Gesundheit heute
Rezeptpflichtige Medikamente zur Gewichtsreduktion
Die Therapie der Adipositas mit Appetitzüglern vom Amphetamintyp (z. B. Phenylpropanolamin) ist nicht nur wenig wirksam, sondern auch reich an Nebenwirkungen. Die Inhaltsstoffe Fenfluramin und Norpseudoephedrin wurden vom Markt genommen, weil sie unter anderem die Herzmuskulatur schrumpfen lassen. Trotzdem sind heute noch Appetitzügler vom Amphetamintyp auf dem Markt. So ist Phenylpropanolamin zum Beispiel in den Boxogetten® S-Vencipon enthalten.
Warnhinweis: Während eine langfristige Wirkung zur Gewichtsreduktion bisher nicht nachgewiesen wurde, sind die Nebenwirkungen und das Suchtpotenzial von Appetitzüglern vom Amphetamintyp gravierend – wir raten von der Einnahme ab!
Ähnlich risikoreich wird Sibutramin eingestuft, durch das – ähnlich wie bei modernen Antidepressiva – bestimmte Botenstoffe im Gehirn ansteigen. Sibutramin ist pharmakologisch ein SSRI, ein Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Herzrasen, Schlafstörungen und Mundtrockenheit sowie unklare Todesfälle haben dazu geführt, dass das Arzneimittel in Europa vom Markt genommen wurde.
Auf einem anderen Wirkprinzip beruht der Lipasehemmer Orlistat, der im Prinzip eine Verdauungsstörung für Fett verursacht, indem er die fettabbauenden Enzyme im Darm hemmt. Dadurch werden bis zu 35 % der zugeführten Fette nicht verarbeitet, sondern über den – oft öligen – Stuhlgang ausgeschieden. Als unerwünschte Wirkungen drohen Mängel an fettlöslichen Vitaminen und eine Osteoporose. Orlistat ist zur Behandlung der Adipositas ab einem BMI ≥ 28 kg/m² in Kombination mit einer ärztlich überwachten Reduktionsdiät zugelassen. Verringert sich das Körpergewicht, verbessert sich in vielen Fällen auch die Glucosetoleranz und erhöhte Blutdruckwerte können sinken (siehe metabolisches Syndrom). Das funktioniert allerdings nur ein Teil der Patienten, warum ist unklar. Der Effekt ist eher moderat. In niedriger Dosierung (60 mg pro Kapsel) wurde deshalb die Rezeptpflicht abgeschafft, in der vollen Dosierung (120 mg) besteht sie weiter. Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Fettstühle oder öliger Stuhlgang sind aber auch in der rezeptfreien Dosierung zu erwarten.
2006 eingeführt wurde Rimonabant. Studien bescheinigen dem Medikament zwar eine gute Wirkung (etwa 9 kg Gewichtsverlust im Jahr). Wegen häufiger und gravierender psychischer Nebenwirkungen wurde aber auch Rimonabant 2008 vom Markt genommen. Insbesondere traten Depressionen gehäuft auf.
2015 erhielt Liraglutid die Zulassung zur Gewichtsregulierung bei Erwachsenen mit einem BMI von mindestens 30 oder einem BMI von mindestens 27 bei gleichzeitiger gewichtsbedingter Erkrankung wie Diabetes. Liraglutid ist nur als Ergänzung zu einer Ernährungsumstellung und verstärkter körperlicher Aktivität zugelassen. Der Wirkstoff ist als Injektionslösung in Fertigpens erhältlich und wird vom Patienten einmal täglich injiziert. Der Wirkstoff bindet an den GLP-1-Rezeptor im Pankreas, was die Insulin-Ausschüttung stimuliert. Warum dies zu einer Gewichtsabnahme führt, ist noch nicht genau verstanden. Vermutlich fördert Liraglutid das Sättigungsgefühl im Gehirn. Angestrebt wird ein mindestens 5%iger Gewichtsverlust in den ersten 12 Wochen bei der täglichen Injektion von 3 mg. Der Langzeitnutzen ist nicht dokumentiert. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Verstopfung. In klinischen Studien verdreifachte sich unter Einnahme das Risiko für eine akute Pankreatitis. Auf mögliche Wechselwirkungen mit Antidiabetika muss geachtet werden, ein erhöhtes Risiko für Pankreaskarzinom und Schilddrüsenkarzinom wird diskutiert.

GLP1-Rezeptor-Agonisten unterstützen das Abnehmen - mehr bewegen muss man sich aber trotzdem.
Abspeckspritze mit Kehrseite
Von Übelkeit bis Darmverschluss
Kaum etwas gestaltet sich so schwierig, wie überflüssige Pfunde loszuwerden. Medikamente wie Semaglutid sollen dabei helfen. Doch die Abnehmspritze hat auch ihre Schattenseiten.
Sättigungsgefühl hilft beim Abnehmen
Semaglutid und Liraglutid sind potente Medikamente, die eigentlich zur Behandlung eines Diabetes entwickelt wurden. Im klinischen Einsatz hat sich jedoch gezeigt: Diese Wirkstoffe können auch helfen, das Gewicht zu reduzieren. Das liegt daran, dass sie als sogenannte GLP-1-Rezeptor-Agonisten das körpereigene Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) imitieren. Dieses Hormon löst nicht nur das Sättigungsgefühl im Gehirn aus. Es verlangsamt auch die Bewegungen von Magen und Darm und verursacht dadurch ein Völlegefühl. In der Folge wird weniger gegessen und dadurch häufig an Gewicht abgenommen.
Harmlose und ernste Nebenwirkungen
Immer mehr Menschen möchten mithilfe dieser Medikamente ihre Pfunde loswerden. Das führt dazu, dass manche Übergewichtige GLP-1-Rezeptor-Agonisten in Eigenregie – z.B. im Internet - besorgen und einnehmen. Doch GLP-1-Rezeptor-Agonisten haben ihre Nebenwirkungen, vor allem am Magen-Darm-Trakt. Das ist schon aus den Diabetesstudien bekannt und wird durch neue Daten unterstrichen.
Neben Übelkeit, Durchfällen und Verdauungsstörungen drohen auch ernstere Erkrankungen. Dazu gehören z.B. Bauchspeicheldrüsenentzündungen, Darmverschluss und Gastroparese (Magenlähmung).
Jojo-Effekt inbegriffen
Wie alle hochwirksamen Medikamente sollten deshalb auch GLP-1-Rezeptor-Agonisten nur nach ärztlichem Rat und unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Wem das Präparat verschrieben wird, der darf auch keinesfalls selbst die Dosis erhöhen. Denn dadurch steigt die Gefahr für Nebenwirkungen.
Menschen, die sich erhoffen, mithilfe der Abnehmspritze endlich ihre Pfunde loszuwerden, müssen sich außerdem bewusst sein: Es mehren sich die Hinweise auf einen Jojo-Effekt nach dem Absetzen der Substanz. Das bedeutet: Zwar nehmen Menschen mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten recht gut ab. Sobald man aber mit der wöchentlichen Injektion aufhört, kommt es in den allermeisten Fällen wieder zu einer deutlichen Gewichtszunahme.
Quellen: Ärzteblatt, Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, medscape