Gesundheit heute

Ulnarisrinnen-Syndrom

Häufigkeit: 1

Ulnarisrinnen-Syndrom (Sulcus-ulnaris-Syndrom, Kubitaltunnel-Syndrom): Druck- oder Zugschädigung des Ellennervs in der dicht unter der Haut liegenden Knochenrinne im Bereich des Ellenbogens. Diese Region ist umgangssprachlich als "Musikantenknochen" bekannt. Schon beim Berühren des "Musikantenknochens" kann es zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen kommen. Bei anhaltendem Druck, z. B. dauerndem Auflegen des Ellenbogens am Fensterrahmen des Autofensters oder von innen durch Knochenwucherungen, drohen Taubheitsgefühle und Lähmungen bis hin zur sogenannten "Krallenhand".

Behandelt wird das Ulnarisrinnen-Syndrom je nach Ursache. Manchmal reicht es schon, Gewohnheiten aufzugeben und den Ellenbogen akut mit einer gepolsterten Schiene zu entlasten. Bessern sich die Beschwerden nicht, muss die Ärzt*in mit einer Operation den Druck vom Nerven nehmen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Taubheitsgefühl am kleinen Finger, Ringfinger und Kleinfingerballen
  • Auftreten plötzlich "über Nacht"
  • Muskelschwund an der betroffenen Hand
  • Kraftlosigkeit der Finger (Schwierigkeiten beim Drehen von Schlüsseln oder Schreiben)
  • Lähmungserscheinungen an den Fingern
  • Krallenhand mit gebeugten Fingerendgelenken und gestreckten Fingergrundgelenken (Vollbild).

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, wenn

  • oben genannte Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Der Ellennerv hat sensible und motorische, d. h. für die Bewegung der Handmuskulatur verantwortliche Anteile.

  • Er leitet die sensiblen Signale (d. h. Berührung, Druck, Temperatur oder Schmerz) aus dem Bereich von Kleinfinger, Ringfinger und innerem Handballen zum Gehirn.
  • Vom Gehirn schickt er Impulse zur Handmuskulatur und steuert dadurch das Anziehen und Beugen des Daumens, die Beugung der Finger im Grundgelenk, die Streckung der Finger in den Endgelenken, die Streckung und Beugung des Kleinfingers und das Beugen des Handgelenks.

Der Ellennerv entspringt im Rückenmark und verläuft über den Ellenbogen in Richtung Hand. Am Ellenbogen ist er sehr exponiert: Hier tritt er in eine gut tastbare Rinne ein, den sogenannten Kubitaltunnel oder Sulcus ulnaris (Ulna = Elle). Dort liegt er einerseits direkt unter der Haut, andererseits ungepolstert auf dem Knochen. Schon leichtes Anstoßen oder Berühren an dieser Stelle kann unangenehme Empfindungen auslösen. Durch anhaltenden Druck oder Zug wird der Nerv gereizt und geschädigt, es entwickelt sich das Ulnarisrinnen-Syndrom.

Klinik und Verlauf

Die ersten Beschwerden sind Kribbeln und Taubheitsgefühl im kleinen Finger, im Ringfinger und an der Handaußenkante. Manchmal ziehen diese Missempfindungen bis zum Unterarm. Weil die Muskulatur immer weniger Impulse bekommt, kommt es zunächst zu Muskelschwund der Handmuskulatur. Der kleine Finger und der Ringfinger werden schwächer. Wird der Nerv weiter geschädigt, entwickeln sich Lähmungen der vom Ellennerv versorgten Muskeln: Der Daumen kann nicht mehr angezogen, die Fingergrundgelenke nicht mehr gebeugt und die Fingerendgelenke nicht mehr gestreckt werden. Die Finger sind dann beständig gekrümmt, weswegen man von einer Krallenhand spricht.

Ursachen

Häufig wird der Nerv durch chronische Fehlbelastungen von außen gereizt. Dazu gehören z. B. das Aufstützen auf den Ellenbogen oder das Abstützen des Ellenbogens am Rahmen des Autofensters (z. B. bei Taxifahrern). Aber auch innere Störfaktoren können Druck auf den Nerv ausüben. Hier kommen vor allem verschleißbedingte Knochenanbauten, schlecht verheilte Ellenbogenbrüche oder angeborene Fehlstellungen am Ellenbogengelenk infrage.

