobilisieren. Empfohlen werden 5-mal täglich etwa fünfminütige Bäder in angenehm handwarmem Wasser. Welche Bewegungen in welchem Ausmaß erlaubt sind, ist mit der behandelnden Ärzt*in abzuklären.

Einfetten der Operationsnarbe. Harte, feste Operationsnarben können vor allem im Bereich der Hand sehr stören. Cremen Sie die Narbenhaut mehrmals täglich mit einer fetthaltigen Creme ein, um sie geschmeidig zu halten.

Nicht in den Schmerz hinein üben. Ob im Alltag oder bei der Krankengymnastik: Wenn beim Beüben der Finger Schmerzen oder Schwellungen auftauchen, ist die Übungsbehandlung zu intensiv und schadet der Ausheilung des Fingers.

Prävention

Schnitthandschuhe tragen. Bei manchen Tätigkeiten im Garten oder beim Basteln oder Handwerken können Schnitthandschuhe mit Metallschutz gute Dienste leisten.

Finger tapen. Vor allem bei Volleyball, Basketball, Handball oder auch beim Rugby versuchen die Spieler, ihre Finger durch prophylaktisches Tapen zu stabilisieren und damit vor Verletzungen zu schützen.

Von: Dr. med. Michael Bedall in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Zweitmeinung zur Hüftprothese

Das Einpflanzen einer künstlichen Hüfte und ihre Funktion werden häufig an Modellen aus Kunststoff erklärt.

Zweitmeinung zur Hüftprothese

Seit 2024 möglich

Bei ausgeprägter Arthrose wird oft das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks empfohlen. Doch viele Betroffene sind unsicher, ob das wirklich die beste Maßnahme ist. Seit 2024 gibt´s Entscheidungshilfe: Wer eine Hüftprothese bekommen soll, kann sich auf Kassenkosten eine zweite Meinung dazu einholen.

Wenn nichts anderes mehr hilft

In Deutschland werden pro Jahr etwa 240 000 künstliche Hüftgelenke (Hüftendoprothese) eingesetzt. In etwa 75% wird der Gelenkersatz aufgrund von Arthrose nötig. Empfohlen wird eine neue Hüfte nur dann, wenn alle anderen Maßnahmen zur Behandlung der Arthrose ausgeschöpft sind. Dazu gehören schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Krankengymnastik, Physiotherapie und die Anpassung der Belastung.

Es ist nicht ganz einfach, bei einer Hüftgelenksarthrose den besten Zeitpunkt für das Einsetzen einer Endoprothese zu finden. Operiert man zu spät, kann das Ergebnis darunter leiden. Z.B. wenn das Gelenk schon zu eingesteift war, um durch die Prothese die volle Bewegung zurückzuerlangen. Oder wenn sich das Schmerzgedächtnis nicht „löschen“ lässt, Schmerzen also trotz reibungslos funktionierender neuer Hüfte weiter bestehen bleiben. In seltenen Fällen ist vielleicht auch der Gelenkersatz gar nicht die richtige Entscheidung für die Betroffene.

Anspruch auf eine qualifizierte zweite Meinung

Auch wenn die behandelnde Ärzt*in nach bestem Wissen und Gewissen zum Hüftersatz rät – oft bleibt bei den Betroffenen eine gewisse Unsicherheit zurück. Da hilft eine neue Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GbA). Danach haben gesetzlich Krankenversicherte in Zukunft das Recht, sich eine zweite Meinung einzuholen, wenn ihnen ein Hüftgelenksersatz oder der Austausch ihrer Hüftprothese empfohlen wird. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse.

Ärzt*innen für die Zweitmeinung findet man im Netz

Die Zweitmeinung gibt es von speziell qualifizierte Fachärzt*innen, im Fall der Hüftgelenksprothese z.B. aus dem Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie beraten die Patient*innen darüber, ob der geplante Eingriff medizinisch notwendig ist und ob es eventuell doch Behandlungsalternativen gibt.

Zweitmeinungsberechtigte Ärzt*innen findet man im Internet unter www.116117.de/zweitmeinung. Auch die Krankenkassen beraten darüber, wer in der Nähe eine Zweitmeinung abgeben darf. Zu welchem der ermächtigten Fachleute man schließlich geht, entscheidet die Betroffene dann selbst.

Quellen: GbA, Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Cavan Images / R.Maghdessian