Guyon-Logen-Syndrom

Hat der Ellennerv den Kubitaltunnel verlassen, zieht er zwischen den zwei Muskelbäuchen des ellenseitigen Handbeugers (Musculus flexor carpi ulnaris) bis zur Hand. Dort muss er allerdings erneut eine Engstelle passieren: den Canalis ulnaris, auch Guyon-Loge genannt. Dieser Kanal ist begrenzt von Karpaltunnel, Handwurzelknochen und einem starken Band zwischen Kahnbein und Großem Vieleckbein. Ist dieser Kanal zu eng für den Nerv, etwa weil sich dort ein Überbein entwickelt hat, resultieren ebenfalls Empfindungsstörungen und Lähmungen – allerdings in einem geringeren Rahmen als beim Ulnarisrinnen-Syndrom. Beim Guyon-Logen-Syndrom ist z. B. der kleine Finger weder von einer Lähmung noch von Sensibilitätsstörungen betroffen, weil die dafür zuständigen Nervenäste des Ellennervs schon vor dem Canalis ulnaris abzweigen.

Diagnosesicherung

Bei voller Ausprägung der Lähmung ist die typische "Krallenhand" nicht zu übersehen. Ansonsten erkennt die Ärzt*in die Schädigung des Ellennerven, wenn sie Gefühl, Bewegung und Kraft der Hand prüft. Bei Verdacht auf ein Ulnarisrinnen-Syndrom fragt sie die Patient*in nach möglichen Fehlbelastungen oder vorangegangenen Knochenbrüchen.

Objektiv nachweisen lässt sich die Schädigung des Ellennerven mit einer Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Elektroneurografie). Mit Röntgenbildern kommt die Ärzt*in möglichen knöchernen Ursachen auf die Spur, darin zeigen sich beispielsweise Knochenveränderungen oder alte, schlecht verheilte Brüche. Auch eine MRT-Untersuchung oder ein Ultraschall können dabei hilfreich sein.

Differenzialdiagnosen. Ausfallerscheinungen des Ellennervs können auch vom Guyon-Logen-Syndrom herrühren oder durch Verletzungen im Ellenbogenbereich entstehen.

Behandlung

Konservative Therapie

Vor allem im Frühstadium lässt sich das Ulnarisrinnen-Syndrom konservativ behandeln. Sind Fehlhaltungen die Ursache der Nervenreizung, müssen diese korrigiert und abgestellt werden. Daneben hilft die Entlastung des Ellenbogens durch Hochlagern und Kühlen. Häufig empfiehlt die Ärzt*in auch kurzzeitig eine gepolsterte Schiene, um den Druck vom Ellennerven zu nehmen und die Ausheilung zu fördern. Diese Schiene wird vorzugsweise in der Nacht getragen.

Operation

Bringen die konservativen Verfahren keinen Erfolg oder nehmen die Beschwerden sogar zu, wird der Ellennerv operativ entlastet. Meist erfolgt der Eingriff in einer offenen Operation in örtlicher Betäubung oder unter Vollnarkose. Einige Zentren operieren inzwischen auch minimal-invasiv endoskopisch. Bei der Operation wird der Nerv freigelegt und störendes, einengendes Gewebe entfernt.

Eine weitere, aufwendigere Operation ist die Verlagerung des Nervens in eine geschütztere Lage in die Ellenbeuge. Diese Methode ist eher komplizierten Fällen vorbehalten, wenn die Nervenschädigung beispielsweise durch einen Bruch entstanden ist.

Prognose

Die Operation ist in etwa 90 % der Fälle erfolgreich. Je nach Ausmaß des Nervenschadens dauert es allerdings mehrere Monate, bis sich nach der Operation Gefühl und Kraft in der Hand wieder einstellen. Vor allem wenn der Muskelschwund bereits fortgeschritten ist, erholen sich die Muskeln oft nicht mehr vollständig.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Konsequente Schonung. Hat Ihnen die Ärzt*in Schonung und Ruhigstellung des Arms empfohlen, halten Sie sich konsequent daran. Nur so hat der Nerv ausreichend Gelegenheit, sich zu regenerieren.

Fehlbelastungen vermeiden. Versuchen Sie, mechanische Fehlbelastungen wie langes Aufstützen des Ellenbogens auf dem Tisch oder im Autofenster zu erkennen und abzustellen.

Kribbeln nicht ignorieren. Sollten Sie über längere Zeit ein Kribbeln oder andere Missempfindungen im kleinen Finger oder im Ringfinger spüren, zögern Sie nicht, dies ärztlich abklären zu lassen. Je früher ein Nervenengpasssyndrom entdeckt wird, desto besser lässt es sich behandeln.

Von: Dr. med. Sonja Kempinski
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Wie Bello Frauchen zu Fall bringt

Fertig zum Gassigehen? Aber bitte Vorsicht mit der Leine!

Wie Bello Frauchen zu Fall bringt

Gefährliches Gassigehen

Wer regelmäßig mit seinem Hund Gassi geht, tut etwas Gutes für Herz und Kreislauf. Doch manchmal endet der Spaziergang auch mit einer Handverletzung in der Notaufnahme. Betroffen davon sind vor allem ältere Frauen.

Hundespaziergang mit Kehrseite

Für Hundebesitzer*innen gibt es kaum etwas Schöneres, als mit der Fellnase spazieren zu gehen. Zudem hat das Gassigehen positive Auswirkungen auf die Fitness, und vermutlich bleiben Herrchen und Frauchen dadurch sogar geistig länger fit.

Allerdings bergen Hundespaziergänge auch gewisse Risiken. Vor allem wenn das Tier plötzlich an der Leine zieht oder der Mensch sich darin unerwartet verheddert, kann es zu Verletzungen kommen. Sie betreffen häufig die Hand, wie US-amerikanische Forschende anhand der Analyse entsprechender Studien herausgefunden haben.

Plötzliches Zerren gefährdet die Hand

Insgesamt werteten sie dabei fast 500 000 Arm- oder Handverletzungen aus, die sich beim Gassigehen mit einem Hund ereignet hatten. Drei Viertel der Betroffenen waren Frauen, ein Drittel war über 65 Jahre alt. In knapp 111000 Fällen war es zu Brüchen oder Weichteilverletzungen an der Hand oder am Handgelenk gekommen. Am häufigsten brachen Finger oder das Handgelenk, schreiben die Autor*innen.

Fast die Hälfte der Verletzungen ereigneten sich dadurch, dass der Hund plötzlich an der Leine zog, ohne dass die Besitzer*in zu Fall kam. Bei 23% kam es durch das Zerren zum Sturz. In den restlichen Fällen waren Herrchen oder Frauchen gestürzt, weil sie über die Leine gestolpert waren oder sich darin verfangen hatten.

Handbrüche bei Frauen häufiger

Frauen hatten ein größeres Risiko für einen Bruch der Hand oder des Handgelenks als Männer, schreiben die Autor*innen. Insbesondere traf dies für Über-65-Jährige zu. Eine Ursache dafür ist vermutlich die in fortgeschrittenem Alter häufiger auftretende Osteoporose. Zudem leiden ältere Menschen auch öfter an Gleichgewichts-, Gang- oder Sehstörungen.

Die Autor*innen geben auch einige Tipps, um die Gefahr durch Leinenzug zu minimieren: 

  • Hundeleinen grundsätzlich um die Handfläche und nicht um die Finger oder das Handgelenk wickeln, 
  • Leinen mit Rückzugsmechanismus meiden, da ihre Zugkraft am Ende der Reichweite abrupt zunimmt und 
  • mit geeignetem Hundetraining dem Hund das Ziehen an der Leine abgewöhnen.

Außerdem sollten sich insbesondere ältere Menschen der Sturzgefahr bewusst sein. Das bedeutet, eine geeignete (kleine) Hunderasse zu wählen, beim Gassigang geeignetes Schuhwerk zu tragen und auf unebenem Gelände vorsichtig zu gehen.

Quelle: Springer Medizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Jaromír Chalabala / Alamy / Alamy Stock Photos